Stockender Ausbau der Erneuerbaren: Wassermühlen vor dem Aus
Die Bundesregierung will kleine Wasserkraftwerke nicht mehr fördern – aus Naturschutzgründen. Ist das noch zeitgemäß?
Zudem stehen mit dem Ende der zumeist 20-jährigen Vergütungsdauer – kurzfristig waren der Wasserkraft auch mal 30 Jahre gewährt worden – nach und nach immer mehr Altanlagen ohne Förderung da. Diese Woche will die Bundesregierung das entsprechend novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) durch Bundestag und Bundesrat bringen.
Zugleich wird im neuen EEG wohl „der Grundsatz verankert, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient“. Für die Kleinwasserkraft gilt aber genau das offenbar nicht. Deren Ende hatten die Ministerien erst zu einem späten Zeitpunkt in den Gesetzentwurf hineingeschleust. „Wir trauten unseren eigenen Augen nicht“, sagt Hans-Peter Lang, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke. Damit entstehe nun „eine Zweiklassengesellschaft in der erneuerbaren Energieerzeugung“.
Die Branche stört sich vor allem an der „Überheblichkeit“, mit der die Regierung behaupte, die Energieausbeute der kleinen Wasserkraft sei für den Klimaschutz unbedeutend. Die als klein eingestufte Wasserkraft erzeuge jährlich rund 3 Milliarden Kilowattstunden Strom, ein Drittel der Menge eines Atomkraftwerks. Das sei „genug CO2-freie Energie für rund eine Million Haushalte“, rechnet der Verband vor. Wasserkraft liefere „auch bei Dunkelheit und Flaute stetig und zuverlässig Strom“ und sei daher „unverzichtbar für die Netz- und Systemstabilität“.
Lieber Öl als Wasser?
Verbandsvertreter Lang klagt: „Während Robert Habeck in autoritäre Staaten reist, um mehr und teureres Öl und Gas nach Deutschland zu bringen und zugleich fordert ‚Jede Kilowattstunde zählt!‘, schafft sein Ministerium die Wasserkraft ab.“
Die Wasserkraft hat aber eben nicht nur Anhänger, sondern auch Kritiker. Im November hatten 65 Wissenschaftler, darunter viele Gewässerökologen und Naturkundler, ein Memorandum „Energiewende nicht auf Kosten der aquatischen Biodiversität“ verfasst, in dem sie sich sogar für eine „Förderung des Rückbaus von Kleinwasserkraftwerken“ aussprachen. Die Forscher fordern eine „generelle Beendigung“ jeglicher Förderung von Kleinwasserkraftwerken unterhalb einer Grenze von sogar einem Megawatt.
Die Wasserkraftbranche wiederum sieht solche Vorstöße auch als Angriff auf den Mittelstand. Denn Wasserkraftanlagen würden heute „von Stadt- und Gemeindewerken, Energiegenossenschaften wie auch Mühlen, Sägewerken, Zimmereien, Schreiner- und Metallhandwerkern betrieben“. Dies seien „mittelständische Unternehmen über Generationen hinweg“. Nun aber hätten „einflussreiche Naturschutz-Verbandsinteressen die Wasserkraft als vermeintlichen Störer ausgemacht“. Dabei befänden sich an nur etwa 4 Prozent aller Bauwerke, die quer in den Flüssen stehen, überhaupt Wasserkraftanlagen.
Union unterstützt die Wasserkraft
Aus der Opposition ist Unterstützung für die Kleinwasserkraft zu vernehmen. Ein Gegenantrag zum Entwurf der Bundesregierung liegt von der Unionsfraktion vor. Sie strebt an, „die Kapazitäten der Wasserkraft mit ihren Vergütungen zu erhalten und Modernisierungen weiterhin zu ermöglichen, anstatt diese abzuschaffen“. Auch die Wasserkraft müsse, wie die anderen Erneuerbaren, im „überragenden öffentlichen Interesse“ stehen.
Auch innerhalb der Regierungsfraktionen gibt es – speziell aus dem Süden der Republik – Unterstützer der Kleinwasserkraft. Die Anlagen könnten „einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz leisten“, meint etwa die bayerische Grünen-Abgeordnete Lisa Badum, die auch klimapolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist. Ihr Fazit: „Wenn Wassermüller ihre Anlage im Sinne des Naturschutzes ertüchtigen und modernisieren wollen, sollte dies unterstützt werden.“ Auch in den Reihen der FDP herrscht teils Sympathie für die Kleinwasserkraft. Die Regierung ringt deshalb noch bis zuletzt um das Gesetz.
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