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Verbrennungsmotoren in der EUDer Pyrrhussieg der FDP

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Liberalen feiern sich wegen des EU-Kompromisses zur Zukunft der Verbrennungsmotoren. Doch das Ende dieses Antriebs ist nicht mehr aufzuhalten.

FDP rettet den Verbrenner Foto: Christoph Schmidt/dpa

E s ist ein merkwürdiger Kompromiss, mit dem die Koalition ihren Streit über die Zukunft des Verbrennungsmotors in letzter Minute beigelegt hat. Auf Druck der FDP hat Deutschland im Rat der EU-Umweltminister einen eher kryptischen Wunsch an die EU-Kommission durchgesetzt: Diese soll einen Vorschlag erarbeiten, wie auch nach 2035 noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden können, wenn diese ausschließlich mit sogenannten E-Fuels fahren, also mit synthetischen Kraftstoffen, die mit Ökostrom erzeugt werden.

Praktische Konsequenzen dürfte das kaum haben. Denn der Wortlaut der Empfehlung legt nahe, dass solche Ausnahmen gerade nicht für Pkw möglich sein sollten. Sollte sich die Kommission dennoch der gegenteiligen deutschen Interpretation des Textes anschließen, ist sie noch immer nicht dazu verpflichtet, dem nachzukommen.

Selbst wenn sie das tut, ist dennoch nicht damit zu rechnen, dass nach 2035 noch neue Pkw mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden. Denn Autos mit E-Fuels zu fahren ergibt technisch wie ökonomisch keinerlei Sinn. Für die gleiche Streckenlänge wird das Sechsfache an Strom benötigt wie bei einem E-Auto, und auch die Kosten liegen ungleich höher.

Die FDP, die sich jetzt im Verbrenner-Streit der Koalition als Sieger feiert, hat also in Wahrheit maximal einen Pyrrhussieg errungen. Am Ende dürfte ihr das schaden. Zwar mag ihr der Einsatz für den Verbrennungsmotor Zustimmung von einigen Benzin-Süchtigen bringen. Doch schon bald wird sich herausstellen, dass das Ende dieser unterlegenen Technologie ebenso wenig aufzuhalten ist wie einst das des Faxgeräts oder der Videokassette – und dass diejenigen, die es trotzdem versuchen, mit Fortschritt und Effizienz wenig zu tun haben.

Und noch eins hat die FDP erreicht: Dass die Umweltminister bei der Ausweitung und Reform des Emissionshandels die Vorschläge von EU-Kommission und -Parlament leider deutlich abgeschwächt haben, geht über den Streit um den Verbrennungsmotor ziemlich unter.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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24 Kommentare

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  • @MEERWIND7

    Lesetipp: Link auf dieser Seite, aber jetzt nochmal extra für Sie:

    taz.de/Debatte-ueb...er-Autos/!5861216/

  • Bitte führen Sie näher aus, was damit gemeint ist:

    "Dass die Umweltminister bei der Ausweitung und Reform des Emissionshandels die Vorschläge von EU-Kommission und -Parlament leider deutlich abgeschwächt haben, geht über den Streit um den Verbrennungsmotor ziemlich unter."

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Die deutschen, höheren Primaten entwickeln Empathie vor allem gegenüber Autos mit brummenden, Luft vor Ort verbrauchenden Antrieben.



    Und Hundewelpen, der eigene Fleischverzehr sowie Flugreisen ins pauschal eroberte Ausland sind heilig.



    Wird etwas davon in Frage gestellt, entsteht heiliger Hass.

  • 4G
    49732 (Profil gelöscht)

    E-Fuels können natürlich eine gewissen Nützlichkeit haben. Viele große Maschinen z.B. Bagger oder Panzer werden kaum fünf Tonnen Batterien mit sich rumschleppen die 3 Tage brauchen um zu tanken.

    Für Autos vermutlich weniger, aber auch hier kann E-Fuel d.h. schnelles nachfüllen sinnvoll sein. Zum Beispiel bei der Feuerwehr und Katastophenschutz. Der Akku im Fahrzeug wird ggf. keine drei Tage halten. Und dann Strom über eine ggf. viele Kilometer lange Leitung an den Ort der Katastrophe bringen?

  • Das sind doch angedachte automobile Hilfslösungen, die nie kommen werden und momentan lediglich ein paar ewig gestrige glauben lassen, dass Brum-Brum eben doch nicht tot ist. Den Lauf der Zeit hält das alles nicht auf. Ich bezweifle auch ob es den Gelben an der Urne tatsächlich nutzt, oder ob der Schuß nicht sogar nach hinten losgeht.

  • Die Massenproduktion dürfte es uninteressant machen, spezielle Sonderantriebe zu bauen.



    Aber warum Pyrussieg? Regelungen verwässern, und keine spricht drüber - das klingt doch nach gutem Erfolg...

    • @mensch meier:

      Es ist doch exakt andersherum. ;-)



      Regulierung nicht wirklich verwässert, aber jeder spricht darüber.



      Deshalb Pyrrhussieg.

  • Wenn jetzt schon klar wäre, dass E-Fuels in Kombination mit Verbrennermotoren für jede erdenkliche Nutzung sinnlos sind, dann gäbe es keinen Grund sie zu verbieten. Dieses Verbot ist eine Mischung aus Wirtschaftspolitik gegen bestimmte Weltmarktführer und Ideologie. Ideologie ist ein denkbar schlechter Ratgeber bei der Lösung des CO2 Problems.

  • "Denn Autos mit E-Fuels zu fahren ergibt technisch wie ökonomisch keinerlei Sinn. Für die gleiche Streckenlänge wird das Sechsfache an Strom benötigt wie bei einem E-Auto, und auch die Kosten liegen ungleich höher."



    Was sich deutlich relativiert, wenn man etwas weiter denkt als vom E-Auto bis zur (oft nicht vorhandenen) Steckdose. Für den Betrieb der E-Autos werden Zwischenspeicher benötigt, die entweder sehr teuer sind (Akkus) oder einen schlechten Wirkungsgrad haben (rückverstromter Wasserstoff, ebensolcher Ammoniak, oder - äh - rückverstromte E-Fuels...) und deswegen auch sehr teuer sind.



    Ganz abgesehen z.B. von dem Kupfer für die Ladeinfrastruktur [1].



    Gewinnen wird die Braunkohle.



    21 ist eben nur die halbe Wahrheit.



    Immerhin kann man bis 2035 EG-Richtlinien noch ein paar mal ändern. Naturgesetze nicht.



    [1] taz.de/Streik-bei-...oduzenten/!5863313

    • @sollndas:

      "Was sich deutlich relativiert, wenn man etwas weiter denkt als vom E-Auto bis zur (oft nicht vorhandenen) Steckdose." Nein, da relativiert sich nichts mehr. Hinter dem Zahlenverhältnis, das Malte Kreutzfeld da aufmacht steht m. E. eine well-to-wheel-Betrachtung. Für Pkw ist derzeit kein wirtschaftlicher Anwendungsfall von E-Fuels in Verbrennungsmotoren denkbar. Eine Spritztour im E-Fuel 911er ist vorstellbar, aber kein wirtschaftlicher Anwendungsfall.

      • @MeinerHeiner:

        "Hinter dem Zahlenverhältnis ... steht m. E. eine well-to-wheel-Betrachtung."



        Schön, Ihres Erachtens. Meines Erachtens wurden die zwischen well und wheel naturnotwendig erforderlichen Zwischenspeicher mal wieder "vergessen".

  • Wer kann heute schon sagen, was in zehn Jahren sein wird? Wird in zehn Jahren das Reichweitenproblem wirklich behoben sein? Einen echtn Vorteil könnten E-Fuels dann jedoch haben: Die vorhanden Verbrenner könnten damit ebenfalls betankt werden und hätten damit dann den geringsten CO2 Verbrauch. Es gibt also überhaupt keinen Grund, sich bereits heute auf eine Technik festzulegen. Und wenn E-Fuels dann letzten Endes nicht kommen sollten, hat auch niemand irgendetwas verloren.

    • @DiMa:

      Das heißt also lieber Gießkannenentwicklung, statt klare Orientierung. Wer es hat....

      • @Daniel Drogan:

        Legen Sie statt dessen lieber alle Eier in einen Korb? Was passiert, wenn die Entwicklung des E-Autos an seine Grenzen stößt (z.B. zu wenige Rohstoffe) oder die Netz- und Ladesäuleninfrastuktur nicht hinterherkommen?

        Und selbst wenn das alles funktionieren sollte, fahren die Bestandsverbrenner noch gut 50 Jahre auf unseren Straßen. Wäre es nicht besser, diesen PKW eine grüne Alternative zu bieten?

        • @DiMa:

          Warum alle Eier in einen Korb? Aktuell haben wir doch schon mindestens 2 Eierkörbe (Wasserstoff und Elektro), wenn man nun aber weiß das 2 Körbe es nie in die Küche schaffen, warum dann nicht auf dem Markt der Entwicklungen, nach neuen 2-3 Körben schauen? Das nennt sich Innovation und Zukunftstechnologien. Nicht alle müssen immer komplett aufbauend sein und das ausreizen von Technologien. Wir könne durchaus auch ganz neue Technologien finden, wen man weiß das diese gefördert werden. Andernfalls bleibt man beim alten und der Tellerrand ist dann nur sehr begrenzt.



          Und wir reden hier von mehr als 10 Jahren!

          Da sind manch skandinavische Staaten viel weiter, auch jene die zum Teil gar keine Autobauer bei sich haben und sowieso auf außen angewiesen sind...

          • @Daniel Drogan:

            Ganz genau, und weil es sein kann, dass wir gegebenenfall durchaus noch viel mehr Technologien erfinden könnten, macht es keinen Sinn, sich jetzt schon auf eine festzulegen bzw. bestimmte auszuschließen.

            Wenn wir also alle in Betracht kommenden CO2 neutrale Antriebsvarianten zulassen haben wir nixe nix verloren. Ganz egal, welche Variante(n) sich in Zukunft durchsetzt.

            • @DiMa:

              Wir wissen das eine Technologie definitiv der Umwelt nicht zuträglich ist. Warum diese dann weiter forcieren. Wenn wir andere Eierkörbe haben, die dort entgegenwirken, oder eben noch neue nicht benannte Eierkörbe haben.

              Es wird doch schon als "Megatechnologie" verkauft wenn der Verbrenner 10-15% weniger CO2 auspufft, aber er macht es immer noch. Und auf 0 wird es technologisch gesehen nie gehen. Also warum dann von 10-15% auf 10-15% reiten wollen. Denn die zweiten 10-15% sind auf die Vorwerte gleich wieviel weniger. ;) nicht 20-30% ;)

              Das man lieber den Verbrenner behalten will ist klar, bekannte Technik, kleinere Updates werden schon als Jahrtausendtechnologie gefeiert, Milliarden können statt in Entwicklung in "projektnahe Entwicklungen" gesteckt werden, welche am Ende da doch wieder in Skalierbarkeiten der Produktion und Co. ändern. Also eben genau NICHT in Umweltthemen...

              • @Daniel Drogan:

                Weil wir den Verbrenner in Form der heutigen Autos noch sehr lange sehen werden. Daher wäre es sehr positiv, wenn der CO2-Ausstoß bestehender Fahrzeuge reduziert werden könnte. Da sich deren Technik nachträglich nicht ändert, können Verbesserungen halt nur über den Treibstoff erreicht werden.

                Im übrigen würden E-Fuel-PKW nur dann zugelassen werden, wenn deren CO2 Aussto´ß im laufenden Betrieb 0 beträgt.

                • @DiMa:

                  Also die Autos die heute schon im Markt sind, werden keine Überarbeitungen mehr erfahren. Das ist blödsinn.



                  Ob die Neuentwicklungen mehr als 2-10% weniger CO2 Ausstoß bringen werden, ist fraglich. Darauf zu setzen und Milliarden in solche "Updates" zu stecken, anstatt diese in Technologien zu verpacken die jetzt schon als Ziel haben, KEIN CO2 auszustoßen finde ich sehr viel sinnvoller.

                  "Im übrigen würden E-Fuel-PKW nur dann zugelassen werden, wenn deren CO2 Aussto´ß im laufenden Betrieb 0 beträgt." und wo ist das Problem. Ein verbrenner schafft nicht einmal das!

        • @DiMa:

          Liebhaberei mal abgezogen: Welcher 2035 "auf den letzten Drücker" beschaffte Verbrenner fährt dann noch 37 Jahre, um auf die von Ihnen postulierten 50 Jahre Restlaufzeit zu kommen?

          • @MeinerHeiner:

            Technisch sind die Fahrzeuge von heute doch zwischenzeitlich voll und ganz ausgereift und können das ohne weiteres schaffen. Meinen geliebten Golf II und den schönen 3er BMW hab ich auch nur weggegeben, weil sie letzten Endes nicht komfortabel genug waren.

            Meinen Kodiac behalte ich dagegen bis in alle Ewigkeit, ungeachtet der Tatsache, dass ich im Alltag längst auf einen Enjaq umgestiegen bin.

            Die heutigen SUV wird man noch sehr lange im Straßenbild sehen.

  • Wär ja schön, hätte der Autor dieses Kommentares Recht..

    Nur fürchte ich die Bugatti- Ferrari- Harley- oder wie sie sonst heißen- Fahrer (und Firmen) werden Wege finden ihren Kult fortzuführen. Gegen jede Vernunft..gegen die Interessen der Allgemeinheit und auf Kosten unser aller Zukunft.

    Das ist dann wohl eher Greenwashing vom "allerfeinsten". Danke Hr.Wirsing... Danke FDP..

  • Von mir aus soll Lindner triumphieren. Er hat ja recht. Über die Elemente der leeren Menge (also die mit E-fuels angetriebenen Autos, die nach 2035 zugelassen werden) kann man alles aussagen, es ist im logischen Sinne immer wahr.



    Wenn sich erst herumspricht, dass der Herr Minister ungelegte Eier verkauft, dann ist sein Laden bald wieder bei Fast Drei Prozent und er hat endlich Zeit, seinen Porsche selbst zu waschen.

  • ...währenddessen werden Verkehrs- und Entsorgungsbetriebe schon mit den ersten Tankstellen ausgerüstet, die durch GtL-Technologie hergestellten Diesel ihre Fahrzeuge tanken können.

    Dauert also nicht mehr lange, bis GtL zum Standard für den gemeinen Michel wird. Mit diesem Sieg noch schneller denn je. Hurra an den Verbrenner, hurra an mehr klimaschädliche Gase!