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Elternprotest gegen Erzieherin in HalleFür die Kita zu rechts?

In Halle fordern Eltern, dass eine Kita-Angestellte geht. Sie glauben nicht, dass die Frau ihre rechtsextreme Gesinnung zu Hause lassen kann.

Wenn Eltern ihre Kinder an der Garderobe abgeben, vertrauen sie in die Kompetenz der Erzieherinnen Foto: Friso Gentsch/dpa

Dresden taz | Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps, sagt der Volksmund. Heikel wird es, wenn der „Schnaps“ im aktiven Engagement in einer rechtsextremen Gang und Tätlichkeiten auf Demonstrationen besteht; der „Dienst“ aber in Kindererziehung. Eltern in Halle an der Saale beschäftigt seit Jahresbeginn die Rückkehr einer solchen Erzieherin nach ihrer vorläufigen Beurlaubung durch den Wohlfahrtsverband Volkssolidarität als Arbeitgeber. Sie protestieren gegen deren Weiterbeschäftigung als „Springerin“ im Rotationsprinzip wegen des Personalmangels. Im Dienst konnte ihr allerdings keine nazistische Beeinflussung der Kinder nachgewiesen werden.

Caroline K. ist die Lebensgefährtin des über Sachsen-Anhalt hinaus bekannten Neonazis Sven Liebich. Als der 2020 zu einem Gerichtstermin geladen war, attackierte sie ein Fernsehteam des ZDF. Für ihre vorläufige Suspendierung sorgte im November des gleichen Jahres ein Video von einer militanten „Querdenker“-Demonstration in Leipzig. Es zeigt sie und andere gewaltbereite Demons­tranten in Auseinandersetzungen mit der Polizei und bei Tätlichkeiten gegenüber einem Fotografen. Eltern übten schon damals Druck auf die Volkssolidarität aus. Auch im vergangenen Jahr wurde Caroline K. auf sogenannten Montagsspaziergängen beobachtet.

Bezeichnenderweise hat das Team der Kita Rainstraße Halle im Januar festgelegt, dass sie nach ihrem Wiedereinstieg nur in Stoßzeiten und nie allein mit Kindern Kontakt haben darf. Eine Sprecherin der Eltern-Arbeitsgruppe berichtet, dass die Eltern eine breite Abwehrhaltung gegen die Erzieherin und ihr „offensiv rechtsextremes und rassistisches Gedankengut“ entwickelt hätten. Einzelne beließen ihre Kinder zu Hause und schickten sie erst jetzt im Februar wieder, nachdem Caroline K. an eine andere Kita wechselte.

Die Elternvertretung forderte in einem offenen Brief an die Volkssolidarität, „die Person nicht mehr als Erzieherin einzusetzen“. Die Gründe für ihre damalige Beurlaubung bestünden fort. Sie sei als pädagogische Fachkraft wegen des „Mangels an Empathie, Reife und Verantwortung für das eigene Verhalten“ gänzlich ungeeignet.

Geschäftsführer verweist auf Verhaltenskodex

An diesem Montag präzisierte die Elternvertretung der Kita Rainstraße ihre Forderungen. Der Träger solle zu einem neuerlichen Video von K. Stellung nehmen, arbeitsrechtliche Mittel prüfen und personenbezogene Daten vor einem möglichen Missbrauch schützen. Mithilfe von Fachberatung könne ein Ausstiegsangebot unterbreitet werden. Man wolle der Erzieherin nicht die Existenzgrundlage entziehen, aber sie könne beispielsweise in die Buchhaltung umgesetzt werden, ergänzt die Elternsprecherin.

In einem zweiten Teil der aktuellen Elternforderungen werden präventiv Gespräche, eine Leitbild-Diskussion, Fortbildungen und Projektwochen angeregt. Man erkenne die Sorgen der Eltern an, antwortete Geschäftsführer Dirk Jürgens vom Volkssolidarität Saale-Kyffhäuser e. V. den Eltern. Deren „emotionales Aufbegehren“ sei ihm aber nicht bewusst gewesen.

Der taz gegenüber wies Jürgens darauf hin, dass alle Mitarbeiter einen Verhaltenskodex unterschrieben haben, der diskriminierendes, gewalttätiges oder sexistisches Verhalten nicht toleriert. Verstöße dagegen könnten disziplinarische oder arbeitsrechtliche Folgen haben.

Die Elternvertretung der Kita Rainstraße fordert nun ein Gespräch mit dem Träger bis zum 15. Februar. Man befürchtet eine Rückkehr der Erzieherin und glaubt weiterhin nicht, dass sie ihre Gesinnung und Arbeit trennen kann. Der Fall beschäftigt auch das Landesverwaltungsamt und das Jugendamt Halle.

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7 Kommentare

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  • Nein. Arbeitsrechtlich eigentlich nicht schwierig. Halt eine Anwaltskanzlei beauftragen und -wenn nötig- einen Musterprozess durchziehen.



    Vor dem sich die "Volkssolidarität" drückt. Was eine Demütigung für alle ist, die die "Volkssolidarität" einmal gründeten. Zumal eine Institution, die den Rücken und die Ressourcen hat einen solchen Prozess zu führen. Ich halte das für deren verdammt noch mal Pflicht.

    Arbeitsrechtlich darf ich in meiner Freizeit zwar alles machen und denken was ich will.



    Darf aber generell schon mal meinem Arbeitgeber nicht schaden, öffentlich sein Ansehen beschädigen.

    Hier kann man argumentieren: Wofür die Volkssolidarität steht - historisch-politisch wie durch ihre Care-Arbeit - wird durch Caroline Kaufmann öffentlich verächtlich gemacht und beschädigt.



    Im besonderen Fall - es handelt sich um eine Erzieherin - kommen aber noch arbeitsrechtlich und fachlich relevante Anforderungen hinzu. Der Arbeitgeber kann durchaus nachvollziehbar machen, dass das Vertrauensverhältnis zu einer Mitarbeiterin dann nicht mehr herzustellen ist, ist sie in ihrer Freizeit gewalttätig und engagiert in rechtsmilitant antidemokratischen Kreisen.



    Der Arbeitgeber muss nicht darauf warten, oder nachweisen, dass sich die Haltung von Caroline Kaufmann im Arbeitsalltag auswirkt.



    Er steht zunächst den Kindern und Eltern gegenüber in der Pflicht auszuschliessen, das überhaupt diese Möglichkeit einer Auswirkung besteht,



    und zweitens muss er sich als Arbeitgeber darauf verlassen können, seine Mitarbeiterin unkontrolliert, unbeaufsichtigt arbeiten lassen zu können.



    Das hier das Vertrauensverhältnis zerrüttet ist sollte eigentlich klar sein.

    Schätze auf der Ebene sind haufenweise Urteile von Arbeitsgerichten im Archiv.

    Hängt davon ab, ob man rechtsmilitante Praxis für eine "Freizeitveranstaltung" hält.

    Es ödet einen schon an...zu sagen...



    militant Links war nie "Freizeit" vor Gerichten.

  • Das erinnert sehr an den Fall in Lüneburg, wo ebenfalls eine Lebensgefährtin eines allgemein bekannten Rechtsextremisten in Führungsposition als Erzieherin in einer Kita arbeiten sollte.



    Die Vorwürfe und Gegenargumente waren genau die selben, Berufsverbot, Meinungsfreiheit, ideologische Verbohrtheit der Elternschaft etc. und das teilweise durch Vertreter der Stadt.



    Das es eine Strategie der Rechten ist genau in diese Positionen zu gehen, das es Handlungsanweisungen gibt, wie solche Konflikt provoziert und im eigenen Sinne zu führen sind, das wird oft und von vielen als Panikmache, Verschwörungsgläubigkeit etc abgetan. Wer interessiert ist, kann sich da sehr leicht kundig machen unter anderem auch bei einem Kollegen von Ihnen hier in der TAZ. Dazu muß man nur bereit sein und nicht Toleranz rufen, wenn es um Intolerante geht.

    • @nutzer:

      Letztlich gab es eine Abfindung, die nicht öffentlich benannt wurde. Dies klingt hier auch so an und ist auf Grund des Arbeitsrechts die wahrscheinlichste Lösung, dass das möglicherweise sogar Teil des Plans war, als Plan B, falls es mit der Anstellung nicht klappt, kann man wieder leicht als Verschwörungsgläubigkeit abtun, halte ich aber für sehr realistisch. Dumm ist die rechtsextreme Führungsriege nämlich nicht, ganz im Gegenteil.

  • Berufsverbot. Dagegen sind wir früher auf die Straßen gegangen

    • @mlevi:

      Ja, aber bestimmt nicht dafür, dass Kinder von einer gewaltbereiten Rechtsextremistin betreut werden. Der Damalige Radikalenerlass richtete sich gegen friedliche Kriegsdienstgegner und Kommunisten. Kleiner Unterschied. Soll dann der kleine Höcke auch wieder Richter werden können und der Große wieder Geschichtslehrer? Nee danke. Man muss schon differenzieren.

    • @mlevi:

      Berufsverbot? Wer fordert das? Niemand!



      Sie soll von der Kinderbetreuung bei diesem Träger ferngehalten werden. Eigentlich sollte man sie wegen ihrer gewalttätigen Entgleisungen sofort kündigen, aber dass scheint arbeitsrechtlich schwierig zu sein.



      Und der nächste AG entscheidet dann, ob er eine Gewalttäterin als KitaTante einstellt.

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @mlevi:

      Das Schlagwort des Berufsverbotes wird manchmal sehr schnell gezückt. Für mich sieht das eher aus wie "Wählen mit dem Geldbeutel". Beispiel: Wenn von einem Schokoladenhersteller morgen bekannt wird, dass er Gewaltverbrechen duldet und finanziert, und die Kunden daraufhin dessen Marke meiden und der Hersteller pleite geht... Ist das dann ein Berufsverbot für die Schokoladenhersteller? Die Aussage der Eltern ist doch "Entweder sie geht, oder sie sind ihre Kundschaft los und können den Laden schließen." Boykott ist kein Verbot ;-)

      Möchten Sie von einem Vorurteile hegenden Menschen, der zufällig Gründe findet um Sie in seinem Privaten Umfeld zu verachten, ärztlich oder sonst wie versorgt werden müssen?

      Eine "echte" Rassistin wird bspw. Kinder anderer Ethnien nicht gleich behandeln wie die Kinder der favorisierten Ethnie. Nicht nachzuweisen bedeutet auch nicht, dass sie keine Ungleichbehandlung erfährt.