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26 Jahre nach dem Genozid von SrebrenicaLeugnen und hetzen ohne Strafe

In Bosnien-Herzegowina gedenken die Menschen der Opfer des Völkermordes. Immer öfter fordert die Zivilgesellschaft, das Leugnen zu bestrafen.

Beerdigungen 26 Jahre danach: Auf der Gedenkstätte Potočari haben sich Trauernde versammelt Foto: Darko Bandic/ap/dpa

Split taz | Auch in diesem Jahr wurden nahe der bosnischen Stadt Srebrenica wieder Opfer beerdigt: Vor 26 Jahren ermordeten dort serbisch-orthodoxe Soldaten der Armee der Republika Srpska ab dem 11. Juli 1995 über 8.000 muslimisch-bosniakische Jungen und Männer. Tausende von Menschen versammelten sich am Sonntag auf dem Gräberfeld der Gedenkstätte Potočari, als 16 Männer, zwei Jugendliche und eine Frau beigesetzt wurden.

Deren Überreste hatte man im vergangenen Jahr identifizieren können. Jedes Jahr können weniger Opfer identifiziert werden, obwohl noch immer rund 1.000 Personen als vermisst gelten. Im aufwendigen Verfahren die DNA mit Angehörigen zu vergleichen, wird 26 Jahre nach dem Massenmord immer schwieriger.

Der Genozid wird bis heute von vielen Stimmen geleugnet. Der serbisch-bosnische Politiker Milorad Dodik höhnte wiederholt, den Massenmord in Srebrenica habe es nie gegeben. Doch solche Äußerungen erweisen sich mittlerweile als Eigentor.

Immer öfter fordert die Zivilgesellschaft, dieses Leugnen zu sanktionieren. Auch der bisherige Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, Valentin Inzko, forderte dies vor wenigen Monaten, doch weder Brüssel noch Berlin gingen darauf ein. Man gab sich damit zufrieden, dass der Name des verurteilten Kriegsverbrechers Radovan Karadžić vom Eingang eines Studentenheims in Pale abgehängt wurde.

Immerhin haben jetzt die Parlamente Montenegros und Kosovos von Serbien gefordert, das Massaker in Srebrenica als Genozid anzuerkennen. In dieser Frage sind sich alle Nachbarstaaten Serbiens einig. In der serbischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowinas hingegen, der Republika Srpska, werden weiterhin ungestraft T-Shirts mit den Konterfeis der Kriegsverbrecher verteilt und die Opfer von Srebrenica damit verhöhnt.

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5 Kommentare

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  • „In der serbischen Teilrepublik Bosnien-Herzegowinas hingegen, der Republika Srpska, werden weiterhin ungestraft T-Shirts mit den Konterfeis der Kriegsverbrecher verteilt und die Opfer von Srebrenica damit verhöhnt“



    Schlimmer noch: Es gibt Verschwörungstheoretiker, die behaupten, dieser Massenmord sei eine perfide „Verschwörungstheorie“ seitens der Siegermächte. Und dass sich die dort verantwortliche niederländischen UN-Einheit zurückgezogen habe, nachdem sie darum „gebeten“ wurde. Weil dort eine „Maßnahme“ durchgeführt werden müsse!

  • Im Gegenteil, ich kann die Bedürfnisse und Interessen der Überlebenden in Bosnien gut verstehen.



    Das Leugnen von Völkermord steht auch in Frankreich in Bezug auf Armenien und in Rwanda unter Strafe.



    Aber mit Strafe ist es nicht allein getan.



    Lernprozesse sind zu organisieren und das ist anstrengend.



    Ein guter Zugang ist der Film "Sturm" von 2009 von Hans-Christian Schmid.



    de.wikipedia.org/wiki/Sturm_(2009)

    "Völkermordnarrativ ein Konstrukt der transatlantischen Ideologie" wie Chaabouté schreibt, ist Revisionismus und Phantasie-Ideologie pur.



    Das gehört zu Jürgen Elsässers üblen Erbschaften. Einfach aus Unkenntnis und Ignoranz. Doch Osteuropa ändert sich - von unten!

  • Srebrenica mit Auschwitz gleichzusetzen und fürs Leugnen entsprechend Bestrafung einzufordern, ist eine unerhörte Anmaßung und ein Schlag ins Gesicht aller Opfer völkermordähnlicher Handlungen.

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @Khaled Chaabouté:

      Dann sagen Sie doch mal klipp und klar, was genau das Verbrechen von Srebrenica von, wie Sie sagen, "voelkermordaehnlichen Handlungen" unterscheidet.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Khaled Chaabouté:

      Sie erklären also ohne das es ihnen die Schamesröte ins Gesicht treibt das die Angehörigen der Opfer und ihre Vertreter sich doch nicht so anmaßen sollen und ein Verbot fordern sollen für Aussagen die auf der Würde ihrer Toten Angehörigen rumtrampeln, weil es ihnen nicht ins politische Konzept passt.

      Das war Völkermord, die 8000 Toten liegen da weil sie Opfer eines rassistisch-nationalistischen Massenmordes wurden, Auschwitz haben nur sie hier reingebracht, niemand hat es hier damit verglichen. Aber es gibt keine Klassifizierung von Opfern, alle Opfer von Massenmord haben das Anrecht nicht verleugnet zu werden.