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Autofahren soll grüner werdenVerbote helfen

Laut europäischer Umweltagentur ist der CO2-Ausstoß der Neuwagen 2020 gesunken. Bald werden die entsprechenden Gesetze noch weiter verschärft.

Der Zafira: marode qualmend, aber finanziell abgeschrieben – klimaneutral erst auf dem Schrottplatz Foto: Martin Vogt/imago

I st unser Auto eigentlich klimaneutral?“, fragte mich letztens unser jüngster Sohn, der nun auch die Lizenz zum Töten macht und dafür zur Fahrschule geht. Klimaneutral? Unser guter schlechter alter Zafira Diesel? „Ich meine ja nur“, sagte der Knabe, „das ganze Moos, das auf ihm wächst, bindet doch bestimmt jede Menge CO2.

Sehr witzig. Dabei hatte ich selbst schon mal darüber nachgedacht, mit den Moosflechten am Wagen gegen Bezahlung den gefährlichen Feinstaub zu binden. Oder bei der EU eine Prämie für die Stilllegung zu fordern, wie sie Bauern für ihre Äcker bekommen.

Trotzdem bleibt es dabei: Das silbergraue Opel-Monster ist der schwärzeste Fleck auf meiner grünen Weste. Auch wenn ihn zwei Familien mit insgesamt neun Menschen nutzen, auch wenn er brav 147.000 Kilometer runtergebrummt hat und jungen FahrschülerInnen die Tücken der Parklücken beibringt.

Aber die Monster können gezähmt werden, das meldet gerade die EU-Umweltagentur: Demnach ist der CO2-Ausstoß der Neuwagen in Europa 2020 um satte 12 Prozent zurückgegangen. Nicht wegen Corona, sondern wegen der neuen EU-Regeln. Die zwingen die Hersteller zu sparsameren Modellen oder zum verstärkten Verkauf von E-Autos. Also: Man muss bei Ge- und Verboten nur kräftig Gas geben, dann tritt die Autoindustrie von allein auf die CO2-Bremse. (Kleiner Spaßverderber: Bei Lieferwagen galt das kaum, und deren Zahl nimmt rasend zu.)

Gesetze werden verschärft

Bald wird die EU diese Gesetze noch mehr verschärfen. Und um hohe Geldstrafen zu vermeiden, wird Ihnen die Auto-Mafia schon bald ein Angebot für einen günstigen neuen Elektrowagen machen, das Sie nicht ablehnen können. Sie müssen also eigentlich nur warten, bis ein panischer Auto-Dealer bei Ihnen anklopft und Ihren dummen alten Stinker gegen einen smarten Nichtstinker eintauscht, der Sie nicht nur sicher nach Hause bringt, sondern Sie dabei auch noch im Schach schlägt.

Für unsere alte Familienkutsche mit Beulenpest ist da nichts zu holen. Seit der letzten Schramme vor ein paar Monaten gilt sie nämlich offiziell als „wirtschaftlicher Totalschaden“. Es lohnt sich nicht mehr, noch Geld in den Zafira zu stecken. Aber was macht er? Läuft und läuft und säuft. Es fühlt sich an, als würde man mit einem Braunkohlekraftwerk unterm Hintern herumfahren: marode qualmend, aber finanziell abgeschrieben. Und klimaneutral erst auf dem Schrottplatz.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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13 Kommentare

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  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Ich schrieb es hier schon mal:



    Klimaschutz beginnt am Gaspedal.🚕

  • Ja wie??? - “ Verbote helfen“ - Ach was!

    Einfach mal nachdenken - bevor der Worthülsensalat an Tränentier -



    Sich breit macht - auf dem Papier! Gelle!



    Dank im Voraus - 🤣 -

    kurz - “…Bald werden die entsprechenden Gesetze noch weiter verschärft.“



    &



    Dess lassemer gelten. Gellewelle.

    unterm——servíce



    Ein Gesetz ist eine allgemeine Regel dafür, wie etwas ist oder etwas sein soll. ... Gesetze sorgen dafür, dass die Menschen in Frieden miteinander leben können. Dazu gehört zum Beispiel, dass man seine Meinung frei sagen darf.“



    =>♦️einfach, mehr könnte verunsichern



    & Däh!



    Ein Verbot ist eine Anweisung zur Unterlassung einer Handlung. Diese Anweisung kann in Regeln, Richtlinien, Befehlen oder Rechtsnormen näher definiert sein, letztere etwa als gesetzliches Verbot. Vergleichbare Begriffe können – je nach Sachzusammenhang – Tabu, Bann, Interdikt oder Prohibition darstellen. Als Gegensatz kommen Erlaubnis und Gebot in Frage.“ Get it? Fein.



    Für Sie visualisiert - ehra Kindheit =>



    upload.wikimedia.o...ielen_verboten.JPG



    (mit dem schönen Unsinnszusatz“Eltern haften für ihre Kinder!“ 😂 /;)

  • Knackpunkt bei Autos sind, dass sie im Schnitt 1,2 Personen befördern und 45 Minuten genutzt werden. Carsharing erhöht zwar das Nutzungspotenzial ändert allerdings nichts an der Zahl der Beförderten. Dem gegenüber steht der Energieverbrauch für Nutzung sowie der Ressourcen- und Energieverbrauch für die Produktion. In Deutschland gibt es bei 83 Milllionen Menschen 48 Millionen Autos. Weltweit gibt es 1,2 Milliarden Autos. Privat-PKWs bedeuten Privatisierung von 1,5 Tonnen Material nebst dem dafür hohen Aufwand an Ressourcen und Verarbeitung. Wieviele neue E-Autos können überhaupt hergestellt werden - wobei der ökologische Fußabdruck der industrialisierteren Länder eh schon zu groß ist - ohne dass der damit einhergehende Schaden die Lebensgrundlage untergräbt? Wer kann sich solche Autos kaufen? Autos sind offenbar sozialökologisch fragwürdig und stellen keine gesamtgesellschaftliche Lösung für Mobilität dar. In diesem Zusammenhang kann Autofahren nicht grüner werden.

    • @Uranus:

      "In diesem Zusammenhang kann Autofahren nicht grüner werden."



      - das ist nicht richtig. Es mag nicht grün werden können, aber grüner schon. Es sei denn, Sie lehnen graduelle Verbesserungen ab. Damit klinken Sie sich allerdings bloß aus der Diskussion aus, denn verschwinden werden Autos nicht von heute auf morgen, ob Sie sich das wünschen oder nicht.

      • @Hinkelstein:

        Wer die Medien verfolgt, sollte insbesondere in den letzten Jahren mitgeschnitten haben, dass das Klima sich rasant zum schlechten hin verändert. Klimawissenschaftler*innen berichten, dass Worst-Case-Szenarien sich bisher bestätigt haben.



        www.br.de/nachrich...-am-besten,S6hCIGh



        Die letzten Nachrichten von der Hitzewelle in Nordamerika aber auch in Sibirien (immerhin auch auf Höhe des Nordpolarkreises!) ist einer der unzähligen Hinweise:



        taz.de/Evakuierung...tzefeuer/!5783880/



        Das Auto mag für Menschen, die abgelegen wohnen wie auch für Menschen mit Körperbeeinträchtigungen eine gewisse Notwendigkeit darstellen. Was Illusion sein sollte, ist, Autos zu kaufen, weil mensch es kann und sie zu nutzen, weil es bequemer ist. Das gilt für viele Aspekte hiesigen verschwenderischen, zerstörerischen Lebensstils samt der dies ermöglichenden Produktionskapazitäten. Es geht nicht darum, was ich mir wünsche, sondern, dass möglichst viele realisieren, wie mensch sich in vielen Teilen auf dem Irrweg befindet. Offenbar ist noch nicht klar, was notwendig ist und teils nicht, was sozial ist. Grüner hilft im Kontext von CO2-Emissionen, Klimaerhitzung und Massensterben der Tiere nicht, es muss hinreichend grün sein. Mit der Natur, dem Klima kann nicht verhandelt werden.

        • @Uranus:

          Alles längst bekannt, wir reden aneinander vorbei. Ich versuche es anders: Das Auto *wird* nicht kurzfristig verschwinden. Ob das richtig sei oder falsch. Daher darf man sich auch als Umweltaktivist seriöserweise nicht darauf beschränken, „nein“ zum Auto zu sagen, sondern muß sich auch mit der Frage beschäftigen, wie das Auto der nahen Zukunft weniger klimaschädlich sein könnte. Ist halt so. Wenn Sie das ablehnen, dann beschränken Sie Ihre Diskussionsteilnahme auf eine Wunschvorstellung (die nicht eintreten wird, jedenfalls nicht morgen). Schauen Sie den VCD an - der hat irgendwann angefangen, relativ umweltverträgliche Autos aufzulisten. Obwohl er generell natürlich vom Auto abrät.

          • @Hinkelstein:

            Es geht nicht bloß um das Auto sondern auch um vieles anderes - letztlich um die generelle Lebensweise (je reicher desto größer die negative Auswirkung) in industrialisierten Ländern, die zu viel Energie, Land, Wasser und Ressourcen verbraucht. In anderen Bereichen wie bspw. dem Fleischkonsum oder Flugreisen hat bisher auch kein wesentlicher Rückgang eingesetzt. Es wird allerdings ein großer Verzicht bezüglich Energie, Land, Wasser und Ressourcen notwendig sein, um katastrophale Klimaerhitzung und Massenaussterben von Tieren reduzieren zu können. Die Reduzierungen müssen hinreichend ausfallen. Ich sage es mal so: Wenn eine Person sich 1 m unter Wasser befindet und an die Wasseroberfläche will/muss, dann reicht es nicht, bloß ein paar Zentimeter hochzutauchen. Um Luft zu holen, muss die Person 1 m auftauchen. Entsprechend würde ich dieser Person NICHT empfehlen nur ein paar Zentimeter hochzutauchen. Dies müsste als Schaubild für heutigen Lebensstil und notwendiger Konsequenz ebenfalls verbreitet und wirkmächtig werden. Seriösität heißt auch effektive Veränderungen anzusteuern, nicht aber sich selbst oder anderen etwas vorzumachen. Entsprechend würde ich anderen nicht empfehlen, sich ein Auto zu kaufen oder nur alle zwei Jahre nach Indien zu fliegen oder den Fleischkonsum von 60 Kilo nur um eine Packung Salami zu reduzieren ...

            • @Uranus:

              ... stattdessen finde ich es hilfreich politische wie "private" Notwendigkeiten klarzumachen und Alternativen zu entwickeln - wie gebrauchtes Fahrrad anschaffen, was an Bushaltestelle/Bahnhof angeschlossen werden kann und für letzte Kilometer nutzen, Carsharing als Option, wenn ÖPNV und Fahrrad nicht weiterhelfen, Austausch mit anderen Leuten suchen, die auch autofrei Leben wollen bzw. es bereits tun, vegane Alternativen anbieten usw. usf. ...

              • @Uranus:

                Mit Verlaub, Sie wollen mich glaube ich nicht verstehen :D Was sie vorschlagen, ist alles löblich und wird in Ihren Kreisen sicher auch zunehmend gemacht. Aber wie gehen Sie mit der Tatsache um, daß ein großer Teil der Gesellschaft nicht so schnell umschwenken wird? Es wird die nächsten Jahrzehnte Millionen neuer Autos geben, da können Sie sich auf den Kopf stellen. Also ist es doch in unserem Interesse (weil dem der Umwelt), wenn diese kommenden Autos immerhin so wenig schädlich sind wie möglich. Und dafür braucht es politische Weichenstellungen.

  • "Man muss bei Ge- und Verboten nur kräftig Gas geben, dann tritt die Autoindustrie von allein auf die CO2-Bremse."



    Aber nur mit Hilfe der Milchmädchenrechnung, dass E-Autos mit 0 g CO2/100 km angesetzt werden und damit der Flottenverbrauch klein gerechnet wird. Berücksichtigt man, dass E-Autos nur den CO2-Ausstoß von der Straße in Kraftwerke verschieben (ich habe das vor ca. einem Jahr mal für mich am Beispiel Citroen C 1/C Zero durchgerechnet), kommt raus, dass der Ausstoß sich um kein Mikrogramm CO2 verringert haben dürfte, dass eher eine Steigerung eingetreten sein dürfte.



    "...wird Ihnen die Auto-Mafia schon bald ein Angebot für einen günstigen neuen Elektrowagen machen, das Sie nicht ablehnen können."



    Und Ihnen einzureden versuchen, das Ding sei irre umweltfreundlich. Mit freundlicher Unterstützung der taz:



    taz.de/Fortschritt...-E-Autos/!5778896/

  • Man sollte nicht nur auf E- oder Benziner schauen, sondern auch auf Energieverbrauch und Herstellung. Der VW ID4 z.B. ist ein E-Auto, aber eins mit bis zu 299PS. Ein SUV, der riesig ist, soviel wiegt wie ein Panzer und sicher schlechter éin sparsamer Benziner. Aber staatlich subventioniert.

    • @Jalella:

      Ja, es ist ziemlich irre. Man kann derzeit mit ansehen, wie Leute >2t schwere E-SUVs kaufen und denken, sie täten damit was für die Umwelt.

  • Ich kann mich leider gar nicht über die Zahl freuen, seit ich mich eingelesen habe in die Details der Verordnungen. Wußten Sie, daß E-Autos mit 0g in die Bilanz eingehen? Und die Tatsache, daß schwerere/größere Autos mehr CO2 ausstoßen dürfen als leichte/kleine, ist so ein Irrsinn. Haben Sie gesehen, was das derzeit für eine verheerende Wirkung auf den Markt hat? Praktisch alle Kleinstwagen werden eingestellt (dabei waren genau diese Modelle natürlich stets die Spitzenreiter auf z.B. der Empfehlungsliste des VCD). Autos werden größer. Und das angesichts unserer Innenstädte... furchtbar.