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Streit zwischen Polen und EUNationalpopulisten bleiben stur

Kommentar von Gabriele Lesser

Die polnischen Nationalpopulisten forcieren den Rechtsstreit mit der EU und nehmen die Europäische Kommission nicht ernst. Das kann so nicht bleiben.

Ein Demonstrierender vor dem Obersten Gericht in Warschau Foto: Imago

D as Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist für Polen vernichtend. Die sogenannte Gerichtsreform und insbesondere die neu geschaffene Disziplinarkammer am Obersten Berufungsgericht in Warschau sind unvereinbar mit EU-Recht.

Eine Überraschung ist das Urteil nicht. Das EuGH hatte bereits zuvor per einstweilige Anordnungen verfügt, dass die polnische Disziplinarkammer keinen Gerichtsstatus habe, weil die Disziplinar-Richter nicht unabhängig seien und ihre Disziplinierungen anderer Rich­te­r:in­nen daher unwirksam.

Die PiS hatte genügend Zeit, die seit 2015 betriebene Demontage des polnischen Rechtssystems und die Aufhebung der Gewaltenteilung zu überdenken und wenigstens einige Reformen zurückzunehmen. Doch nichts dergleichen geschah.

Die polnischen Nationalpopulisten forcieren seit Jahren den Rechtsstreit mit der EU, markieren im eigenen Land den starken Max und nehmen die Europäische Kommission unter Ursula von der Leyen schlicht nicht ernst. Bislang hat die Kommission ja auch nie von ihrem Recht Gebrauch gemacht, mit Finanzstrafen die Einhaltungen des EU-Rechts in Polen durchzusetzen.

Nun hat das Verfassungsgericht Polens, das inzwischen von der PiS kontrolliert wird und verfassungswidrige Gesetze als verfassungskonform durchwinkt, kurzerhand die einstweiligen Anordnungen des EuGH für verfassungswidrig erklärt.

Polens Staatssender TVP sendete parallel Bilder von der lächelnden Ursula von der Leyen, die mit dem polnischen PiS-Premier Mateusz Morawiecki „konstruktive Gespräche“ führte. Die nächste Nachricht lautete, dass Polen mit 13 Milliarden Euro die größte Summe aus dem Klimafonds der EU erhalten wird.

Das Julia-Przyłębska-Gericht, wie das Pseudoverfassungsgericht in Polen nach ihrer Vorsitzenden genannt wird, hat das Urteil über den Vorrang des polnischen Rechts gegenüber EU-Recht auf den 2. August vertagt. Dann wird es dies wohl für verfassungswidrig erklären. Von der Leyen wird dem Verfall der EU-Rechtsgemeinschaft weiter tatenlos zusehen. EU-Fans in Polen sind von ihr enttäuscht. Zu Recht.

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Auslandskorrespondentin Polen
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19 Kommentare

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  • Die EU ist eben eine reine neoliberale Wirtschaftszone, keine politische Wertegemeinschaft.



    Als es darum ging, die sozialzerstörerische Austeritätspolitik in Griechenland durchzudrücken, hat man das autoritär durchgezogen.



    Wenn es nun um die Durchsetzung rechtsstaatlicher Belange geht, werden in Brüssel nur die Schultern gezuckt: Sorry, geht grad nicht, leiderleider...

    • @Linksman:

      Die obersten Werte der neoliberalen Ideologie sind unabhängige Märkte mit Fereihandel und freiem Wettbewerb sowie das Minimalstaatsprinzip. Die EU praktiziert demgegenüber eine gigantische Bürokratie, bis ins letzte Detail geregelte Anforderungen für den Marktzugang, Importzölle, Exportsubventionen und massive Subventionen die zB in im Agrarsektor im Schnitt 42% des Einkommens der Landwirte ausmacht. Aus neoliberaler Sicht dürfte die EU eher ein abschreckendes Beispeil dafür sein wie man es nicht machen sollte.



      www.agrarheute.com...rote-zahlen-579457

  • Schon mit den Aufnahmekriterien in die EU hat man es - mal abgesehen von der Türkei - nie so genau genommen und wer einmal drin ist, kann offenbar machen was er will. Die derzeitige polnische und die ungarische Regierung zapft ab, was geht und schert sich ansonsten einen feuchten Dreck um den Laden. Die Wahrheit ist doch, dass es diese Regierungen dort ohne die EU so wahrscheinlich gar nicht mehr geben würde.

  • Der größte "Geburtsfehler" der EU ist, dass man Länder nicht "rauswerfen" kann. Ich kenne keinen anderen "Verein", wo dies so ist. Länder wie Ungarn oder Polen haben in der EU nichts verloren.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Kaboom:

      Die meisten international Organisationen funktionieren so die arabische Liga hat Syriens Mitgliedschaft suspendiert, aber ich glaube Rausschmisse gibt es da auch nicht.

      Das Hauptproblem ist der Mangel einer echten Verfassung mit einem echten politisch unabhängigem Verfassungsgericht und klaren Sanktionsregeln bei Regelbrüchen.

    • @Kaboom:

      Aus der NATO kann man auch nicht rausgeschmissen werden.

      Auch da ist nur ein freiwilliger Austritt via Artikel 13 möglich.

      Man konnte sich solche Szenarien bei der Gründung einfach nicht vorstellen.

    • @Kaboom:

      Doch, Sie kennen einen: die NATO.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Polen = größter Nettoempfänger in der EU!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Ja, Polen ist der größte Nettoempfänger der Union, trotzdem ist das kein Argument für irgendwas.

      Wir kommen ja auch nicht auf die Idee, die Rechte von Berlin einzuschränken, weil es ein Scheiterhaufen für die Gelder des Länderfinanzausgleich ist.

  • Die EU sollte den Nationalstaaten die Befugnis entziehen selbst entscheiden zu können.

    Was wir benötigen ist ein Supra-EU-Staat. Ein links-sozialistischer.

    Hashtag Solidarität für die EU und Europa!

    • @Marlene Gruppner:

      Ein links-sozialistischer Supra-EU-Staat? Der einfach so errichtet wird?Von wem?Angesichts der Uhrzeit des Posts vermute ich das Sie eventuell nicht ganz nüchtern waren,als Sie das geschrieben haben!



      Ach ja und natürlich die alte ewige Frage: Was ist "links" eigentlich genau? Der Zusatz "sozialistisch" trägt auch nicht gerade zur Vereinfachung der Frage bei!

    • 1G
      14390 (Profil gelöscht)
      @Marlene Gruppner:

      Das war nur erstens so nie vorgesehen, da die EU im Kern eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, zweitens ist das auch von der Mehrheit der Mitgliedsstaaten nicht gewollt.



      Ganz davon abgesehen, daß Sie dafür auch in den Mitgliedsstaaten keine Mehrheit bekommen würden und - zumindest in Deutschland - hier auch das Bundesverfassungsgericht einschreiten würde.

    • @Marlene Gruppner:

      Och nö, lieber nicht. Experimente mit sozialistischen Superstaaten hatte die Welt genug, da kommt nix Gutes bei raus.

  • Finanzstrafen muessten sofort her, doch auch dann waeren sie zu langsam. Das Einizge, was die PiS-Anhaenger und –Angehoerige verstehen wuerden, waere ein Rueckgang in den Beschaeftigungsvorschriften zu den vor-der-Polen-in-der-EU-Zeiten. Un vielleicht ein Visum-Pflicht fuer Polen, Ungarn und alle anderen Shurkenstaaten. Bis die Verhaeltnisse wieder mit den EU_Werten vereinbar sind.

    • @Slimak:

      Wer ist für die Finanzstrafen zuständig.

      Der der zahlt? Was ist wenn sich "der der zahlt" politisch ins Extreme abrutscht?

    • @Slimak:

      "Die EU sollte den Nationalstaaten die Befugnis entziehen"



      Es gibt aber keinerlei Grundlage auf der man in Brüssel einfach entscheiden könnte, dass Berlin, Paris, Warschau, et al. nichts mehr zu melden haben. Das ist eben das große Dilemma der EU, dass die Nationalstaaten Souveränität allenfalls in homöpathischen Dosen abzugeben bereits sind, genau dies aber im Ergebnis dazu führt, dass man dauerhaft eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners und teurer Deals betreiben muss.

    • @Slimak:

      Es wäre aber ein schon sehr offensichtlich widersprüchliches Vorgehen Polen, völlig zu Recht, wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit zu kritisieren und dann bei einer Sanktionierung selbst die EU-Verträge zu ignorieren. Tatsächlich sind die Möglichkeiten ziemlich begrenzt. Man kann ein Vertragsverletzungsverfahren durchlaufen, das uU zu Geldstrafen führt oder man kann eine Suspendierung der EU-Mitgliedschaft nach §7 in Betracht ziehen, aber auch das bezieht sich nur auf bestimmte Aspekte der Mitgliedschaft wie das Stimmrecht im EU-Rat, würde ein EU-Mitglied aber auch nicht in den Status eines Drittstaates mit Visumspflicht versetzen. Wie problematisch ein solcher Schritt allein organisatorisch wäre lässt sich leicht am Brexit erkennen. Zudem muss der Verstoß mit dem die Suspendierung begründet wird einstimmig festgestellt werden, wenn also zB Ungarn für die polnische Sicht der Dinge stimmt ist dieser Weg nicht mehr gangbar.

  • Das kann doch nicht wahr sein, dass sich die EU das gefallen läßt.

    • @Gondrino:

      Vielleicht würde sich die EU das nicht gefallen lassen ... würde sie nicht von rückgratlosen Durchwurstlern regiert. Und daran wiederum können nur die Wähler was ändern, und zwar schnell, bevor die EU-Regierenden auf den Geschmack kommen und den polnischen und ungarischen Korruptionsolympioniken nacheifern, wofür die Anzeichen sich ja mehren.