Jahresbericht Deutsche Einheit: Überholen ohne einzuholen
Der Osten hinkt in Sachen Wirtschaftskraft dem Westen weiter hinterher. Dafür ist die GroKo mitverantwortlich. Die AfD freut sich über Zulauf.
W er hätte gedacht, dass Walter Ulbrichts belächelte Forderung: „Überholen ohne einzuholen“ tatsächlich mal zur aktuellen Zustandsbeschreibung taugen würde. Der am Mittwoch veröffentlichte Jahresbericht zur Deutschen Einheit liest sich jedenfalls so. Die Wirtschaftskraft liegt im Osten nach wie vor stabil hinter der im Westen – die Menschen in Ostdeutschland – Berlin ausgenommen – erwirtschaften pro Kopf gut 20 Prozent weniger als jene im Westen.
In anderen Punkten hat der Osten den Westen dagegen überholt. So ist das verfügbare Haushaltseinkommen in Potsdam mittlerweile höher als im Saarland. Auf einem weiteren Feld liegt der Osten leider auch vorn: Die Menschen hier sind skeptischer und distanzierter gegenüber der Politik, bis hin zur Demokratiefeindlichkeit. Die Wahlergebnisse der AfD sprechen Bände. Sie hat sich im Osten auf hohem Niveau etabliert und erreichte jüngst in Sachsen-Anhalt über 20 Prozent.
Bei der Ursachenforschung wird gern auf die untergegangene DDR verwiesen. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung sprach von diktatursozialisierten Ostdeutschen. Das ist bequem. Die DDR kann ja nicht mehr widersprechen.
Es ist aber auch billig, denn es lenkt von eigenen Versäumnissen ab. Der aktuelle Jahresbericht zur Deutschen Einheit, den man auch als eine Bilanz dieser Regierung lesen kann, zeigt, dass es der Groko nicht gelungen ist, die wirtschaftliche Kluft zwischen dem Osten und dem Westen zu schließen – im Gegenteil.
Anfang der 90er erlebten die Ostdeutschen, wie politische Entscheidungen dazu führten, dass eine Volkswirtschaft abgewickelt und der massenhafte Verlust von Arbeitsplätzen in Kauf genommen wurde. Diese Radikalität lässt die Politik in Bezug auf einen wirtschaftlichen Aufbau Ost nun schon seit Längerem missen. Dass die Menschen im Osten skeptischer gegenüber der Politik sind, verwundert daher nicht. Es rechtfertigt allerdings auch nicht die Wahl einer rechtsextremen Partei.
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