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Nach Räumung der Habersaathstraße 46Anzeige gegen den Innensenator

Be­set­ze­r*in­nen der Habersaathstraße zeigen den Innensenator an: Mit der Räumung sei eine Corona-Infektion der Be­set­ze­r*in­nen forciert worden.

Mitten in der Nacht: Ende Oktober 2020 wird die Habersaathstraße 46 geräumt Foto: dpa

Berlin taz | Die Räumung der Besetzung der Habersaathstraße 46 Ende Oktober vergangenen Jahres bekommt ein ungewohntes juristisches Nachspiel. Zwei der Be­set­ze­r:in­nen kündigten gegenüber der taz an, am Montag selbst Anzeige gegen Innensenator Geisel wegen Körperverletzung und Nötigung im Amt zu erstatten. Der Vorwurf lautet, Geisel hätte durch die Räumung der Besetzung kurz vor dem zweiten Lockdown bewusst eine Corona-Infektion der vormals obdachlosen Be­set­ze­r:in­nen riskiert.

„Mit der Räumung wurde bewusst in Kauf genommen, dass die Anzeigeerstatter und weitere Haus­be­set­ze­r:in­nen aufgrund der Wetterlage und der dazu kommenden besonderen Verschärfung der Situation aufgrund der Pandemie schweren körperlichen Schaden nehmen können“, heißt es in der Begründung der Anzeige, die voraussichtlich am Montag der Staatsanwaltschaft übergeben wird. „Geisel muss klar gewesen sein, dass wir auf der Straße oder in den Obdachlosenunterkünften einer wesentlich größeren Gefahr ausgesetzt gewesen sind“, begründet Besetzer Fabian Jung gegenüber der taz seine Entscheidung, die Anzeige zu stellen.

Zwei Tage vor dem Inkrafttreten des zweiten Lockdowns besetzten Ende Oktober 20 Ak­ti­vis­t:in­nen einen größtenteils leerstehenden Plattenbau in der Habersaathstraße 46. Zahlreiche voll möblierte Wohnungen stehen dort seit Jahren leer, weil der Eigentümer das Haus abreißen und durch einen Neubau ersetzen will. Dagegen wehrt sich der Bezirk Mitte, die Bezirksverordnetenversammlung beschloss sogar, dass Gebäude zu rekommunalisieren. Auch heute steht das Gebäude weiterhin leer, die Streitigkeiten um den Abriss dauern an.

Die Besetzung wurde noch am selben Tag von der Polizei geräumt. Dabei gab es während der Besetzung Verhandlungen mit dem Bezirk, der erwog, das Gebäude nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) zur Unterbringung für Obdachlose zu beschlagnahmen. Noch während die Verhandlungen liefen, räumte die Polizei überraschend das Gebäude. Die obdachlosen Be­set­ze­r:in­nen landeten wieder auf der Straße.

Vor dem Nichts

Jung berichtet, wie er und andere Be­set­ze­r:in­nen nach mehreren Stunden Aufenthalt in einer Gefangenensammelstelle mitten in der Nacht in Lankwitz auf die Straße gesetzt wurden. „Ein Polizist meinte noch spöttisch: Ihr könnte ja sehen wie ihr jetzt nach Hause kommt“, erinnert sich Jung. Acht Monate nach der Räumung sind viele der Be­set­ze­r:in­nen weiterhin obdach- oder wohnungslos. Auch Jung hat immer noch keine eigene Wohnung, hangelt sich seit Monaten von Couch zu Couch bei Bekannten: „Ich werde langsam müde.“

Andere Besetzer:innen, die in Camps an der Rummelsburg oder der Frankfurter Allee lebten, wurden ebenfalls geräumt und stünden mit dem Ende der Kältehilfeangebote jetzt wieder vor dem Nichts. „Eine Gesellschaft kann so nicht mit Menschen umgehen“, kritisiert auch Valentina Hauser von „Leerstand Hab-ich-Saath“, dem anlässlich der Besetzung gegründeten Bündnis, die Räumung.

Nach der Räumung bekamen viele der Be­set­ze­r:in­nen selbst eine Anzeige wegen schwerem Hausfriedensbruch. Jung selbst bekam einen Strafbescheid in Höhe von 600 Euro. „Mit unserer Anzeige können wir den Spieß mal umdrehen“, freut sich Jung.

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2 Kommentare

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  • Acht Monate nach der Räumung! So richtig ernst können es die zuständigen Stellen mit der Beschlagnahme des Gebäudes nach dem ASOG also nicht gemeint haben. Ein Zusammenhang mit Corona ist mangels Lockdowns ebenfalls nicht ersichtlich. Die Anzeige wird scheitern.

    • @DiMa:

      Acht Monate in Rechtsfällen ist doch kurz. Kürzer geht es nur bei der Polizei, denn sobald da eine Strafanzeige gegen Mitglieder der Polizei erfolgt, wird schon die Gegenanzeige gestartet.



      Hier geht es aber um ein juristisches Verfahren, das muss aufgestellt werden, überarbeitet und geprüft werden. Weil man eben nicht gleich das Ding wieder um die Ohren bekommen möchte.