Giffey für konsequentes Abschieben: Ab nach Syrien und Afghanistan
Die SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey will auch in Krisenländer abschieben. Grünen-Konkurrentin Jarasch ist dagegen.
Bei den aktuellen und auch potenziellen künftigen Koalitionspartnern von Grünen und Linken stößt diese Position auf Ablehnung. „Wenn ich mit der Opferperspektive argumentieren will, dann erreiche ich durch Abschiebungen gerade das Gegenteil von Sicherheit“, sagt die Berliner Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek der taz. Wenn man Opferschutz ernst meine, dann müsse man Menschen, die hier Straftaten begangen haben, „auch dem deutschen Rechtsstaat aussetzen“, so Kapek.
Giffeys grüne Konkurrentin im Rennen um den Bürgermeisterinnen-Posten im Herbst, Bettina Jarasch, sagte: „Straftäter gehören hinter Schloss und Riegel und nicht in ein Abschiebeflugzeug ins Ungewisse.“
Abschiebungen nach Afghanistan sind grundsätzlich erlaubt, auch wenn die Menschenrechtslage sich nach dem Abzug der deutschen SoldatInnen eher wieder zu verschlechtern scheint. Der generelle Abschiebestopp nach Syrien gilt seit Jahresbeginn nicht mehr, allerdings muss jeder Einzelfall geprüft werden.
Die Grünen liegen knapp drei Monate vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus weiter vorn. Momentan kämen sie auf 22,4 Prozent, wie aus einer am Sonntag veröffentlichten repräsentativen Civey-Umfrage im Auftrag des Tagesspiegels hervorgeht.
Die SPD folgt auf Rang zwei mit 19,0 Prozent. Die CDU bekäme 18,8 Prozent, die Linke 12,8 Prozent der Stimmen. Die AfD liegt aktuell bei 10,0 Prozent, die FDP bei 8,9 Prozent. Eine rot-rot-grüne Koalition könnte so mit einer Mehrheit von 54 Prozent weiterregieren, unter Führung der Grünen. Rechnerisch möglich wären auch Koalitionen aus Grünen, CDU und FDP oder aus SPD, CDU und FDP. (dpa)
„Abgehoben und populistisch“
Das allerdings sei ohnehin schwierig, weil es dafür erstmal diplomatische Beziehungen zum syrischen Regie geben müsste, sagt der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Benedikt Lux. Insofern sei Giffeys Abschiebe-Position „ein bisschen abgehoben und vor allem populistisch.“
Deutlicher wird noch Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken. Giffey fische mit ihrer Position „am rechten Rand.“ Menschen in Kriegsgebiete zu schicken, „heißt, sie in Lebensgefahr zu bringen.“ Zudem sagt auch Schrader: „Wer suggeriert, man könne durch Abschiebungen mehr Sicherheit schaffen, übernimmt die Erzählung der Rechten.“ Für Straftäter habe man „einen Rechtsstaat in Deutschland, dem Frau Giffey offenbar misstraut.“
Giffey ist damit immerhin durchaus auf der Linie von Innensenator Andreas Geisel (SPD), der in der Vergangenheit auch stets für Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Einzelfallprüfung und zum Schutz der BürgerInnen plädiert hatte – allerdings ging es da um Afghanistan, nicht um Syrien. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Frank Zimmermann, sagte ebenfalls am Sonntag: „Ich halte diese Position für richtig. Bei Straftätern und Gefährdern darf und kann es Abschiebungen geben.“
Die Position der Berliner SPD ist allerdings eine andere: Auf dem Landesparteitag Ende April wurde ein Antrag angenommen, sich „weiterhin für einen bundesweiten Abschiebungsstopp zu Afghanistan und Syrien einzusetzen.“ Zudem solle, wie im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag vereinbart, „auch im Einzelfall“ nicht nach Syrien oder Afghanistan abgeschoben werden.“
Bettina jarasch (Grüne)
Im laufenden Jahr wurden laut einer Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage der Linken-Landesvorsitzenden Katina Schubert drei Menschen „in Zuständigkeit Berlins“ nach Afghanistan abgeschoben. Seit 2016 bis zum Stichtag 31. März 2021 seien insgesamt „neun afghanische Ausreisepflichtige aus ‚Strafhaft‘ zurückgeführt“ worden, heißt es außerdem weiter.
Giffey bezog sich mit ihrem Plädoyer für Abschiebungen auch auf die Messer-Attacke in Würzburg am 25. Juni. Ein Asylbewerber aus Somalia hatte mit einem Küchenmesser auf Menschen eingestochen, drei Frauen starben. „Die Anzeichen für eine Radikalisierung oder für eine schwere psychische Erkrankung wurden entweder nicht gesehen oder nicht beachtet“, sagte Giffey. Ob der Täter tatsächlich ein islamistisches Motiv hatte, ist indes weiterhin unklar. Giffey werfe „Nebelkerzen und instrumentalisiert die Opfer von Würzburg für gefährlichen Populismus“, kritisierte Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch.
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