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Zunehmende Negativzinsen bei BankenSymptom des Machtgefälles

Kommentar von Svenja Bergt

Banken nutzen die Alternativlosigkeit von Klein­spare­r:in­nen aus. Sie verlangen Negativzinsen ab immer geringeren Einlagesummen.

Negativzinsen vermeiden? Die Möglichkeiten sind begrenzt Foto: Stefan Zeitz/imago

E s wird enger auf dem Markt der Geldanlagen. Die Zahl der Banken, die Negativzinsen erheben, steigt, während sich das Limit, ab dem diese greifen, immer weiter unten einzupendeln scheint: Die ING, größte Direktbank in Deutschland, hat es gerade auf 50.000 Euro gelegt. Andere werden sich daran ein Beispiel nehmen.

Nun sind Negativzinsen ein heikles Thema, weil es an vielen Problemen kratzt: an der Ungleichverteilung von Vermögen, an der Frage, in welche Anlageformen Geld fließt und was das für gesellschaftliche Auswirkungen hat – Stichwort Immobilienpreise und Mieten.

Dabei sind Tagesgeldkonten – auf die zunehmend Negativzinsen erhoben werden – gerade für Menschen mit wenig Erspartem attraktiv. Zwar ist die Rendite niedrig, aber das Geld schnell verfügbar – etwa in einer finanziellen Notlage in der Pandemie. Wer viel Geld hat, wird ohnehin eher auf Aktien, Immobilien oder Kunst setzen.

Negativzinsen sind auch ein Symptom des Machtgefälles zwischen Banken und Verbraucher:innen. Der Mechanismus ist aus anderen Branchen bekannt: Dort, wo die Bedingungen für Kun­d:in­nen schlecht sind, muss sich niemand Mühe geben, es besser zu machen.

Analog läuft gerade die Entwicklung bei den Banken: Je mehr von ihnen den Kun­d:in­nen Geld abknöpfen – ob nun in Form von Gebühren, Beiträgen oder eben als Negativzinsen –, desto mehr Banken werden nachziehen. Das muss im Einzelnen nicht einmal gerechtfertigt sein, aber sie können es eben. Weil es der Markt hergibt.

Die Möglichkeiten der Kun­d:in­nen sind begrenzt. Widersprechen, mit dem Risiko, dass die Bank das Konto kündigt? Und die Monate darauf immer gut die eigenen Schufa-Werte im Blick behalten, um schnell reagieren zu können, falls sich da ungerechtfertigterweise etwas in eine negative Richtung verschiebt? Die Bank wechseln? Und wohin? Da ist die Devise bei vielen eher: Erspartes unters Kopfkissen packen. Ja, auch die Nachfrage nach Bargeld ist zuletzt gestiegen. Schlechte Zeiten für Kleinsparer:innen.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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18 Kommentare

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  • Strafzinsen belasten überproportional die Geringverdiener. Strafzinsen sind übrigens nur ein Teil von schleichenden Gebühren und Abzügen, die wir täglich zahlen. Ich habe "Der große Geldschwund" gelesen und bin nun für versteckte Ausgaben sensibilisiert. Mein Geld halte ich seitdem besser zusammen.

  • Ich denk das hier ist ne linke Zeitung. Wenn man sich das anhört, dann klingt das alles nach Schmalspurkapitalismus

    • @V M:

      Lese ich irgendwie nicht heraus. Sondern dass das Kapital viel Einflußmöglichkeiten hat und der Mensch nur wenig sich dagegen wehren kann, wenn "alle" Banken die eigenen Kosten auf die Kontoinhaber umwälzen will.

      • @Daniel Drogan:

        Hand aufs Herz, bei allen Sorgen die ich habe, Negativzinsen gehören nicht dazu. Da schon eher der hohe Zins auf den Dispo.

      • @Daniel Drogan:

        Außerdem: Früher gab es Negativzinsen ab 100.000 Euro, nun ab 50.000, bald auf jeden Cent, der auf dem Girokonto liegt. Ohne kommen wir aber nicht zurecht, wenn das Barzahlen abgeschafft wird. Womit auch gleich der Grund für die Kampagne gegens Bargeld offensichtlich wird: Sonst würden die Leute ihr Geld einfach abheben und in bar zuhause aufbewahren.

        • @Patricia Winter:

          Was und wann heißt denn früher? Mir wäre das neu. Nicht einmal in der Schweiz hat ich diese Einschränkungen vor noch 6-7 Jahren. Und die sind bei "geringeren" Zinsen ja ganz weit vorn...

  • Eine Anmerkung wäre gut gewesen: Dass es diesmal nicht die HartzIV-Empfänger trifft, sondern die Reichen und Superreichen. Aber die bevorzugen, wie im Beitrag erwähnt, andere Anlageformen, als Giro- und Tagesgeldkonto und Sparbuch. Wo also ist das Problem?

  • Der Artikel ist meiner Meinung nach sehr kurzsichtig

    1. Keine Bank hat Lust ihren Kunden Kontoführungsgebühren aufzudrücken, denn damit verlieren sie den Konkurrenzkampf gegen Banken, die es nicht machen.

    2. Die Banken müssen selber immer höhere Gebühren zahlen. Das Geld muss irgendwo gelagert werden und aufgrund des niedrigen Zinsniveaus müssen die Banken die EZB teilweise sogar bezahlen um ihr Geld zu "leihen" (sehr vereinfacht ausgedrückt). Das sind Kosten, die es für die Banken vorher einfach nicht gab. Die müssen halt auch weitergegeben werden, weil die Banken sonst Geld verlieren. Und niemand will Geld bezahlen um zu arbeiten.

    3. Der Artikel lässt es klingen, als wären Aktien nichts für Kleinanleger. Like What? Das lohnt sich schon bei weniger als 25€ pro Monat (außer man geht auf die Rente zu. Dann doch eher zu einer anderen Methode greifen). Und wer nicht mal 25€ pro Monat sparen kann, hat wahrscheinlich Schulden und würde eh keine Negativzinsen zahlen. (Auch wenn hier nur Pest durch Cholera ersetzt wird)

    Ich finde es trotzdem gut kritische Artikel zu diesem Thema zu haben. Auch wenn ich Kontoführungsgebühren gerade angemessen finde, muss man ja nicht jede Preiserhöhung blind akzeptieren.

    • @Matria:

      Ihre Antwort leider auch:



      1. Müssen Sie, auch nicht.



      2. Nur bedingt. Würden die Banken die Kredite die sie schon fast kostenlos bekommen nur weniger teuer anbieten gebe es halt auch mehr Nachfragen danach. Wenn ich sehe was manche Banken immer noch an Dispo-Zinssätzen verlangen, dann haben die Banken eher weniger ein Problem. Die meisten die in Probleme kommen sind eh nur jene die auch meist mit Aktien aktiv sind, weil eben nicht die Aktien nur wild nach oben steigen. Und hier kommen wir auch zu 3.



      Warum wollen Sie den Menschen regelrecht vorschreiben, in Aktien gehen zu müssen? Vielleicht will niemand das Risiko eingehen, wie letztes z.T. bei 30-50% Minus dazustehen. Niemand hat erwartet das schon während Corona die Werte sich so gehypt entwickeln. Da wird viel geld in den Markt gepumpt. Was eigentlich die Wirtschaft am Leben erhalten soll, was es am Leben erhält ist den Aktienmarkt. Weil viele jeden Groschen den sie finden dahin tragen.



      z.T. in Firmen die vielleicht mal in 5-10 Jahren den ersten gewinn machen wollen.



      Also lassen Sie doch den Menschen, welche nicht wie sie auf Risiko gehen wollen, ungeachtet ihres Alters, die möglichkeiten welche sie gibt.



      Denn Artikel läßt nur anklingen das für Menschen die kein Risiko eingehen wollen es nur wenig Alternativen gibt.

      Wir sprechen uns wieder, wenn der Aktienmarkt ein weiteres Mal zusammenbricht, und dann mal mehrere Monate/Jahre dort verweilt. Wer vor 2008 in MSCI world eingestiegen ist, war gleich wieviele Jahre im Minus? Max Wert Oktober 2007 - Min Wert März 2009, Equal erst im Jahr 2013!



      Also reden Sie doch bitte nicht wie so ein Internet-Börsen-Influencer, an der Börse können nur alle gewinnen...das ist unseriös!

  • Da freut mich sich doch, wenn man ständig pleite ist.

  • 9G
    98983 (Profil gelöscht)

    Wer 50k aufm Konto hat ist nen Bonze.

    • @98983 (Profil gelöscht):

      Also hineingesteckt in Aktien, ETFs und Co. ist besser?



      Warum nicht jenen Leuten es zugestehen, das man nicht in jede spekulative Anlageform geht.



      Ich selbst bin niemand der auf Girokonto und Co. Aber dieses rumgehake auf Menschen die einfach "sicher", sehr sicher ihr Geld haben wollen, eben auf dem Girokonto, warum muss man das denen madig reden. Selbst Tagesgeld-Konten sind doch aktuell so "sicher" wie ein paar Aktien, siehe Greensill Bank.



      Warum wollen SIE den Leute vorschreiben, hey das Geld muss dort sein, da sein, aber nicht auf dem Girokonto.



      Sehr anmaßend wie ich finde.

      Leben und leben lassen.

    • @98983 (Profil gelöscht):

      Oder hat hart gearbeitet. Dies Möglichkeit wird ja leider gern vergessen.

      • @ber lin:

        Gearbeitet reicht, hart muss es gar nicht gewesen sein.

        • @TazTiz:

          Na das sagen Sie mal den Aufstockern, oder Geringverdienern. Wie lange müssen die gearbeitet haben und 50.000€ angespart zu haben?



          Aber ok, für jemanden welche diese Menschen eher Menschen 2.Klasse sind, ist das natürlich egal..

  • wieso werden hier die banken an den pranger gestellt? verantwortlich ist hier einzig & allein die ezb.

  • Da gibts nur eins: keine Kohle aufm Konto haben:)

    • @joaquim:

      Wo dann? Aktien -> Wirecard, Tagesgeld -> Greensill, Sparbuch -> keine Zinsen...



      Da wird es eng. Bitcoin vielleicht?