Aktuelle Banken-Untersuchung: Mehr Banken mit Negativzinsen

Immer mehr Kreditinstitute verlangen Zinsen von ihren Kund:innen. Ein Verbraucherschützer rät: Bankwechsel sind nicht kompliziert.

Eine Frau mit Mund-Nasenschutz läuft

Die ING führt ein „Verwahrentgelt“ in Höhe von 0,5 Prozent ein Foto: Lorenzo Carnero/imago

BERLIN taz Die Zahl der Banken, die von ihren Kun­d:in­nen für Geldeinlage Negativzinsen verlangen, hat sich innerhalb eines halben Jahres nahezu verdoppelt. Das ist das Ergebnis einer Branchenuntersuchung des Vergleichsportals Verivox. Demnach erhoben zum Stichtag des 29. Juni 349 Banken und Sparkassen Negativzinsen von ihren Kund:innen. Ende vergangenen Jahres waren es noch 178. Basis der Untersuchung waren nach Angaben des Portals die Konditionen für Tagesgeld-, Giro- und Verrechnungskonten auf den Internetseiten von rund 1.300 Banken und Sparkassen.

Nahezu täglich kämen weitere Geldhäuser hinzu, die Negativzinsen verlangten, sagte Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier. Wortgleich äußerte er sich bereits im April, als in den ersten 100 Tagen des Jahres knapp 100 Institute Negativzinsen einführten. Dazu kommen laut der Untersuchung Verschärfungen bei Banken, die bereits Negativzinsen von ihren Kun­d:in­nen verlangen. So haben demnach in diesem Jahr bislang 41 Institute bereits bestehende Negativzins-Regelungen verschärft oder eine Verschärfung angekündigt. Das kann etwa ein höherer Zinssatz sein oder ein niedrigeres Einlagevolumen, ab dem die Negativzinsen greifen.

Ein aktueller Fall ist die größte Direktbank in Deutschland, die ING: Sie führte diese Woche ein „Verwahrentgelt“ in Höhe von 0,5 Prozent auch für Be­stands­kun­d:in­nen ein. Das Limit liegt in der Regel bei 50.000 Euro. Die neuen Regeln dürfen für Be­stands­kun­d:in­nen kein Automatismus sein, es bedarf einer individuellen Vereinbarung.

Doch in Fragen und Antworten zu dem Thema schreibt die Bank: „Falls Sie sich dazu entscheiden, dem Verwahrentgelt nicht zuzustimmen, behalten wir uns eine Kündigung Ihrer Konten vor.“ 50.000 Euro gelten laut Verivox in Kürze auch bei der Commerzbank, die Postbank habe das Limit bei ihrem Tagesgeld-Konto gerade auf 25.000 Euro gesenkt.

Aber auch bei Banken, die auf den ersten Blick keine Negativzinsen verlangen, müssen Kun­d:in­nen genau hinschauen: Einige erheben laut der Untersuchung Kontoführungsgebühren auch bei Anlagekonten wie einem Tagesgeldkonto, manche kombinierten auch Gebühren und Negativzinsen.

Das können Kun­d:in­nen tun

Betroffene Kun­d:in­nen haben mehrere Möglichkeiten, erklärt David Riechmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Experte für diese Fragen bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: Die Vereinbarung, die die Bank einem vorlegt, unterschreiben; die Unterschrift verweigern; versuchen zu verhandeln; das Geld bei der Bank anders anlegen oder die Bank wechseln.

„Ein Bankenwechsel ist nicht so aufwändig, wie man denkt“, sagt Riechmann. Und: „Man muss sich auch überlegen, ob man bei einer Bank sein möchte, die einem mit Kündigung droht.“ Riechmann warnt davor, sich von der Bank in andere Produkte drängen zu lassen, wie Aktien, Fonds oder Edelmetalle. Diese sind für die Banken in der Regel lukrativer – für die An­le­ge­r:in­nen aber nicht unbedingt vorteilhaft. „Da sollte man sich von jemand Unabhängigem beraten lassen, der kein Provisionsinteresse hat.“

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hält Negativzinsen auf Giro- und Tagesgeldkonten von Pri­vat­kun­d:in­nen grundsätzlich für unzulässig und klagt in mehreren Fällen. Bis zu einem höchstrichterlichen Urteil werden aber voraussichtlich noch einige Jahre vergehen.

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