Kinder fragen, die taz antwortet: Warum gibt es so viele Autos?
Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese kommt von Elsa, 10 Jahre.
Es gibt in Deutschland aktuell etwa 48 Millionen Autos bei nur 70 Millionen Menschen, die über 18 Jahre alt sind. Da fragt man sich doch: Warum? Ich habe darüber mit Prof. Katharina Manderscheid gesprochen, die zu Fragen der Mobilität forscht.
„Menschen fahren nicht mit dem Auto, weil sie Auto fahren wollen, sondern weil sie irgendwo hinwollen“, sagt sie und spricht damit die Bedeutung der Infrastruktur an. Das heißt: Je besser das Angebot für Bus und Bahn und der Ausbau von Fahrradwegen ist, desto weniger braucht man das Auto. Das ist in der Stadt leichter als auf dem Land, wo man sich mit weniger Menschen den gleichen Weg teilt.
Gleichzeitig ist der Besitz eines eigenen Autos oft ein Statussymbol. Über viele Jahre hinweg war die Gesellschaft davon geprägt, dass ein Auto zu besitzen zum „erwachsen sein“ dazugehört. Zusammen mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Autoindustrie ist diese emotionale Bindung ein wichtiger Grund dafür, dass es unvernünftig viele Autos gibt.
Unvernünftig, weil der Straßenverkehr etwa 20 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgase ausstößt. Die Technik wird zwar sparsamer, aber trotzdem bleibt der Ausstoß hoch, weil große Autos im Trend liegen und wir immer größere Strecken zurücklegen. Deshalb betont Manderscheid: „Nicht die Technik, sondern wie wir sie einsetzen, entscheidet den Kampf gegen den Klimawandel.“
Die Menge an Autos ist aber auch deshalb unvernünftig, weil ein Privatauto statistisch gesehen nur eine Stunde am Tag genutzt wird. Es wäre daher effizienter, wenn es weniger Autos gäbe, die aber gemeinsam geteilt werden. Viele Leute haben das erkannt und legen nicht mehr so viel Wert auf ein eigenes Autos, weshalb zum Beispiel Carsharing, also die gemeinsame Nutzung, immer beliebter wird.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Also, liebe Elsa, es gibt so viele Autos, weil man mit ihnen flexibel und bequem unterwegs ist, aber auch weil der Besitz eines eigenen Autos für viele Menschen emotional und für die Wirtschaft finanziell wichtig ist. Dennoch gibt es Trends, die die Forschung glauben lassen, dass es zukünftig weniger Autos geben wird. Zum einen wird die Infrastruktur für den Nah- und Radverkehr – hoffentlich – besser ausgebaut und zum anderen wird der Besitz eines eigenen Autos den Menschen zunehmend unwichtig.
Auch für den Klimawandel lautet eine entscheidende Frage: Wer besitzt heute noch ein Auto und wie viele können es nutzen?
Welche Fragen beschäftigen Ihre Kinder? Schreiben Sie uns an kinderfragen@taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen