Nachfolge von Ex-Familienministerin Giffey: Kinder sind kein Anhängsel
Wenn die SPD ihr Gerechtigkeitsversprechen ernst nimmt, sollte sie den Posten von Ex-Familienministerin Franziska Giffey fachgerecht nachbesetzen.
A nfang Mai war die Welt der Franziska Giffey noch in Ordnung. Als sie das Milliardenpaket vorstellte, mit dem der Bund künftig die Ganztagsbetreuung von Grundschüler:innen absichert, bemerkte sie stolz, nun habe sie alles abgearbeitet.
Als Bundesfamilienministerin war sie wirklich emsig, 13 Gesetze aus ihrem Haus hat der Bundestag beschlossen. Doch das rechtfertigt nicht, dass die SPD das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nach dem Abgang der fleißigen Giffey bis zur Bundestagswahl zum Anhängsel des Justizministeriums macht.
Christine Lambrecht, die Giffeys Ressort am Donnerstag kommissarisch übernommen hat, ist schließlich gut beschäftigt: Urheberrecht, Netzwerkdurchsetzungsgesetz, Strafbarkeit von Feindeslisten. Die Gesetze haben, anders als die der Ex-Kollegin, keine wohlklingenden Namen. Starke-Familien-Gesetz, Gute-Kita-Gesetz – Giffey war auch eine rhetorische Verpackungskünstlerin.
Doch bei schärferem Hinsehen weist die Verpackung Risse auf. Die Milliarden für die Kitas haben wenig dazu beigetragen, die Arbeitsbedingungen vor Ort zu verbessern. Der erhöhte Kinderzuschlag löste nicht das Problem der Kinderarmut, wird er doch mit den Hartz-IV-Leistungen verrechnet. Und die Coronakrise hat diese und andere Probleme noch verschärft.
Sie hat viele Kinder und deren Eltern an psychische und finanzielle Grenzen gebracht. Auch wenn Giffey sich vehement für die Öffnung der Kitas stark machte – Familien mussten in den vergangenen Monaten immer wieder erfahren, dass ihre Belange nicht so wichtig sind wie die der Wirtschaft. Ein einmaliges „Feriengeld“ von 100 Euro als Bonus für arme Familien, wie Giffey zuletzt im Aufholpaket bejubelte, ist eher Schmerzensgeld als Kompensation.
Wenn die SPD es mit dem Bildungs- und Gerechtigkeitsversprechen ernst meint, muss sie jetzt die Nöte von Kindern in den Mittelpunkt stellen. Ein Anfang wäre es, den Posten der zuständigen Ministerin umgehend fachgerecht nachzubesetzen.
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