piwik no script img

Corona macht depressivDie Stimmung ist gekippt

Nach einem Jahr Pandemie merken viele psychische Beeinträchtigungen. Vielleicht steckt dahinter die Erfahrung der eigenen Machtlosigkeit.

Die Pandemie fühlt sich manchmal an wie ewig bewölktes Wetter Foto: dpa

Bremen taz | Am Karfreitag, meinem ersten Urlaubstag, wachte ich auf – und hatte eine Coron­a­depression. Erst dachte ich, ich sei überarbeitet. Schließlich hatte ich noch am Vorabend dafür gesorgt, dass mir meine beruflichen Mails im Urlaub nicht zugestellt würden. Zwei Tage machte ich den Computer gar nicht an, auch das Handy blieb aus.

Bis dahin hatte ich meine Arbeit als Journalistin in der Pandemie als so befriedigend erlebt, dass ich nach Feierabend regelmäßig weitergearbeitet hatte, das Homeoffice machte es möglich. Kein Wunder, dass mein Wunsch nach einer Pause so groß war wie lange nicht.

Doch zu meiner Verwunderung löste sich dieses Grundgefühl von Traurigkeit nicht nach einigen Tagen Erholung auf. Und auch meine Lust, etwas anderes zu machen als essen und herumliegen, blieb gering. Ich bin keine Anfängerin. Ich weiß, wie sich eine Krise anfühlt und auch, was ich tun muss, um nicht tiefer hineinzurutschen.

Also tat ich alles, von dem ich weiß, dass ich mich dann besser fühle. Ging raus, beobachtete Vögel, aß gut und regelmäßig, duschte lang. Aber ich tanzte weniger in der Wohnung herum und auch Yoga machte ich kaum noch – auch weil ich keine Lust mehr hatte, meinen Yoga­lehrer nur auf dem Monitor zu sehen.

Irgendwann dämmerte mir: Das hat etwas Depressives. Für mich eine neue Erfahrung. Das Wort geht auf das lateinische „depressio“ zurück, was „Niederdrücken“ oder „-senken“ bedeutet. Was im Körper bei Depressionen genau geschieht, ist nicht hinreichend klar, weswegen die medikamentöse Behandlung längst nicht so einfach ist, wie es oft dargestellt wird. Bekannt ist dafür, was Depressionen auslösen kann. Überlastung gehört dazu, Urlaubsbeginn.

Corona macht etwas mit mir

Auch das klinische Bild ist ausführlich beschrieben. Meine Symptome könnte man nach dem international gültigen Code für Krankheiten als „F32.0“ als „leichte depressive Episode“ klassifizieren. Es passt nicht so ganz, dafür habe ich zu viel Freude am Leben, aber trotzdem: Corona macht etwas mit mir.

Und nach allem, was ich höre und lese, bin ich nicht die einzige, der es so geht. Ein paar Freundinnen und Bekannte hatten schon vor Monaten von Müdigkeit und Erschöpfung erzählt. In den letzten Wochen hatte ich den Eindruck, diese Berichte häuften sich.

Auch die Meldungen von Psy­cho­the­ra­peu­t*in­nen­kam­mern und Kassen bestätigen den Eindruck. Der Bedarf an Psychotherapie unter anderem wegen höhergradigen und damit behandlungsbedürftigen Depressionen ist danach stetig gestiegen. Ende März teilte die Stiftung Deutsche Depressionshilfe mit, selbst „für die Allgemeinbevölkerung ohne psychische Erkrankung“ sei die Situation „aktuell deutlich belastender als im ersten Lockdown“. Und jetzt war es mir auch passiert.

Aber warum? Was ist gekippt und wann? Klar, witzig fand ich das letzte Jahr auch nicht. Mein jüngster Neffe ist im Januar ein Jahr alt geworden, ich kenne ihn nicht. Meine drei Geschwister und ihre Familien hatte ich Weihnachten 2019 das letzte Mal gesehen. Als mich eine meiner Schwestern Ostern besuchte, haben wir uns nicht umarmt, obwohl mir die körperlichen Kontakte sehr fehlen.

Zurückgezogen in kleine Blasen

Ich treffe zwar draußen regelmäßig Freund*innen, aber nur die, die in Bremen leben, und die seltener, als es möglich wäre. Es ist, als ob wir uns in sehr kleine Blasen zurückgezogen hätten und nicht wissen, wie wir wieder hinauskommen. Das tut weh. Als ich mit einer Handvoll Freun­d*in­nen im Januar meinen Geburtstag im Freien feiern wollte und alle bis auf eine wegen Corona absagten, war ich so enttäuscht, dass mir heute noch die Tränen kommen, wenn ich daran denke.

Aber vieles von dem, was gerade nicht möglich ist oder schlicht hirnrissig wäre, vermisse ich so gar nicht. Shoppingtouren, Flugreisen. Kulturangebote habe ich auch vor Corona in einem überschaubaren Maß genutzt, und dass ich nicht in vollen Restaurants auf teures Essen warten muss: so what. Auch der Wechsel ins Homeoffice hat nicht nur Nachteile. Es riecht dort besser als in der Redaktion, die Umgebung ist schöner, und die Laune kann ich mir zu Hause nur selbst vermiesen.

Ich hätte noch nicht mal auf hohem Niveau jammern können. Worüber denn? Immerhin kann ich Urlaub machen. Anders als etwa viele Po­li­ti­ke­r*in­nen oder Pflegekräfte und Ärzt*innen, die seit einem Jahr in Dauerbereitschaft sind. In meinem Freundeskreis und in der Familie sind alle gesund geblieben, niemand hat den Job verloren, diejenigen mit hohem Risiko für schwere Krankheitsverläufe sind geimpft, und weil in Bremen Grundschulen und Kindertagesstätten fast durchgängig geöffnet waren, ist uns der Homeschooling-Stress weitgehend erspart geblieben.

Die Kinder konnten die meisten ihrer Freun­d*in­nen treffen, weil sie ohnehin mit ihnen den halben Tag in engen Räumen verbringen. Als Journalistin kritisiere ich, dass in Bremen so wenig für den Schutz von Kindern und Erwachsenen in Kita und Schule getan wurde und bis heute die Grundschulklassen in voller Gruppenstärke unterrichtet werden. Als Privatperson nehme ich die Vorteile dieser Politik dankend an, schalte mein Gehirn aus, insbesondere die Angstzentrale, und hoffe, dass es gut geht.

Vieles war wirklich schön

Diese Strategie, mich nicht lange mit dem zu beschäftigen, was mich niederdrücken könnte, ging lange auf. Dazu musste ich mir die Situation nicht einmal schön reden: Vieles war wirklich schön – und das in einer kleinen Wohnung ohne Garten. Wir entzündeten mitten im Winter Lagerfeuer und ich bekam so viel von meinen Kindern mit, wie lange nicht.

Ohne die Pandemie hätte auch meine Freundinnengang aus der Schulzeit nicht wieder zusammengefunden, zunächst nur online, aber das ist immer noch mehr Kontakt als in den letzten zehn Jahren.

Und schließlich hatte ich meine Arbeit. Noch nie habe ich sie als so sinnhaft erlebt wie in dieser Krise. Sogar ganz offiziell war mir im vergangenen Frühjahr meine Systemrelevanz bescheinigt worden. Als Journalistin bin ich so wichtig wie Er­zie­he­r*in­nen und Verkäufer*innen, aber anders als diese stand ich eben nie an der Front, wie es der Weser Kurier am 16. März 2020 in einem Editorial suggerierte: „Unsere Mitarbeiter sind nervenstark“.

Die gefährlichsten Situationen für Bremer Lo­kal­jour­na­lis­t*in­nen waren die Senatspressekonferenzen in einem riesigen Saal im Rathaus. Ich konnte stets selbst entscheiden, wann ich mein Home­office verließ, um mit Maske und Abstand Leute zu treffen.

Dieses Gefühl, nicht hilflos ausgeliefert zu sein, sondern mitgestalten zu können, muss mich lange getragen haben. Selbstwirksamkeit heißt das – ein Schlüssel zu psychischer Gesundheit. Doch im Laufe der vergangenen paar Monate habe ich wohl die Gewissheit verloren, dass ich Einflussmöglichkeiten auf das Geschehen habe, sowohl privat als auch beruflich.

Das Belohnungssystem versagt

Ich halte mich an die Empfehlungen zum Infektionsschutz. Aber spätestens jetzt, in der dritten Welle, ist klar, dass ich keinen Gewinn daraus ziehe, mich so extrem einzuschränken. Die Zahlen steigen, egal wie ich mich verhalte. Das Belohnungssystem, das nicht nur in der Erziehung von Hunden eine elementare Rolle spielt, versagt fast komplett.

Als Journalistin habe ich mich natürlich schon vor der Pandemie manches Mal gefragt, wie viele Artikel ich zu einem Thema eigentlich noch ­schreiben muss, bevor sich etwas ändert. Aber normalerweise weiß ich, welche Haltung ich habe und was richtig und falsch ist. Auch im vergangenen Jahr war das so. Momentan fehlt mir oft der Kompass.

Mehrmals habe ich aus vollem Hals gelacht, wenn ich desaströse Nachrichten über den Verlauf der Pandemie und politische Entscheidungen gelesen habe. Lachen befreit. Vielleicht bin ich die Letzte, aber ich habe erst bei der Nummer mit der Osterruhe wirklich begriffen, dass nicht die Details der Bremer/deutschen/europäischen Coronastrategie problematisch sind – sondern dass das Problem in einer fehlenden Strategie besteht.

Auch vor der Pandemie habe ich immer wieder mal mit meiner Branche gehadert. Deren Ver­tre­te­r – die Vertreter*in­nen schon eher – neigen nicht zum Selbstzweifel und wenn doch, dann sprechen sie nicht drüber. Wir müssen ja auch nie Verantwortung übernehmen und uns selten für Fehler rechtfertigen.

Noch stärker als in normalen Zeiten kommt es mir vor, als stünden Jour­na­lis­t*in­nen wie lauter Co-Trainer*innen pöbelnd am Spielfeld­rand und brüllten den Spie­le­r*in­nen Taktiken zu, die todsicher zum Erfolg führen. Dabei sind sie ausgesprochen flexibel im Denken. Wenn alle gerade noch unisono eine defensive Spielweise gefordert haben, sind sie zehn Minuten später überzeugt davon, dass nur ein Sturm aufs Tor helfen kann, weil sie das aus einer neuen Studie herausgelesen haben wollen.

So will ich nicht sein. Aber ich will auch nicht wie viele Lokalmedien aus Überforderung und Unsicherheit politische Entscheidungen nur noch erklären und nicht mehr hinterfragen.

Das auszuhalten, ist anstrengend. Und das ist das einzige Fazit, das ich am Ende dieses Textes ziehen kann. Es gibt keinen Ausblick, keine versöhnlichen Sätze zum Ausklang. Ein anderer Schluss will mir nicht einfallen.

Mehr über blank liegende Nerven nach einem Jahr Corona lesen Sie in der gedruckten taz am wochenende oder im e-kiosk.

Hilfe im Krisenfall: Wenn Sie Ängste haben oder vielleicht sogar an Suizid denken, versuchen Sie, mit anderen darüber zu sprechen. Unter anderem die Telefon­seelsorge bietet rund um die Uhr kostenlose Beratung: 0800­1110111 oder per Chat via telefonseelsorge.de. In Notfällen wenden Sie sich bitte an die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter der Telefonnummer 112. Weitere Hilfsadressen und Informationen zu Depressionen gibt es außerdem bei deutsche-depressionshilfe.de

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
  • Das schlimmste ist dass man sich aus dieser ganzen Hysterie nicht einfach ausklinken kann.

    Wenn man für sich und dem eigenen Verantwortungsbereich keine drakonischen Bußgelder riskieren will, ist man gezwungen sich ständig mit den aktuellen Corona-Tageslosungen der Politik zu befassen.



    Und wenn sie noch so widersprüchlich und teilweise sinnlos sind.

    Auf Dauer durchaus zermürbend.

  • Zwei Jahre Corona und schon macht DE schlapp. Das ist definitiv kein Team, dass es schafft effektive Maßnahmen gegen den Klimawandel zeitnah zu stemmen.

    • @Rudolf Fissner:

      Ja wie? Ein Solitär - Wie Sie!!! - 🤫 -

      Liggers. Spuckt zweimal in die Hände!



      Und Zack! Alles im Lack! - 😱 a Chichi!



      Ja! Sooo kennemer Sie! - Behände - 🤪 -

  • RS
    Ria Sauter

    Hier wird der Gang zum Psychologen empfohlen.



    Mein Enkel, der diesen Beruf ausübt, sagt auf Nachfrage



    "Die Wartezeit in HH beträgt zum jetzigen Zeitpunkt 1 1/2 Jahre"

    Privatpatienten bekommen eher einen Termin. Kassenpatienten bekommen nur ein Erstgespräch und landen dann auf einer Warteliste.



    Meine Freundin steht auf Platz 287 einer solchen Liste.



    Zählen diese Menschen, wenn sie ihrem Leben ein Ende bereiten, auch zu den Coronatoten?

    • @Ria Sauter:

      Die Leute haben mehr Zeit, sich mit vorhandenen psychologischen Problemen auseinanderzusetzen als früher. Das ist gut für den Klärungsprozess. Viele haben auch markant weniger Stress, nicht vergessen, und finden gerade deshalb aus ihren Problemen heraus.

      Kein Grund für so viel Negativität also.

      • RS
        Ria Sauter
        @TurboPorter:

        Ja. ja alles ist gut.



        Wohnen Sie im Wolkenkuckucksheim?

  • Ja, das ist die eine Seite der Medaille.



    Wir sitzen alle in der Patsche und viele überleben es nicht.



    Politiker haben Fehler gemacht, machen sie weiterhin. Wie eh und je.



    Gut, wenn wir uns empören, uns unsere Meinung und unsere Last mitteilen und darüber klar werden.



    Aber ich vermisse in den Medien, was meine Resilienz stärkt, was mir in dieser Realität hilft, munter und mutig zu bleiben.



    Vielleicht sowas wie



    'You never let a serious crisis go to waste. And what I mean by that it's an opportunity to do things you think you could not do before. (Rahm Emanuel)

    Oder so ähnlich. Jedenfalls die andere Seite der Medaille.

  • Danke. Bin da ganz bei Ihnen - first - wer wenn nicht Sie? weiß - wie‘s Ihnen geht. Profis sind der nächste Schritt: Ihre Entscheidung •

    Short cut - als mal lang & schmutzig depri-Erfahrener - Bin da ganz bei Ihnen - first - wer wenn nicht Sie? weiß - wie‘s Ihnen geht. Profis sind der nächste Schritt: Ihre Entscheidung •



    “ & selbst ein altes erfahrenes 🐽…“ WB:



    April 2020 haute erst ein Kontrastmittel mir den gesamten Stoffwechsel weg!



    Und nach 4/5 schlaflosen Nächten - dachte ich: LKH oder was?! (Bloß nicht!)



    Dr. Daughter & Psychotante ☎️ und Däh



    “Na Sie sind ja gut. Sie haben am Freitag s letzte Mal öffentlich gespielt & auf absehbare Zeit nicht mehr!



    Lassense das mal an sich ran!“ Ach was!



    Ok. Ok. Aber - auch erprobte Tabletten brauchen 14 Tage bis zwei Wochen!;)(



    Hard stuff.

  • @Sabrina K



    Unser menschliches Problem liegt darin, dass wir das wirkliche Ausmaß eines Elends nicht realistisch einschätzen können, wenn wir es nicht selber am eigenen Leibe oder durch Verlust eines geliebten Menschen erlebt haben. Radio, Fernsehen und Zeitungen sind heute sofort präsent, um uns alles Unglück und Elend zur besten Fernsehzeit ins Wohnzimmer zu bringen. Wir sind es gewohnt Teddys zu spenden, uns dann gut zu fühlen, weil wir und das wirkliche Elend noch vom Leibe halten können. Dadurch sind wir derart abgestumpft, dass wir es noch nicht einmal merken, wenn es vor der eigenen Haustür steht.



    www.youtube.com/watch?v=DST89EJIPzI



    Quote:



    "The degree of devastation this disease is bringing to our community cannot be explain in words. It's so hard for us as health care providers to witness the suffering of our patients and their families from this deadly virus and I ask every one of you to do what you can to prevent the spread of this deadly disease. Do not underestimate this disease."

  • Vielen Dank für diesen wohltuend differenzierten, ehrlichen Artikel! Es tut gut zu lesen, dass es anderen ähnlich geht und es manchmal einfach mehr Fragen als Antworten gibt.

    • @Kanuka:

      Möchte mich ebenfalls anschließen. Differenzierter, ehrlicher Artikel. Die Autrin schreibt, sie hadert auch manchmal mit ihrer Branche. Mit ihrem Artikel beweißt sie dagegen überzeugenden Journalismus! Die Eindrücke und Gedanken des Artikels legt man als Leser nicht einfach weg. Er ist keineswegs nutzlos oder vergeblich. Deshalb ein Dank an die Autorin, der viellecht/hoffentlich ein wenig stärkt.

    • @Kanuka:

      Dem schließe ich mich an. Ich habe Ihren Artikel gerne gelesen und werde jetzt nicht mit Zerpflücken anfangen, sondern mich über weitgehende Bestätigung eigener Erkenntnisse freuen. ;-)

  • Liebe Frau Bruhn,



    Finger weg von Selbstdiagnosen! Eine Depression ist eine schwerwiegende Krankheit die in gar nicht so seltenen Fällen auch tödlich verlaufen kann und allein schon deshalb in die Hände von Profis gehört. Eine Krebsdiagnose würden sie sich ja auch nicht stellen indem sie beobachtete Symptome mit dem ICD abgleichen. Und abgesehen davon, dass sie sich mit diesem Vorgehen selbst keinen Gefallen tun hat der beschriebene Umgang mit der Situation auch für andere Betroffene definitv keinen Vorbildcharakter. Konsultieren sie einen Psychologischen Psychotherapeuten oder Psychiater, die können ihne eine fundierte Diagnose und ggf. Therapie anbieten.

    • Eiken Bruhn , Autorin des Artikels, Redakteurin
      @Ingo Bernable:

      Sehr geehrter Herr Bernable,

      vielen Dank, dass Sie sich zu dieser vorgerückten Stunde die Mühe machen, einen Kommentar zu schreiben. Leben Sie in Übersee oder soll ich Ihnen den Rat geben, wegen Schlafstörungen einen Psychologischen Psychotherapeuten oder Psychiater aufzusuchen?

      Was ich damit sagen will: Ihr Beitrag ist übergriffig und unangemessen. Bitte lesen Sie den Artikel noch einmal, insbesondere den 3., 6. und 8. Absatz.

      Zu denken geben Sie mir aber dennoch und ich werde die Kolleg*innen bitten, einen Satz unter den Text zu setzen, wo es Hilfe gibt für Menschen, die wirklich welche brauchen.

      HG,

      Eiken Bruhn

      • @Eiken Bruhn:

        Sehr geehrte Frau Bruhn,

        Der Kommentar von Herrn Bernable ist in meinen Augen etwas über das Ziel hinausgeschossen, aber aus Sicht eines (akut) Betroffenen gut nachvollziehbar.

        Die Empfehlung ihm Gegenüber zum Gang zum Psychologen ist auch nicht wirklich hilfreich.

        Bitte bedenken Sie:



        Besonders für chronisch Betroffene ist der aktuelle Umgang mit Depressionen etc. oft keineswegs hilfreich, und der Begriff Coronadepression verursacht bei mir als Betroffenem Bauchkrämpfe ;)

        Falls es Sie interessiert, wie ein jahrzehntelang damit kämpfender Musiker (ich habe schon im ARD Mittagsmagazin im März über meine Situation berichtet) damit umgeht, und wie schlimm es für Betroffene ist, von anderen von ihren angeblichen (vielleicht auch wirklich vorhandenen, aber nicht fachärztlich diagnostizierten) Depressionen zu hören (die eben oft keine sind!), und damit die eigene Situation so relativiert und abgewertet zu erleben ... Ich stehe (trotz im Mai und Juni endlich statfindender Konzertaufträge) zur Verfügung.

        Beste Grüße und Ihnen eine baldige Besserung (egal ob pathologische Depression oder lediglich depressive Verstimmung – beides ist unschön!),



        Christian Wagner (Berlin)

      • @Eiken Bruhn:

        Ihnen ist schon klar das Schlafstörungen oft ein übles Symptom von Depressionen sind? Jemand der sich wirklich mit dem Thema auskennt oder davon Betroffen war, würde darüber keine Witze machen. Ich habe das durchgemacht und es war eine sehr unangenehme Erfahrung.

      • @Eiken Bruhn:

        Sehr geehrte Frau Bruhn,



        ich bedauere, dass sie sich von meinem Kommentar auf den Schlips getreten fühlen. Dennoch bin ich der Meinung gute Gründe dafür zu haben so deutliche Worte zu wählen. Deshalb nocheinmal: Sie bescheinigen sich zumindest eine Verdachtsdiagnose und ihre Konsequenz daraus ist: Nichts, kein Versuch diesen Verdacht von kompetenter Seite bestätigen oder widerlegen zu lassen und dieses Vorgehen veröffentlichen sie in einer überregionalen Zeitung in der es durchaus einigen anderen Betroffenen als role model dienen dürfte. Das finde ich überaus verantwortungslos, denn immerhin geht es hier um eine schwere Erkrankung die allein hierzulande jedes Jahr um die 10.000 Todesopfer fordert. Hinterher noch den Standarddisclaimer unter den Text setzten zu lassen macht ist nicht wirklich eine Korrektur für diesen grundfalschen Ansatz.



        Sie schreiben sie empfinden die Empfehlung sich an einen Psychologischen Psychotherapeuten oder Psychiater zu wenden als übergriffig. Auch dies bedauere ich, bitte sie allerdings einmal darüber zu reflektieren ob sie es ebenfalls als übergriffig empfinden würden wenn ich einer Person die erklärt sie vermute zB einen Rippenbruch, Krebs, Grauen Star, ... zu haben anraten würde eine Fachperson zu Rate zu ziehen? Wenn sich aber die Empfehlung mal zum Arzt zu gehen die im Allgemeinen zwar als Ausdruck von Sorge und Mitgefühl verstanden wird, sich aber ausgerechnet bei seelischen Erkrankungen ins Übergriffige und Unangemessene verkehrt ist dies letztlich eine Sichtweise die die massive Stigmatisierung dieser Leiden nur weiter fortschreibt. Deshalb halte ich ihre Reaktion auf meinen Kommantar für das Ziel zu einem guten und gesunden Umgang mit psychischen Leiden zu kommen leider für kontraproduktiv.

        • @Ingo Bernable:

          Geht's nicht eine Nummer kleiner? Oder mehrere? Ich kann auch nach zweitem Lesen nichts im Text finden, das "überaus verantwortungslos" wäre.

          Sie haben sich augenscheinlich von ein paar Worten triggern lassen, die für Sie Reizworte sind. Und reagieren arg über, auch nach meinem Empfinden übergriffig.

          Und mit den im Text geschilderten Symptomen wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitnah eh kein Termin bei einem "Profi" zu bekommen. Die scheinen nämlich eh alle schon Land unter, wenn Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis da repräsentativ sein sollten.

          • @Helmut Fuchs:

            Wenn da im Artikel ein Umgang mit einer depressiven Symptomatik zwar nicht propagiert aber doch vorgelebt wird, der u.U. dazu führt, dass sich andere Betroffene nicht die Hilfe organisieren diese bräuchten, finde ich schon, dass man das berechtigt verantwortungslos nennen kann. Immerhin geht es hier nicht um eine Schilderung in privatem Kreis, sondern um einen journalistischen Beitrag mit erheblicher Reichweite.

            • @Ingo Bernable:

              Sorry - “…verantwortungslos…“ - es wird ja immer peinlicher •

          • @Helmut Fuchs:

            anschließe mich.

        • @Ingo Bernable:

          Möchte nun Goethe zitieren:

          "Such' er den redlichen Gewinn!



          Sei er kein schellenlauter Tor!



          Es trägt Verstand und rechter Sinn



          Mit wenig Kunst sich selber vor;



          Und wenn's euch ernst ist, was zu sagen,



          Ist's nötig, Worten nachzujagen?



          Ja, eure Reden, die so blinkend sind,



          In denen Ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt,



          Sind unerquicklich wie der Nebelwind,



          Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt."

  • It's ok not to be ok.

  • Hier ein erschütternder Bericht über einen Mann, der das Versagen der Politik ausbaden musste. Gott segne ihn und seine ganze Familie:



    www.n-tv.de/panora...ticle22490885.html



    Heute hat Angela Merkel eine ausgezeichnete Rede gehalten. Die Redner aller anderen Parteien hatten nichts besseres zu tun, als auf dem Rücken der Kranken und Verstorbenen ihre verdorbene Suppe zu kochen.



    Ich kann Ihre Depression nachvollziehen liebe Frau Bruhn.



    Lesen wir hier "Um 6 Uhr noch symptomfrei, um 8.30 Uhr tot"



    www.augsburger-all...rd-id59197751.html



    Was wir heute erleben ist aber nicht nur ein Versagen der Politik. Es ist ein Versagen der ganzen Gesellschaft, die dem eigenen life style eine größere Bedeutung beimißt, als dem Überleben seiner Nächsten.

    • @Günter:

      "Versagen der Politik"?



      Ich bin ehrlich gesagt heil froh, dass nicht Sie oder die andere Million Dauernörgler und Besserwisser Bundeskanzlerin sind, sondern Frau Merkel. Wenn Sie möchten, dass etwas "besser" gemacht wird, dann machen SIE es doch bitte in IHREM Umfeld.



      Sollte der fränkische Machiavelli Kanzlerin werden, wird man sich noch wehmütig an die vergangenen Jahre zurückerinnern.



      "Cause You don´t know what you´ve got ´til it´s gone."

      • 2G
        20226 (Profil gelöscht)
        @Christian Lange:

        Natürlich hat die Politik gnadenlos versagt. Dieses ganze Hick-Hack kann doch kein Mensch mehr verstehen.



        Wenn ein Tischler einem Tisch zimmert und der ist schief, dann ist der schief. Um das zu erkennen, muss ich keinen besseren Tisch zimmern können. Logik.

      • @Christian Lange:

        You cannot allow any of your people to avoid the brutal facts. If they start living in a dream world its going to be bad. - Gen. James "Mad Dog" Mattis

    • @Günter:

      Das alles auf „Life Style“ zu reduzieren ist doch ein wenig sehr kurzfristig gedacht.



      Es geht doch nicht nur um große Shoppingtouren und Kreuzfahrten, die verboten sind, sollen um Dinge, die das Menschsein in seiner elementarsten Form betreffen.

      Menschenskind bedeutet demnach nicht nur Essen-Trinken-Gesundbleiben.

      Sozialkontakt, insbesondere Körperkontakt(!) ist elementar wichtig für den Menschen. Hierzu gibt es umfangreiche psychologische Studien!



      Bewegung und Sport (jenseits vom Spaziergang!) braucht der Mensch ebenso (auch hier gibt es Studien, die den Zusammenhang von Bewegung und Gesundheit, physisch wie psychisch, belegen), wie das Erleben von Gruppengefügen.

      Nein, der immer wiederkehrende Vorwurf man möge nicht auf seinen Luxus verzichten reicht einfach nicht, um auf die Situation zu reagieren. Denn die Verbote betreffen nicht unseren Luxus, sondern unsere Grundbedürfnisse