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Nach K-Frage bei der UnionNur noch Leere

Der Wettstreit zwischen Laschet und Söder um die K-Frage hat Pep in den öden Pandemiealltag gebracht. Was bleibt, nachdem sie entschieden wurde?

Wie lange werden sich die Söderianer disziplinieren können? Wird Revolutionsstimmung aufkommen? Foto: Sven Simon/imago

Dienstagabend saß ich ziemlich verloren und allein in meinem Bett. Die Frage um die Kanzlerkandidatur der Union war nach wochenlangen Unklarheiten geklärt. Armin Laschet hatte sich gegen den „Kanzler der Herzen“, CSU-Mann Markus Söder, durchgesetzt.

Ich drehte meine übliche abendliche Medienrunde: spiegel.de, tagesschau.de und blieb bei den Kol­le­g:in­nen von Zeit Online hängen. „Und was machen nun die Söder-Fans?“, lautete die Überschrift eines Textes. Ich fühlte mich verstanden, jedenfalls fast. „Und was machen nun die K-Frage-Fans?“, müsste es eigentlich heißen, dachte ich. Dann schlief ich ein.

Dass die K-Frage der Union nun geklärt ist, mag für die einen eine Erleichterung sein. Endlich kein nerviger Machtkampf mehr zwischen zwei Männern, den man zwangsläufig verfolgen muss, denn es geht schließlich um den nächsten möglichen Kanzler dieses Landes. Jetzt könnte man sich wieder wirklich wichtigen Themen zu wenden, höre ich manche sagen. Für mich hat die geklärte K-Frage eine Leere hinterlassen. Eine Struktur meines Alltags ist weggebrochen. Über was soll ich nun noch sprechen, nachdenken, grübeln oder Wetten abschließen?

Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hatte die CDU verloren. Dieser Verlust hatte Unterhaltungswert für mich

Ich bin kein Fan von Trash-TV, ich hasse es, um ehrlich zu sein. Es ist mir zu schrill und zu laut und zu plump, es unterhält mich einfach nicht, sondern langweilt mich. Im Kampf Laschet vs. Söder hatte ich aber meine ganz persönliche Polit-Trash-TV-Show gefunden.

„Schäuble genervt“

Irgendwann Anfang April hatte das ganze ja langsam an Fahrt aufgenommen. Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte sich damals zu Wort gemeldet und auf Tempo gedrängt. „Gleich nach Ostern müssen die personellen und inhaltlichen Fragen zügig geklärt werden“, sagte der CSU-Politiker damals der Welt am Sonntag. Die Umfragewerte für die Union sahen zu der Zeit, man muss es so deutlich sagen, scheiße aus. Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz hatte die CDU verloren. Dieser Verlust hatte Unterhaltungswert für mich.

Vergangenen Sonntagabend stieg Markus Söder ziemlich überraschend in ein Flugzeug und machte sich von Nürnberg auf den Weg nach Berlin. Er wollte Armin Laschet zum Gespräch treffen. „Bild live“ berief eine Sondersendung ein: „Söder gegen Laschet: Heute Tag der Entscheidung in der Kanzler-Frage?“

Ich ekelte mich ein wenig vor mir selbst, dass ich in diesen Zirkus mit einstieg – und tat es trotzdem. Mein Freund und ich schauten dabei zu, wie der stellvertretende Bild-Chefredakteur Paul Ronzheimer auf sein Handy starrte und Nachrichten tippte. 36 Minuten später landete Söder. „Finale im Kandidaten-Krimi!“, rief man bei „Bild live“. Ganz genau, dachte ich. Das ist kein politischer Machtkampf, den wir verfolgen, es ist ein packender Krimi.

Am Montag twitterte Welt-Vize Robin Alexander: „Schäuble genervt. Ruft zweimal ‚es geht alles schief!‘ in die Runde. @welt #LaschetvsSöder“. Das ist ungefähr das Niveau auf dem wir K-Frage-Fans irgendwann angekommen sind. Im Minu­ten­takt erfuhren wir von Alexander und anderen Jour­na­lis­t:in­nen, was bei der Laschet-vs.-Söder-Abstimmung passierte, wer wie wann hustete oder sich am Kopf kratzte.

Es passierte etwas

Genau das ist aber der entscheidende Punkt. Es passierte etwas bei der Union. Die Grünen hingegen sind öde, sie langweilen mich. Sie sollen sich vorbildlich verhalten haben in der Entscheidung, wer als grü­ne:r Kanz­ler­kan­di­da­t:in antreten darf. Kein Gezanke, kein Hin und Her, geräuschlos sei Annalena Baerbock gekürt worden, schreiben Kol­le­g:in­nen. Wer erträgt so viel Harmonie?

Ich will Streit und Action, will unterhalten werden und mich aufregen, eine Show beobachten, die Soap-Charakter hat. „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ – nur mit Unionspolitikern. Was bleibt einem denn sonst noch in diesen Zeiten, wo es doch nicht mehr gibt als den Weg vom Bett zum Schreibtisch in die Küche und später wieder ins Bett.

Ich höre schon die abfälligen Kommentare und will deshalb gleich erwidern: Klar, weiß ich, dass wir noch immer in einer Pandemie stecken, dass täglich Menschen sterben und Pflegekräfte am Limit sind.

Ich weiß, dass parallel zu diesem Krimizirkus das Infektionsschutzgesetz überarbeitet wurde, dass über Ausgangssperren ab 22 Uhr diskutiert wurde, weil man ernsthaft glaubt, das würde das Infektionsgeschehen eindämmen. Mich empört all das. Und gerade weil es mich empört, genieße ich die Ablenkung.

Zu Beginn des erwähnten Artikels von Zeit Online wird übrigens gefragt, ob Söders Anhänger auf die Barrikaden gehen werden. Wie lange werden sich die Söderianer disziplinieren können? Wird gar Revolu­tions­stimmung aufkommen? Ich hoffe, sie lassen sich nicht allzu lang Zeit dafür.

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13 Kommentare

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  • Umfragen sind so eine Sache. Wer auf sie vertraut kann gründlich baden gehen. Dieses Beispiel des SPD Kandidaten Schulz noch vor Augen, zog man die Notbremse.



    Söder nur von einer Sache überzeugt: sich selbst. Seine Überzeugung wechselt der so oft, wie andere ihr Hemd. Einen klaren Fokus sucht man bei ihm vergebens.



    Wozu das führt konnte man bei der letzten Landtagswahl in Bayern erleben. Söder bescherte der CSU das schlechteste Ergebnis seit mehr als sechzig Jahre. Seinen Anhängern scheint das egal. Die glauben schließlich an ihn und nicht an irgendwelche Programme oder gar Ideen.

  • Söder musste nach oben hin gegenüber Laschet klein beigeben.

    Dafür tritt er jetzt um so heftiger nach unten.

    Er zwingt die Schulkinder in Bayern schon ab einer Inzidenz von 100 in den Lockdown und nicht ab 165 wie in der Bundesregelung.

    Söder ist beleidigt und reagiert jetzt trotzig.



    Die Situation der Kinder in Bayern ist ihm egal.



    Ihm geht es, wie immer, nur um sein eigenes Ego.

    Ich hoffe nur die bayerischen Wähler/innen geben ihm die Quittung die er verdient.

    • @Argonaut:

      Stimmt, aber vielleicht wendet er sich auch soweit, dass er Neues zuläßt. Ein größeres Problem ist die Schwäche der gesamten CSU-"Elite". Die sind ja so schlecht, dass auch ein Söder keine gute Politik machen kann. Haha - deswegen wollte er aus Bayern rausssss.



      Naja - die Basis der CSu muss begreifen, dass sie alle Bär - en und Sau- ters kicken muss. Sonst wird es nichts mit Regieren ausserhalb. Schaffen die aber nicht . da sie immer Vorteile versprochen kriegen. Sowohl die Bonzen - wie die Wähler. Nur si viele Vorteile gibts nur im Schlaraffenland. Kurze Story: Ein CSU-ler soll jetzt eine SMS verschickt haben, dass Baer bock nicht Kanzlerin werden kann, weil sie zwei Kinder hat: oK:



      Wohin Söder treten will, ich weiß es nicht, denke mal er macht Schattenboxen, obwohl er es nicht gelernt hat ...

  • Söders Anhänger und auf die Barrikeaden gehen? Wer so eine Fage stellt, hat schlicht nicht verstanden warum die Leute den S. uterstützen, nicht wegen irgendwelcher Inhalte (die bei S. sowieso beliebig und austauschbar sind), sondern weil sie mit ihm eine bessere Chance hätten an die Macht zu kommen. Da ist nun vorbei, und in Bayern hat S. auch nicht so viele Freunde mehr wie es sich viele Nordlichter hier vorzustellen scheinen. Wenn die Autorin Unterhaltung bei CDUCSU sehen will, braucht sie nur auf die Entscheidung ob Maassen kandidieren wird zu warten, das dürfte einige Aufregung geben. Und dann natürlich die Landtagswahlen, wo die CDU nach der Entscheidung für Laschi Laschet jetzt schon Muffensausen hat.

  • Es gibt weiterhin spannende Fragen. Durfte die CSU den Flug von Söder wirklich bezahlen? Hätte Söder nicht seinen Freund Laschet mitnehmen müssen und irgendwo rauslassen müssen, wobei dann die Kanzlerin, da es ja um ihre Nachfogerinnen geht, den Flug hätte bezahlen müssen. Hätte sie das gedurft? Hätte Laschet über Garzweiler abspringen dürfen, hätte Söder ihm wirklich einen Fallschirm gegeben oder nur die Tür aufgehalten? Es gibt hier wirklich viele spannende Fragen, mit denen ich mir die Zeit bis zur Wahl verkürzen kann. Ich bin halt ein Träumer. Ja und es kommt vielleicht noch mal Stimmung auf mit der K-Frage und die Vorwahlzeit wird spannend? Ginge Baerbock mit Söder fremd oder eher mit Laschet? Wäre eine Frage für das nächste Talkereignis in SAT1. Fragen über Fragen sind möglich und die Presse hat weiter ihr Corona. Aber die Autorin - Langeweile? Warum? Lanz wird die Antworten liefern und auch Gottschalk steht in den Startlöchern. k-loch? never

  • "Ich will Streit und Action, unterhalten werden..."..."Was bleibt einem denn sonst noch..?"... Frau Zingher 'lebt noch'!



    Das sind Signale einer Psyche die Lebendigkeit enthält..!.. die Hormone rebellieren gegen die aufgezwungene



    Eintönigkeit des Daseins in der Pandemie! Die 'Ordnung der Vernunft'



    erschlägt die Poesie (Novalis), die kreative Phantasie verendet im Stall' des begrenzten Daseyns.. Die Langeweile schreit nach LEBEN!



    Das wussten schon die Römer, so gab es die Gladiatorenkämpfe auf 'Leben und Tod'.. um die Sehnsucht nach barbarischen Sensationen in der Monotonie zu füttern...



    Leider verendete die K Frage in ordentlicher, langweiliger Vernunft des



    Bayrischen Geistes...

  • Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - wirft ein:

    “ Bildunterschrift: "Wie lange werden sich die Söderianer disziplinieren können? Wird Revolutionsstimmung aufkommen? "



    CSU Revolu tion. Warum sieht die Puppe aus wie ein chinesischer Staatschef?“

    kurz - Puppet on a String - Sandie yours -



    www.youtube.com/watch?v=O9qJVgCqQOE



    & Däh - Machmer‘n Faß auf - Gellewelle.



    images.app.goo.gl/AhvSqDqhVkb99a7T9

  • keine Angst die zweite Polit-Staffel kommt bestimmt noch vor der Sommerpause. Dann wird es wieder spannend.

  • Da empfehle ich den Blick über den Kanal - die "Windsors" bieten doch genau den ersehnten Klamauk - und hatten auch mal eine Kanzlerin, äh, Königin der Herzen. Hierzulande hat Frau Merkel mehr Klasse im Abservieren ihrer Gegner bewiesen und Standards gesetzt, die ihre gewünschten Nachfolger im entferntesten nicht einhalten können. Und bitte keine Fäkalausdrücke in TAZ-Artikeln - oder haben wir unsere Analphase noch nicht hinter uns gelassen?

  • Es bleibt doch spannend. Welche Partei wird wohl ab September die nächsten 4 Jahre versagen? Das ist doch spannend..



    Und welche *konkreten* Verschlechterungen wird es wohl geben?

  • Entpolitisierungs-Trash vom Feinsten. Anscheinspolitik von 'Blöd-TV".



    Und jede:r der noch ein bisschen Tinte im Füller hatte, hat mitgemacht. Auch wer unbedingt noch ein bisschen Zeilengeld verdienen, ein paar Sendeminuten 'Doppelkopp-Palaver' fürs smarte Flachbild-Lagerfeuer füllen musste oder sich die Chance auf Boni-Klicks für die Werbekunden nicht vermasseln wollte, hat mitgespielt.



    Ging ja nicht um Inhalte, nur um Köpfe. Aber nicht was drin steckt!



    Abgekackt war die CDU und CSU wegen der Korruption, den Ursachen für die "Ehrenerklärungen" ihrer Abgeordneten, die sich - in alter Tradition - wie viele ihrer Alt-Vorderen verhalten haben.



    Nun spricht keiner mehr darüber! So wird Politik gemacht: Einen gefährlichen politischen Skandal in einem Nebel aus Nebensächlichkeit verschwinden lassen! Gute Inszenierung, ihr CDU/CSU Strategen!

  • Is doch klar: - “bei“ - ! Newahr.

    Liggers. Volkers 👄 hat recht - Wiedermal!



    “Komm mal bei mich bei! Bittesehr!“ - 🙀 -



    Sagt sich so leicht & Is doch so schwer! - 😱 -



    Normal - 😂 -

    • @Lowandorder:

      & Däh!! Sorry! Aber - an - bei - wa!

      “… die K-Frage bei hat Pep…“ to be korrekt - 🧐 -



      Das Orijinol - war doch viel was Schöner



      Gellewelle - ihr Headlinerastellis - 😂 -