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Doku über schwarze FußballprofisDer unerreichbare Adler

Die Doku „Schwarze Adler“ erzählt Geschichten schwarzer Fußballprofis in Deutschland. Und zeigt, wie wenig sich nach fast 50 Jahren getan hat.

Er war der erste Schwarze im deutschen Nationaltrikot: Erwin Kostedde, Aufnahme von 1983 Foto: Rust/imago

Fußball ist ein Versprechen, so wie Demokratie: Alle sollen gleiche Chancen bekommen, alle sollen teilhaben, niemand soll benachteiligt werden. Je mehr Hoffnung man in diesen Anspruch setzt, desto größer ist die Enttäuschung, wenn die Versprechen nicht eingehalten werden. In der Dokumentation „Schwarze Adler“ von Regisseur Thorsten Körner erzählen aktuelle und ehemalige schwarze Fußballprofis, die gehofft haben und enttäuscht wurden, von denen manche es ganz nach oben, in die Nationalmannschaft, geschafft haben, aber trotzdem nie richtig dazugehören konnten; oder gerade ganz oben so richtig erfahren mussten, wie wenig sie in den Augen der anderen dazugehören.

Da ist die Geschichte von Erwin Kostedde, dem ersten schwarzen deutschen Nationalspieler, der als Sohn eines afroamerikanischen Soldaten in Münster geboren wurde. Heute ist er 74 Jahre alt, sitzt im urigen, holzverkleideten Wirtshaus oder im Stadion seines einstigen Vereins Preußen Münster – und erzählt; dass die Leute sehr überrascht gewesen seien, als er 1974 auf Malta sein Länderspieldebüt gab, dass Journalisten komische Fragen gestellt hätten; von seinem zweiten Länderspiel gegen England; wie er im Bus zum Wembley-Stadion am Fenster gesessen habe, als dieser wegen angetrunkener deutscher Fans anhalten musste; wie die ihn in dann rassistisch beleidigt hätten.

„Dann geht das rein“, sagt Kostedde, als er das erzählt, und bewegt seine Hand zur Brust. „Da müssen Sie unwahrscheinlich abgebrüht sein, wenn das nicht hier bei Ihnen reingeht“. Einer von vielen Momenten in einem traurigen Film, einem Film, der einen Schmerz zum Vorschein bringt, der sich durch alle deutschen Fußballstadien und Bolzplätze zieht, aber auch durch Schulklassen und Arbeitsstätten. “Da habe ich das ganze Spiel daran gedacht“, sagt Kostedde.

Der Film

„Schwarze Adler“ läuft ab 15. April bei Amazon Prime und am 18. Juni im ZDF.

Es werden Szenen aus dem Spiel gegen England eingeblendet: Beckenbauer flankt, Kostedde im grünen Trikot mit der stolzen Stürmerneun auf dem Rücken köpft ungefährlich in die Hände des Torwarts, oder Kostedde bekommt im Strafraum den Ball zugespielt, er rutscht aber aus. „Ich war nicht der Erwin Kostedde auf dem Platz, der ich hätte sein können“.

Insgesamt drei Spiele hat er für die Nationalelf gemacht, dann war der Traum aus. Kostedde sagt heute, er sei nie warm geworden mit der Mannschaft.

Wer übernimmt Verantwortung?

Nun kann man denken, dass das alles ja vor fast 50 Jahren passiert ist, dass sich doch bestimmt viel getan hat. Bestimmt. Denn während die ehemalige Nationalspielerin und spätere Bundestrainerin Steffi Jones wie auch Kostedde erzählt, dass sie als Kind die Idee gehabt habe, ihre Hautfarbe vielleicht doch mit Seife abwaschen zu können, grinst der heute 21-jährige Jean-Manuel Mbom, Mittelfeldspieler bei Werder Bremen, selbstbewusst in die Kamera und sagt, er finde sich so schön, wie er sei und er sei auch stolz darauf.

Trotzdem folgen auf Kosteddes Geschichte der Enttäuschung viele weitere, die bis in die Gegenwart reichen; von Jimmy Hartwig, der in der Doku stolz sein Nationaltrikot von 1979 präsentiert; der sich damals trotz Erfolge ebensowenig bei der Nationalmannschaft etablieren konnte; von Anthony Baffoe, Patrick Owomoyela, Otto Addo, Gerald Asamoah, aber auch von Hertha-Spieler Jordan Torunarigha, der im Februar letzten Jahres mit einer roten Karte vom Platz geflogen ist, als er nach rassistischen Fanrufen in seiner Wut eine Getränkekiste wegschleuderte.

Und die Geschichten sind alle ähnlich: Spieler werden von Fans rassistisch beleidigt, dann folgen im besten Fall Solidaritätsbekundungen, grundlegende Konsequenzen bleiben aus. Insofern wäre es ein Gewinn gewesen, wenn der Film auch der Verantwortung des Deutschen Fußball-Bundes und der Vereine nachgegangen wäre.

Die ehemalige Bundesligistin Shary Reeves sagt über den „Schwarzen Adler“, das Emblem der Nationalmannschaft: „Er ist irgendwo da oben, weit weg von mir, da komme ich gar nicht ran, er hat die Stärke und gibt mir das Gefühl, dass ich schwach bin.“ Und solange die Frage nach strukturellen Ursachen ausbleibt, wird der Fußball auch nur ein Versprechen bleiben.

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9 Kommentare

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  • "...Spieler werden von Fans rassistisch beleidigt, dann folgen im besten Fall Solidaritätsbekundungen, grundlegende Konsequenzen bleiben aus."



    Und wie solltn diese Konsequenzen aussehen? Die Fans habhaft machen und Stadionverbot erteilen vielleicht? Davon wirds in deren Kopf nicht besser. Außerdem ein hoffnungsloses unterfangen, schon beim Ansatz. Nein, solche Dinge bekommt man nicht aus einer Gesellschaft heraus, dafür gibt es leider zu viele dumme Menschen, immer wieder, überall, jederzeit. Man kann es nur immer wieder öffentllich machen und anprangern, damit ein Prozess weiterlebt, der doch noch einigen dieser dummen Menschen klar werden läßt, dass es eben dumm ist, Menschen nach ihrer Hautfarbe etc. zu beurteilen.

    • @Lars B.:

      Seltsam, Stadionverbote sind ein absolut gängiges Mittel, wenn Fans sich im anderen Kontext daneben benehmen. Warum sollte das gerade in diesem Fall nicht gehen? Und warum sollte es Absicht sein, die Meinungen von Faschos, Rassisten oder sonst jemand zu ändern? Es reicht völlig, wenn diese Leute ihre peinlichen Statements nicht in Gegenwart der Betroffenen äussern.

  • Wohlfeile Solidaritätsbekundungen und Werbefilmchen vor den Übertragungen seitens der Vereine und Verbände, oder Fans als Idioten bezeichnen die hard-core-Rassisten sind, seitens der Medien ist nicht genug und daher liegt für mich die Schuld ganz klar genau bei diesen zwei Gruppen. Sowie bei den Sponsoren die diesen ganzen Scheißdreck auch noch finanzieren.



    Erst müsste mal ein "law" her, eine Art Verhaltenskodex für Fans, Medien, Vereine. Dann die "order", von Sponsorensperre über Fans aussperren, Vereinen die Lizenz nehmen, mal Pause für den Fußball und deren Protagonisten.



    Und immer wieder die gleiche Frage: Warum das aus meiner Beobachtung im Fußball so extrem ist. Von Leichtathletik bis Basketball, da läufts doch offensichtich besser, warum eigentlich?



    Rassistische Vollpfosten on work?

    • @Tom Farmer:

      Sie wissen schon, daß so etwas wie Sippenhaft auch nicht das Gelbe vom Ei ist, oder? Man kann den Menschen nicht in die Köpfe schauen. Deshalb wäre Sponsorensperre, Lizenzentzug etwas, was die falschen Leute trifft und vor allen die wirklichen Fans. Da sind unter zigtausenden Besuchern einige vielleicht dutzend Vollpfosten und der Verein, die Spieler und alle anderen sollen die Suppe auslöffeln? Ist das Ihr Lösungsvorschlag? Und nach einer oder auch zwei Saison ist es dann besser?



      ???

  • 0G
    04369 (Profil gelöscht)

    Als Kind eines "Gastarbeiters" und Freunden mit vergleichbaren Familiären Hintergrund, ist mir hinlänglich bewusst, dass man in diesem Land, selbst in dritten Generation, nicht ankommt. Auch ein Hochschulabschluss ändert daran nichts. Nichtsdestotrotz empfinde ich, dass viele KollegInnen mit schwarzer Haut, Ü's und Zic im Nachnamen, die für kleines Geld nach wie vor die Drecksarbeit in diesem Land übernehmen, sich eine gewisse Würde und Lebensfreude bewahren und bei weitem nicht so viel Aufhebens drum machen, wie die hier vorgestellten Profifußballer, die sich, auch schon vor vierzig Jahren, in einer ganz anderen Gehaltsgalaxie bewegen. Deren Klagen über Deutschen Rassismus empfinde ich es als gejammer auf sehr hohem Niveau.

  • Gut zu wissen über Erwin Kostedde. Vielen Dank für das Teilen der Informationen. lg

    • @jabin45:

      anschließe mich - 18. Juni is notiert -

      • @Lowandorder:

        Däh&Zisch - Mailtütenfrisch schlenztein:

        “ 18. Juni. Erwin Kostedde. Foto mit Trikot vom VFL OS war vermutlich lizenztechnisch das preiswerteste... Preußen Münster vllt. noch günstiger, aber nicht auffindbar?“