Baumsterben in Deutschland: Ein Wald sitzt auf dem Trockenen
In Hessen pumpen Menschen so viel Grundwasser ab, dass die Baumwurzeln es nicht mehr erreichen. Die schwarz-grüne Landesregierung bleibt untätig.
D ie Erlen vertrockneten zuerst damals, Ende der 1970er Jahre. Zehn Jahre später starben die Buchen, schließlich verdorrten die tief wurzelnden Eichen. „Heute sterben selbst die Birken ab“, sagt Henner Gonnermann, pensionierter Leiter des Forstamts Groß-Gerau im Hessischen Ried. „Das sind ja Pionierbäume“, sagt er am Telefon und meint damit, dass Birken auch auf den ödesten Sandflächen und in Mauerritzen wachsen.
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1970 übernahm Gonnermann das Forstamt der Wälder um Groß-Gerau, eines von drei Forstämtern des Hessischen Landesforstes im Hessischen Ried. 30.000 Hektar Wald und Forst zählen noch heute zum Hessischen Ried, und der Name „Ried“ verrät, dass es sich einst um moorige, matschige Wälder handelte. Deswegen wuchsen Erlen in Gonnermanns Wald, denn Erlen brauchen einen nassen Boden.
Auf heutigen Fotos aus dem Gernsheimer Wald oder dem Jägersburger Wald im Hessischen Ried sieht man noch einzelne Fichten stehen. Mal eine Eiche, mal eine Kiefer, unter denen sich strauchartig die Amerikanische Traubenkirsche ausbreitet. Förster hassen und fürchten die Amerikanische Traubenkirsche, die wie die Brombeerbüsche überall dort wuchert, wo der Wald krankt. Sie nehmen Baumschößlingen das Licht und graben der notwendigen Naturverjüngung – so nennt man die natürliche Vermehrung von Forstbestand, die ohne menschliches Eingreifen zum Beispiel durch Samenflug passiert – das Wasser ab. Die Fotos aus dem Hessischen Ried erinnern an Aufnahmen von Brandrodungen im Amazonasgebiet. Zwei, drei Bäume, die Ödnis und Gestrüpp überragen.
Die Wälder des Hessischen Rieds vertrocknen. Ganz ohne Klimawandel und lange vor den drei Dürresommern seit 2018 zerbröseln den Förstern die Rinden der Buchen und Eichen unter den Händen. „Der Standort hat sich komplett verändert, zum Schlechteren“, sagt Förster Ralf Schepp, der das Forstamt Lampertheim für den HessenForst im Hessischen Ried mit rund 16.500 Hektar Wald leitet. Die alten Bäume seien „in der Zerfallsphase“, sterben also vor sich hin. Ein paar Jahre bieten die alten Eichen den Insekten, Vögeln und Pilzen noch ein Biotop.
„Die Verlierer sind alle Spechtarten, alle an Laubwälder gebundenen Vogel- und Fledermausarten und alle im Alt- und Totholz lebenden Insekten“, sagt Schepp. Also all die Tierarten, die die Landesregierung laut Bundesnaturschutzgesetz und FFH-Richtlinie schützen muss. FFH bedeutet Flora-Fauna-Habitat, die Richtlinie ist eines der höchsten europäischen Schutzgesetze für Tiere, Pflanzen und ihre Lebensräume.
Förster Schepp beobachtet seit einiger Zeit Ziegenmelker und häufiger auch Wiedehopfe. Die beiden seltenen Vogelarten leben auf offenen, warmen Flächen. Schepp und die Forstleute pflanzen Zehntausende Kiefern, Hainbuchen, Stieleichen, setzen Birken in den Sand, um die Samen für einen Hochwald zu legen. Nur auf die natürliche Entwicklung will Schepp nicht setzen. Er hält nichts davon, alles in Ruhe zu lassen und die Natur selbst eine Lösung für den Wald ohne Wasser finden zu lassen. „Wenn ich nix mache, habe ich hier Macchia“, sagt Schepp. Kräuter und Sträucher wie auf den kargen Hängen am Mittelmeer.
Laut Gesetz besteht ein „Verschlechterungsverbot“ und „Sanierungsgebot“, wenn sich die Umstände in den Lebensräumen von bedrohten Tier- und Pflanzenarten ändern. Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat auch bereits festgestellt, dass das Land Hessen eine „Erhaltungspflicht“ hat für die FFH-geschützten Eichenwälder im Hessischen Ried. Doch schon 2013 stellten Wissenschaftler:innen der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt fest, dass „die potenziell geeigneten FFH-Eichen-Lebensräume […] in ihrer heutigen Flächenausdehnung nicht gehalten werden können“.
Förster Gonnermann schätzt, dass mittlerweile 10.000 Hektar vertrocknet sind. Aus den Tiefen seiner gesammelten Dokumente über die Wälder im Hessischen Ried fischt er einen Artikel aus der Frankfurter Rundschau vom 3. Mai 1979. Überschrift: „Der langsame Tod der starken Bäume im Ried“. Der Einstieg lautet: „Wasserentnahme und Wasserversorgung in Hessen sind zu einem großen Problem geworden und verlangen nach einer langfristigen Lösung.“
Im Hessischen Ried ereignet sich das, was Wissenschaftler:innen das Anthropozän nennen – das menschengemachte Zeitalter. Menschen haben so lange Wald, Moore, Flüsse verändert, dass die Natur vergangen ist. Um 5, 10, 22 Meter ist der Grundwasserpegel im Hessischen Ried seit den 1970er Jahren gefallen. 220 Millionen Kubikmeter Wasser spülen die Industrieanlagen aus den Wäldern im Rhein-Main-Gebiet und fließen in Küchen und Bädern in Frankfurt und Darmstadt aus den Hähnen.
Das Problem „Wald ohne Wasser“ im Ried ist den politisch Verantwortlichen in Hessen seit 45 Jahren bekannt. Die Eichen und Buchen vertrockneten schon damals, doch politisch schlugen sie sich mit nassen Kellern herum, also mit zu viel Wasser in den Wäldern des Rieds. In den 1970er und 1980er Jahren hatten die Gemeinden des Rieds in großem Stil Bauland verkauft. Die Leute bauten sich ein Haus, das nur so lange trocken blieb, wie der Grundwasserpegel niedrig war. In regenreichen Jahren stand dann das Grundwasser im Keller.
Nach viel politischem Ärger, Klagen und Entschädigungen in Millionenhöhe halten die Wasserwerke den Grundwasserpegel nun unterhalb der Keller – unerreichbar für die Wurzeln von Eichen und Buchen. Zu trocken darf der Lehmboden im Ried jedoch auch nicht werden, sonst reißen die Wände in den Häusern. Die Wasserwerke pumpen deshalb pro Jahr 20 bis 33 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Rhein und verrieseln das Flusswasser in anderen Gegenden, damit es das Grundwasser anhebt.
„Damit kompensieren wir den Wasserstand gegen Risse in Gebäuden“, sagt der zuständige Leiter der Abteilung Umwelt im Regierungspräsidium Darmstadt am Telefon. Auch davon hat der Wald nichts. Eine Berieselungsanlage für das FFH-Gebiet Gernsheimer Wald sei „in Planung“. Das ist die Anlage, die das Land Hessen schon 2018 geplant hatte, wie aus Sitzungsprotokollen des Umweltausschusses im Landtag hervorgeht.
Die Berieselung war das Ergebnis eines Runden Tisches. Zwei Jahre lange beraten Beamt:innen und Politiker:innen vom Land Hessen und Regierungspräsidium Darmstadt mit den Gemeinden, Naturschützer:innen, Wasserwerken, Förster:innen und Wissenschaftler:innen über die Ergebnisse einer Studie der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt. In ungezählten Sitzungen suchen sie nach einer Strategie für die Wiedervernässung. „Der Trockenstress sowie die gravierenden Grundwasserabsenkungen seit Anfang der 70er Jahre auf großen Flächen haben die Waldökosysteme so weit geschwächt, dass massive Schäden durch Maikäfer und Kiefernmisteln hinzukommen, die zu Waldauflösungserscheinungen führen“, schrieben die Forstwissenschaftler:innen. Ihr Fazit: „Ein geordneter Forstbetrieb ist vielerorts nicht mehr möglich.“
Im Hessischen Ried prallt der Artentod an den Mittelstandsbauch. Die zerstörten Waldökosysteme sind der Preis für den volkswirtschaftlichen Gewinn in der Metropolregion Frankfurt mit vier Millionen Menschen. Bräsigkeit und den Swimmingpool im eigenen Garten will niemand freiwillig aufgeben – und die regierende CDU mit den Grünen will daran auch nicht rütteln.
„Mangelnden politischen Willen“ beobachtet Heike Hofmann bei der schwarz-grünen Regierungskoalition. Sie ist Vizepräsidentin des Hessischen Landtags und SPD-Abgeordnete mit Wahlkreis im Hessischen Ried. Das sehen auch die Naturschützer:innen vom BUND Hessen, die für den Erhalt der FFH-Wälder und gegen die Grundwasserausbeutung im Hessischen Ried schon in der 2. Instanz vor dem Hessischen Oberverwaltungsgericht klagen. „Selbst in Mangelzeiten haben die durchgefördert“, sagt Thomas Norgall, stellvertretender Vorsitzender des BUND Hessen.
„Im Blindflug“ sieht Torsten Felstehausen (Die Linke) die Hessische Umweltministerin Priska Hinz, wenn es um die Klimawandelvorsorge geht, zu der auch der Schutz von Wald und Wasser gehören. „Kosmetische Maßnahmen im Hessischen Ried werden nicht reichen – es dauert zehn Jahre, bis sich das Grundwasser nachbildet“, sagt Felstehausen, forstpolitischer Sprecher der Linke-Landtagsfraktion. Im Februar 2020 hat er eine Anfrage an das von Hinz geführte Umweltministerium gestellt. Ein Jahr später, im Februar 2021, hat er immer noch keine Antwort erhalten.
Auch in kleinen parlamentarischen Anfragen hat Felstehausen versucht, herauszufinden, wie Hinz die Trinkwasserversorgung, den Erhalt von geschützten Waldökosystemen und die Zukunft der Forstwirtschaft sichern will. „Komplexe ökologische Vorgänge werden wir nicht mit einem Reparaturbetrieb kompensieren“, sagt Felstehausen.
Die nebulösen Antworten des Ministeriums auf die Fragen der taz bestärken den Eindruck politischer Handlungslosigkeit. Die Pressestelle teilt mit: „Eine aktuelle Untersuchung zum Waldzustand im FFH-Gebiet Jägersburger/Gernsheimer Wald von 2020 kam zu dem Ergebnis, dass es noch große Flächen der durch die Habitatrichtlinie geschützten Eichen-Hainbuchenwälder gibt und die Chance besteht, diese zu erhalten. Allerdings hat sich der Erhaltungszustand verschlechtert, auch aufgrund der letzten Dürrejahre. Es besteht dringender Handlungsbedarf, dem wir mit Hochdruck nachgehen.“
Drei Jahre Dürre haben die Wälder in Deutschland gelichtet. Buchen im thüringischen Hainich haben im zweiten trockenen Sommer 2019 Sonnenbrand, Kiefern entflammen sich 2018 in Brandenburg hektarweise, Fichten stehen 2020 mit rotbraun rieselnden Nadeln im Harz. 300.000 Hektar Forst sind in den drei Dürrejahren abgestorben.
Die Dürre offenbart ein Problem, das Generationen von Waldbesitzer:innen und Förster:innen im Wald verursacht haben. Jahrzehntelang haben sie die Wälder trockengelegt, um Forste zu beackern. Systematisch haben die Forstleute im 20. Jahrhundert das Wasser aus dem Wald geleitet, Kanäle ausgehoben und Waldmoore ausgetrocknet. Mit der Trockenlegung des Waldes erschufen die Planer:innen auch Äcker und Felder, Land für Häuser und Gewerbe. Wasserwerksingenieur:innen und Landwirt:innen, Bürgermeister:innen, Waldbesitzer:innen und Industriearbeiter:innen, Eigenheimbauer:innen, Kraftwerksbetreiber:innen – kurzum: Wir alle haben in den vergangenen 100 Jahren dem Wald das Wasser abgegraben.
Rund die Hälfte des verfügbaren Trinkwassers aus der Natur kühlt Kraftwerke, 24 Prozent des Wassers nutzen Industrie und Bergbau, 22 Prozent fließen in die öffentliche Versorgung. Flächendeckend hat Deutschland ausreichend Wasser, doch in einigen Regionen sinken die Grundwasserpegel beständig. Dort verbrauchen Menschen und Unternehmen mehr Wasser, als unter Wäldern und Wiesen entstehen kann. Wie die Steinpilze im Moos auf ein gesundes Geflecht von Pilzfäden im Waldboden verweisen, so zeigen die toten Bäume oberirdisch das vertrocknende Leben unter ihren Wurzeln im Boden an.
Langsam erwachen die politisch zuständigen Umweltminister:innen aus der Trockenstarre wie Bärtierchen nach dem ersten Regen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) lässt die Wasserexpert:innen des Umweltbundesamts seit Monaten die Daten über Grundwasserbildung und Niederschlagsmengen analysieren, um im Sommer eine „Wasserstrategie“ vorzustellen. „Es muss ein Umdenken stattfinden“, sagt einer der staatlichen Wasserschützer. „Wir müssen eine Balance finden zwischen Nutzung und den wasserabhängigen Ökosystemen.“
Diese Balance zu finden wird eine der Aufgaben bei der Anpassung an den Klimawandel sein. Denn in der Dürre will auch die Landwirtschaft mehr Wasser. Bislang nutzen Landwirt:innen in Deutschland gerade mal 1,2 Prozent des Wassers, um Birnen, Äpfel oder Weinreben zu bewässern. Doch der Wasserdurst der Landwirtschaft wird größer werden, je heißer und trockener es in Deutschland wird. „Erhöhte Grundwasserentnahmen für Bewässerung stehen in Konkurrenz mit Wasserentnahmen für Haushalte und Industrie“, sagt Petra Döll, Professorin für Hydrologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Nicht berücksichtigt werde dabei der Grundwasserbedarf der Natur. „Jegliche Abnahme von Grundwasserspeicherung, hat negative Auswirkungen für die nichtmenschlichen Lebewesen.“
Wälder wurden in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert systematisch entwässert. Das rächt sich in dürren Zeiten. Verheerend für den Wasserhaushalt sind auch Praktiken der Forstwirtschaft. Das Öko-Institut hat den wissenschaftlichen Stand in einer „Literaturstudie zum Wasserhaushalt und Waldbau“ für den Nabu zusammengefasst.
1. Buchen leiten Regenwasser in den Boden
Um mehr Wasser im Wald zu halten, müssten Förster:innen Buchen, Eichen und andere Laubbäume pflanzen statt Kiefern und Fichten. Fatal für den Wasserhaushalt sind auch die nordamerikanischen Douglasien oder Roteichen – sie saugen viel Wasser.
2. Geschlossene Kronendächer halten Feuchtigkeit
Löchrige Kronendächer in Fichtenforsten verdunsten 30 Prozent mehr Wasser als geschlossene. Buchen sind in durchforsteten Wäldern anfälliger für Trockenstress.
3. Böden schützen
Ein lockerer, poröser Waldboden speichert Wasser. Forstmaschinen zerdrücken die Hohlräume und verdichten den Boden bis in tiefe Schichten. Da die Poren in Waldböden nicht wiederherstellbar sind, sollten so wenige Forststraßen wie möglich den Wald zerschneiden. (ufo)
Zuständig für die Gesetze des Wassers sind die Bundesländer. Sie wachen darüber, dass genügend sauberes Wasser aus allen Hähnen läuft, dass Flüsse in den ihnen amtlich zugedachten Betten fließen und das Grundwasser nicht in die Keller rauscht. Die Umweltminister:innen der Bundesländer sind auch dafür zuständig, die Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, also dafür zu sorgen, dass Flüsse und Bäche bis 2027 in einem „guten ökologischen Zustand“ sind. Und sie müssen alles dafür unternehmen, dass die nach EU-Recht geschützten FFH-Naturschutzgebiete erhalten bleiben – auch in den Wäldern. „Die Abnahme der Bodenfeuchte ist ein langfristiger Prozess, der vom Klimawandel beeinflusst wird“, schreibt das Umweltbundesamt. „In Deutschland sind dabei vor allem Teile Ostdeutschlands und das Rhein-Main-Gebiet betroffen.“
Das Problem mit den Nadelbäumen
Ein weiterer Grund für die zunehmende Trockenheit ist die Umwandlung von Naturwäldern in Forste. Brandenburg etwa ist von Natur aus Eichenland. Mittlerweile sind 70 Prozent der Bäume dort allerdings Kiefern. Sie stehen mal dicker, mal dünner, insgesamt wachsen sie auf 735.000 Hektar. Stil- und Traubeneichen würden südlich von Berlin die Wälder dominieren, wenn Förster:innen sie in den vergangenen 80 Jahren gelassen hätten. Im Norden Berlins würden Rotbuchen kathedralenartige, kühle, feuchte Wälder bilden. In den wenigen natürlichen Wäldern Brandenburgs wächst zwischen Buchen und Eichen hier eine Hainbuche, da eine Winterlinde, auf dem Boden Sauerklee, Blaubeeren, Kräuter, Vogelbeerbäume beschatten den Waldrand.
Je vielfältiger und artenreicher der Wald wächst, desto besser kann er mit einer extremen Trockenheit umgehen. Und auch ohne Dürre liefern naturnahe Wälder zuverlässige Ökosystemdienstleistungen: Sie filtern Schadstoffe aus der Luft, reinigen Regen, bilden Grundwasser, binden in Boden und Holz große Mengen CO2 und geben Sauerstoff. „Die Grundwasserspeisung unter Buchenwäldern wäre drei- bis fünfmal so groß wie unter Kiefernforsten“, sagt Martin Flade, der das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin nördlich von Berlin leitet. Dort stehen die größten und ältesten Buchenwälder Brandenburgs, und Flade arbeitet seit Jahren daran, dass sie wachsen. Buchen saugen Wasser nur zwischen Frühjahr und Herbst, Kiefern verbrauchen das ganze Jahr über Wasser. In den blattlosen Monaten rauscht der Regen im Buchenwald zu Boden und speist das Grundwasser. In Kiefern bleibt er Tropfen für Tropfen in den immergrünen Nadeln hängen und gelangt gar nicht erst ins Grundwasser.
Seit rund zehn Jahren will die Landesregierung Brandenburg den Wald umbauen, also aus den Kiefernforsten Laubmischwälder machen. Eine der früheren SPD-Landesregierungen nahm sich vor, dass das Land 12.500 Hektar im Jahr umbaut. Das Ziel wurde nie erreicht, trotz 20 Millionen Euro Fördergeld für die privaten Waldbesitzer:innen und Pflanzaktionen der Landesförster:innen. Der Landesforst hat „in den letzten Jahren durchschnittlich 1.500 Hektar umgebaut“, teilt das von Umweltminister Axel Vogel (B 90/Die Grünen) geführte Ministerium im Februar 2021 mit.
Gegen die Dürre und das Baumsterben in Forst und Wald hilft es natürlich, mehr Wasser im Wald zu halten. „Die künstliche Entwässerung im Wald muss geschlossen werden“, sagt Flade. Hört sich logisch an, doch die 470 Gräben, 265 Kilometer lang, leiten in der Schorfheide bis zu 25 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr aus der Landschaft. Das hat das Öko Institut für den Nabu ermittelt. Der Grundwasserspiegel sank in der Schorfheide von 1980 bis zum Jahr 2000 zwischen 70 Zentimeter und 2,30 Meter ab.
Kanäle und Drainagen zu verschließen ist in Brandenburg nicht leichter als in Hessen. Menschen wohnen und arbeiten auf dem trockengelegten Land. Also müssen sich die Waldumbauer auf das konzentrieren, was geht. Der neue Laubwald würde vor allem gut gedeihen, wo die angrenzenden Moore und Feuchtgebiete wieder vernässt sind, sagt Martin Flade. 3.000 Hektar natürliches Moor, aufgeteilt in Hunderte Parzellen, nässen noch in Brandenburg.
4.000 Hektar Moor hat das Land in den vergangenen Jahren wieder belebt und damit Lebensräume für Schreiadler und Erlen in Feuchtwäldern geschaffen. 300.000 Hektar Moor hatte Brandenburg einst, vor der großen Trockenlegung. 7.000 Hektar, ein, zwei Prozent nasse Torffläche können ein Anfang sein, die Dürre aus dem Wald zu holen. Nicht nur der Klimawandel ist ein Prozess, auch die Anpassung daran. Die Frage ist, was schneller geht.
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