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Streit um Schulöffnungen während CoronaEgal, was die Kanzlerin will

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Bei Schulöffnungen wollte Merkel bundesweit strikte Regeln. Noch während sie die Ergebnisse präsentiert, schert der erste Ministerpräsident aus.

Will und bekommt dann häufig nicht: Angela Merkel Foto: Hannibal Hanschke/reuters

D en stundenlangen Streit um die Schulen hätten sich die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen und Kanzlerin Merkel sparen können. Denn das, was im finalen Beschluss zu den verlängerten und verschärften Lockdownmaßnahmen zu Kitas und Schulen drin steht, ist im Endeffekt die Fortführung der momentanen Länderwillkür im Umgang mit Kitas und Schulen. Vor allem ist es nicht das, was Angela Merkel unbedingt wollte: eine bundesweite und strikte Regel bis Mitte Februar.

Stattdessen schreibt das Papier vor, dass die Schulen grundsätzlich weiter geschlossen bleiben und es weiter keine Präsenzpflicht gibt. Das aber stand schon in den vorigen Bund-Länder-Beschlüssen. Mit der Folge, dass einige Länder schon im Januar wieder Abschlussklassen und Grund­schü­le­r:in­nen in die Schulen gelassen haben. Es ist schwer vorstellbar, dass alle Länder ihre jetzigen Schulregeln und bereits angekündigte Öffnungen umschmeißen werden.

Dafür spricht nicht nur der Wortlaut des Beschlusses, in dem beispielsweise die Kopplung der Schulöffnungen an ein niedriges Infektionsgeschehen (ein Wunsch aus dem Kanzleramt) wieder gestrichen wurde. Auch hatte der niedersächsische Kultusminister vor der Bund-Länder-Schalte angekündigt, die Grundschulen in seinem Bundesland offen zu lassen. Den Beweis für Merkels überflüssige Mühen erbrachte dann Winfried Kretschmann.

Noch während die Kanzlerin spät nachts die hart errungenen Beschlüsse vorstellte, verkündete der grüne Ministerpräsident in Stuttgart eben mal, Kitas und Grundschulen in Baden-Württemberg ab dem 1. Februar wieder öffnen zu wollen. So als würde es die soeben beschlossene Lockdown-Verlängerung gar nicht geben. Viel deutlicher kann man kaum zum Ausdruck bringen, was man von der Einmischung des Bundes in die Schulhoheit der Länder hält – Pandemie hin oder her.

Wobei Kretschmann sich natürlich beeilte klarzustellen, dass Kinder nur dann wieder in Kitas und Schulen könnten, wenn die Infektionslage das zulasse. Auch wenn das momentan sehr unwahrscheinlich ist – wichtig ist ein anderes Signal. Und zwar, dass darüber – genau! – nur die Länder entscheiden. Egal, was die Kanzlerin für richtig hält.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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9 Kommentare

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  • Es gibt übrigens auch Kinder, die schwer erkranken. Nicht sehr viele, aber ich möchte nicht in der Haut der Eltern stecken, denen das passiert. Und nicht in der der Politker, die das mit verantworten:

    www.ocregister.com...e-clinical-trials/

  • Die Infektionslage ist in unterschiedlichen Bundesländern unterschiedlich, von daher ist es auch richtig, dass das nicht pauschal bundesweit gleich behandelt wird. Die Situation von Kindern, Jugendlichen und Eltern im Moment ist eine Katastrophe, wenn es trotz der Pandemie irgendwie und irgendwo möglich ist, muss auch in ihrem Sinne gehandelt werden.

    • @Ruediger:

      Den Zyklus hatten wir jetzt schon ein paar Mal.

      Wenn wirkungsvolleres restriktives Handeln gefragt ist, weil die Zahlen vielerorts hoch gehen, heißt es, man müsse sich erst auf eine gemeinsame Strategie einigen, sonst würde das den Leuten zu kompliziert und Uneinheitlichkeit wäre Mist und wäre nicht machbar. Nun ja. Kann sein.

      Das Gleiche, wenn es um die Frage von Einreisequarantäne aus EU Ländern geht. Geht es darum was zu beschränken, dann geht Einheitlichkeit angeblich über alles.

      Wenn sich aber in einzelnen Regionen / Bundesländern sie Situation zeitweise verbessert, heißt es man könne doch nicht alles über einen Kamm scheren.

      Also entweder das erste Argument, oder das zweite kann nicht stimmen, denn sie widersprechen sich wie es direkter kaum geht.

      Alles was ich da noch erkennen kann, ist das Bestreben, effektives Handeln zu vermeiden und Verantwortung herum zu schieben.

      Beispielsweise, wenn die Bundesländer mehr Verantwortung wollen, dann sollen sie auch handeln. Dann aber auch Tafeln mit den Regeln an der Landesgrenze aufstellen, auch auf der Autobahn, und nicht auf irgendwelche Ministerpräsidentenkonferenzen warten. Denn die sind dann ja gar nicht nötig, die Länder entscheiden ja kompetent alleine.

      • @jox:

        Es hängt sicher von der Art der Restriktionen ab. Wenn es darum geht, in welchem Ausmaß Kitas und Schulen geöffnet werden, halte ich das Argument, es sei zu kompliziert, für vorgezogen. Normalerweise hat man seine Kinder ja nur in einem Bundesland in Kita und Schule, in wenigrn Fällen vielleicht mal in zweien. Die Schule wechselt man ja auch nicht so häufig. Wenn sich die Maskenpflicht oder die Anzahl an Leuten, die man treffen darf, alle paar Kilometer ändert, ist das wahrscheinlich etwas anderes.

  • Den Herrschaften in den Bundesländern scheint nicht mehr bekannt zu sein, dass ihr Amtseid zum Wohle des Volkes lautet - und nicht zum Wohle ihres persönlichen Stolzes.



    Was gibt es für Sanktionsmöglichkeiten bei Bruch des Amtseids?

    • @Mainzerin:

      "Was gibt es für Sanktionsmöglichkeiten bei Bruch des Amtseids?"



      Abgesehen davon, dass für Politiker*innen Immunität und freies Mandat besteht, ist "das Wohl des Volkes" eine viel zu allgemeine und abstrakte Kategorie. Wenn sie die "Danni"-Aktivist*innen frage wären diese mit Sicherheit für die sofortige Einknastung von al-Wazir und wenn sie die Manager*innen von RWE, eon und Vattenfall fragen hat Merkel mit Atom- und Kohleausstieg unsagbaren Schaden am "Volk" angerichtet. Anklagen von Politiker*innen brauchen wie auch bei Bürger*innen einen konkreten Tatvorwurf und es gibt ja national wie international Verfahren etwa wegen Korruption, Bestechlichkeit oder auch Kriegsverbrechen. Politischen Entscheidungen die der eigenen Präferenz zuwiderlaufen müssen aber auch auf politischem Wege korrigiert werden, der Ruf nach Sanktionsmöglichkeiten und Jusitiz - etwa der gegen Clinton gerichtete Ruf "Lock her up!" der Trump-Fans, ist aus demokratischer Sicht hoch problematisch. Es verunmöglicht politisches Handeln weil Regierende immer fürchten müssten ein*e Richter*in könnte das "Wohl des Volkes" anders beurteilen als sie selbst. Das beste Sanktionsinstrument bleibt daher die Wahlurne.

  • und da soll man nun nicht langsam den Eindruck bekommen, der Föderalismus sei Teil des Problems.



    Das der Föderalismus nicht Schuld ist, weiß ich auch, aber die MP`s geben sich alle Mühe diesen Eindruck zu erreichen.



    Kann Herr Kretschmann, dann nicht gleich von vornherein, nicht bei der Konferenz schwänzen? Dann lässt sich das wenigstens logisch erklären, aber hingehen und hinterher sich nicht dran halten.. wer nimmt das noch ernst?

  • Eine perfide und zugleich völlig überflüssige Idee, mit dem Ausscheren aus den Beschlüssen deutlich machen zu wollen, dass Schulpolitik Ländersache ist.

    Vielleicht ist es ja so, dass besonders WählerInnen der Grünen unter den Bedingungen der Pandemie besonders leiden. Die Feststellung, dass letztendlich Eltern die Verantwortung für ihre Kinder haben, mag bitter sein. Kein Wunder, dass gerade Eltern aus den sogen. gut bürgerlichen Kreisen plötzlich das Kindswohl der Benachteiligten entdeckt haben, für das sie sich vor der Pandemie nie interessiert hatten.

  • Kretschmann spinnt doch wohl.