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Familien und TrauerKinder bei der Beerdigung

Wenn Familienmitglieder oder Freunde sterben, stehen viele vor einer wichtigen Frage: Soll und darf man Kinder mitnehmen zu einer Beisetzung?

Kinder verstehen oft mehr, als wir ihnen zutrauen (wollen) Foto: Ute Grabowsky/photothek.net/imago

A ls ich zehn Jahre alt war, starb mein Opa. Von seiner Beerdigung ist mir nichts in Erinnerung geblieben – außer der Tatsache, dass wir vorher noch schnell eine schwarze Strumpfhose kaufen mussten. Ich fand das aufregend, weil ich noch nie eine schwarze Strumpfhose besessen hatte. Meine Mutter erklärte mir, dass wir besondere Kleider trugen, weil wir besonders traurig waren. Das fand ich einleuchtend.

Was mir hingegen noch nie eingeleuchtet hat, ist die Frage, ob wir Kinder überhaupt auf eine Beerdigung mitnehmen sollten. Doch sie taucht immer wieder auf. Meistens frage ich die Leute dann, was dafür spräche, ihre Kleinen zu Hause zu lassen. Die Antworten sind mehr oder weniger diffus, laufen aber meist auf dasselbe hinaus: Wir wollen unsere Kinder schützen. Das ist erst mal ein guter Grund, schließlich ist das der Job von Eltern.

Doch die Sache hat einen Haken: Wir können Kinder nicht vor etwas schützen, das bereits passiert ist. Vermeidung ist die schlechteste aller Strategien. Wenn eine nahestehende Person stirbt, ist es unser Job, ihnen zu helfen, einen Umgang damit zu finden.

„Kinder wollen Teil einer Familie sein – auch Teil einer trauernden Familie“, sagt Moni Knese vom Hospizdienst Horizont. Die gelernte Sozialarbeiterin hat die Erfahrung gemacht, dass Kinder sofort merken, wenn etwas hinter verschlossenen Türen passiert. „Damit schließen wir sie von einer wichtigen Erfahrung aus und nehmen ihnen die Chance, ihre Fragen zu stellen. Kinder brauchen so viele Informationen wie möglich – sonst kommen Fantasien ins Spiel, die oftmals schlimmer sind als die Realität.“

Ein Weg, damit umzugehen

Sie rät, Kinder jeden Alters zu Beerdigungen mitzunehmen, solange sie eine Begleitung haben, die nicht selbst zu stark von Trauer betroffen ist. Also im Zweifelsfall eine Freund*in der Familie, die Fragen beantworten und auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen kann – selbst wenn das heißt, während der Trauerfeier draußen auf dem Friedhof zu stehen und zuzuschauen, wie der Bagger das Grab aushebt. Kinder finden ihre Wege, mit belastenden Situa­tio­nen umzugehen. Wir müssen sie nur lassen.

Außerdem: Würden wir einem Erwachsenen raten, nicht auf die Beerdigung eines Familienmitglieds oder einer Freund*in zu gehen? Beerdigungen sind Rituale, die uns Halt geben. Oft sind sie ein heilsamer Abschluss. Das spüren Erwachsene wie Kinder – selbst wenn sie es noch nicht in Worte fassen können.

Wenn wir unseren Kindern einen Gefallen tun möchten, fangen wir nicht erst dann an, über Tod und Sterben zu sprechen, wenn die Beerdigung des Opas ansteht. Anlässe dazu gibt es viele – von den Balkonblumen, die dem ersten Frost zum Opfer fallen, bis zum toten Vogel auf der Straße. Und wenn es dann doch irgendwann so weit ist, können wir etwas ganz Verrücktes tun und unsere Kinder fragen, welche Farbe ihre Strumpfhose haben soll. Ich würde meine Hand dafür ins Feuer legen: Die Antwort ist alles, aber nicht: schwarz.

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Caroline Kraft
Caroline Kraft schreibt als freie Autorin u.a. für Zeit Online und das Missy Magazine. Ihre Kolumne "Schluss jetzt" erscheint alle drei Wochen in der taz. Sie ist ehrenamtliche Sterbebegleiterin und chronische Bestatterpraktikantin. Zusammen mit Susann Brückner betreibt sie den Podcast "endlich. Wir reden über den Tod". Ihr gemeinsames Buch “endlich. Über Trauer reden" ist 2022 im Goldmann Verlag erschienen.
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5 Kommentare

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  • Ich kann nur zustimmen. Kinder müssen doch lernen mit jeder Situation des Lebens umzugehen. Man schützt sie doch nicht, indem man sie unvorbereitet in schwierige Situationen schickt.

    Wenn die erste Beerdigung auf die man geht, die eines Elternteils ist, hat man nicht einmal gesehen, wie andere mit einer solchen Situation umgehen. Eine Nachbarin hat das selbst so erlebt, daher nahm sie ihre eigenen Kinder mit auf die Beerdigung einer anderen Nachbarin. So konnten die Kinder das Ritual des Abschiednehmens lernen - und auch die Nachbarin war nicht "einfach weg".

    Sie haben dort gelernt, dass man weinen kann aber nicht muss. Jeder empfindet anders und lebt es auch anders aus - und alles ist in Ordnung.

    Ich halte es für richtig, dass Kinder lernen, mit dem Leben umzugehen.

    • @Frl. Rottenmeier:

      Zustimm....

      Meine Eltern haben mich vom Tod meiner Urgroßmutter ferngehalten. Ich erinnere ich nach fünfzig Jahren noch an das Warten allein im Auto und das Gedruckse meiner Eltern, aber nicht an meine Urgroßmutter.

  • Als mein Vater im Sterben lag, nahm ich meine zwei Kinder (damals 2 und 6 Jahre) mit an sein Bett. Er roch schon etwas komisch, blutete leicht aus dem Mund - mehr als seine Hand für ein paar Minuten halten war nicht. Am Abend starb er.



    Natürlich haben wir vorher und hinterher über sein Leben, seine Krankheit und seinen Tod geredet.



    Von Seiten der Kinder gab es weder schlaflose Nächte, noch irgendeine Ängstlichkeit in den Tagen danah und noch heute haben sie ihren Großvater in guter, liebevoller Erinnerung.

  • “Hä?“ - dachte ich bei der Überschrift & dann noch “sollen“!

    Ja geht’s noch?



    Individuell selbst en familie et kids entscheiden & ab dafür •



    & - ok ok - will mal nicht so sein -



    “Matti und sein Großvater“



    Roberto Piumini mit wunderbarklugen Bildern von Quint Buchholz



    images.app.goo.gl/HRdDyg9t7VfLqkKP9



    Ein wundebar selten kluges Teil.

    • @Lowandorder:

      Ps aber die Hanser hardcover Ausgabe



      Gibt’s für kleines Geld - 🤫 -