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Aufarbeitung des Falls Oury JallohDen Korpsgeist vernachlässigt

Dem Landtag von Sachsen-Anhalt haben Berater einen Bericht vorgelegt. Der listet Lügen und Rechtsbrüche auf, doch die entscheidende Frage beantwortet er nicht.

Oury Jalloh hätte gar nicht in Gewahrsam genommen werden müssen – seine Adresse hätte die Polizei leicht feststellen können (Archivbild von einer Demo anlässlich des 10. Todestags von Oury Jalloh am 7.1.2015) Foto: dpa

BERLIN taz | Es gäbe vieles, sehr vieles, was sich einem Dokument voranstellen ließe, in dem es um den qualvollen Tod eines Menschen in den Händen der Polizei geht. Die beiden Juristen Jerzy Montag und Manfred Nötzel, die im Auftrag des Landtags von Sachsen-Anhalt die Ermittlungen zum Tod des Sierra Leoners Oury Jalloh untersuchten, entschieden sich, in ihrer „Vorbemerkung“ folgendes zu schreiben:

„Er war kein besonders gesetzestreuer Mensch und hatte bereits mehrfach gegen Strafgesetze verstoßen. Er konsumierte und handelte mit illegalen Drogen und war bereits mehrfach im polizeilichen Gewahrsam und in Untersuchungshaft eingesessen. Immer wieder, auch an seinem Todestag, war Ouri Jallow erheblich alkoholisiert.“

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Es erscheint den beiden Juristen also am allerwichtigsten, daran zu erinnern, dass Jalloh, der am 7. Januar 2005 an Händen und Füßen gefesselt in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers verbrannte, ein Gesetzesbrecher war.

Acht Monate hatten Montag, lange Bundestagsabgeordneter der Grünen und Nötzel, einst Generalstaatsanwalt von München, sich mit dem Fall befasst. Ihren 303 Seiten dicken Bericht stellten sie am Freitag dem Rechtsausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt vor.

Die wichtigsten Feststellungen lauten: 1. Die Polizei hat im Umgang mit Jalloh vielfach Rechtsbrüche begangen. 2. Die Justiz hat keine Fehler gemacht. 3. Ein Staatsanwalt und die Justizministerin haben das Parlament in dem Fall belogen.

Die Justiz war in dem Fall lange von einem Suizid ausgegangen. 2017 nahm die Staatsanwaltschaft Dessau jedoch Mordermittlungen auf, nachdem eine Sachverständige Hinweise darauf gefunden hatte, dass Jalloh in dem Polizeirevier angezündet worden sein muss.

Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt hatte daraufhin einen förmlichen, öffentlich tagenden Untersuchungsausschuss in dem Fall beantragt – und zwar während das Mordermittlungsverfahren noch lief. Doch das hatte die regierende Kenia-Koalition abgelehnt und stattdessen Montag und Nötzel als „Berater“ eingesetzt. Sie sollten den Rechtsausschuss des Landtags im Jalloh-Fall „unterstützen“.

Zur entscheidenden Frage, ob Jalloh sich selbst angezündet hat oder verbrannt wurde, bietet der Bericht von Montag und Nötzel, welcher der taz vorliegt, nichts Neues. Die Vielzahl von Indizien, die auf Mord hindeuten, widerlegen die beiden Autoren selbst nicht, meist bewerten sie sie nicht einmal. Vieles sei zu lange her, heute nicht mehr zu klären, nicht eindeutig bewiesen, könne von den Ermittlungsbehörden so oder so ausgelegt werden.

Ingewahrsamnahme wäre gar nicht nötig gewesen

Was den Umgang mit Jalloh vor den Brand angeht, sind die beiden Juristen entschiedener. „Das gesamte Handeln der Polizei am 7. Januar 2005 sei fehlerbehaftet und rechtswidrig gewesen“, sagte Montag am Freitag in Magdeburg. „Wären diese Fehler unterblieben, dann wäre Oury Jalloh mit allergrößter Wahrscheinlichkeit noch am Leben.“

Die beiden listen die Rechtsverstöße detailliert auf: Einer der Dessauer Polizisten hätte schon am Tag des Todes „völlig unglaubhafte“ Angaben zu angeblichen Problemen bei der Personalienfeststellung Jallohs gemacht, heißt es in ihrem Bericht. „Objektiv gab es (…) keine Unklarheiten über die Identität von Ouri Jallow.“ Die Beamten hätten „Zwangsmaßnahmen“ – sprich: körperliche Gewalt – gegen Jalloh eingesetzt, ohne ihm dies vorher anzudrohen. Sie haben ihm Blut abnehmen lassen, ohne dass ein Richter dies entschieden hätte – ebenfalls rechtswidrig. Sie haben ihn ohne richterliche Entscheidung in Gewahrsam genommen – rechtswidrig. Sie haben ihn auf dem Rücken auf einer Liege fixiert – „ein rechtswidriger und ein unzulässiger Grundrechtseingriff“. Und sie haben Jalloh nicht „fortdauernd beobachtet“ – rechtswidrig.

Insgesamt sei die Ingewahrsamnahme – während der Jalloh verbrannte – gar nicht nötig gewesen, weil die Beamten seine Adresse ganz leicht hätten feststellen können, so die beiden Juristen.

Wolle man nicht davon ausgehen, dass die Unklarheiten bei den Personalien nur vorgeschoben seien, um Jalloh „widerrechtlich in Gewahrsam zu halten, sind jedenfalls erhebliche Fehler in der Dienstausübung (…) als ursächlich für die Freiheitsentziehung erkennbar,“ schreiben sie.

Großes Rätsel Feuerzeug

Weit weniger Klarheit bietet ihr Bericht was die juristische Aufarbeitung des Todes angeht.

Eines der großen Rätsel dabei ist das Feuerzeug, dass Jalloh laut der Justiz benutzt haben soll, um sich selber anzuzünden. Es wurde erst mehrere Tage nach dem Brand in der Zelle gefunden. An seinen verschmorten Resten wurden „ausschließlich tatortfremde Fasern“ festgestellt, dazu DNA-Spuren, „die mit Sicherheit nicht von Oury Jalloh sind, sondern von einem Europäer“ stammen – darauf hatte die Nebenklage, die Familie des Toten, immer wieder hingewiesen – und daraus geschlossen, es sei ein fingiertes Beweisstück.

Dazu hatte die Staatsanwaltschaft später gesagt, es sei richtig, dass die Sachverständige „keine Übereinstimmungen“ zwischen den am Feuerzeug vorhandenen Fasern und den Textilresten aus der Gewahrsamszelle gefunden habe. Ein Beweis dafür, dass das Feuerzeug nachträglich als Beweisstück in die Zelle geschmuggelt wurde, sah sie darin aber nicht. Fasern und DNA-Spuren könnten etwa auch von Gutachtern oder Polizisten stammen, die die Feuerzeugreste später in Händen hielten. Nötzel und Montag halten diese Bewertung durch die Staatsanwälte für „zumindest vertretbar“, schreiben sie nun.

Entzug der Ermittlungen – kein Problem

Am 4. April 2017, nach 12 Jahren, gibt der Leitende Dessauer Oberstaatsanwalt Folker Bittmann die Selbstentzündungshypothese auf. Er schreibt in einem Vermerk, er gehe nun davon aus, dass Jalloh bereits vor Ausbruch des Feuers „mindestens handlungsunfähig oder sogar schon tot“ war. Vermutlich sei er mit Brandbeschleuniger besprüht und angezündet worden. Dies legten mehrere Gutachter nahe, die Bittmann konsultiert hatte. Das Motiv könnte nach Auffassung Bittmanns gewesen sein, dass dem Asylbewerber zuvor zugefügte Verletzungen vertuscht werden sollten. Bittmann benennt zwei konkrete Verdächtige aus den Reihen der Dessauer Polizei.

Kurz darauf wird ihm der Fall entzogen und an die Staatsanwaltschaft Halle abgegeben. Dies sei „in der medialen Berichterstattung sehr kritisch thematisiert worden“, so Montag und Nötzel und werde „bis heute als Eingriff dargestellt, der eine verfolgungseifrige Staatsanwaltschaft (Dessau-Roßlau) und deren Leiter ausgebootet habe und an eine andere Staatsanwaltschaft (Halle) übertragen worden sei, die das Ermittlungsverfahren ohne weiteres umstandslos eingestellt habe. Dahinter könne nur die Absicht stehen, das Verfahren unter allen Umständen zu beenden und so sei es ja dann auch gekommen.“

Doch diese Lesart sei „sachlich und rechtlich unzutreffend und damit falsch“, so die beiden Berater. Zum einen habe Bittmann selber in Halle um Unterstützung gebeten. Zum anderen sei es richtig, die Ermittlungen nicht in Dessau laufen zu lassen, wo die Staatsanwaltschaft gegen die Polizei der eigenen Stadt hätte ermitteln müssen. „Mindestens vertretbar und darüber hinaus als durchaus sachgerecht zu bewerten“, urteilen Nötzel und Montag.

In Halle aber wurde die Akte schon bald zugeklappt. Die dortige Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen nach wenigen Monaten ein. Bittmann habe die Ergebnisse der Gutachter eben anders interpretiert als sie, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Halle damals der taz.

Auch daran haben Nötzel und Montag nichts auszusetzen. Der zuständige Hallenser Staatsanwalt Weber habe bei seiner Bewertung „sehr stark das Magdeburger Urteil“ herangezogen. Dabei handelt es sich um das zweite Verfahren gegen zwei Polizisten des Reviers. In dem 2013 beendeten Prozess hatten Sachverständige ausgesagt, dass Jalloh den Brand selbst entzündet habe. Das sei „außerordentlich bedeutend und darf keinesfalls übersehen werden“, schreiben Nötzel und Montag. Weber habe „nachvollziehbar und völlig richtig die Lage bewertet.“

Pressekonferenz mit den Beratern Jerzy Montag (Zw. v. l.) und Manfred Nötzel (Zw. v. r.) am Freitag in Magdeburg: Foto: dpa

Die Frage nach dem Motiv des Brandes

Vor allem während des ersten Gerichtsverfahrens in Dessau ab 2007 hatten Polizisten offensichtlich gelogen, darauf hatte vor allem der damalige Richter Manfred Steinhoff hingewiesen. Die Polizisten später, im Lichte der neuen Gutachten, erneut zu der Sache vernehmen, halten Montag und Nötzel für sinnlos: „Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, die den Schluss zulassen, dass neuerliche Vernehmungen zu neuen Erkenntnissen führen würden.“

Zu den vielfach kritisierten Mängeln bei der Spurensicherung schreiben die beiden, es lasse sich „heute nicht mehr aufklären, ob mangelhafte Tatortarbeit die Aufklärung des Falls tatsächlich verhindert hat.“ Ebenso sei unklar, ob „bessere Ermittlungsmethoden zu weitergehenden Erkenntnissen geführt hätten.“

Lange stand die Frage im Raum, warum Polizisten überhaupt einen Brand in der Zelle hätten legen sollen. 2018 legte die Initiative Gedenken an Oury Jalloh ein medizinisches Gutachten vor, dass belegte, dass Jalloh kurz vor seinem Tod schwer am Schädel verletzt wurde. „Diese Verletzungen könnten theoretisch ein Motiv gewesen sein, ihn nachträglich zu ermorden“, schreiben dazu Montag und Nötzel.

Selbst wenn man mit dem Gutachten davon ausgehe, dass Jallow sich diese Verletzungen nicht selbst beigebracht haben kann, also in Polizeigewahrsam so heftig geschlagen wurde, dass ihm solche Verletzungen beigebracht worden sind, „wäre diese gefährliche Körperverletzung etc. verjährt.“ Es gebe „heute keine Möglichkeiten, diese Verletzungen einzelnen Polizeibeamten zuzuordnen und damit auch nicht, einzelnen Beamten gegenüber den Vorwurf eines Verdeckungsmordes zu erheben.“

Das heiße allerdings nicht, dass ein neues Verfahren ausgeschlossen sei. Mord verjähre nicht, insofern sei es auch zukünftig möglich, Ermittlungen gegen konkret zu benennende Beschuldigte aufzunehmen. „Praktisch ist dies nach Überzeugung von Montag und Nötzel aber nur noch im Falle eines glaubwürdigen Geständnisses oder einer neuen glaubwürdigen Aussage eines Zeugen eines möglichen Mordes an Ouri Jallow möglich.“

Täterversionen übernommen

Insgesamt bleibt der Bericht von Montag und Nötzel uneindeutig, ihr Befund höchst unbefriedigend. Dass alle Strafverfahren eingestellt wurden, sei „nicht notwendigerweise auf Ermittlungsfehler oder einen Unwillen zur Verfolgung eines Verbrechens zurückzuführen“. Nach Auswertung der Akten sehen die „keine offenen Ermittlungsansätze. Soweit Ermittlungen nicht oder nicht sorgfältig genug durchgeführt wurden, lassen sich die Versäumnisse heute nicht mehr nachholen.“

„Dass man bei der juristischen Prüfung der Akte zum Schluss kommt, eine Einstellung ist okay, ist nicht so überraschend,“ sagt die Linken-Abgeordnete Henriette Quade. Schließlich seien die Akten von denen angelegt worden, die das Verfahren beendet hätten.

Montag und Nötzel „übernehmen die Täterversionen und vernachlässigen den Korpsgeist“ in der Polizei, schreibt die Initiative Gedenken an Oury Jalloh. „Entgegen der vorliegenden Beweislage wollen auch sie keine weiteren Ermittlungsansätze erkennen können.“ Klar erkennbare Widersprüche blieben unberücksichtigt – etwa das Gutachten zu den Schädelverletzungen. Jalloh habe kein Feuerzeug gehabt und könne das Feuer nicht selbst gelegt haben, die Rekonstruktion des Brandbildes sei erwiesenermaßen nicht ohne die Verwendung von Brandbeschleunigern zu erreichen.

Klarer sind Montag und Nötzel, was Lügen im Parlament angeht. Das von ihnen beklagte Fehlverhalten bezieht sich vor allem auf den Herbst 2017 – kurz nachdem öffentlich bekannt geworden war, dass Bittmann von Mord ausging und zwei konkrete Polizisten verdächtigte. Im Rechtsausschuss hatte der damalige Naumburger Generalstaatsanwalt Konrad jedoch auf Nachfrage gesagt, es habe keine Beschuldigten gegeben. Das sei „unzutreffend und somit objektiv falsch“ gewesen, so Nötzel und Montag. Auch Konrads Behauptung, es gebe gegen die beiden Polizisten „keinen näheren Tatverdacht als gegen jeden anderen auch“, nennen sie „unzutreffend und somit objektiv falsch“, ebenso wie mindestens zwei weitere Aussagen Konrads im Parlament.

Auch die Justizministerin Ministerin Keding habe im September 2017 den Landtag „bewusst unvollständig und damit nicht wahrheitsgemäß informiert“, so Montag und Nötzel. „Hierdurch wurde den Abgeordneten ein falsches Bild über den Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zum Zeitpunkt der Information des Landtags vermittelt.“

„Der Generalstaatsanwalt hat im Ausschuss mehrfach gelogen, die Ministerin hat wissentlich Unwahrheit gesagt, mehrfach. Die Justizministerin Keding muss zurücktreten,“ sagt die Linken-Abgeordnete Henriette Quade.

Keineswegs ein Schlussstrich

Ist der Bericht der beiden nun der Schlussstrich unter der Aufarbeitung des Falls? Keineswegs.

Denn nun soll es doch einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben. Den hatte die Linke im Landtag schon 2018 beantragt. Nötig war dafür das Votum eines Viertels der 87 Abgeordneten – also 22. Die Linken haben derzeit 16 Abgeordnete, wenigstens die 5 Grünen und einer der elf SPDler hätten zustimmen müssen. Doch beide sind Teil der Regierungskoalition – und hatten sich dagegen entschieden, wohl aus Rücksicht auf den Koalitionspartner CDU, der strikt gegen einen solchen Ausschuss war.

Ein Ausschuss hätte der Reihe nach alle Zeugen vorladen und somit die Widersprüche der zurückliegenden Gerichtsverfahren für die Öffentlichkeit noch einmal nachvollziehbar machen können. Die Naumburger Staatsanwaltschaft hätte während der laufenden Arbeit eines solchen Ausschusses das Verfahren kaum einstellen können.

Die Kenia-Koalition aber setzte Montag und Nötzel als Berater ein. Die bekamen ausdrücklich auch das Recht, mit allen Beteiligten vertrauliche Gespräche zu führen. Sie wollten mit sieben JustizbeamtInnen sprechen, darunter wohl mindestens drei StaatsanwältInnen. Im Juli 2020 aber lehnte das Justizministerium in Magdeburg die unbeaufsichtigte, vertrauliche Befragung der StaatsanwältInnen durch Montag und Nötzel als „verfassungswidrig“ ab. Zulässig sei sie nur innerhalb von Sitzungen des Rechtsausschusses.

Der SPD-Fraktionssprecher Martin Krems-Möbbeck nannte dies damals „äußerst irritierend“. Das Fragerecht für Montag und Nötzel sei der „klare politische Wille“ des Landtags. Die Arbeit der beiden mache „gar keinen Sinn“ wenn sie nicht die Möglichkeit haben, diese Gespräche zu führen.

„Wir waren geschockt, als wir gehört haben, dass sich die Justizbediensteten nicht äußern werden“, sagt Krems-Möbbeck jetzt. Das sei ein „erhebliches Manko“ und daran sei zu sehen, dass die Arbeit der Berater „nicht ausreicht“. Schon vor der Sommerpause hatte die SPD deshalb beschlossen, in der nächsten Legislaturperiode auf jeden Fall einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen, egal welche Koalition sich dann gebildet hat.

Für diese Legislaturperiode ist es dafür zu spät. In Sachsen-Anhalt wird im Juni 2021 gewählt, das Parlament tritt aber schon ab März kaum mehr zusammen. Der Ausschuss dürfte also in etwa einem Jahr seine Arbeit aufnehmen. Die Linken-Abgeordnete Henriette Quade setzt darauf, dass auch die Grünen einem solchen Ausschuss zustimmen. Der dürfe sich nicht auf die Weigerung der Justizbeamten beschränken. „Da müsste alles rein,“ sagt sie.

Möglicherweise wird die Arbeit des Ausschusses doch noch ein Gerichtsverfahren flankieren. Denn Mamadou Saliou Diallo, der Bruder des Toten, hat einen Antrag auf Klageerzwingung eingereicht. Dieser wurde zwar im Oktober 2019 vom OLG Naumburg als unzulässig und unbegründet zurückgewiesen. Diallo hat dagegen aber Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

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16 Kommentare

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  • Nach dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 13. November 2019 im Verfahren Vf. 76-VI-19 durfte Peter Küspert Richter in eigener Sache sein.

  • Die beiden Entscheidungen VerfGH Bayern, 02.12.2020 - 76-VI-19 und VerfGH Bayern, 02.12.2020 - 102-VI-19 wurden von der früheren Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit unterzeichnet. Der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Peter Küspert spricht sich darin selbst von allen gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen frei.

  • Die Entscheidung des BVerfG, Beschluss vom 26.11.2020, Az. 2 BvR 1510/20 folgt derselben Logik, der die Rechtsprechung in solchen Fällen immer folgt: Zwar wird der Anspruch auf Strafverfolgung Dritter dem Grunde nach anerkannt, die Rechtsprechung weigert sich jedoch, aus dem Anspruch auf Strafverfolgung Dritter praktische Konsequenzen zu ziehen. So bleibt der Anspruch auf Strafverfolgung Dritter ein bloßes Lippenbekenntnis, das Opfer einer Sexualstraftat, wie hier Nina Fuchs, erhält Steine statt Brot.

  • Ich empfehle Ihnen zur Lektüre

    Hans Kudlich, Handbuch des Strafrechts: Band 7 Rnrn. 62-64, "Zeitenwende"[141]

    Es geht dort um die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts

    vom 26. Juni 2014, 2 BvR 2699/10 im Fall Tennessee Eisenberg;[3]

    vom 6. Oktober 2014, 2 BvR 1568/12 im Fall Gorch Fock;[4]

    vom 23. März 2015, 2 BvR 1304/12 im Fall Münchner Lokalderby[5] und

    vom 19. Mai 2015, 2 BvR 987/11 im Fall Luftangriff bei Kundus.[6]

    Es existiert ein Referentenentwurf, der die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Anspruch auf Strafverfolgung Dritter vollkommen außer Acht lässt.

  • Die Begründung, warum es richtig ist, im Zuge einer Gesetzesreform zugunsten des Opferschutzes auch das Klageerzwingungsverfahren mit abzuhandeln, können Sie nachlesen in der Dissertation von Jutta Bader, Legitime Verletzteninteressen im Strafverfahren: Eine kritische Untersuchung der Rechtslage und Vorschläge de lege ferenda, 1. Aufl. 2019, ISBN 978-3-658-28039-0, 3. Kapitel, S. 201 ff.

  • Das Ende vom Lied ist, dass Jerzy Montag, der Thilo Sarrazin der Grünen, der Justiz den ultimativen Persilschein ausgestellt hat. Jerzy Montag sollte jetzt aber auch so viel Anstand aufbringen, zur Alternative für Deutschland zu wechseln.

  • Jerzy Montag, der Thilo Sarrazin der Grünen

    Georg Restle, sozusagen der "Kopf" von Monitor, ist gelernter Jurist. Das heißt, dass Herr Restle das, was ich zum KlEV im Allgemeinen und konkret in Bezug auf den Fall Oury Jalloh schreibe, zutreffend einordnen und korrekt wiedergeben kann.

    Ich denke also, dass die Chancen gar nicht mal so schlecht stehen, dass Herr Restle im Rahmen seiner Sendung auch mal wieder über den Fall Oury Jalloh und das, was ich dazu auf beck-blog zu sagen habe, berichten wird.

    Denn in meinem Verteiler ist auch, neben anderen, „Monitor“ mit drin. Die beschäftigen sich schon seit ein paar Jahren mit dem Fall Oury Jalloh, kann ja sein, dass die sich irgendwie dafür interessieren, was ich auf beck-blog dazu zu sagen habe, ich meine, das kann ja wirklich sein.

    Ich werde das blöde Gefühl nicht los, dass die beiden Kolleginnen, die die Angehörigen von Oury Jalloh im KlEV vertreten haben, zwar zum Sachverhalt brav vorgetragen haben, aber alles, was mit Prozessrecht zu tun hatte, schlicht vollständig ignoriert haben. Das rächt sich in jedem Prozess. Immer.

    Während ich mir den Wolf argumentiere (vgl. z.B. Bernd von Heintschel-Heinegg, BGH kippt Freispruch im Fall Ouri Jallow in Dessau nach dessen Tod im Polizeigewahrsam, veröffentlicht am 8. Januar 2010), ist von den beiden Kolleginnen, die die Angehörigen von Oury Jalloh im KlEV vertreten haben, nur linksalternatives Polit-Tralala zu hören. Das mag zwar menschlich ganz nett sein, trägt aber zum Prozesserfolg in einem KlEV nicht so sehr viel bei. Ich habe auch, ehrlich gesagt, im Zusammenhang mit einem KlEV noch nie den (Fach-)Ausdruck "Hau-ab-Beschluss", den die Frau Kollegin in einem vielzitierten Interview verwendet, gehört oder gelesen.

    Das Ende vom Lied ist, dass Jerzy Montag, der Thilo Sarrazin der Grünen

  • Strafverfolgung funktioniert nicht so, dass man so lange Gutachten schreibt bis ein Fehlverhalten herauskommt.



    Oder einfach weiter gegen die Polizei insinuiert, dass es sich um eine Mordtat handele.

  • Hoffentlich kommt es zur Mordanklage. Die Indizien sind so erdrückend - es ist einfach nur traurig, und macht mich sprachlos, wie darüber hinweggesehen und das Opfer zum Täter gemacht wird.

  • Wann wird dieses Buch mal geschlossen? Der Fall ist nicht mehr in Gänze aufzuklären. Die Polizisten haben Fehler gemacht, offensichtlich sogar schwere Fehler. Zumindest dadurch tragen sie eine Schuld. Gut, dass der Richter auch zur Person des Opfers klare Worte gefunden hat, denn auch diese Seite gehört dazu. Alles was jetzt noch kommen kann, riecht stark nach politischem Missbrauch.

    • 6G
      65940 (Profil gelöscht)
      @TazTiz:

      Ist das der klägliche Versuch, diesen schlimmsten aller vorstellbaren Vorwürfe, Folter und Mord durch die Staatsgewalt, zu relativieren? Das mutmaßliche Verbrechen ist unerträglich. Wenn die CDU und die Staatsanwaltschaften in der Lage sind, die Aufklärung zu verhindern, gefährdet es uns alle und braucht viel weitreichendere Antworten.

      • @65940 (Profil gelöscht):

        Mutmaßlich Folter und Mord? Also das kann man an den Dingen, die bekannt sind überhaupt nicht mutmaßen. Das sind nur Kraftausdrücke von Stimmungsmachern. Wenn überhaupt sind Körperverletzung, unterlassene Hilfeleistung und irgendwas mit Todesfolge zu diskutieren. Mord erfordert Vorsatz und Heimtücke, Folter ... naja das wissen Sie selbst.

        Wer so leichtfertig mit Begriffen um sich schmeißt, hat echtes Leid und wahre Verbrechen noch nie gesehen ...

  • Der Artikel ist, wie man es von Herrn Jakob kennt, gut sachlich und fundiert. Die Kritik an dem Gutachten geht aber jedenfalls insoweit daneben, als es eben um eine Aufarbeitung nach strafrechtlichen Kriterien geht, ob es also weitere Ermittlungsansätze gibt, ob die Staatsanwaltschaft hätte Anklage erheben müssen (gegen wen und mit welcher Prognose einer Verurteilung)?

    Hier gilt immer die Unschuldsvermutung - auch zugunsten der Polizisten. Man muss also einen sicheren Nachweis führen können, dass es ein Mord war - um heute noch zu einer Verurteilung zu kommen.

    Ein solcher Nachweis erscheint - so das Gutachten - wohl derzeit ausgeschlossen, wenn nicht jemand "glaubhaft auspackt". Und selbst dann müsste es ein Mord sein, damit die Tat überhaupt noch verfolgt werden kann - was auch nicht sicher ist. Denn die wiederholt angesprochene These, dass er bei Körperverletzungen so schwer verletzt wurde, dass er starb (sicher unbeabsichtigt) und man die Leiche dann anzündete, um die Tat zu verdecken, wäre kein Mord.

    • @Dr. McSchreck:

      Wenn man alles Punkte (von den Anwälten als Fehler genannt) zusammen betrachtet, kommt man nur zu einem Ergebnis... Vertuschung.



      Warum versucht man sonst so viel Aufwand zu betreiben, um die Klärung zu schleppen, zu Lügen, nicht auszusagen, um einen Fall dorthin zu bringen, dass er nicht mehr geklärt werden kann... ausser, weil so etwas es nicht sein darf..



      WIE Sie sich gelesen haben. Die Staatsanwälte und Justizbeamten haben NICHT mit den Beratern vertraulich reden dürfen, so daß diese wichtige Aussagen auch nicht im Bericht aufgenommen werden konnten. Also ist auch dieser Bericht lückenhaft.



      Und noch was. Auch wenn eine Person "nicht besonders gesetzeskonform" ist, rechtfertigt es nicht sein Tod. Auch wenn es "nicht" beabsichtigt ist. Lynchjustiz, Rechtbeugung und Verdunkelung einer Straftat ist nicht zu dulden. Noch weniger wenn ein Rassismushintergrund im Spiel steht.



      Zumal wir nicht mal rechtlich gesehen die Todesstrafe in der BRD haben.

      • @yurumi:

        Selbst wenn eine "Körperverletzung mit Todesfolge" vertuscht wurde, indem man den Toten (oder für tot gehaltenen) anzündete - wäre die Tat jetzt verjährt.

        Wenn ich den Gutachtenauftrag richtig verstehe, ging es darum



        -Fehler der Behörden zu prüfen (die hat es zahlreich gegeben) und



        - die Frage zu klären, ob man als Außenstehender (und im Falle des Herrn Montag sicher komplett unverdächtigen) Versäumnisse der Staatsanwaltschaft sieht, keine Anklage zu erheben (erhoben zu haben). Dies wird verneint.

        Man sollte dabei eines bedenken: wenn jetzt ohne Substanz angeklagt würde, wäre nach dem (vorhersehbaren) Freispruch das Verfahren für immer beendet. Selbst wenn eines Tages jemand sein Gewissen erleichtern würde - ein neuer Prozess wäre ausgeschlossen.

      • @yurumi:

        Vertuschung, Lynchjustiz, Rechtsbeugung und Verdunkelung einer Straftat? Wieso eigentlich? Geht es nicht etwas kleiner? Es genügt doch, dass jemand von seinem Recht gebrauch macht, sich nicht selbst zu belasten ... und deswegen keine Aussage macht. Das werden Sie in jedem, wirklich jedem Strafverfahren finden. Wobei Ihre Vorhaltungen bisher alles nur Behauptungen und Mutmaßungen sind, die nicht bewiesen wurden. Da können Sie toben, schimpfen oder demonstrieren. das zählt im Rechtsstaat nicht.