CDU beteiligt sich an Haushaltsberatungen: Lust aufs Gestalten
Neun Jahre hat Bremens CDU-Fraktion in den Bremer Haushaltsberatungen die Mitarbeit verweigert. Diesmal präsentiert sie eigene Ideen.
Vorgestellt haben die christdemokratischen Ideen am Dienstag ihr Wirtschaftsexperte Carsten Meyer-Heder und der haushaltspolitische Sprecher Jens Eckhoff. Und, fast schon wieder ein Novum: Sie haben auch einen Antrag formuliert.
Zwar bleibt die größte Fraktion der Bürgerschaft dabei, den Gesamthaushalt komplett abzulehnen. Aber das ist normales parlamentarisches Geschäft. Ebenso üblich ist allerdings, mit Änderungsanträgen die Koalitionäre wenigstens in Erklärungsnot zu bringen, wenn sie beispielsweise sozial- oder verkehrspolitische Vorstöße ablehnen, die eigentlich ihrer Linie entsprechen würden.
Während die CDU-Fraktion in den Legislaturperioden seit 2011 darauf komplett verzichtet hatte, bringt sie nun auch eigene Vorstellungen darüber ein, wie das Land zu gestalten wäre. „Wir haben Ihre Kritik daran natürlich wahrgenommen“, so Eckhoff auf Nachfrage bezüglich dieses Kurswechsels. „Insofern sind wir da jetzt weiter.“
Jens Eckhoff (CDU-Fraktion)
Inhaltliche Akzente will man bei Bildung, beim Thema „Wachsende Stadt“ und mit Maßnahmen gegen den Klimawandel setzen. Plus, alte CDU-Domäne, bei der Inneren Sicherheit. Nicht möglich sei es einer Oppositionsfraktion, einen kompletten eigenen Haushaltsentwurf vorzulegen, stellte Eckhoff klar.
Das leuchtet besonders ein, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die Grundlage für die parlamentarische Debatte die Pläne sind, die von der Finanzbehörde mit erheblicher Manpower erarbeitet wurden. Erst Ende Mai lagen sie diesmal bezüglich des laufenden Jahres vor, was Meyer-Heder mit einem sarkastischen „Respekt!“ Richtung Haus des Reichs kommentierte, wo Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) seinen Sitz hat.
Allerdings: Wäre der CDU-Antrag, den Etat-Entwurf in toto abzulehnen, ernst gemeint, würde er zur Verlängerung der sogenannten haushaltslosen Zeit führen. Die ist problematisch, weil Tarifsteigerungen bei freien Trägern und neue Projekte erst dann finanziert werden dürfen, wenn das Budget Gesetz ist.
Trotzdem hat man sich auch über die Finanzierung der eigenen Vorstellungen wenigstens sporadisch Gedanken gemacht: Das ist nötig, denn die Union, die sonst auf Einhaltung der Schuldenbremse pocht, will vor allem Geld ausgeben. So sind die 300 Stellen für Lehrkräfte laut Meyer-Heder ausdrücklich „on top“ gedacht zum bereits im Regierungsentwurf um 360 Millionen Euro gesteigerten Bildungshaushalt.
„Wir wollen nicht nur die steigenden Schülerzahlen ausgleichen“, so der CDU-Landesvorsitzende weiter. Es gehe darum, den Schlüssel zu verbessern, „um endlich von diesem letzten Platz wegzukommen, auf dem Bremen im Bundesvergleich jetzt seit 20 Jahren steht“, so Eckhoff. Bliebe indes zu klären, woher die neuen Pädagog*innen kommen sollen. Bundesweit herrscht Lehrkräftemangel. Schwer fällt, bestehende Stellen nachzubesetzen.
Mehr Geld fürs Stahlwerk
Unproblematisch wirkt die Idee, den so genannten „Auffangtopf“ zu killen: In den sind Mittel in Höhe von 20 Millionen Euro eingestellt, die noch nicht konkreten Projekten zugeordnet sind. „Auffangtopf – das hört sich noch nicht mal gut an“, sagt Eckhoff. Ästhetisch ist das Werbevideo, das die Fraktion zu den eigenen Haushaltsvorstellungen online gestellt hat, allerdings auch keine Offenbarung, selbst wenn Carsten Meyer-Heder die animierte Zeichnung von ihm, die darin ihren Auftritt hat, hübscher findet, als sich selbst.
Gewichtiger ist ohnehin Eckhoffs Einwand, dass man sich gerade nicht in einer Zeit befinde, „in der wir Sparguthaben anlegen sollten“. Das Geld könne gut für eine bessere Ausstattung der Universität, etwa in eine Machbarkeitsstudie für einen Medizinstudiengang, aber auch für die Ausbildung von Kita-Fachkräften oder für die Förderung von Schulsport ausgegeben werden.
Mühe haben sich die Christdemokrat*innen gegeben, die Bereiche Umwelt, Stadtentwicklung und Industriepolitik gedanklich zu verzahnen. So soll das Land statt wie geplant zehn 13 Millionen Euro ins Wasserstoffprojekt der Stahlwerke stecken – es also dem Konzern Arcelor Mittal komplett spendieren, weil damit der größte CO2-Emittent des Landes abgeschaltet und trotzdem der Standort des Werks gesichert werden könnte. Auch sei dringend geboten, neue Straßenbahnprojekte anzustoßen. „Die letzten Pläne, das was jetzt gebaut wird, stammt ja noch aus meiner Zeit als Verkehrssenator“, so Eckhoff.
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