Trauer und Aktivismus: Wir wollen zur Ruhe kommen
Der Tod George Floyds hat stärker nachgewirkt als alle ähnlichen Fälle zuvor. Schwarze Menschen brauchen aber auch Zeit zum Durchatmen und Trauern.
E s ist mal wieder passiert, aber etwas ist anders. Es sind mehr Menschen auf Demos mit uns. Weiße Menschen. Wir sind konditioniert zu denken, dass das etwas bedeutet. Wenn IHR dabei seid, gibt es dem Ganzen Legitimation. Ich weiß es, meine Geschwister wissen es. Es sollte nicht so sein. Unsere Menschlichkeit sollte nicht von eurer Aufmerksamkeit abhängen. Doch fühlt es sich so an.
Ihr hört zu? Ihr bemerkt es, redet darüber, fragt an. „Hey, ich weiß, wie schwer die Woche für dich ist. Ich möchte deinen, *euren* Stimmen mehr Gehör verschaffen. Für meinen Podcast, für ein Meinungsstück, für eine Strecke.“ Manchen von uns, die im Zuge der sogenannten Ereignisse für Anti-Rassismus-Experten, Polizeigewalt-Wissende und zum allerersten Mal von EUCH für Experten gehalten werden, kommt das merkwürdig vor.
Nicht falsch verstehen. Wir sind froh, dass es so viel größere Wirkungskreise zieht als jemals zuvor. Aber was eigentlich? Auslöser war der qualvolle, tragische und gewaltsame Tod von George Floyd. Aber was war an seinem Tod anders als an denen davor? An Breanna Taylor? An Ahmad Arbaury? An Oury Jalloh? An Robble Warsame? An allen, die keine Hashtags, keine Statistiken geworden sind.
Wir erlauben uns nicht mehr nachzufragen. Wir sind froh, dass wir stattfinden, dass ihr an uns denkt. Auch wenn es schmerzt, dass ihr jetzt erst an uns denkt. Wir wollen schreien. Wo wart ihr vorher? Wir sind aber froh. Wir diskutieren. Wir wollen trauern, wollen zur Ruhe kommen. Was ist der Unterschied zwischen George Floyd und allen namenlosen schwarzen Menschen, die im Mittelmeer ertrinken? Wir ermahnen uns. Wir müssen dankbar sein.
Die Trauer zulassen
Untereinander sprechen wir leise: Hey, ich wurde angefragt, über Rassismus zu sprechen. Kannst du darüber schreiben? Sprechen? Ich kann gerade nicht. Warum? Ich kann nicht mehr. Sis. I feel you. Mein Bruder, wie geht’s dir? Den Umständen entsprechend. Ja, mir auch. Ich schicke dir Liebe. Und Kraft. Und Energie.
Es ist schön, mal laut traurig zu sein. Wenn es laut stattfindet, können wir unsere Trauer zulassen. Aber wirklich? Oder nur einen Teil? Langsam gibt’s Kritik. Manche sagen: Hey, das nützt ihr auch ein bisschen für euch aus. Seid ihr vielleicht Karrieristen? Uff. Der Vorwurf tut weh. Aber ist er berechtigt? Und wenn ja, was ist das für eine Gesellschaft, die uns selbst in tiefer Trauer und Wut über so etwas nachdenken lässt? Was bedeutet das für schwarze Menschen? Was bedeutet es für unsere kollektiven Traumata, dass wir uns keine Zeit geben zum Durchatmen? Zum Fühlen.
Nicht immer nur abgrenzen. Nicht immer nur reagieren. Nicht erklären. Nicht ständig fühlen. Nicht aushalten. Ich habe gestern auf Instagram einen Post von meiner Freundin, der Journalistin Bim Adewumni gesehen: „There are Black people in the future.“ Er hat mir auf eine Art Hoffnung gemacht. Egal, was passiert. We are here. And we are here in the future. Ich liebe uns. Es wird uns immer geben, egal, was passiert.
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