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Einschränkungen wegen CoronavirusFriseur ja, Kirche nein

Die Bundesregierung hat massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens verkündet. Manche Länder fallen dabei ein bisschen aus der Rolle.

Ausnahmezustand in Köln: Ein Teil des Doms ist abgesperrt Foto: Oliver Berg/dpa

Berlin taz | Armin Laschet wählte dramatische Worte. „Es geht um Leben und Tod, so einfach ist das und auch so schlimm“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident bei seinem Pressebriefing am Dienstag in der Düsseldorfer Staatskanzlei. Im Kampf gegen die Corona-Pandemie gelten nicht nur in dem am heftigsten betroffenen Bundesland, sondern gravierende Einschränkungen des öffentlichen Lebens auch bundesweit.

Noch am Samstagmittag hatte das Bundesgesundheitsministerium vehement dementiert, „die Bundesregierung würde bald massive weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens ankündigen“. Das Spahn-Ministerium bezeichnete das als „Fake News“. Doch die Dynamik der Ausbreitung des Coronavirus hat das Dementi schnell überholt. Am Montagabend stellte Kanzlerin Angela Merkel einen mit den Regierungschefs der Länder abgestimmten Maßnahmenkatalog vor, der noch deutlich über die bisherigen Reglementierungen und Verbote hinausgeht.

Erstmalig gibt es nun ein bundeseinheitliches Vorgehen. Danach sind jetzt bundesweit Bars, Clubs, Diskos, Kneipen, Biergärten, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Messen, Ausstellungen, Kinos, Freizeit- und Tierparks, Spezialmärkte, Spielhallen und -banken und ähnliche Einrichtungen für den Publikumsverkehr geschlossen. Das gilt auch für „Prostitutionsstätten“.

Ebenso untersagt ist der Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbädern sowie Fitnessstudios. Nach den bereits zuvor verkündeten Schul- und Kitaschließungen dürfen jetzt auch Volkshoch-, Musik- und Tanzschulen sowie sonstige öffentliche und private Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich nicht mehr besucht werden.

Gottesdienste verboten

Gleichfalls verboten sind Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen und Synagogen – ein einmaliger Einschnitt in das religiöse Leben in Deutschland, den der gläubige Katholik Laschet am Dienstag etwas zu kaschieren suchte. So sprach er davon, es gäbe in NRW „kein Verbot“, sondern vielmehr eine „Selbstregelung“ der Religionsgemeinschaften, die sich zu einem freiwilligigen Verzicht verpflichtet hätten. Auf Nachfrage räumte Laschet allerdings ein, dass es mit der vermeintlichen Freiwilligkeit nicht ganz so weit her ist: „Alle Zusammenkünfte sind untersagt, prinzipiell, und sie sollen auch in Gotteshäusern unterbleiben.“

Auch mit einer anderen Regelung tut sich NRW schwer: der Schließung der Spielplätze. Noch am Dienstagvormittag hatte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) im Deutschlandfunk kategorisch verkündet: „Wir werden in Nordrhein-Westfalen die Spielplätze nicht schließen.“

Er glaube, „dass Eltern schon dafür sorgen können, dass ein Kind mal eine Stunde auf dem Spielplatz ist, ohne dass die Sozialkontakte so sind, dass wir uns da große Sorgen machen“. Doch nur wenige Stunden später hatte die Landesregierung diesen Glauben verloren – der Druck, sich an die mit den anderen Ländern und der Bundesregierung getroffene Vereinbarung zu halten, war offenkundig zu groß.

In Berlin sollen die Spielplätze hingegen tatsächlich erst mal geöffnet bleiben. Das verkündete Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Dienstag in der Bundeshauptstadt. Sie rate Eltern aber, auch beim Spielen auf die Abstandsregeln zu achten. Die Berliner Tierparks sollen ebenfalls nicht geschlossen werden. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass der Berliner Senat lange dabei bleiben wird.

Was geöffnet bleibt

Für die kommenden Wochen werden die Bürgerinnen und Bürger stark ihr Einkaufsverhalten ändern müssen. „Ab morgen werden die Geschäfte heruntergefahren“, kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Dienstag in München an. Bundesweit untersagt wird die Öffnung von Ladengeschäften jeder Art.

Es gibt jedoch etliche Ausnahmen. Ausdrücklich nicht geschlossen werden der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Bau-, Garten- und Tierbedarfsmärkte und der Großhandel. Ebenfalls ausgenommen sind Friseursalons – warum auch immer.

Für die genannten Bereiche solle „überlegt werden, ob wir die Sonntagsverkaufsverbote bis auf Weiteres grundsätzlich aussetzen“, regte Kanzlerin Merkel am Montag an. Inzwischen haben tatsächlich mehrere Länder das Sonntagsverkaufverbot für die Läden, die offen bleiben dürfen, ausgesetzt.

Auch einen eingeschränkten Restaurantbetrieb soll es weiter geben. Laut den gemeinsamen Leitlinien von Bund und Ländern dürfen sie noch zwischen 6 und 18 Uhr geöffnet sein. Speiselokale in Bayern und NRW müssen allerdings schon um 15 Uhr schließen. Starke Beschränkungen gelten für Hotels und alle sonstigen kommerziellen Übernachtungsangebote. Sie sollen nur noch „zu notwendigen und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken genutzt werden können“. Auch Busreisen werden ausgesetzt.

Gelten sollen die Regelungen zunächst bis einschließlich 19. April. Ob es dabei bleibt, ist mehr als ungewiss. Sowohl Söder als auch Laschet machten deutlich, dass auch Ausgehsperren, wie in Frankreich, Spanien oder Italien, nicht vom Tisch sind. Er hoffe, dass es dazu nicht komme, so Laschet: „Das liegt in der Hand jedes Einzelnen, wie weit unser Land in der Lage ist, selbst herunterzufahren und jeden öffentlichen Kontakt zu vermeiden.“

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20 Kommentare

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  • Stellen wir doch mal die Frage nach der Verhältnismäßigkeit im Vergleich zur medial und politisch so gut wie inexistent gebliebenen Welle der normalen Grippe 2017/18, die mit gerade mal 21500 Toten quasi unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfand ...

    • @Jeremias Schrumpelhut:

      Vielleicht hat man ja aus dieser Grippewelle gelernt?

    • @Jeremias Schrumpelhut:

      Die Antwort auf diese (wohl rhetorische) Frage könnten Sie jederzeit in jeder seriösen Quelle im Internet nachlesen.

  • Unerfindlich, warum Prostitutionsstätten in Anführungszeichen gesetzt werden muss, Kirchen jedoch nicht.

    • @Adam Weishaupt:

      Muss nicht.

      Der Autor wollte den Begriff halt als wörtliches Zitat kennzeichnen und deutlich machen, dass er nicht hinter dem Begriff steht.

      Im Taz-Sprech würde es wohl "Sexarbeitsstätten" heißen. "Bordell" wäre vielleicht auch noch gegangen, da ist wenigstens der Tabubruch drin.

      "Prostitutionsstätte" klingt schon irgendwie nach Juristensprech.

      Die Taz zieht nun mal gern die populistische Karte: "wir hier unten" gegen "die da oben".

      Eine Moschee ist dagegen nur eine Moschee. (Gilt für Kirchen und Synagogen genauso.)

  • Ich finde langsam reicht es mit Corona. Mit den krassen Maßnahmen, die Bürgerrechte krass einschränken. Youtube stellt jetzt den Uploadfilter ein, damit deren Mitarbeiter nicht zuviel zu tun haben? Hallo, die können doch alle im Homeoffice arbeiten! Vielleicht haben vorallem die alten Politiker und die alte Führungsriege Angst vor dem Virus!

    • @emmicam:

      Sie werden sich noch wundern, was im Zuge der Coronakrise alles möglich sein wird, selbst in der taz wird schon das einschränken von Rechten gefordert.

      taz.de/Kampf-gegen-Corona/!5668482/

      Sie wissen doch, wir müssen alle zusammenstehen, jetzt ist Krise, Fake News verunsichern die Bevölkerung, das können wir jetzt nicht zulassen.

      Und was Fake News sind, entscheidet dann die Regierung.

      Wenn Julia Klöckner als Bundeslandwirtschaftsministerinso Sachen raushaut wie, "Hamsterkäufe sind nicht nur unnötig, sie schaden auch, es ist genug für alle da." Und zumindest in Frankfurt jeder im Supermarkt sehen kann, so viel anders dürfte es in anderen Ecken auch nicht sein, nein es ist nicht alles da und das ist auch nicht schlimm, davon geht die Welt nicht unter.

      Die Realität stimmt also nicht mit den Aussagen der Regierung überein, dann gibt es zwei Möglichkeiten, die Regierung hört auf Blödsinn zu erzählen und wir akzeptieren, das ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung irrational ist und/oder ein Rad ab hat oder aber wir richten ein Wahrheitsministerium ein.

      • @Sven Günther:

        Welche Rechte meinen sie denn? Das Recht sich und andere mit einem Virus anzustecken, weil Teile der Bevölkerung zu doof oder ignorant sind, sich an elementare Regeln der Hygiene zu halten? Fake News und wirre Behauptungen sind ein Problem, kommen aber weniger von der Regierung sondern von Kommentatoren die immer hinter allem die grosse Verschwörung vermuten.

        • @Toulouse31:

          Hier geht es darum, auf ein Ereignis angemessen zu reagieren, nicht mehr und nicht weniger und die ganz große Verschwörung überlasse ich mal Anderen.

          Grenzschließungen sind medizinisch nicht notwendig, konnten Sie auch hier nachlesen.

          taz.de/Skandinavie...ile2=1583712000000

          Warum tut man es dann? Weil es Aktionismus ist.

          Das ist mit ganz vielen Szenarien so, es gibt keinen perfekten Weg und wenn, das wüsste man das erst hinterher.

          Aber der Glaube, viel tun oder wie jetzt gerade viel verbieten würde automatisch viel helfen ist Bullshit.

  • @DD, grenzwertig, Ihr Statement, basierend auf Unkenntnis und Fehleinschätzung. Kekule hatte schon vor Wochen Maßnahmen gefordert, die jetzt viel zu spät kamen. Mit exponentiellem Wachtstum sind viele homo- sapiens-Hirne völlig überfordert

  • Das ist ja sehr bolschewistisch:



    Gottesdienst-Verbot.



    Trotzdem: es gibt kein Spahn-Ministerium. Das heißt Gesundheitsministerium.

  • Wann ruft Merkel den nationalen Notstand aus? Dann können die kl. Landesfürsten nicht mehr machen, was sie wollen. Merkel hat 4-6 Wochen zu spät reagiert. Warum wurde keine Neubschaffungen für Atemmasken, Desinfektionsmittel usw. in großer Menge durchgeführt? Heute im Internet ein Liter Sagrotan für ca. 14 Euro statt 3,25 Euro!!! Keiner kümmert sich um die Einreisen aus dem Hochrisikogebiet IRAN, woher immer wieder Flugzeuge landen, ohne Kontrolle, ohne Abweisung. Oder ist das ein Plan von Merkel?



    China hatte in 14 Tagen ein Krankenhaus mit 1000 Betten aus dem Boden gestampft. Russland baut ein Krankenhaus mit 2000 Arbeitern gleichzeitig für 500 Betten innerhalb weniger Wochen. Luxusbauten braucht keiner. Und selbst wenn es nur Zelte wären. Auch das geht in Deutschland nicht. Das schafft Merkel nie! Hauptsache der Regierungsbunker ist gut gefüllt.

    • @Vordenker112:

      Föderation ist nicht so Ihr Ding, oder?

      Vielleicht erinnern Sier sich, dass Frau Merkel nicht zur Zarin gewählt wurde?

      Iran Air hat übrigens schon seit dem 9. März alle Flüge nach Europa ausgesetzt, weil es in Europa "Limitierungen" gab.



      www.airliners.de/i...uropa-fluege/54111

  • Die Bundesregierung, aber auch das RKI, haben den Ernst der Lage nicht erkannt.

    Mit dieser Beschlußlage werden wir italienische Verhältnisse haben!

    Unverantwortlich! Durch diese Untätigkeit hat das #RKI eine Krise ausgelöst, die nun nach eigenen Angaben 2 Jahre mit dieser vollkommen kriminellen Krisenstrategie andauern wird!

    Hier wird unnötig der Kampf gegen diese Seuche aufgegeben, Millionen Schwerverletzte und mindestens 1,5 Mio Tote in Kauf genommen, obwohl gar nicht klar ist, ob sich die Seuche auf 60% Durchseuchung begrenzen läßt und ein wirksamer Impfstoff höchst unwahrscheinlich ist!

    Auch ist nicht einmal bewiesen, ob es überhsupt eine Immunisierung gibt, bei vielen Erkältungsviren gibts das nicht!

    • @Unvernunft:

      Kommentar entfernt.

      • @Drabiniok Dieter:

        Stimmt!

    • @Unvernunft:

      Sorry, Sie haben leider vergessen einen Nachweis Ihrer überragenden fachlichen Sachkompetenz zu erbringen.



      Dürfte aber für Sie wohl kein Problem sein, gell. Oder?

      • @LittleRedRooster:

        @LITTLEREDROOSTER

        Ich bin vom Fach, weiterhin sind alle Zahlen



        öffentlich zugänglich und mit einfachster Mathematik berechenbar. Auch der Verlauf und die Erfahrungen anderer Nationen sind öffentlich zugänglich.

        Im Grundgesetz steht auch kein Qualifikationsvorbehalt für Meinungsfreiheit.

        Eine Kommentarfunktion ist nicht für einen wissenschaftlichen Aufsatz geeignet.



        Aber jeder kann sich auch selbst an Hand der Faktenlage ein Bild machen.

        Statt andere zu diffamieren und die Qualifikation abzusprechen, weil eine Aussage nicht Ihrer Meinung und Erwartung entspricht, würde ich Ihnen empfehlen, statt dessen Ihre Meinung zu äußern, und entsprechend Ihrem Anspruch auch alles bis ins kleinste Detail zu belegen.

        Welche Qualifikation haben Sie?