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AfD-Drama in ThüringenGrüne Krisengewinner

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Die Grünen scheinen in Erfurt keine Rolle zu spielen. Doch könnten am Ende ausgerechnet sie am meisten vom „Dammbruch“ profitieren.

Schwein gehabt: Die Grünen profitieren vom Debakel in Thüringen Foto: Roland Weihrauch/dpa

D ie Grünen spielen im Desaster von Thüringen keine große Rolle – und werden daher medial kaum mit Aufmerksamkeit bedacht. Die Grünen wirken nebensächlich: Sie kamen nur auf 5,2 Prozent der Stimmen und unterstützten treu den linken Ex-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Das Drama scheint vor allem die anderen Parteien zu berühren – von den Linken bis zur AfD.

Doch wäre es völlig falsch, die Grünen als uninteressante Restgröße zu betrachten. Denn nur die Angst vor den Grünen kann erklären, warum die CDU-Spitze auf klaren Konfrontationskurs zu ihrem Thüringer Landesverband geht. Die Unionsführung weiß genau: Wenn die eindeutige Abgrenzung zur AfD nicht gelingt, wird sie viele Wähler in der Mitte verlieren. Wenn nämlich jederzeit denkbar ist, dass Stimmen für die Union am Ende Rechtsradikalen an die Macht verhelfen, werden sich nicht wenige Bürger nach Alternativen umsehen. Die Grünen wären da die erste Adresse, denn sie sind längst in der „bürgerlichen Mitte“ angekommen. Plötzlich könnte Realität werden, was bis vor kurzem noch undenkbar war: Die Grünen könnten die Kanzlerin oder den Kanzler stellen.

Es war kein Zufall, dass CSU-Chef Markus Söder nach dem Thüringen-Coup sofort auf Sendung ging, um knallharte Botschaften an seine Parteifreunde in Erfurt zu übermitteln: „Das ist kein guter Tag für Thüringen, kein guter Tag für Deutschland und erst recht keiner für die Demokratie in unserem Land.“ Es handele sich um einen „inakzeptablen Dammbruch“, und der einzige Ausweg seien Neuwahlen.

Söder weiß, wovon er spricht. Für die CSU hat es sich nicht ausgezahlt, jahrelang die Forderungen der AfD zu übernehmen. Die bayerische Landtagswahl 2018 war eine Katastrophe: Die CSU kam nur noch auf 37,2 Prozent, während die Grünen auf 17,6 Prozent hochschossen und die AfD 10,2 Prozent erreichte. Ein Pakt mit den Rechtsradikalen ist der Todeskuss für die Union: Die rechten Wähler entscheiden sich lieber für das Original AfD, während die liberalen Konservativen zu den Grünen abwandern.

Es ist also paradox: Gerade weil die Grünen so eindeutig die Gegenposition zur AfD beziehen, könnten sie am Ende die einzigen Profiteure des Dramas von Erfurt sein.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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25 Kommentare

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  • Die eindeutige Abgrenzung in Thüringen gegen die AfD wäre eine Koalition oder zumindest ein abgestimmtes Verhalten bei Abstimmungen von Linkspartei und CDU gewesen, bei der die AfD gar nicht erst die Schnitte hat das Zünglein an der Waage zu spielen. Diese Abgrenzung haben diese beiden Parteien nicht hinbekommen.

    • @Rudolf Fissner:

      An der Linkspartei hat es nicht gelegen. Hätte sich bei der CDU nicht die Stahlhelmmentalität durchgesetzt, wären Kompromisse möglich gewesen. Teilen der CDU, das hat sich deutlich gezeigt, ist es völlig egal, ob die AfD an Einfluss gewinnt, wenn man nur die elenden Fragen nach sozialer Gerechtigkeit los wird.

      • @Jens Kröger:

        Warum sollte die CDU sich selber zerlegen wollen (siehe Artikel oben).



        Den einzigen den es nützt sind die AfD und die RRG Koalition.

        Letztere musste nur bzgl. Abstimmungen mit der CDU auf stur schalten, ein paar Gesprächsangebote für die Medien rausbringen und sich zurücklehnen und genüsslich warten bis die AfD wegen ihrem antilinken Hass für CDU oder FDP stimmt.

        Die Taktik der AfD nützt so taktisch einer RRG Mehrheit. Die aktuellen Sonntagsfragen zeigen es.

        • @Rudolf Fissner:

          In der CDU tobt ein unerbittlicher Machtkampf um die politische Richtung zum Ende der Ära Merkel. Sich gegenüber stehende Lager werfen sich wenn dann gegenseitig vor, die Partei zu zerlegen. Das ist kein neues Phänomen.

          Ganz konkret in Thüringen hat die CDU das riesige Problem, dass sie durch schlechte Arbeit kontinuierlich abgebaut hat und ihr von entsprechend weniger Menschen Regierungsfähigkeit zugetraut wird. In der Opposition gibt es durch die AfD auch kaum mehr Platz, da man gegen die hervorragend arbeitende LINKE in Thüringen wirklich nur knallhart Neoliberale oder Nazis als Wähler mobilisieren kann. Es bliebe also nur der lange Weg in die Selbsterneuerung als Partei, die gute Arbeit leistet oder eben die von den Thüringer Wählern (der CDU - schauen Sie auf aktuelle Umfragen) zu großen Teilen verachtete Zusammenarbeit mit der AfD.

          Hier ein "sich zerlegen wollen" zu unterstellen, würde ich nicht. Aber sie tun es, weil sie ihren eigenen Laden nicht im Griff haben. Der alte Machtanspruch ist zu stark, führt nicht zu Demut, sondern leider zu dummen Aktionen. In rechten Kreisen oder Teilen der Medien funktioniert die plötzliche Hetze gegen die LINKE vielleicht - in Thüringen selbst aber nicht.

          Klar hätte die LINKE gern wieder RRG hinbekommen, aber das Angebot der CDU innerhalb einer Minderheits-RRG Einflussmacht zu geben, war durchaus ernst gemeint (musste es ja auch sein).

          Die AfD hat nicht aus antilinkem Hass abgestimmt, sondern weil sie sich davon erhoffte, dass sie den Spaltpilz in der CDU dadurch vorantreiben kann. Ist auch teilweise gelungen. Möglicherweise hat sie sich nur darin verrechnet, dass die Wähler dann eben nicht der AfD zuliefen, sondern die CDU fallen lassen oder zu den anderen Demokraten wechseln. Beides ist jeweils zur Hälfte geschehen.

          Ausnahmsweise wird also mal korrektes Verhalten am meisten vom Wähler belohnt.

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Die Nebel lichten sich. Was die Parteien eint ist der Fraktionszwang und die Ablehnung von Neuwahlen. Nachdem Kemmenich und der CDU Fraktinschef zurückgetreten sind wird es eine erneute Abstimmung geben . Ramelow steht zur Verfügung. 1. Abstimmung und 2. , er fällt durch. CDU wirft Hut in den Ring - zack Ministerpräsident von der CDU- Gewählt von der Mehrheit der Wähler und der Abgeordneten. In 3 Wochen spricht niemand mehr darüber , genau wie beim Coronavirus

  • Danke für den Beitrag

    Thüringen, grüne Lunge Deutschlands und zugleich historische Brutstätte, Bündnisse der Gesellschaftsmitte nach Erstem Weltkrieg 1919 mit Nationalsozialisten, aus der Taufe gehoben deutschlandweit in Politik, Wirtschaft, Kirchen, Medien, gegen Parlamentarismus, Demokratie, damals gegen Völkerbund, heute UNO, Rechtstaatlichkeit, für eine Kultur der Straflosigkeit salonfähig zu machen, s. 1932 Osthilfe Subventionsbetrug bis in den Hochadel hinein, darunter Oskar, Sohn Reichspräsidenten Hindenburg, 2. Gattin. Prinzessin Hermine Kaiser a, D. Wilhelm II im Doorner Exil/Holland, Unternehmen, mangels Unternehmensstrafrecht von Ermittlungen frei zu stellen, auf politisch weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften in Bund . Ländern zu bestehen, entgegen Interpol Protest mit Folge der Ausgrenzung Deutschland von Internationalen Netzwerken, Dieselabgasgate 2015, TÜV Süd in Brasilien 2019.

    Auf das Jahr 2020 mit Blick auf die AfD, kann das bedeuten, der seit 2005 nach Ausrufung nationalen Notstandes durch rotgrüne Bundesregierung auf dem Weg zu vorgezogenen Neuwahlen mit kurzer Unterbrechung 2009-2013 schwarzgelber Koalition bestehenden Groko aus CDU/CSU/SPD als verdecktes Experten Instrument gelenkter Demokratie am demoskopisch eruierten Mehrheitswillen der Bevölkerung für Frieden, Zustimmung zum ICAN UNO Atomwaffenverbot 2017, atomwaffenfreies Deutschland, gemäß Bundestagsbeschluss 2010, Beendigung von Bundeswehr Auslandseinsätzen ohne UNO Mandat, legale Wege für Geflüchtete nach Deutschland, Europa zu schaffen, vorbei, die Maske vom Gesicht zu ziehen, mit Thüringen beginnend, die verfassungsgemäß parlamentarische Arbeit z. T. außer Kraft zu setzen durch parteiübergreifende Duldung einer Experten Regierung fortbestehenden Ausnahmezustandes seit NIne Eleven 2001 mit Verkündung ersten Nato Ernstfalles Krieg gegen sog. internationalen Terrorismus offengelegt als das Nonplusultra in Zeiten des Klimawandel Protestes Fridays for Futures festzuschreiben?

  • Wäre schön, wenn kräftig Empören helfen würde! Ich fürchte, es gibt ein stabiles Wählerpotential rechts von der CDU, die vor Jahren ja auch noch viele AFD-Themen auf der Agenda hatte. Nichtdestotrotz wird sie ihre Blockade gegen die Linke aufgeben müssen. Ganz ohne ostdeutsche "Volkspartei" wird's nicht funtionieren.

  • Paradox ist nur eines: Grünen-Bashing in den absurdesten Formationen. Man kann zu den Grünen stehen wie man will, aber ein Artikel wie dieser fordert geradezu dazu auf, Gründe gegen die Grünen an den Haaren herbeizuzerren, wie absurd sie auch sein mögen. Was spricht gegen eine gleichlautende Abstimmung von AfD und Grünen, wenn sie sachlich begründbar ist? Spahns Gesetzentwurf passiert garantiert nicht das BVerfG, genau so wenig, wie Dobrindts Maut den EuGH. Die CDSU, nicht erst unter Merkel, hat viel Erfahrung, an den höchsten Gerichtsentscheidungen vorbeizuregieren, zumindest so lange es irgend geht. Scheuer wäre sonst schon längst weg. Natürlich fährt die CDU in Richtung einstellig bei Neuwahlen, deshalb der krampfhafte Versuch, sie zu verhindern. Und klar, wer, völlig korrekt nicht mehr CDU wählt, wählt in der Regel eine andere Partei. Hamburg ist die erste Probe. Gerade mal gut zwei Wochen. Steilvorlage von Mohring und Konsorten.

    • @Sarg Kuss Möder:

      Hier sozusagen als Nachschlag noch die Empfehlung, Ihre AfD-tolerante bis -affine Gedankenwelt zukünftig lieber in der "Jungen Freiheit" zu ventilieren.

    • @Sarg Kuss Möder:

      Ja, bei den "Sachthemen" fing es auch in unseren Nachbarländern an. Und irgendwann stellt die AfD dann den ersten Minister "wenn es sachlich begründbar ist", nicht wahr ?

  • Diese 'Krise' ist geplant herbeigeführt worden. Die Dynamik dieser 'Krise' wird bewusst durch Spiel auf Zeit erhöht. Der völkisch/nationalistische Virus wird von den Chefärzten zwar gesehen, aber sie weigern sich ihn unter Quarantäne zu stellen, weil sie selbst bereits infiziert sind. Sie nehmen aus purem Eigennutz die Ausbreitung des Virus in Kauf. Sie glauben, dass Globuli und Beten besser hilft, als zu dulden, dass ein vorhandenes Medikament versuchsweise zur Anwendung kommt.

    Dass, was in Thüringen passiert ist, sollte man nicht als "Dammbruch" bezeichnen. Das wäre ja ein nicht verhinderbares Ereignis. Es handelt sich hierbei um einen bewusst durchgeführten "Dammschnitt", um die Geburtsdauer eines neuen Faschismus zu verkürzen.

  • Immer wieder erstaunlich, wie kurz das öffentliche Gedächtnis ist. Gerade erst vor ein paar Tagen hat die grüne Bundestags(!)fraktion fast geschlossen Seite an Seite mit den Aluhüten der AfD den dringend notwendigen Reformvorschlag zur Organspende von Spahn und Lauterbach verhindert. Und das offensichtlich aus rein taktischem Kalkül. (Eine am gleichen Tag durchgeführte Umfrage zeigte, daß die Wähler der Grünen anders entschieden hätten.)



    Es ist, wie Frau Junge es in ihrem Kommentar (taz.de/Tabubruch-i...eringen/!5658092/) beschrieb: „ ...wie immer kommen solche Dinge nicht in gerader Linie heran. Die Geschichte nimmt Kurven.“



    Wir sollten uns keine Illusionen machen, daß sich die Grünen zukünftig integer verhalten, wenn sie die Möglichkeit sehen, mit Hilfe der AfD zu punkten.

    • @jhwh:

      Hier noch der Link zum Abstimmungsverhalten: www.bundestag.de/p.../abstimmung?id=656

      • 9G
        91491 (Profil gelöscht)
        @Tobias Holtmann:

        Danke für den Link.



        Sehr aufschlussreich.

      • @Tobias Holtmann:

        Danke, hatte ich schon mal mit folgendem Ergebnis durchgerechnet:



        Ablehnungsquoten: AfD 92%, Grüne 90%, FDP 74%, Linke 55%, C*U 36%, SPD 32%.



        Komisch, daß die Grünen Abgeordneten zu 90% anderer Meinung sind als 72% ihrer Wähler. Seien Sie nicht naiv. Hier ging es den Grünen darum, der GroKo, vertreten durch Spahn und Lauterbach, in die Parade zufahren. Und das in vollem Wissen über das Abstimmungsverhalten der AfD-Fraktion.

        • @jhwh:

          Das ist sehr zynisch bei solch einem Thema den Grünen Parteipolitik zu unterstellen. Haben Sie dafür irgendwelche Beweise oder zumindest Hinweise außer der Spekulation, dass sie so die große Koalition hätten provozieren könnten? Um das zu erreichen gibt es genügend andere Themen in dem sich SPD und die Union nicht einig sind und die damit viel besser geeignet sind. Das Thema hat doch eher gezeigt, dass sich SPD und Union sachlich näher sind als sie es zu den anderen sind.

          • @Tobias Holtmann:

            Sehen Sie, ich dagegen finde es zynisch, bei solch einem Thema, d.h. auf dem Rücken von ein paar tausend Schwerstkranken, Parteipolitik zu machen(!). Und dann noch als gemeinsame Sache mit der AfD.



            Hier übrigens noch die Umfrageergebnisse: www.zdf.de/politik...ung-mitte-100.html

            • @jhwh:

              Ja, das wäre in der Tat zynisch. Aber dieser Behauptung fehlt es nun mal an Beweisen. Oder haben Sie da Aussagen von grünen Bundestagsabgeordneten? Logisch ist das auch nicht was Sie da schreiben. Es gab keinen Fraktionszwang. Es ist eigentlich schon ein Fehler das Abstimmungsverhalten nach Parteien aufzugliedern (auch wenn der Bundestagsservice das macht), denn, riesen Überraschung, Bundestagsabgeordnete sind Menschen mit eigener Meinung. So blöd die Meinungen teilweise auch sind.

              • @Tobias Holtmann:

                "Aber dieser Behauptung fehlt es nun mal an Beweisen."



                Ja, ne is' klar. Dafür daß Lindner und AKK Bescheid wussten, gibt es ja auch keine Beweise.



                Aber bei Logik bin ich immer dabei. Wenn ich mir die Diskrepanz zwischen dem Abstimmungsverhalten der Grünen Abgeordneten (90% gegen die Widerspruchslösung) und der Meinung der Grünen-Wähler (72% für die Widerspruchslösung) ansehe, finde ich dafür nur zwei Erklärungen: Entweder haben sich die Abgeordneten in dieser Frage völlig von ihren Wählern entfernt oder es gab hier im Hintergrund Absprachen bzw. Vorgaben der Parteiführung, die ja schließlich mit einem eigenen Alternativvorschlag am Start war. Und Sie wissen sicher: Wenn es aussieht wie eine Ente, schwimmt wie eine Ente und quakt wie eine Ente, dann ist es wahrscheinlich eine Ente.

    • @jhwh:

      Der Fraktionszwang war bei der Abstimmung aufgehoben. Quer durch alle Fraktionen waren die Abgeordneten unterschiedlicher Meinung. Ja, es gab bei CDU/CSU und SPD eine Mehrheit für und bei den anderen Fraktionen FDP, Linke, AFD, Grüne eine Mehrheit gegen den Antrag. Aber da von einer Zusammenarbeit der Grünen mit der AFD kann keine Rede sein.

  • Ja, die Grünen sind die erste Adresse für Wähler denen die CDU zu sehr nach rechts driftet. Im Westen, ja. Im Süden, fast noch mehr. Aber im Osten? Klar, ein paar Stimmen mehr würde es bei Neuwahlen schon geben, es fehlt aber trotzdem einfach eine Basis. Und die Linke ist im Osten weiterhin Volkspartei. Grüne Erfolge sind doch eher Wunschdenken und dann ist ja noch völlig offen, ob es überhaupt Neuwahlen geben wird.

  • "Ein Pakt mit den Rechtsradikalen ist der Todeskuss für die Union: Die rechten Wähler entscheiden sich lieber für das Original AfD, während die liberalen Konservativen zu den Grünen abwandern."

    Wenn das stimmen würde, müßte es doch auch andersrum stimmen:

    Ein Pakt mit den Grünen/Linken ist der Todeskuss für die Union: Die liberalen Wähler entscheiden sich lieber für das Original Grüne/Linke, während die Nationalkonservativen zur AfD abwandern.

    • @Don Geraldo:

      Ihr Kommentar macht es deutlich, Sie haben Recht, das ist Blödsinn. Warum entscheiden sich nicht alle fürs Original und keiner wählt mehr CDU?

      Aber klar ist, wenn die CDU mit AFD oder mit den Linken zusammenarbeitet, dann wird sie Wähler verlieren. Vielleicht gewinnt sie aber auch gleichzeitig Wähler hinzu.

      Die CDU hat sich nunmal dafür entschieden weder mit den Linken noch mit der AFD zusammenzuarbeiten. Dafür und für ihr konservatives Programm hat sie entsprechend Stimmen bekommen. Ich sehe einen großen Unterschied zwischen AFD und Linke im Hinblick von totalitär und demokratisch. Vor allem in Thüringen. Das sieht eine Mehrheit in Deutschland so wie ich. Faschisten auf der einen Seite und Demokraten (Sozialdemokraten, sozialistische Demokraten) auf der anderen Seite.

      Bei der Wahl in Thüringen standen somit neben - den kleinen Parteien - die Linke-Koalition, eine Koalition der Mitte, die bürgerlichen Parteien CDU und FDP und die Faschisten zur Wahl.



      Beim der Wahl hat keiner der vier Gruppen eine absolute Mehrheit erhalten und die Linke hat die Meisten Stimmen erhalten. Somit war der Wählerwille einerseits, dass Ramelow wiedergewählt werden soll und andererseits, dass keiner der Gruppen die Landespolitik bestimmen soll, sondern bei den Sachthemen einzeln Mehrheiten gefunden werden sollten. Dem haben sich FDP und CDU verweigert und die AFD hat das leider taktisch geschickt ausgenutzt.

      Jetzt muss es Neuwahlen geben und alle demokratischen Parteien sollten sich klar äußern wie sie agieren wollen, wenn es zu dem gleichen Ergebnis kommt. FDP und CDU müssen ja Ramelow nicht wählen, wären aber gut beraten bei Sachthemen mit allen anderen Demokraten offen zuzammenzuarbeiten.

    • @Don Geraldo:

      Das ist eine gute Vorlage, sie stellt die entscheidende Frage. Und nicht nur für die CDU. Diese Partei hat ja seit 1945 sehr viele verschiedene Kräfte eingebunden. Das gelingt aber zunehmend nicht mehr. Die Fliehkräfte in der CDU sind groß und beide Gefahren, der Verlust nach rechts wie nach links, sind bedeutend. Man kann jetzt zwei Fragen stellen. Erstens die, wie man weniger verliert. Zweitens die, wofür man eigentlich wirklich steht, wer man ist. In beiden Fällen müsste die Tendenz eigentlich zu einer Modernisierung der Union gehen. Gerade das drängende Thema Umweltschutz wäre eigentlich auch ein glänzend geeignetes Feld. Ein Söder hat das auch erkannt, egal für wie glaubwürdig man ihn hält. Insgesamt dürfte die Union aber auch auf rechts einfach viel weniger zu gewinnen haben als in ihrer eigentlichen Basis zu verlieren. Und ob sich die AFD- Wähler überhaupt wieder reintegrieren lassen ist mehr als zweifelhaft. Da haben zu viele Blut geleckt, leider auch im wörtlichen Sinne. Da herrscht Machtwille und Empörungslust, die man beide nicht so einfach wieder aufgeben wird. Die kommen wenn überhaupt nur zurück, wenn man ihnen darin keine Nahrung gibt.

  • "Es ist also paradox: Gerade weil die Grünen so eindeutig die Gegenposition zur AfD beziehen, könnten sie am Ende die einzigen Profiteure des Dramas von Erfurt sein"



    Man könnte auch sagen dass es die Belohnung für eine klare Haltung gegenüber der AFD in den letzten Jahren ist. Also nicht paradox sondern logisch finde ich