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Mann in Köln von Politiker angeschossenChristdemokrat schießt scharf

In Köln schießt ein Lokalpolitiker einen 20-Jährigen an – und legt sein Mandat erst nach tagelangen Protesten nieder.

Auch die Kölner CDU reagierte erst nach Tagen auf die Tat ihres Mitglieds Foto: Christoph Hardt/Future Image/imago

Bochum taz | Der Kölner CDU-Lokalpolitiker, der Ende Dezember einen 20-Jährigen mit einem Schuss aus einem Revolver verletzt hat, lässt jetzt immerhin sein Mandat in der Bezirksvertretung ruhen. Das erklärte der Stadtverband der Christdemokraten in einer Mitteilung.

Kölns CDU-Parteichef Bernd Petelkau, der auch Vorsitzender der Stadtratsfraktion und Abgeordneter im nordrhein-westfälischen Landtag ist, betonte darin aber, es gelte „für die Beteiligten die Unschuldsvermutung“. Er hoffe auf schnelle Ermittlungsergebnisse, „damit rasch Klarheit entsteht, was sich tatsächlich zugetragen hat“.

Dem Lokalpolitiker, der für die Christdemokraten bisher in der Bezirksvertretung des Stadtteils Porz saß, wird vorgeworfen, einem 20-Jährigen in der Nacht vom 29. auf den 30. Dezember in die Schulter geschossen zu haben. Der 72-jährige Schütze soll dabei alkoholisiert gewesen sein. Auslöser der Schießerei am Porzer Rheinufer könnte ein banaler Streit über Lärm gewesen sein – um kurz nach Mitternacht soll sich der Christdemokrat von dem Opfer und dessen 21, 22 und 23 Jahre alten Begleitern gestört gefühlt haben.

In Onlinenetzwerken wird spekuliert, die Schüsse könnten auch einen rassistischen Hintergrund gehabt haben. Das Opfer habe einen osteuropäischen Migrationshintergrund, heißt es dort. Außerdem soll der Schütze auf Facebook regelmäßig rechtspopulistische, an das Umfeld der AfD erinnernde Beiträge geteilt haben.

Fünf scharfe Waffen

Im Haus des CDU-Senioren fand die Polizei fünf scharfe Schusswaffen. Der Mann, der vorübergehend festgenommen wurde, ist auch Sportschütze. Die Staatsanwaltschaft, die zunächst eine Mordkommission gegründet hatte, ermittelt mittlerweile nur noch wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung.

Der CDU-Lokalpolitiker selbst hat sich trotz wachsenden Drucks aus seiner Partei bisher nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Dabei hat der Fall längst die Bundesebene erreicht: „Auf dem Boden unserer christlich-demokratischen Werte steht so ein Verhalten nicht“, twitterte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak am Donnerstag – mit einem Hashtag, in dem er den Nachnamen des mutmaßlichen Schützen nannte.

Den Tweet löschte Ziemiak nach Intervention von Medienanwalt Ralf Höcker, der den mutmaßlichen Täter vertritt, schnell wieder. Auf Twitter war der Hashtag trotzdem einer der meistgenutzten des Tages. Die taz verzichtet an dieser Stelle aus presserechtlichen Gründen darauf, den Namen zu nennen.

Debatte über Bewaffnung

Trotz der Kölner Ereignisse wird ausgerechnet die Debatte um eine Bewaffnung von Kommunalpolitikern in NRW heftiger. So fordert ein Bürgermeister aus dem Rheinland, der sich von Rechtsextremen bedroht fühlt und anonym bleiben will, vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf einen großen Waffenschein – und damit das Recht, eine scharfe Schusswaffe zu tragen.

Während CDU-Landesinnenminister Herbert Reul das Gewaltmonopol des Staats betonte, mahnte SPD-Landtagsfraktionsvize Sven Wolf, der Minister müsse die „besondere Schutzpflicht gegenüber Menschen in öffentlichen Funk­tio­nen“ durch die Polizei auch durchsetzen lassen.

Der Bürgermeister der Stadt Altena, Andreas Hollstein, der 2017 aus ausländerfeindlichen Motiven einen Messerangriff überstand, sprach sich gegen eine Selbstbewaffnung aus. Allerdings wies er darauf hin, dass die Drohungen gegen Politiker immer mehr zunehmen.

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16 Kommentare

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  • Klingt leider ein bisschen wie amerikanischer Alltag :-(

  • "der 2017 aus ausländerfeindlichen Motiven einen Messerangriff überstand," ODER doch eher "der 2017 einen Messerangriff aus ausländerfeindlichen Motiven überstand"?

    • @Toni@:

      wer weiß ;-)

  • Ralf Höcker. Höcker hält es für seinen Job, Journalisten zu beeinflussen, indem er sie bedroht“, schreibt die Stiftung Warentest. www.test.de/Hoecke...ethoden-5166357-0/ Höcker bekämpft die Pressefreiheit



    www.youtube.com/watch?v=LFDlfebXxfQ



    Seit Oktober 2019 arbeitet für Höcker auch ein Hans-Georg Maaßen.

  • Das ist immer dasselbe mit präventiver Bewaffnung aus Gründen der Selbstverteidigung: Tatsächliche Anlässe für legitime Selbstverteidigung sind sehr selten, Anlässe zum Durchdrehen, in denen man dann man endlich mal schießen kann, gibt es viel mehr.

    Wer auf "Verteidigung" versessen ist, wird viel öfter zum Täter als dass er verhindert, Opfer zu sein. Das ist immer so.

  • Ein politischer Mandatsträger, der ein Waffenlager hat und betrunken auf andere Menschen schießt (soweit unstrittig), muss sich öffentlich zu seiner Tat äußern (er schweigt ggü der Presse) und genannt werden können. Anders, wenn es ein Privatmensch wäre.

    Übel, dass ein Anwalt mit Prozessdrohungen die Pressefreiheit beschränkt. Kölner Express und Kölner Stadtanzeiger nennen zu Recht dennoch den Namen.

    • @stadtlandmensch:

      Gegen ihn für die Staatsanwaltschaft Strafermittlungen. Da muss er sich natürlich nicht öffentlich äußern.

      Hier beschränkt kein Anwalt die Pressefreiheit, sondern die Persönlichkeitsrechte kollidieren eben mit der Pressefreiheit. Ich erkenne nichts Schlechtes daran.

      Ob der Anwalt mit seiner Rechtsauslegung recht hat, wird sich zeigen.

      • @rero:

        Ob der Anwalt recht hat lässt sich nur feststellen, wenn die TAZ in einem Gerichtsverfahren dagegen vorgehet, dass mit hohem zeitlichen Aufwand und mit hohem Kostenrisiko verbunden ist. Sowas kann eine kleine Zeitung nicht in jeden Fall stemmen.

        Im Strafverfahren muss ein Beschuldigter sich nicht äußern. Als politischen Mandatsträger moralisch gesehen aber schon. Und die Öffentlichkeit hat ein sehr berechtigtes Interesse, den Namen eines derart gefährlichen politischen Mandatsträgers zu erfahren.

        Per Google Recherche ist er auch zu finden.

  • Die CDU macht ja von sich reden ... das wäre Rezo gar nicht in den Sinn gekommen.



    Das Wort Rassismus trifft aber noch weitere Aussagen als "ausländerfeindlich".

    • @nzuli sana:

      Die Frage ist, was das Wort Rassismus mittlerweile nicht mehr trifft.

  • Immer wo Waffen sind gibt es Missbrauch.



    Aber eigentlich geht es hier mal wieder um die Union, rechtsradikale Elemente, und das man diesen Abschaum schützt...



    Es darf halt keine rechtsfreien Räume geben, aus es geht um die Räume der Rechten

    • @danny schneider:

      Rechtsfreier Raum?

      Haben Sie überlesen, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt?

      • @rero:

        Wegen gefährlicher Körperverletzung. Zum Vergleich, wenn im Hambi jemand beim Handschellen anlegen etwas rumzappelt, weil das ziemlich unsanft geschieht wird dort versuchte gefährliche Körperverletzung unterstellt. In Leipzig an Silvester war ein Bodycheck oder Tritt der zum Sturz des Polizisten geführt hat versuchter Mord. Das ist ein völlig anderer Standard. Auch, dass das hier unter den Teppich gekehrt wird und sich die Polizei nicht äußert, während in Leipzig direkt die Polizei auf höchster Stelle von linksextremistischen Unmenschen gesprochen hat. Das ist doch keine neutrale Behörde mehr, die sehen das rechte Spektrum als verbündet, die Linken als Feinde. Maaßen wird Chef vom Verfassungsschutz, Polizisten posen vor rechtsextremistischen Schmierereien, ein rechtes Netzwerk unterwandert die Polizei, Verfassungsschutz und Militär und besorgt sich Waffen, um nach dem Tag X Linke zu ermorden... unser Rechtsstaat ist massiv in Gefahr und die Gefahr ist die Exekutive, wer das nicht sieht lebt an der Realität vorbei