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Vor de Maizières Lesung in GöttingenAnschlag auf Amtshaus

Heute will Thomas de Maizière in Göttingen sein Buch „Regieren“ vorstellen. Um das zu verhindern, haben Unbekannte das Amtshaus angezündet.

Abgang: Bereits am 21. Oktober wurde die Lesung von Thomas de Maizière in Göttingen verhindert Foto: dpa

Göttingen taz | Mit Verweis auf den bevorstehenden Besuch des früheren Bundesministers Thomas de Maizière (CDU) in Göttingen und auf vermehrte Abschiebungen von Flüchtlingen haben Unbekannte in der Nacht zu Montag einen Brandanschlag auf das Amtshaus der Stadt Göttingen verübt. In dem Gebäude ist auch die Ausländerbehörde untergebracht. Menschen kamen bei dem Anschlag nicht zu Schaden.

In einem der taz vorliegenden Bekennerschreiben heißt es: „Die Politik von Politikern wie Thomas de Maizière ist eine mörderische Politik.“ Der Ex-Bundesinnenminister stehe für ein „menschenverachtendes System“. Jeden Tag kämen Menschen zu Tode: „Im Mittelmeer durch unterlassene und behinderte Seenotrettung, an den Grenzen der Festung Europa“ oder durch deutsche Waffenlieferungen an die „faschistische Türkei“. De Maizière trage die Verantwortung für Verbote von kurdischen Vereinen sowie linken Medienplattformen.

In dem Schreiben wird auch scharfe Kritik an der Göttinger Ausländerbehörde geübt. Sie leite Abschiebungen ein und lasse „Polizeikommandos nachts unangekündigt in Wohnungen stürmen, reißt Menschen aus dem Schlaf, aus ihrem Leben, aus ihrer Sicherheit, und verschleppt sie in Armut, Unterdrückung oder den Tod“.

Die Polizei sprach am Nachmittag von einer mutmaßlich linksextremistischen Tat und hat eine Sonderkommission eingerichtet. Wenn Gewalt- oder Straftaten eingesetzt würden, um Politiker oder Verwaltungsmitarbeiter einzuschüchtern, handele „es sich nicht mehr um eine legitime Form der politischen Meinungsäußerung“, sagte der Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig. „Dabei erreicht der Brandanschlag eine Qualität, die nach meiner Auffassung ganz klar als Linksterrorismus zu bezeichnen ist.“

Den Ermittlern zufolge haben die Täter den Anschlag gegen drei Uhr morgens verübt. Die Feuerwehr sei bis kurz vor sechs Uhr mit dem Löschen beschäftigt gewesen, der Brand habe „erhebliche Schäden“ verursacht.

De Maizière will am heutigen Dienstag in Göttingen sein Buch „Regieren“ vorstellen. Die zunächst am 21. Oktober angesetzte Lesung war damals von rund 100 linken Demonstranten verhindert worden.

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12 Kommentare

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  • Normal ist es nicht, wenn wegen der geplanten Lesung eines CDU-Politikers ein Haus angezündet wird. Wie wenig Meinungsfreiheit ertragen die Brandstifter? Wie sicher sind Besucher einer Lesung? Kann der Autor durch Göttingen gehen, ohne in Gefahr zu sein? Nie wieder gilt für Rechts und Links.

  • Ab jetzt darf der Masseur sein Buch nur noch in kleinen Häusern vorstellen und von der vollen Wanne aus lesen. Vom Badezimmer aus gibt es ein Livebild in die Küche. Schwimmbäder würden auch gehen. Am sichersten gegen Feuer sind Unterwasser-Lesungen.



    Armer der Mazierre.

  • Der hat doch ne ganz klassische Biografie für nen bundesdeutschen Konservativen. Man kanns ja mal durchgehen.

    -Res Offz.



    -Ehemaliger Verteidigungsminister



    -überzeugter Transatlanktiker und als solcher Pro Nato



    -Als Innenminister wollte der BKA und Bundespolizei fusionieren zu einem deutschen FBI



    -Paragraphenreiter (wer den Asysstempel kriegt darf bleiben, wer nicht muss gehen)

    Klingt für mich nach dem klassischen Transatlantiker mit Law and Order Einschlag. Eigentlich der Prototyp eines bundesdeutschen Konservativen. Die Rechte dürfte in Deutschland wohl eher andere Positionen vertreten.

  • Die Hufeisen-Theorie stimmt zuweilen halt doch...



    Der Unterschied zwischen Teilen (!) der Antifa und Neonazis ist leider doch nicht so gross, wie auch hier gelegentlich kolportiert wird.

  • An Brandstiftung ist aus meiner Sicht nichts Linkes. Das ist einfach nur blöd, insbesondere wenn man damit einem ehemaligen Verunsicherungsminister noch zusätzlich in die schwarzen Karten spielt.

  • Sorry, politisch aktiv gegen Rechte wie de Maizière ist ja unterstützenswert, aber diese Täter sind einfach nur schädlich, die Taten zu verurteilen - am besten vor einem ordentlichen Gericht mit einer eben solchen langen Haftstrafe.

    • @danny schneider:

      De Maizière als "Rechten" zu bezeichnen - da eiert Ihr politischer Kompass aber etwas. Der ist konservativ sonst nichts.

      • @Stefan L.:

        konservativ ist arg verharmlosend...



        mal das DLF Interview vor G20 in Hamburg auskramen, wo er z.B. für jeden verständlich seine Beamten zur maximalen Härte angehalten hat... es wurde ja verstanden..., nein der Typ ist Rechts, nur zu intelligent zu agitieren wie Gauland, Meuthen und Höcke

        • @danny schneider:

          "mal das DLF Interview vor G20 in Hamburg auskramen, wo er z.B. für jeden verständlich seine Beamten zur maximalen Härte angehalten hat... es wurde ja verstanden..."

          Nö, habe ich nicht gelesen. Ich will jetzt so eine Anweisung nicht verteidigen aber "maximale Härte" kann auch innerhalb unserer Gesetze durchgesetzt werden.



          Ich habe aber etliche Interviews von erlebnisorientierten Antifa-Spacken zum G20 in Hamburg gesehen, in denen ganz selbstverständlich auch tödliche Gewalt gegen die Scheiss-Fascho-Bullen" in unserem "Scheiss-Fascho-Staat" legitimiert wurde. Ebenso massive Sachbeschädigung und anderer Terror; "...wenn ein Porsche brennt, trifft es immer den richtigen".



          Dabei haben auch jede Menge Autos ganz normaler Bürger gebrannt.



          Und bei der Androhung des schwarzen Blocks "Welcome To Hell" überrascht mich De Maizière "maximale Härte" nicht wirklich.

      • @Stefan L.:

        ich glaube Danny Schneider meinte die Täter und nicht die Misere. Mußte aber auch 2 mal lesen um das zu bemerken...

        • @nutzer:

          nein, ich halte de Maizière tatsächlich für gedanklich weit rechts verankert, was für Linke aber kein Anlass zur Gewalt gibt. So lange dieser Staat die Grenzen vorgibt halten sich Leute wie de Maizière an die absoluten Grenzen...