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Politiker als feste ZeitungskolumnistenUngute Mischung

Anne Fromm
Kommentar von Anne Fromm

Friedrich Merz bekommt eine wöchentliche Kolumne in der „Welt am Sonntag“, Sigmar Gabriel ist Autor der Holtzbrinck-Medien. Das ist gefährlich.

Spricht nicht mehr nur, sondern schreibt mittlerweile auch: Friedrich Merz, Kolumnist der „WamS“ Foto: dpa

F riedrich Merz hat einen neuen Job: politischer Kolumnist der Welt am Sonntag. In seinem ersten „Merz meint“ schrieb er gerade, dass sich immer mehr Polizisten und Soldaten der AfD zuwendeten – nicht etwa, weil sie rechts seien, sondern weil sie sich von Union und SPD alleingelassen fühlten. Die Umarmung der AfD-Wähler ist Merz’ derzeitiges Lieblingsthema. Parallel zu seiner ersten WamS-Kolumne gab er der Dresdner Morgenpost am Sonntag ein Interview mit ähnlichem Duktus.

Es ist also nicht so, als käme Friedrich Merz, der ehemalige Unions-Fraktionsvorsitzende und Wirtschaftslobbyist, nicht in der Presse vor. Im Gegenteil: Dafür, dass er kein politisches Mandat hat, ist er gerade auffallend präsent. Das dürfte daran liegen, dass er sein politisches Comeback vorbereitet. Ein fester Kolumnenplatz in einer Zeitung ist dabei natürlich hilfreich. Dass es zwischen Friedrich Merz und der Springer-Presse eine Nähe gibt, ist nicht neu. Dass die allerdings so groß ist, dass sich die WamS zur Aufstiegsgehilfin von Merz macht, ist bemerkenswert.

Auch Sigmar Gabriel darf seine Ansichten regelmäßig in eine Zeitung schreiben. Seit einem Jahr ist Gabriel, immerhin Mitglied des Bundestags, „Autor und Gesprächspartner“ der Medien der Holtzbrinck-Gruppe (unter anderem Handelsblatt, Tagesspiegel, Wirtschaftswoche und Zeit). Er verdient damit zwischen 15.001 und 30.000 Euro im Monat, so gibt er es auf seiner Webseite an.

Im Tagesspiegel schrieb er zuletzt, was die deutsche Sozialdemokratie von der dänischen lernen kann („starker Staat“), im Handelsblatt sprach er Kevin Kühnert die politische Kompetenz ab. Kurz: Er nutzt seine Kolumne, um Politik zu machen, die er eigentlich im Bundestag oder in seiner Fraktion machen sollte. Das tut er im Übrigen aber eher selten: Laut einer Zählung des ARD-Magazins „Kontraste“ ist Gabriel eines der Bundestagsmitglieder, das am häufigsten fehlt.

Zeitungen verspielen ihre Glaubwürdigkeit

Nun kann man einwenden, dass viele Politiker Medien für sich nutzen: Hintergrundgespräche einfädeln, Informationen durchstechen, Exklusivinterviews anbieten, hier und da mal einen Gastkommentar schreiben. Das ist legitim. Nur wenn ein Politiker zum festen Autor einer Zeitung wird, regelmäßig Meinungsbeiträge schreibt und damit Geld verdient, dann weicht das auf ungute Weise die Funktion der Presse auf.

Wenn der Tagesspiegel Sigmar Gabriel interviewt, ist das dann ein Gespräch zwischen Journalist und Politiker? Oder eines zwischen Quasi-Kollegen? Und wenn die WamS über Merz' politische Ambitionen berichtet, tut sie das dann, weil der Draht zwischen Redaktion und Kolumnist sowieso kurz ist?

Die Aufgabe der Presse ist es, Aussagen von Politikern infrage zu stellen, zu widersprechen, einzuordnen. Das gilt auch für die, die kein politisches Mandat haben, aber eines anstreben, so wie offenbar Friedrich Merz. Stattdessen bieten WamS und die Holtzbrinck-Medien hier exklusive Foren an. Damit riskieren diese Zeitungen nicht nur ihre Unabhängigkeit, sondern auch ihre Glaubwürdigkeit. In einer Zeit, in der sich „die da oben“ als Chiffre für das angebliche Geklüngel von Medien und Politik etabliert hat, ist das kurzsichtig.

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Anne Fromm
Reporterin
Ressortleiterin Reportage & Recherche und Vorständin der taz. // Berichtet vor allem über sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch, Rechtsextremismus und Desinformation. // Davor war sie Medienredakteurin im Gesellschaftsressort taz2. // Erreichbar über Threema: 9F3RAM48 und PGP-Key: 0x7DF4A8756B342300, Fingerabdruck: DB46 B198 819C 8D01 B290 DDEA 7DF4 A875 6B34 2300
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21 Kommentare

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  • Wenn der Holtzbrinck-Gruppe Gabriels Halbwissen zwischen 15.001 und 30.000 Euro im Monat wert ist, dann kann das eigentlich nur zwei Gründe haben:



    1.) Die Holtzbrinck-Gruppe hat zu viel Geld.



    2.) Die Holtzbrinck-Gruppe ist am Arsch und braucht dringend Geld.

  • Von dem Herrn Gabriel habe ich recentius einiges gelesen in "Zeit", "Handelsblatt" und "Tagesspiegel" - Der hat so tolle Ideen!

    Man wage sich vorzustellen, dieser Mann wäre in einer Partei, Politiker, an wesentlicher Stelle, vielleicht Vorsitzender.



    Oder Minister in einer Regierung.

    • @charis:

      Sehr schwer vorstellbar. Was sollte das denn für eine Partei sein, die so einen Ego-Shooter aufnimmt? Etwa die Partei der dänischen Minderheit in Südschleswig (Südschleswigscher Wählerverband SSW)? Kaum to glöben (;-))

      • @Rainer B.:

        Da ich ja auch mal einiges an Jährchen im Kreis NF verbrachte: Der SSW hat überwiegend engagierte, kompetente Mitglieder - die haben solche Verdächtigungen nicht verdient! Mange tak!

  • Springer ist doch eindeutig positioniert, da passt es ins WeltBild, dass man sich an FoxNews, Murdoch, Berlusconi orientiert und die Politik gleich selbst macht.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Neidisch weil‘s nur für die TAZ reicht? Mit der Aussage „Die Aufgabe der Presse ist es, Aussagen von Politikern infrage zu stellen, zu widersprechen, einzuordnen.“ kann sich die TAZ-Redaktion gern an die eigene Qualitätsnase fassen. Ansonsten: Nix Wichtiges zu kommentieren außer über Strippenzieher und Hinterbänkler?

    • @97088 (Profil gelöscht):

      Merz hat letztens dafür plädiert den Bundestagvizepräsidenten mit einem Arschgesicht der AfD zu besetzen und allgemein zu einer entspannten Betrachtung der AfD gemahnt. Das alleine genügt, um so einen Artikel zu rechtfertigen.

      • 9G
        97088 (Profil gelöscht)
        @Hampelstielz:

        Genau - so richtig öffentlich. Und Wochen später schiebt hier der TAZ-Qualitätsjournalismus ohne echte Positionierung ´ne Info nach. Toll!

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Business as usual.

    Mehr würde auch hier nur verunsichern.

  • Zitat: „Damit riskieren diese Zeitungen nicht nur ihre Unabhängigkeit, sondern auch ihre Glaubwürdigkeit.“

    Stimmt. Aber auf ihre Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit geben manche Leute einen Dreck. Wichtiger ist ihnen die Kohle.

    Für autoritär geprägte Menschen ist alles eine Frage der Prioritäten. Und erste Priorität hat nun mal die vermeintliche Sicherheit, die Geld und Einfluss geben. Würden die Funke-Leute sonst von Thüringer Steuergeldern reich werden wollen? Würde die Thüringer Politik sonst auch nur fünf Minuten nachdenken über das unmoralische Angebot von Leuten, denen die Freiheit und Unabhängigkeit der Vierten Gewalt am Allerwertesten vorbei geht? Und würden sich die „Mit“-Arbeiter der Entscheidungsträger beider Seiten das ganze dumme Spiel sonst tatenlos und ohne zu murren anschauen? Nein, würden sie nicht. Na also.

  • Da habe ich kein Problem mit, im Gegenteil.



    Bei Merz und Gabriel weiß ich deren Meinung einzuordnen, bei semiprofessionellen Autoren nicht.



    Filtern tue ich sowieso. Bei Ersteren ist es sogar einfacher. Ganz besonders gefällt mit Gabriel, der frei von Umfrageergebnissen und Parteiräson frisch weg seine politischen Erfahrungen mitteilt.



    Die Menschen sind oftmals nicht so dumm, wie gehalten.

    • @lulu schlawiner:

      Ja wie^¿* - “Die Menschen sind oftmals nicht so dumm, wie gehalten." Ach was!

      Mit Verlaub - Sie meinen jetzt wen?



      Bierdeckelmopedfrisierer Brilon Wald



      vel ^?^ -



      Siggi the PoppPloppPlopp - öh van ÖPP

      kurz - Angesichts dieser Flacheisen &



      hohlGeister Ansammlungen - kerr!



      Geht's noch?

      Gebrauchtwagen? - No way.

      • @Lowandorder:

        "Mit Verlaub - Sie meinen jetzt wen?"



        Ich meine Menschen, also Leser. Gaanz einfach. Da määste nix, kerr!

        Da johört erdie doch linke Überheblichkeit raus? da määste nix, vel, kerr.

        • @lulu schlawiner:

          Werteste.

          Ihr letzter Satz -



          ". .. Die Menschen sind oftmals nicht so dumm, wie gehalten."

          Ist mangels Überleitung nicht eindeutig in seiner Bezüglichkeit.

          Angesichts Ihrer - sorry - mich verblüffenden Laudatio - hab ich ihn als auf diese zwei Polithansels bezogen genommen.



          Anders als Sie klarstellend: "....Ich meine Menschen, also Leser...."

          Ergo. Was nun demgegenüber Ihr - "johört " - Appellohrecho angeht - möchte ich mich daher freizeichnen.

          • @Lowandorder:

            "Ihr letzter Satz -". .. Die Menschen sind oftmals nicht so dumm, wie gehalten."



            Ist mangels Überleitung nicht eindeutig in seiner Bezüglichkeit."

            Ich spiele damit auf die typisch linke Überheblichkeit an. Basta bombasta. Alles besser wissen, sich immer immer moralisch auf Überhöhe bewegend , selbstverliebt, selbstvergessen, selbstbezogen einfach gut und inquisitatorisch gegen anders denkende.



            ne, da määhst nix, da biste im Salto rechter als gemeint vermeintlicher Selbsteinschätzung unvermögend feststellbar. melde mio mia ab heremit. thschauda

            • @lulu schlawiner:

              Tja - hic Rhodos - hic Saldo

              kurz - Wer im Glashaus sitzt - soll sich im Dunkeln ausziehn & "Wer scheiß denn da mit Lehm - der sollte doch was andres nehm - als ausjerechnet Lehm!"

              unterm----Claire Waldoff --



              "Wer schmeißt denn da mit Lehm



              Die Menschen heutzutage sind alle so nervös.



              Über jede kleine Kleinigkeit da werden sie giftig bös.



              Schimpft einer auf den andern,



              Dann sing ich voll Humor,



              Damit er nicht mehr schimpfen soll,



              Mein kleines Liedchen vor:



              Wer schmeißt denn da mit Lehm,



              Der sollte sich was schäm'!



              Der sollte auch was ander's nehm'



              Als ausgerechnet Lehm.







              lyricstranslate.com -



              www.youtube.com/watch?v=ErsprjkKjBc

              always at your servìce & nischt for unjut - wa!



              (den ollen Busch "Wenn alles sitzen bliebe ..." als Schlagobers ein andermal - muß los:



              Liebe Kollegin & Lamm mit Bohnen beim Türken unseres Vertrauens.



              Alles Nippes - oder was?

              • @Lowandorder:

                & Däh&Zisch - Mailtütenfrisch -

                “"hic Rhodos - hic Saldo " Ganz entzückend.



                Vllt. sollten die Griechen ihr Fin.Min nach R. umsiedeln...?"

              • @Lowandorder:

                Tja, das Liedchen von der Claire ist heute nötiger denn je. Den Zeitgeist hat das Lied erfasst, zeitlos wie eh und jeh, beschreibt es des Menschen o, ach o weh.

                Auch wenn davon nix besser wird,



                man selbst dadurch sich besser fühlt.



                In Lösungen nicht gedacht,



                nur neue Katastrophen schnell erdacht.



                Das ist des Linken Steckenpferd,



                denn vor der eigenen Tür wird nicht gekehrt.

                (darauf will ich unbedingt ein Copyright)



                da määste nix, gelle welle , das war Gedicht auf schnelle.

                • @lulu schlawiner:

                  Liggers. Denn doch denn Tusch vom ollen Busch -

                  Kritik des Herzens

                  Wenn alles sitzenbliebe,



                  Was wir in Haß und Liebe



                  So voneinander schwatzen;



                  Wenn Lügen Haare wären,



                  Wir wären rauh wie Bären



                  Und hätten keine Glatzen.



                  & zum (c)



                  Der Hausknecht in dem »Weidenbusch«



                  Zu Frankfurt an dem Main,



                  Der war Poet, doch immer kurz,



                  Denn wenig fiel ihm ein.



                  »Ja«, sprach er, »Freund, wir leben jetzt



                  In der Depeschenzeit,



                  Und Schiller, käm' er heut zurück,



                  Wär' auch nicht mehr so breit.«

                  unterm----…servíce



                  www.staff.uni-main...Kritik/glatzen.htm



                  &



                  www.staff.uni-main.../Kritik/hauskn.htm



                  &



                  Ende des Vorstehenden



                  Dank geht an den Alten aus Wiedensahl



                  Wiedermal 🎭

                  • @Lowandorder:

                    Wohlan, er/sie bleibt sprachlos,



                    wortlos ratend,



                    konnt er/sie soviel Poesie ,



                    Weisheit und Geschmack,



                    hier nicht erwarten.

                    Er sei in order und low gesegnet.

  • Ja wie^?^ Wat issen nu wieder ditte - wa!

    “Friedrich Merz bekommt eine wöchentliche Kolumne in der „Welt am Sonntag“, Sigmar Gabriel ist Autor der Holtzbrinck-Medien. Das ist gefährlich."

    Ach was! Alter Hut - mit steinalter Krempe!

    Bitte Harry - “Ein anderer Traum ist in Erfüllung gegangen. Man tritt wider besseres Wissen hinaus auf die Straße, und von allen Litfaßsäulen lacht es einen an:



    HELMUT SCHMIDT SCHREIBT FÜR BILD.



    Wie schön. Aber: Kann man sich drauf verlassen? Bleibt das so?"

    unterm------Danke Harry - fein gesagt - ganz ohne Abschweifung. Chapeau.



    www.zeit.de/1993/1...er/komplettansicht



    Klar - “Der Kampf geht weiter."