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Teures WohnenEin Mietendeckel ist möglich

Die SPD schreibt in einem Papier, wie sie den Mietendeckel in Berlin durchsetzen will.

Ohne Angst vor der nächsten Mieterhöhung einfach wohnen? Wie schön wäre das denn! Foto: dpa

Die Debatte über steigende Mieten nimmt weiter Fahrt auf: Ein Kreis um die SPD-Politikerin Eva Högl hat nun konkrete Ideen zur Umsetzung eines Mietendeckels veröffentlicht. Demnach soll er für bestehende und neue Mietverträge, für bezugsfertige Wohnungen, jedoch nicht für Neubauten gelten. Greifen soll er nur für Stadtgebiete, in denen ein besonderer Anstieg der Mieten statistisch nachweisbar ist. Der Mietendeckel soll auf fünf Jahre begrenzt werden, mit einer Option der Verlängerung. Durchsetzen wollen ihn die SPD-Politiker, die Offenlegung der Vormiete soll Pflicht werden.

Högl, Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des SPD-Kreisverbands Mitte, der stellvertretende SPD-Vorsitzende Julian Zado und Kilian Wegner argumentieren in ihrem Papier, dass die Lage auf dem Wohnmarkt eine Debatte über Mietendeckel notwendig mache. Die wiederentdeckte Mietpreisregelung aus der Nachkriegszeit brachten die drei Ende letzter Woche in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel ins Gespräch.

In dem nun vorliegenden Papier legen die Politiker die mögliche Rechtsgrundlage für einen Mietendeckel dar. Dabei beziehen sie sich – wie auch der Stadtsoziologe Andrej Holm in einem Blogbeitrag – auf einen Artikel des Juristen Peter Weber mit dem Titel „Mittel und Wege landesrechtlichen Mietpreisrechts in angespannten Wohnungsmärkten“.

Mieten um 13 Prozent gestiegen

Die wichtigsten juristischen Punkte: Das Recht des Wohnungswesens gehöre seit der Föderalismusreform 2006 zum Kompetenzbereich der Länder. Andererseits sei ein Mietendeckel mit dem Grundrecht der Eigentumsgarantie vereinbar, weil es kein Recht auf Rendite durch Miete gebe. Die Miete sei „keine grundsätzlich geschützte Spekulationsrendite.“

Auch andere Politiker der rot-rot-grünen Landesregierung äußerten sich positiv: „Die Fachleute prüfen, was wirklich geht, bevor Namensartikel veröf­fentlicht werden. Wenn es funktioniert, ist es der Hammer und muss kommen“, twitterte ­Katina Schubert, Landesvorsitzende der Linken, vergangene Woche. Auch die grüne Mietexpertin Katrin Schmidberger äußerte sich in sozialen Medien positiv.

Wie drängend die Situation ist, zeigt das von Immowelt am Mittwoch veröffentlichte Mietpreisbarometer: Die Angebotsmieten der Inserate hätten 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent zugenommen und lägen nun im Schnitt bei 11,80 Euro kalt pro Quadratmeter.

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2 Kommentare

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  • Der aktuelle Mietspiegel ist ein Mieterhöhungsspiegel, denn er listet nur die Durchschnittswerte der Neuvermietungen auf, wird dann aber als Grundlage für die Mieterhöhung von Altverträgen genommen. Gerade bei massiv steigenden Mieten erhöht er dadurch noch die Mietsteigerungen.



    Die Umlage von Modernisierungsinvestitionen auf die Miete ist im Prinzip schon gerechtfertigt. Allerdings sind zwei wesentliche Schrauben nachzujustieren:



    Zum einen orientierte sich die Umlage auf eine Zeit mit relativ hohen Zinsen. Die Umlage müsste angesichts der niedrigen Zinsen daher mindestens halbiert werden.



    Zum anderen ist die Abgrenzung von Instandhaltung und Modernisierung nicht sauber. Damit werden die Vermieter*innen belohnt, die erst einmal das Objekt verkommen lassen und dann die Pflege in Form einer Modernisierung nachholen. Modernisierung muss daher wesentlich enger beurteilt werden.



    Eine Mietobergrenze bedeutet, dass die Auswahlkriterien noch rigoroser werden und Kompensationsgeschäfte über Abstandszahlungen etc. noch zunehmen.



    Das kann ein Mittel sein, geht aber das eigentliche Problem nicht an.



    Zielführender wären:



    - Zwangsvermietung von leerstehenden Wohnungen zu einem niedrigen Mietpreis.



    - Schaffung von mehr Wohnraum



    - Beschränkung der Wohnungsspekulation. Der Spekulationsgewinn bei nicht selbst genutzten Wohnungen müsste voll besteuert werden und darf nicht steuerfrei sein.

  • Die SPD erweckt den Eindruck, zur Placebopartei verkommen zu sein. Jetzt auch hier: Großspurig Mietendeckelung propagieren, ohne daß ein wirsamer Effekt zu erwarten ist.

    Im Mietwohnungsmarkt ließe sich einiges anders machen. Z. B. könnte man auch die durch Gesetze abgesicherte entschädigungslose Enteignung der Mieter rückgängig machen, die mit "Modernisierungen" einhergehen, und stattdessen die Mieter, wenn sie die Kosten in Form von Mieterhöhungen abzahlen müssen, zu Miteigengtümern machen.

    Ebenso ließe sich in die Gesetze ein Rückforderungsrecht der Mieter verankern für solche Fälle, in denen Vermieter ihren Instandhaltungspflichten nicht nachkommen, obwohl sie ja auch damit die hohen Mietpreise begründen.

    Doch auch solche Dinge würden es noch nicht bringen. Denn je höher die Mieten sind, desto höher ist auch der von den Eigentümern abzuführende Steueranteil. Schon aus diesen Gründen ist es unglaubwürdig, wenn in der Politik von "viel zu hohen Mieten" geredet wird.