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Wahlen in den USADer Sieg der Frauen

Angewidert von Donald Trumps Politik, wurden vor zwei Jahren viele Frauen aktiv. Jetzt ziehen einige von ihnen in die Parlamente ein.

Der Beginn des Erfolgs: Frauenproteste in New York am 21. Januar 2017 gegen die Inauguration von Donald Trump Foto: ap

Berlin taz | Das, was die Menschen in den Vereinigten Staaten in der Nacht zu Mittwoch auf den Bildschirmen verfolgen konnten, war ein großer Schritt für die Diversity. Aber es war höchstens ein kleiner Schritt für die Demokratie in Amerika.

Schon am 21. Januar 2017 hatten viele Hunderttausende in Washington gegen den sexistischen, rassistischen neuen US-Präsidenten demonstriert. Im ganzen Land gingen damals zum „Women’s March“ weit über eine Million Frauen und Männer auf die Straßen. Angewidert von Donald Trump bildeten viele Leute Graswurzelbewegungen, Frauen wie Mikie Sherill, eine Ex-Pilotin, stiegen in die aktive Politik ein.

Fast zwei Jahre später ist der Marsch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in den Institutionen im ganzen Land angekommen. Und Mikie Sherrill zieht mit vielen anderen Frauen für die Demokraten ein in den Kongress an der Mall.

Dass die Demokraten das Repräsentantenhaus wieder gewinnen konnten, verdankt die Partei zu großen Teilen ihren Kandidatinnen. Nach den vorläufigen Zahlen haben von den 29 gewonnenen demokratischen Sitzen 18 Kandidatinnen erobert. Gewonnen haben sie hauptsächlich in den Vororten der Mittelklasse, nicht in den ländlichen Gebieten.

Das aufgeklärte Amerika ist also noch ein wenig aufgeklärter geworden. Und der Kongress wird in den kommenden beiden Jahren bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen wahrscheinlich eine ganze Reihe neuer Themen in die öffentliche Debatte bringen, sicher nicht nach dem Geschmack eines Donald Trump.

In Virginia schlug eine frühere CIA-Agentin, die Demokratin Abigail Spanberger den bisherigen republikanischen Abgeordneten. Der mit 31 Jahren jüngsten afro-amerikanischen Kandidatin Lauren Underwood gelang das in Illinois. Cindy Axne ist außerdem eine der ersten Frauen überhaupt, die für Indiana ins Repräsentantenhaus einziehen, Ayanna Pressley zieht als erste Afro-Amerikanerin für Massachusetts ein. Sharice Davids und Debra Haaland sitzen als erste Native Americans für die Demokraten im Kongress.

Rashida Tlaib und Ilhan Omar werden die ersten muslimischen Frauen im Kongress und Alexandria Ocasio-Cortez ist die jüngste Abgeordnete. Angie Craig gewinnt als erste offen lesbische Kandidatin aus Minnesota. Die Hälfte aller jener Demokrat*innen, die Amtsinhaber*innen herausforderten, waren Frauen.

Bei den Gouverneur*innen sieht es zwar immer noch verdammt männlich aus. Aber immerhin stehen jetzt neun Gouverneurinnen an der Spitze eines US-Bundesstaats. Die vier Amtsinhaberinnen konnten ihren Posten verteidigen. Dazu kamen fünf neue Gesichter wie die Demokratin Laura Kelly, die einen Trump-Klon, Kris Kobach, in Kansas schlug.

„Lasst uns sicherstellen“, kommentierte Elisabeth Warren, prominente Demokratin vom linken Flügel der Partei das Ergebnis der Wahlnacht, „dass niemand die Geschichte umschreibt“. Mit Blick auf den „Women’s March“ sagte sie: „Dieser Widerstand begann mit den Frauen und wird heute Nacht von den Frauen angeführt.“

Die Republikaner bleiben männlich dominiert

Nach derzeitigem Auszählungsstand sind künftig mindestens 111 Abgeordnete im Repräsentantenhaus Frauen. Bisher waren es nur 84 der 435 Repräsentant*innen. Aber im Gegensatz zu den etwa 50 Prozent bei Demokraten traten bei den Republikanern nur 18 Prozent Frauen gegen Amtsinhaber*innen an. Und von all den Frauen, die im Repräsentantenhaus, dem Senat oder bei Gouverneur*innenwahlen antraten, waren 77 Prozent Demokratinnen.

Der Jubel über die Frauenwelle überdeckt deshalb ein zentrales Problem dieser Wahl: Die Demokraten sind weiblicher, sie sind diverser, sie sind sogar ein wenig linker. Aber das Land ist es nicht. Die Mehrheitsverhältnisse haben sich kaum geändert.

Trotz „Grab them by the pussy“, trotz eines Obersten Richters Brett Kavanaugh, trotz eines agggressiv-sexistisch-rassistischen Wahlkampfs aus dem Weißen Haus, hat es für die Demokraten gerade mal so für die Mehrheit im Repräsentantenhaus gereicht.

Die Mobilisierung war außergewöhnlich und außergewöhnlich emotionalisiert, aber sie war es auf beiden Seiten. Bei maximaler Mobilisierung des aufgeklärten Lagers ist das die eigentlich bittere Erkenntnis. White male America hält zu Trump, no matter what.

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12 Kommentare

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  • Symbol test:



    Das ist doch 🍌!

  • "White male America hält zu Trump".

    Wieso "male"??

    Vor zwei Jahren haben 53 % der weißen Frauen Trump gewählt.

    www.deutschlandfun...:article_id=432342

    Dass diese Frauen nicht mehr zu Trump halten, müsste beleht und erklärt werden.

    Nur weil sich seine Gegnerinnen mehr engagieren, bedeutet es nicht, dass sich seine Änhängerinnen von ihm abgewandt haben.

    Hier ist der Artikel argumentativ schwach.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @rero:

      Es kann darüber spekuliert werden, wieso hier von einem 'Sieg der Frauen' geschrieben wird.

      Wenn gestern ein ähnlich hoher Anteil weißer Frauen Trump gewählt haben sollte, sei der Autorin mehr Differenzierung nahegelegt.

      Wunsch und Wirklichkeit sind oft zwei Paar Schuhe. Möglicherweise gibt es ein höchst unterschiedliches Wahlverhalten nach Hautfarben. Wählen farbige Frauen anders als weiße Frauen? Dann wäre eine Korrektur der Aussage überfällig.

  • Young Kim (R-CA) ist die erste "Korean-American woman in Congress". Das scheint aber nicht erwähnenswert zu sein. Stattdessen zelebriert man lieber Leute wie Ilhan Omar, die behauptet Israel würde die Welt hypnotisieren, Rashida Tlaib, die Israel abschaffen möchte und Alexandria Ocasio-Cortez, die von nichts Ahnung zu haben scheint. Dass nach all den Marches und Protestesten gegen Trump und Kananaugh der Sieg von Keith Ellison kritiklos bleibt, finde ich ebenfalls bewundernswert.

    • @h3h3y0:

      Du hast leider Recht, Hauptsache Muslim, das kann nur gut sein. Was diese Damen fordern? Das interessiert weder die taz noch hat es den Leser zu interessieren. Leider sehr schwache Argumentation des Artikels! Wer will kann ja Rashida Tlaib und Ilhan Omar selbst googeln...Mir sträuben sich die Haare bei solchen Ansichten. Hauptsache gegen Trump, der Rest interessiert nicht? Da bin ich von der taz aber viel Besseres gewohnt!

  • Frauen und die Guten gegen weiße Landeier: Das ist ein ganz entscheidender Punkt für die Zukunft amerikanischer Politik.

    Der Wähler der klassischerweise von Figuren wie Trump angesprochen wird wird demographisch in den nächsten 10 Jahren in der Minderheit sein. Derzeit beträgt der Anteil der weißen Bevölkerung noch 60 %; und sinkt jährlich um ca. 0,5 %. Männlich und eher alt kommt als weiteres Kriterium hinzu.



    Für den anderen Teil der Wähler: Hispanics, Schwarze und Asiaten haben die Republikaner inhaltlich nix zu bieten.



    Es ist gerade diese Verschiebung die derzeit die gesellschaftliche Spaltung vorantreibt und Randgruppen wie die White Suprmacyst nach oben spült.

    Die Frage wird eher sein, ist das dann demokratisch geklärt oder fühlen sich die Nazitypen erst recht unterdrückt und es wird noch unruhiger.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Tom Farmer:

      Wenn die von Ihnen benutzten Zahlen stimmen, so kann ich nur auf diesen Wandel hoffen. Sofern Trump und die Falken um ihn die Erde bis dahin nicht gänzlich in den Dreck gefahren haben.

      Das gestrige Wahlergebnis veranlasst mich zu keinen Jubelstürmen, eher zu einem wiederholten Kopfschütteln.

  • Die Wirtschaft läuft momentan "zu gut" für wirkliche Veränderung. Der Aufwärtstrend bei Jobs etc. ist zwar eine direkte Fortsetzung der guten Werte von Obama, aber es gab eben bisher auch keinen Knick oder auch nur einen flacheren Anstieg, den man Trump anlasten könnte. Im Gegenteil: Trump beansprucht diesen anhaltenden Aufwärtstrend für sich und seine Wähler glauben es. Es bleibt erst abzuwarten, wie sich seine Entscheidungen auf die Wirtschaft auswirken werden.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Anders als der Autorin ist für mich das Entscheidende, WELCHE Politik gemacht wird. Ich finde es wichtig, dass sie sozial und ökologisch nachhaltig ist und die Interessen der Unter-Priviligierten vertritt. WER eine solche Politik macht, hat meine Zustimmung. Dabei ist es mir einerlei, ob dies ein Mann, eine Frau oder eine Teflonpfanne ist.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Das ist schon richtig, aber die Trump-Republikaner werden eine Politik für die Unterprivilegierten sicher nicht machen oder unterstützten. Die haben anderes zu tun - Militär gegen die schröcklichen "Karavanen" zu mobilisieren, samt Schießbefehl, außerdem den Reichen zu geben und den Armen zu nehmen, ganz im Sinne ihres Chefs.



      Andererseits gibt es Demokraten ("blue dogs"), da hätte man gleich die Republikaner wählen können, da gibt es keinen Unterschied.



      Meiner Einschätzung nach geht das Spektrum der Demokraten von Links bis Rechts, das der Republikaner von Rechts bis Rechtsextrem-faschistisch.



      Die Republikaner sind also ideologisch erheblich homogener

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @EF:

        Was die Homogenität angeht, werden Sie vermutlich Recht haben.

        Dass dies offenbar bei den Demokraten weniger der Fall ist, bekommt man ansatzweise auch jenseits des Großen Teiches mit.

        Leider habe ich im Amiland kein Wahlrecht. Ich würde auf alle Fälle jemanden aus der Riege der 'Jungen Wilden' wählen, auch wenn ich - nicht nur altersmäßig - eher zu Bernie Sanders neige.

        Für Wählerschelte sind wir Deutschen kein glaubwürdiges Vorbild.

  • ''Sieg der Frauen'', Unfug.

    Mehr als 90 Prozent der Frauen wollen, ebenso wenig wie die Männer, ein Ende der kapitalistischen und imperialistischen amerikanischen Gesellschaftsordnung, national und weltweit.

    “Der Pazifismus ist seinem Wesen nach bürgerliche Sozialreform, ist eine spezifische Form der bürgerlichen Sozialreform und ebenso ohnmächtig wie diese, die Widersprüche, Gegensätze und Übel des Kapitalismus zu überwinden.“

    “Um sich von der Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien, muss die Arbeiterklasse der Bourgeoisie nicht bloß die Produktionsmittel des Lebens entreißen, sondern auch die Produktionsmittel des Todes. Gewalt lässt sich nicht wegdisputieren und nicht wegbeten. Gewalt kann nur durch Gewalt gebrochen werden. Das sprechen wir Kommunisten offen aus, nicht weil wir ‘Anbeter der Gewalt’ sind, wie sanfte bürgerliche und sozialdemokratische pazifistische Gemüter uns beschuldigen. Nein, wir beten die Gewalt nicht an, jedoch wir rechnen mit ihr, weil wir mit ihr rechnen müssen. Sie ist da und spielt ihre geschichtliche Rolle, ob wir wollen oder nicht.

    Es fragt sich nur, ob wir sie widerstandslos erdulden oder ob wir sie kämpfend überwinden wollen.“

    Quelle: Clara Zetkin, Gegen den Pazifismus.