piwik no script img

TV-Duell Bouffier vs. Schäfer-GümbelWenig Appetit auf große Koalition

Hessens Regierungschef Bouffier fordert im TV-Duell von Schäfer-Gümbel (SPD) „mehr Demut“. Der aber will das Ministerpräsidentenamt.

Ministerpräsidentenamt in Aussicht? SPD-Kandidat Schäfer-Gümbel (r.) und Amtsinhaber Bouffier im TV-Duell Foto: dpa

Frankfurt/Main taz | Es war eine Schlüsselszene im einzigen TV-Duell zwischen dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) und seinem SPD-Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel vor der Landtagswahl, das am Mittwochabend im hr-Fernsehen ausgestrahlt wurde. Schäfer-Gümbel erinnerte an das Schicksal der 82-jährigen Marianne Ried, die nach 59 Jahren aus ihrer Wohnung im Frankfurter Nordend ausziehen muss. Immobilienhaie haben das Wohnhaus in eine zugige Baustelle verwandelt, das Haus aufgeteilt und an neue Eigentümer verkauft.

„Herr Bouffier, warum verweigern Sie der Stadt Frankfurt am Main die Rechtsverordnung, mit der die Stadt MieterInnen vor einer solchen Umwandlung in Eigentumswohnungen schützen könnte?“, fragte der SPD-Kandidat. Bouffiers Antwort fiel vage aus: Sein SPD-Kontrahent werfe da einiges durcheinander. Die Umlegung der Renovierungskosten auf die Mieter habe die Berliner Koalition gekappt. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen sei ein anderes Thema, so Bouffier.

Fakt aber ist: Marianne Ried muss ausziehen, weil die neuen Hauseigentümer beides verbunden haben, Luxussanierung und die Umwandlung in Eigentumswohnungen, bei gleichzeitigen Schikanen in der Umbauzeit.

Es sind die Forderungen nach einem besseren Mieterschutz, einer aktiveren Wohnungsbaupolitik und das Versprechen, für die gebührenfreie Bildung von der Krippe bis zum Hochschulabschluss, mit denen SPD-Mann Schäfer-Gümbel in den letzten Tagen vor der Wahl punkten will. Bouffier warb dagegen auch im TV-Duell mit seiner Bilanz. Die schwarz-grüne Regierungskoalition habe „in Stil und Ergebnis“ eine gute Arbeit geleistet. „Hessen geht es gut, die Menschen sind zufrieden.“ Es sei zuletzt jeden Tag um Berlin und Bayern gegangen. „Jetzt geht es um Hessen“, betonte Bouffier, der die Koalition mit den Grünen fortsetzen will.

Einmal mehr versprach er, das in Frankfurt/Main ab Februar drohende Dieselfahrverbot abzuwenden. „Wir müssen die Industrie weiter unter Druck setzen.“ Er könne sich vorstellen, Dieselfahrer notfalls aus dem Zwei-Milliarden-Etat zu entschädigen, der für Elektrofahrzeuge zur Verfügung stehe, aus dem bislang nur wenig Geld abgerufen worden sei. Schäfer-Gümbel warf Bouffier und den Grünen dagegen vor, zu wenig gegen die Überschreitung der Grenzwerte getan zu haben. „Die Forderung an die Industrie nach Hardware-Nachrüstung habe ich von Ihnen erstmals vor acht Wochen gehört.“

CDU liegt in Umfragen vorn

Zuletzt lag die CDU in Umfragen deutlich vor der SPD. Trotzdem reklamierte Schäfer-Gümbel das Ministerpräsidentenamt für sich. Bouffier empfahl ihm nach dem SPD-Desaster bei der Bayern-Wahl „mehr Demut“. Sein Ziel sei es, dass an der CDU vorbei keine Regierung gebildet werden könne.

Dass beide Duellanten wenig Appetit auf eine große Koalition in Hessen haben, wurde schon vor der Sendung deutlich. Das Shake-Hands der Kontrahenten für die Fotografen kam erst nach wiederholter Aufforderung durch den Redakteur des TV-Duells zustande.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Na ja, die Hessen werden - ebenso wie die Bayern - schwarz/rötlich eine klare Absage erteilen. Das Ergebnis wird am Ende dann - ähnlich wie in Bayern - wohl eine neue GroKo-Simulation werden. Ein schwaches Rot kriegt man zur Not ja noch rausgewaschen, aber Schwarz nur ganz ganz schwer - da hilft dann auch kein Weißer Riese.

    • @Rainer B.:

      Gerade in Hessen wären die Möglichkeiten größer als in vielen anderen Ländern. Jamaika, Schwarz - Rot, Rot-Rot-Grün, wie die Ergebnisse vielleicht aussehen werden auch eine Ampel oder Schwarz-Grün möglich sein. Es gibt durchaus die Möglichkeit die CDU in die Opposition zu schieben.

      • @Sven Günther:

        Na denn man tau! Jamaika hat sich ja schon einmal bewährt - also jedenfalls als Urlaubsinsel.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          Nix Jamaika. Rot-rot-grün ist angesagt. Immer dieses miesepetrige Rumgenöhle! Kassandra. Kassandra.

          Hessen vorn. Ich bin dabei. Und in meinem Umfeld wagt niemand den Aufstand (gegen mich). :-)

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Sind S i e jetzt der Weiße Riese?

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Von Anderen Demut zu erwarten, war noch nie eine besondere Kunst. Da ist Herr Bouffier in zahlreicher Gesellschaft. Anders wäre es, sie selbst zu zeigen. Angesichts eines politischen Ziehvaters wie Herrn Koch: ein aussichtsloses Unterfangen.

    Bis in 10 Tagen, der Herr! Glückauf für die politischen Gegner!

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Auf dass die allerliebste Gattin bloß nicht drei Tage vor der Wahl noch 'ne tote Katze im Vorgarten findet und dem BILD-Reichelt steckt: "Ypsilanti war's!"

      Mit Katzenquälern verliert man nämlich jede Wahl ... mit Vertuschung von NSU-Morden am Bein offenbar nicht.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @esgehtauchanders:

        So isses.

        Manfrau muss halt Prioritäten setzen. Und tote Katzen sind auch für mich ein NoGo. Aber ich bin noch nicht senil genug, um deshalb CDU zu wählen. Dann schon lieber eine Tierschützerpartei. Die sind wenigstens glaubwürdig.