piwik no script img

Kommentar Kleingärten-AusländerquoteGärten sind für alle da

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

Eine Pachtvergabe nur an Deutsche, wie es ein der größte Kleingartenverein in Kiel erwägt, ist nicht akzeptabel. Politik und Verwaltung müssen das verhindern.

Die Gesetze und Regeln für Kleingarten-Kultur sind älter als dieser Gartenzwerg. Foto: dpa

H ier wurden pauschale Vorwürfe gegen eine riesige Bevölkerungsgruppe – die Zuwanderer – erhoben. Die hielten sich nicht an Regeln. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, Regelneinhalten in Kleingärten sei für Deutsche wie Nichtdeutsche eine Herausforderung.

Und viele Regeln sind antiquiert. Dass eine Hecke nur 1,20 hoch sein darf oder immer auf einem Drittel der Fläche Gemüse angebaut werden muss, zum Beispiel. Das schreibt sogar ein Bundesgesetz vor, trotzdem ist es veraltet. Andere Regeln, etwa eine mittägliche Ruhepause für Rasenmäher und anderen Lärm, sind durchaus noch sinnvoll. Auch das Verbot von Kleintierhaltung mag nachvollziehbare Gründe haben. Hier gilt es zu reden und Lösungen zu finden. Und vermutlich ist es der richtige Weg, wenn die Stadt die Vereine von Aufgaben wie Pachteintreiben entlastet, damit Konfliktpotential reduziert wird.

Was gar nicht geht, ist eine Quotierung bei der Gartenvergabe nach ethnischer Herkunft. Zwar dürfen Vereine den Aufnahmeantrag eines Mitglieds ablehnen, solange sie keine Monopolstellung in ihrem Bereich haben. Doch die hier schon öffentlich angedrohte Praxis dürfen Politik und Verwaltung nicht dulden. Kleingartenflächen sind für die Erholung aller Stadtbewohner da.

Schön zu hören, dass die Wortführer der Kritik nicht „in der braunen Ecke“ stehen möchten. Nur sind sie dann gefordert, die Androhung zurückzunehmen und in Austausch mit Politik, Stadt und weiteren Verbänden zu treten. Die Berichterstattung in den Medien krankte daran, dass einseitig über Zuwanderer geschrieben wurde, ohne mit diesen zu reden. Ein Runder Tisch bietet sich an.

„Der Unterschied zwischen sich unglücklich ausdrücken und diskriminieren ist irgendwie hauchdünn“, klagte eine Leserin zum Kleingartenstreit. Die nun in Aussicht gestellte Sozialarbeit benötigen wohl auch die deutschen Gärtner, damit sie sich nicht um Kopf und Kragen reden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.
Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Wie in vielen anderen Bereichen auch: Wenn Verstöße gegen die geltenden Regeln des Zusammenlebens nicht konsequent geahndet werden, suchen sich die Betroffenen andere Wege. Dafür habe ich persönlich großes Verständnis.

  • Der Artikel vermischt zwei Themen in unzulässiger Weise. Das Thema „Was für eine Art Kleingärten will man“ mit dem Thema Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.

    Es hätte nur noch der Hinweis gefehlt, dass es böse Kleingartenordnungen gibt, in denen chemische Pflanzenschutzmittel nicht erlaubt sind.

    • @Rudolf Fissner:

      Im Grunde hat der Artikel nur ein Thema. Ausländerfeindlichkeit, sofern sie denn nicht nur die fixe Idee eines kaputten Gehirns ist, hat dieselben Ursachen wie diese Kleingarten-Posse.

      Die meisten Menschen haben nie gelernt, ihre Konflikte auf erwachsene Weise zu regeln. Sehen sie ein Problem, rufen sie sofort nach irgendwelchen höheren Mächten, die das Problem für sie lösen sollen. Das kann „der Staat“ sein, „die Politik“ oder auch „die Presse“. Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen fühlen sich die Leute so lange halbwegs sicher und im Recht, wie keine höhere Macht einschreitet gegen das, was sie gerade tun. Sie sehen dann gar keinen Grund, was zu verändern an ihrem Verhalten. Mitgefühl zu haben, rechnet sich nämlich derzeit nicht.

      Deutsche sind in der Beziehung auch nicht besser als Migranten. Autoritäre Erziehung ist weltweit ein Problem. Eins, das sich derzeit sehr unangenehm bemerkbar macht, weil die alten Autoritäten nicht mehr so funktionieren wie gehabt und nichts Neues an ihre Stelle getreten ist. Danke, Revoluzzer aller Völker!

  • In Bremen gibt es Bestrebungen Kleingärten in Wochenendhausgebiete umzuwandeln. Damit fällt die Pachtobergrenze und Begrenzungen für Gartenhäuser. Kleingärten werden zu Wohngebieten.

    Der einkommensschwache Frickler der noch sein eigenes Gemüse anbaut wird herausgedrängt weil er sich die Pachten nicht mehr leisten kann oder will.

    Und der Neuzugang, dem die angeblich „antike“ Gartenarbeit ja viel zu anstrengend ist, gönnt sich dann nen pflegeleichten Zierrasen mit nem Blumenpott drauf.

  • "Und viele Regeln sind antiquiert. Dass eine Hecke nur 1,20 hoch sein darf oder immer auf einem Drittel der Fläche Gemüse angebaut werden muss, zum Beispiel"

    Warum? Weil so viele ihre Parzelle, das Grün, die Blumen vor dem Blick von Menschen verstecken wollen, die in Fußnähe ein wenig Natur genießen wollen? Die Flächen sind aus gutem Grund kein Eigentum sondern nur verpachtet.

    • @Rudolf Fissner:

      Das ist natürlich, damit der Blockwart immer alles im Blick haben kann ^^

      • @Sophie Kowalski:

        Der Blockwart sitzt hinter der Hecke. Dem Plebs bleibt der Blick auf die Grüne Wand jewils einem Meter neben ihm, wenn er seinen Sonntagsspaziergang aus den Wohnsilos macht durch jene Flächen, die nun Hochpacht-Wochenendhausgebiete sind und nicht mehr jene günstigen Kleingärten, in denen er zuvor noch werkelte.

    • @Rudolf Fissner:

      Nicht nur das; auf 400 m² wirft eine höhere Hecke, Baum, Gebäude viel Schatten auf die Beete. Es entstünden schnell beschattete, kleinteilige Separees.

      • @lions:

        PS. Bei durchschnittlichen Kleingärtengrößen von 370 m2 ist schnell ein Großteil der Fläche beschattet und eventuell nicht mehr für den Gartenbau nutzbar. Man kann zwar auf den Gesunden Menschenverstand hoffen, aber wenn es erlaubt ist fährt dann doch jeder 100.

        Die aktuellen Regelungen dienen genau dem Ziel einer kleinteiligen, partiell beschatteten luftigen Idylle, in dem die KleingartennachbarInnen sich nicht gegenseitig übervorteilen können. Bei den Flächengrößen in Kleingärten sind solche Regelungen notwendig.

      • @lions:

        Auf dem dann pflegeleichten Zierrasen ohne Mangold & und damit die Schmetterlinge abgehalten werden.

  • Wer es noch nicht wußte:



    Der Kleingarten ist die letzte Bastion des Faschismus!



    Ich merke dies selbst oft genug.



    Ich habe keinen Migrationshintergrund und ecke trotzdem ständig an.



    Dafür habe ich und meine Partnerin aber Kinder und Vollzeitjobs.



    Dass ich dann nicht wie viele andere (meist Rentner) noch einmal 100 Stunden Arbeit in meinen Rasen und den anderen Mist stecke liegt also auf der Hand.



    Es ist ja ein Erholungsraum...



    Zum Glück merken mittlerweile viele Jüngere dass ein Garten schon ganz geil ist. Und somit wird sich das Problem mit diesen bornierten alten Sturrköpfen irgendwann von allein lösen.

    • @Spider J.:

      Wie werden die mit einer fünf Meter hohen Hecke umgehen, die jede Sonne und Blick in die Weite nimmt? Nachts heimlich flach legen? Gift?