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Ralf Stegner über die GroKo-Sondierungen„Die CSU hat mit Tricks gekämpft“

Der SPD-Parteivize gibt sich skeptisch, will aber in Koalitionsverhandlungen mit der Union eintreten. Einige Punkte will er noch nicht aufgegeben.

Essenspause zwischen den Verhandlungen: Ralf Stegner am Tisch mit Volker Bouffier und Thomas de Mazière von der CDU (v.li.) Foto: dpa
Hanna Voß
Interview von Hanna Voß

taz: Herr Stegner, wie zufrieden sind Sie nach 24 Stunden ohne Schlaf mit den Ergebnissen der Sondierungsgespräche?

Ralf Stegner: Wir mussten in sehr kurzer Zeit sehr schwierige Gespräche führen. Die Ergebnisse sind gut.

Begeisterung hört sich anders an.

Ich gehöre zu den Skeptikern und Kritikern einer Großen Koalition. Aber ich bin auf dieser Basis dennoch dafür, jetzt in Koalitionsverhandlungen einzutreten.

Sie haben weder die Bürgerversicherung, noch die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsplätzen und eine Anhebung des Spitzensteuersatzes durchgesetzt. Warum wollen Sie dennoch über eine Koalition verhandeln?

Wir haben fast 60 positive Punkte durchgesetzt. Darunter die Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern, damit wir mehr in Bildung investieren können. Die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung, eine komplett neue Europapolitik, ein Einwanderungsgesetz. Natürlich hätten wir noch andere Sachen gerne bekommen. Aber bei der sachgrundlosen Befristung etwa ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, das kann ja auch in Koalitionsverhandlungen nochmal aufgerufen werden.

Das Einwanderungsgesetz taucht als solches nicht auf den 28 Seiten Sondierungspapier auf.

Weil die Union sich nicht traut, das auch so zu nennen. Faktisch ist es aber genau das.

dpa
Im Interview: Ralf Stegner

58, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. In den Sondierungen verhandelte er die Themen Migration und Inneres.

Wie groß ist denn das Vertrauen zu einem Partner, der sich mit solchen Begrifflichkeiten aufhält?

Wir wollen ja zum Glück nicht heiraten, dazu ist die Beziehung auch nicht gut genug. Die Union will immer grundsätzlich nichts von den guten und wichtigen Themen, die wir voranbringen wollen. Die CSU hat bis morgens um 8 Uhr mit lauteren und zum Teil auch unlauteren Tricks um die Fallstricke in der Migrationsfrage gerungen. Das war das einzige Thema, das sie interessiert hat.

War die Strategie der CSU denn nicht erfolgreich, wenn man sieht, dass jetzt eine Obergrenze von 180.000 bis 220. 000 Geflüchteten pro Jahr vereinbart wurde?

Das ist keine Obergrenze! Das sage ich ganz ausdrücklich, weil ich diesen Bereich bis in die Früh mitverhandelt habe. Die CSU wollte festlegen, dass wir nicht mehr als eine bestimmte Zahl Menschen ins Land lassen, und das hätten wir unter keinen Umständen mitgetragen. Die Zahlen, die sich jetzt in dem Papier finden, sind eine Beschreibung, wie viele Flüchtlinge wir erwarten. Aber wenn mehr kommen, kommen eben mehr. Es gilt das Asylrecht und die Genfer Flüchtlingskonvention.

Aber auch der Familiennachzug wurde mit 1.000 Geflüchteten pro Monat doch sehr eng begrenzt.

Die Union hatte mit den Grünen bereits vereinbart, den Familiennachzug um ein weiteres Jahr auszusetzen. Das wollten wir auf keinen Fall. Ab dem 18. März können Anträge auf Familiennachzug gestellt werden.

Und die werden dann auch bearbeitet?

Es wird eine Übergangsfrist von drei Monaten bis Ende Juli geben, bis das neue Gesetz wirkt. Aber ab dem 18. März ist der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte nicht länger ausgesetzt.

Wie schätzen Sie die Stimmung in der Partei ein? Glauben Sie, dass sie mit diesem Papier durchkommen?

Die Meinungen sind unterschiedlich, das ist auch gut so. Wir machen es uns nicht leicht. Aber bei aller eigenen Skepsis plädiere ich dafür, es zu versuchen, wenn wir konkret etwas für die Menschen erreichen können.

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26 Kommentare

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  • Und? Wer verbietet es der SPD mit allen Tricks und aller Vehemenz zu kämpfen? Wenig selbstbewusst, depressiv und kleinlaut bringt es eine Partei nicht zu Erfolgen bei Verhandlungen.

     

    Ach ja: So jemand wie Stegner sollte noch mehr bei den Verhandlugnen das Sagen haben. Vielleicht auch mal jemanden wie Malu Dreyer vor Ort einbinden. Verbietet doch keiner, auch mal weniger kleinlaute SPD-Leute ins rennen zu schicken.

  • Wo ist denn da der Trick? So zu tun, als wäre man gegen Dinge, die man eigentlich selber auch nicht anders vorhat, wie sich etwa die Aufhebung des Kooperationsverbots angeblich abhandeln zu lassen, dafür die eigenen Forderungen als nicht diskussionsfähig darzustellen, wie dies die Union in den Zuwanderungsfragen gemacht hat, das ist doch einfaches Handwerk derer, die verhandelt haben. Und die einen waren professionelle Zocker, die anderen haben sich wie blutige Amateure vorführen lassen, so einfach ist das. Die SPD hätte natürlich über den Affront der CSU mit der Einladung von Orban den ersten Sondierungstag platzen lassen müssen um klar zu machen, dass man das mit ihr nicht machen kann. Und jetzt stehen die Obergrenze (grade mal 10% über der Wunschzahl von Seehofer) und die Lager für Aufnahme und Abschiebung in der Sondierungsvereinbarung, so geht verhandeln nun mal. Arme SPD, ihr habt es wirklich immer noch nicht gelernt.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Stegner, der Sauertopf der SPD, der in seinem Leben noch keine einzige Wahl gewonnen hat, fühlt sich berufen, Forderungen zustellen. Glück auf.

    • @80576 (Profil gelöscht):

      Wer ist eigentlich Stegner.

      Bei mir ist er noch nicht positiv aufgefallen.

      Vielmehr schaut er oft düster drein,

      wie es Wehner auch gemacht hat.

  • Also die CSU traut sich nicht , das Einwanderungsgesetz so zu nennen. Herr Stegner ist da deutlicher.

    Also Herr Stegner traut sich nicht, die Obergrenze so zu nennen. Die CSU ist da deutlicher.

  • Die Mehrheit der Deutschen lehnt laut DeutschlandTrend eine Neuauflage der GroKo ab. Nach zuletzt 61 Prozent Zustimmung wollen nun nur noch 45 Prozent das Bündnis. KRITISCH WIRD DIE CSU GESEHEN.

    https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/

  • "Wir haben fast 60 positive Punkte durchgesetzt. Darunter die Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern, damit wir mehr in Bildung investieren können. Die paritätische Finanzierung der Krankenversicherung, eine komplett neue Europapolitik, ein Einwanderungsgesetz."

     

    Ausser beim Einwanderungsgesetz ist doch kaum ein Kontroverse Sicht das als Erfolg zu verkaufen ist schon arg dürftig. Bürgerversicherung oder Reichensteuer wären es Wert gewesen die Groko zu starten. Das was auf dem Tisch liegt ist es nicht Wert.

     

    Die SPD

  • Tick, Trick und vertrackt...

     

    Echt fies von der CSU.

    Andere Parteien benutzen natürlich nie Tricks...

    Schon gar nicht die gute SPD.

  • Ist schon fast alles gesagt....nur,die SPD hatte wohl nie die Absicht,aus der GROKO auszusteigen.Man hätte die Minister aus der Regierung abziehen müssen,da wäre Merkel als Minderheitskabinett schnell in die Gänge gekommen.Stabiltätsbedenken ?...in 80% der grossen Fragen sind sie sich eh einig.Man hätte Parlamentsarbeit mit richtigen Mehrheiten zu unterschiedlichen fragen machen können...aber Gabriel und Co. haben Ihre Posten ja gern....die Folgen für die Demokratie interessiert keinen...

  • Jetzt geht es dem "Umfaller" nur daraum die Chefs der Landesverbände auf seine Linie zu bekommen.

    Wieviele Pöstchen dabei herauskommen will ich gar nicht wissen.

    Eine ehemals stolze, Wählerstimmen gewaltige Partei wurde in wenigen Jahren durch einige unsägliche Autokraten kaputt gemacht.

    Pfui und abermals pufi !

    Sozen, die nächsten Wahlen kommen bestimmt und dann seit ihr endlich dort angekommen, wie es Eure bornierten Macher wollten !

  • "eine komplett neue Europapolitik"

     

    Da steht "Wettbewerbsfähigkeit" als Punkt 1. Jeder weiß was so ein Gerede hierzulande zur Folge hat - 50% der Bevölkerung dürfen mehr arbeiten für weniger Geld. Sämtliche Statistiken belegen das.

  • Vor dem endgültigen Untergang noch ein paar Pöstchen für Funktionärsärsche Keine Überraschung.

  • Ich hoffe, dass wenigstens die Delegierten des Parteitags oder letztendlich die Mitglieder der Partei, der ich seit 2005 nicht mehr angehöre, noch soviel Anstand und Ehre haben, um den Weg zu einer neuen GroKo zu verbarrikadieren.

     

    Alleine schon die Statements mancher CDU-Politiker, wie bspw. des hessischen Ministerpräsidenten ("Wir haben von Anfang an klar gemacht, was mit uns nicht geht") oder des Vorsitzenden der Jungen Union, der sein Glück gar nicht fassen konnte, reichen aus, um das Ergebnis der Sondierungsgespräche abzulehnen.

     

    Und das Papier zeigt es dann auch überdeutlich, dass die SPD treu und brav auf dem Weg wandelte, den die Union vorgegeben hat.

    • @Der Allgäuer:

      Wenn die GroKo nicht zustande kommt, wird es voraussichtlich Neuwahlen geben. Dann wird die Union weitere Stimmen verlieren und die SPD könnte hinter die AfD zurückfallen. Halten Sie das für ein erstrebenswertes Ziel?

      • @Hartwig Lein:

        Nein, das ist natürlich kein erstrebenswertes Ziel.

         

        Was macht es aber für einen Sinn, wenn die SPD nun in die GroKo einsteigt (wahrscheinlich auf Basis der Ergebnisse der Sondierung, denn dass die Union bei Koalitionsverhandlungen kompromissbereiter sein wird, ist eine Illusion, ein Tagtraum, der nicht allein, aber vor allem von SPD-Vorständlern verbreitet wird, um "grünes Licht" für Koalitionsverhandlungen zu bekommen), und deshalb nach der Bundestagswahl 2021 abschmiert und noch schlechter abschneidet?

         

        Was macht es für Sozialdemokraten für einen Sinn, Regierungsverantwortung unter der Voraussetzung zu übernehmen, dass sie keine Sozialdemokraten mehr sind?, fragte - sinngemäß (!!) - Willy Brandt.

  • es ist immer wieder erschreckend, wie wenig der umwelt- und klimaschutz auf der agenda der SPD steht. oder eher: gar nicht. wieso eigentlich? ca. 80% der bevoelkerung wollen die energiewende.

    • @the real günni:

      Die Energiewende wird ja vollzogen, nur nicht in dem Tempo, wie Sie sich dies vorstellen. Gemach, gemach ... Wir sind ja schon mitten drin.

      • @Nikolai Nikitin:

        ja, so wie ich mir das vorstelle,..und die uebrigen 195 deligierten aller nationen dieser erde, die das pariser klima abkommen unterzeichnet haben und 7,5 milliarden menschen repraesentieren (minus nikolai nikitin)

    • @the real günni:

      Wo haben Sie denn diese Zahl her? BUND oder Bertelsmann-Stiftung?

       

      Was tun diese 80% eigentlich für den Klimaschutz. Etwa Auto fahren und Kreuzfahrten genießen?

      • @Hans-Georg Breuer:

        es ist immer wieder erschreckend, wie wenig der umwelt- und klimaschutz auf der agenda der SPD steht. oder eher: gar nicht. wieso eigentlich?

    • @the real günni:

      Wenn die sog. Obergrenze nur eine "Erwartungszahl" darstellt und dieses publik wird, dann dürfte der Weg frei sein für die AfD oder ähnliche Parteien. Denn so dumm ist der Bürger da draußen nicht, wie es sich manche Politiker vorstellen.

      • @Hans-Georg Breuer:

        umwelt- und klimaschutz auf der agenda der SPD

  • Sollte man Stegner mehr Vertrauen als der CSU ?

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Herr Stegner war vielleicht noch etwas müde.

    (Die Entscheidung über das Wohl und Wehe Deutschlands in müde Parlamentsvertreter zu geben ist schon ein recht abenteuerliches Unternehmen, ist aber ein anderes Kapitel).

    Ich hoffe aber und wünsche mir sehr, daß die SPD-Delegierten sagen; Njet, wollt ihr mit uns eigentlich Monopoly oder MenschärgereDich nicht spielen?

    Es ist wirklich richtig irre.

    Die SPD scheint nach diesen vergangenen Grokos nichts, aber auch gar nichts gelernt zu haben!

    Tschüss SPD.

  • > Ich gehöre zu den Skeptikern und Kritikern einer Großen Koalition. Aber ich bin auf dieser Basis dennoch dafür, jetzt in Koalitionsverhandlungen einzutreten.

     

    Man fragt sich, ob überhaupt eine Basis denkbar ist, auf der Herr Stegner dagegen gewesen wäre. Meine Erwartung hat er jedenfalls voll erfüllt.