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Aufklärung der G20-Gewalt in HamburgAus Steinewerfern wird Liebespaar

Vor dem Innenausschuss haben Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeiführung ihr Vorgehen bei G20-Gipfel verteidigt.

„Extreme Herausforderung“: Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg. Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz | In Hamburg hat die parlamentarische Aufarbeitung der G20-Ereignisse begonnen. In einer Sondersitzung des Innenausschusses haben sich die Verantwortlichen für den Polizeieinsatz vor den Parlamentarier*innen geäußert. Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeipräsident Ralf Meyer, Kriminaldirektor Jan Hieber und der G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde erklärten sich zum Sicherheitskonzept, der Polizeitaktik und den Protesten. Alle vier lobten den Einsatz der Polizist*innen: Die Verantwortung für Chaos und Gewalt läge bei den G20-Protestierenden.

Während der Protesttage war es neben brennenden Barrikaden und Sachbeschädigung von erheblichem Ausmaß auch zu gewalttätigen Szenen gekommen, in denen Polizist*innen auf Demo-Sanitäter*innen, Journalist*innen und Demonstrant*innen losgegangen waren. Obwohl zahlreiche Videos und Fotos die Szenen belegen, hatte Bürgermeister Olaf Scholz gesagt: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine Denunziation, die ich entschieden zurückweise.“

Auch Grote schloss sich vor dem Innenausschuss dieser Deutung an. „Polizeigewalt unterstellt strukturelles, rechtswidriges, gewalttätiges Eingreifen der Polizei“, sagte der Senator. Um die Einschränkungen für die BewohnerInnen der Stadt gering zu halten, habe man sich auf drei Maßnahmen beschränkt: die Einrichtung der Sicherheitszonen um die Tagungsorte, die Demoverbotszone in der Innenstadt für die Transferkorridore der Staatsgäste, und darauf, keine zentralen Übernachtungscamps zuzulassen. Grote bilanzierte: „Im Nachhinein kann man keinen vernünftig begründeten Zweifel an der Notwendigkeit dieser drei Maßnahmen artikulieren.“ Den Polizeieinsatz bezeichnete er als eine „extreme Herausforderung für alle Polizeikräfte, die ganz weit überwiegend herausragend bewältigt“ worden sei.

Eine extreme Herausforderung, die ganz weit überwiegend herausragend bewältigt wurde

Innensenator andy Grote über den Polizeieinsatz zum G20-Gipfel

Kriminaldirektor Hieber erklärte, die Polizei sei von den Vorgehensweisen „Krimineller aus dem linksradikalen Spektrum“ überrascht gewesen. So hätte die Polizei zwar damit gerechnet, dass insbesondere autonome Gruppen aus dem Ausland auch „lebensgefährliche Verletzungen von Polizeibeamten in Kauf nehmen“ würden, nicht aber damit, dass es zu Aktionen kommen werde, die „eine vorsätzliche Tötung“ von Sicherheitskräften zum Ziel hätten. Beispiele für solch ein Vorgehen nannte Hieber nicht.

Gewalttäter oder bunt-gekleidetes Partyvolk?

Verwirrt hat die Polizei offenbar auch die durchaus bekannte Taktik Protestierender, sich unterwegs umzuziehen. An vielen zentralen Punkten haben man Kleiderreservoirs gefunden. „In Sekundenschnelle“ hätten sich schwarz gekleidete Gewalttäter in bunt angezogenes Partyvolk verwandelt.

Aus maskierten Steinewerfern seien binnen kürzester Zeit modisch gekleidete Liebespaare am Wegesrand geworden, die für die Polizei nicht mehr zu identifizieren waren. „Der schwarze Block war plötzlich nicht mehr schwarz“, fasste der Kriminaldirektor die Identifizierungsprobleme der Einsatzkräfte zusammen.

Die Sitzung des Innenausschuss war nur der Anfang einer vermutlich langen Aufarbeitung der Ereignisse. Ein Sonderausschuss soll seine Arbeit voraussichtlich am 31. August aufnehmen. Der Opposition geht das nicht weit genug: Die Linkspartei fordert die Einrichtung eines Parlamentarischen Untersuchungssauschusses (PUA), der mehr Befugnisse und einen weitergehenden Aufklärungsauftrag hätte. Die CDU behält sich vor, sich der Forderung anzuschließen.

Untersuchungsausschuss hätte mehr Rechte

Im Unterschied zu den regulären parlamentarischen Ausschüssen wie dem Innenausschuss kann im PUA auch eine Ausschuss-Minderheit Beweisanträge stellen. Das heißt, sie kann erwirken, dass Akten vorgelegt und Zeugen vorgeladen werden. Im G20-Sonderausschuss hingegen kann nur eine Mehrheit so etwas bewirken – und die hat die Regierungskoalition.

Der Bundestagsabgeordnete Jan van Aken von der Linken warf der Hamburger Regierung vor, sie habe offenbar viel zu verbergen, anderenfalls könnte sie ja der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zustimmen. Bei dem Sonderausschuss sei die von Scholz vorgegebene Marschrichtung klar: „Findet bloß nichts raus!“

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9 Kommentare

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  • „Der schwarze Block war plötzlich nicht mehr schwarz“

    „In Sekundenschnelle hätten sich schwarz gekleidete Gewalttäter in bunt angezogenes Partyvolk verwandelt.“

     

    Könnte so sein, muss aber doch gar nicht. Was, wenn sich umgekehrt Leute gezielt einfach mal als Autonome verkleidet haben, die weder mit „links“, noch mit „autonom“ irgendwas am Hut haben, oder die im „Spezialeinsatz“ waren?

    • @Rainer B.:

      Guter Hinweis!

       

      Verschwörungstheorien lassen sich aber auch weiterspinnen:

       

      Solche Gedankenspiele wie jene von Ihnen werden schon seit Jahren gemacht werden und sind den Organisatoren der Demo bekannt. Trotz Kenntnis solcher möglichen Unterwanderungen werden Vermumte nicht strickt von Demonstrationen von sich aus ausgeschlossen. Stattdessen wird also Spezialeinsätzen die perfekte Vermummung geboten. Das Gedankenspiel führt letzendlich dahin, dass Organisatoren, die Vermummnung "zulassen", selber schon Spezialeinheiten sei können.

       

      Ist aber auch egal. Die vermummten Helden schaffen immer das gleiche Ergebnis; ob nun im Spezialeinsatz tätig oder individuell gläuig im Kampf für das "Gute": Die eigentlichen Proteste und Argumente fallen unter den Tisch und gehen unter vor den Heldenbildern, in denen Kerle ihren aussagelosen Stinkefinger im Feuerlicht der Welt zeigen.

      • @Rudolf Fissner:

        Ich behaupte mal, es wären noch sehr viel mehr Leute gekommen und hätten sich den G20-Protesten angeschlossen, wenn sie nicht befürchtet hätten, allein wegen ihrer Teilnahme an einer Demonstration in irgendwelchen dubiosen, intransparenten Dateien von sogenannten „Verfassungsschützern“ zu landen. Es gibt durchaus gute Gründe, sich zu vermummen, die überhaupt nichts mit Gewaltbereitschaft zu tun haben. Das Vermummungsverbot dient im wesentlichen dem Zweck, das Demonstrationsrecht einzuschränken. Es wurde nicht zufällig von den Leuten eingeführt, deren Politik auch der Ausgangspunkt für die meisten Demonstrationen in Deutschland ist.

  • Siehste, siehste, sach ich doch -

    alles nur Einzelfälle. Manchmal auch 20.000 und mehr.

    http://www.taz.de/!5426741/#bb_message_3506798

  • Die Grünen sind in Hamburg ja glaube ich mit in der Regierung mit Olaf Scholz.

    Ich hab jedenfalls mal so was gehört.

    • @nzuli sana:

      Hoffentlich wissen die auch schon davon.

  • Der Begriff der "Denunziation" durch Olaf Scholz ist irreführend, da dieser Begriff beinhaltet, dass die beschwerdeführende Person oftmals unter dem Mantel der Anonymität unter Zuhilfenahme staatlicher Gewalt (Polizei, Justiz) einer dritten Person Schaden zum eigenen Vorteil zufügen will.

     

    In welcher Weise trifft dies auf Menschen zu, die ihre Beobachtungen während der G20-Proteste artikulieren? Welcher persönliche Vorteil entsteht den Beschwerdeführenden durch eine rechtsstaatlichen Untersuchung der vielfachen u.a. filmischen Dokumentationen von Übergriffen durch Angehörige der Polizei? Welcher Schaden wird hier intendiert und wo ist der Nachweis, dass die Beschwerdeführenden anonym bleiben wollen?

     

    Die Wortwahl scheint einen anderen Zweck als den der korrekten Beschreibung der Wirklichkeit zu haben und muss daher im Verdacht stehen, rein diffamierend beabsichtigt zu sein. Vermutlich ist es hier mehr darum zu tun, zuzuschnappen um nicht der Beisshemmung gegen links bezichtigt zu werden (was sowieso missraten muss) - ein altsozialdemokratisches Trauma.

    • @Roland Kroeger:

      Zum "denunzieren" gehört immer auch etwas, das sich denunzieren lässt...!

      • @Lesebrille:

        Richtig. Im konkreten Fall vielfache Gewaltanwendung durch Polizist*innen, die in Bild und Video festgehalten ist.