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EU-Militäreinsätze gegen FlüchtlingeLibyen ist das zu menschenunwürdig

Die EU möchte gerne gegen Flüchtlingsboote im Mittelmeer vorgehen, unter anderem vor Libyen. Doch das Land lehnt solche Einsätze als menschenunwürdig ab.

Da können nur Soldaten helfen. Nicht. Bild: reuters

BENGASI afp | Nach dem Beschluss für einen EU-Einsatz gegen Schlepper im Mittelmeer hat Libyens international anerkannte Regierung ein militärisches Vorgehen gegen Boote mit Flüchtlingen abgelehnt. Der Sprecher verwies dabei auch „auf die Sicherheit libyscher Fischer“, die durch den Einsatz gefährdet werden könnten.

„Jeglicher militärischer Einsatz kann nur in Zusammenarbeit mit der libyschen Regierung erfolgen“, sagte ein Sprecher der im ostlibyschen Tobruk ansässigen Regierung. „Die militärische Option zum Umgang mit Booten innerhalb oder außerhalb libyscher Gewässer wird nicht als menschenwürdig betrachtet.“

Vor dem Hintergrund der jüngsten Flüchtlingstragödien im Mittelmeer hatten die EU-Außenminister am Montag das Konzept einer Marinemission gebilligt, mit der gegen Schlepperbanden vorgegangen werden soll. In einer ersten Stufe will sich die EU über Luftaufklärung ein genaueres Bild von der Lage verschaffen. Geplant ist dann ein Vorgehen gegen Schlepperboote in internationalen und libyschen Hoheitsgewässern und als mögliche weitere Stufe auch gegen Einrichtungen der Schleuser an Land.

Allerdings machen die Europäer das militärische Vorgehen gegen die Schlepperboote von einem UN-Mandat beziehungsweise dem Einverständnis der libyschen Behörden abhängig. In Libyen konkurrieren derzeit zwei Regierungen um die Macht, nachdem im vergangenen Sommer islamistische Milizen die Hauptstadt Tripolis erobert und dort eine eigene Regierung gebildet hatten. Die international anerkannte Regierung floh nach Tobruk.

Die beiden Seiten verhandeln seit Januar unter UN-Vermittlung über die Bildung einer Einheitsregierung. Die EU bemüht sich neben dem UN-Mandat auch um ein Einverständnis der beiden Regierungen für den Militäreinsatz.

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2 Kommentare

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  • Diese kriegerische Aggression gegen ZivilistInnen ist die eigentliche PEGIDA-Offensive!

  • Das ist nicht wirklich eine gute Ausgangslage für eine Lösung des Problems! Konkurrenz mag ja auf einem Markt das Geschäft beleben. Im vorliegenden Fall allerdings wird sie eher in einen Abwärtsstrudel führen.

     

    Ob nun Fischer oder Schlepper – die, die das Meer vor Libyen befahren, tragen nicht unwesentlich zum Nationaleinkommen bei. Nicht nur auf See sind sie verdammt schlecht auseinanderzuhalten, sondern auch in der BIP-Statistik. Wobei wir wissen, dass ein hohes BIP oft auch mit einer hohen Zufriedenheit der Bürger vor Ort zusammenfällt. Wenn nun die EU (Ich war das nicht!) verspricht, nur Schiffe anzugreifen, die Schleppern gehören, weiß sie entweder nicht so genau was sie tut, oder sie lügt vorsätzlich. Ob eine Regierung ihr ihre Behauptung abnimmt, ist jedenfalls eine reine Glaubensfrage. Und das ist schlecht.

     

    Diejenige von zwei Möchtegern-Regierungen nämlich, die zuerst freiwillig glaubt an die Behauptung der EU, und auf einen großen Teil ihres BIP verzichtet, bekommt vermutlich auch zuerst die Unterstützung der Europäer. Egal, wie untauglich und korrupt sie sonst auch sein mag. DIE Europäer (Ich bin das nicht!) haben halt ihre Prioritäten. Und momentan ist kaum ein Problem in der öffentlichen Wahrnehmung größer als das, das diejenigen verursachen, die die Frechheit haben, vor aller Augen im Mittelmeer zu ersaufen. Gut möglich also, dass mit Unterstützung der EU demnächst in Libyen eine Regierung herrscht, der nicht nur das Menschenrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit schnuppe ist, sondern auch das Nationaleinkommen. Zumindest so lange, wie sie selber einen Vorteil hat von ihrer Macht. Das wird die Flüchtlingszahlen nicht gerade reduzieren.

     

    Solche Regierungen gibt es schon massenweise überall. Im Dutzend sind sie billiger. Zumindest so lange, wie die Völker, die die Regierungen zu vertreten vorgeben, nicht vollkommen lebensmüde sind und panisch zu flüchten versuchen in Richtung Europa.