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Raketen auf Israel abgefeuertAngriff trotz Feuerpause

Kurz vor dem Ende der Waffenruhe sind im Süden Israels drei Raketen eingeschlagen. Vergeltungsangriffe wurden angeordnet. Die Verhandlungen in Kairo dauern an.

Zerstörung im Gazastreifen. Bild: reuters

JERUSALEM/TEL AVIV/KAIRO ap/dpa/rtr | Wenige Stunden vor Ablauf der Feuerpause sind am Dienstag vom Gazastreifen aus drei Raketen auf Israel abgefeuert worden, die in der Nähe der Negev-Hauptstadt Beerscheba niedergegangen seien. Die Raketen seien nahe der im Süden gelegenen Stadt auf Feldern niedergegangen. Das teilte das israelische Militär mit. Berichte über Opfer gab es nicht.

Augenzeugen berichteten ebenfalls, sie hätten Raketen-Abschüsse aus dem Gazastreifen gehört. Als Folge des Raketenangriffs hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstag Vergeltungsangriffe gegen „Terrorziele“ im Gazastreifen angeordnet. Dies erklärte ein Regierungsvertreter in Jerusalem.

Israel hatte den Krieg am 8. Juli begonnen, um unter anderem den Raketenbeschuss zu stoppen. Bei den Kämpfen sind mittlerweile fast 2000 Palästinenser ums Leben gekommen, die meisten Zivilisten. In Israel starben 67 Menschen, darunter 64 Soldaten.

Die Waffenruhe läuft am Dienstagabend (23.00 Uhr MESZ) aus. Die ursprünglich für fünf Tage vereinbarte Waffenruhe war um 24 Stunden verlängert worden, um den Verhandlungen über einen langfristigen Waffenstillstand in Kairo mehr Zeit zu geben.

Harte Verhandlungen

Israel und die radikal-islamische Hamas liefern sich bei den Gesprächen über die Zukunft des Gazastreifens einen harten Verhandlungspoker. Beide Seiten sehen die Verhandlungen unter ägyptischer Vermittlung als eine Art Nullsummenspiel: Jeder Gewinn des einen bedeutet dabei einen Verlust für den anderen. Im Kern strebt die Hamas möglichst viel Freiheit für den blockierten Küstenstreifen am Mittelmeer an, während Israel die Ein- und Ausfuhr weiter streng kontrollieren will – nicht zuletzt, um eine Wiederbewaffnung des gefährlichen Erzfeindes zu verhindern.

Verhandlungen abgebrochen

Nach erneutem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen hat Israel seine Unterhändler von den Verhandlungen über eine dauerhafte Waffenruhe in Kairo zurück beordert. Nach Angaben eines hohen Regierungsverteters wurde die Entscheidung getroffen, nachdem trotz einer Feuerpause am Donnerstag erneut Raketen auf den Süden Israels abgefeuert worden waren. Unklar blieb zunächst, welche der bewaffneten Gruppierungen im Gazastreifen für den Bruch der Waffenruhe verantwortlich war. Auch gab es von keiner Seite Stellungnahmen zur Frage, ob die Vermittlungsbemühungen Ägyptens im Gazakonflikt damit endgültig gescheitert sind. (afp)

Angesichts der verhärteten Positionen ziehen sich die Verhandlungen zwischen der israelischen Delegation und den Palästinensern, die neben anderen Fraktionen auch die Hamas vertreten, quälend in die Länge. Die Leidtragenden sind dabei die Menschen auf beiden Seiten, die ohne dauerhafte Einigung auch sechs Wochen nach Beginn des Krieges nicht zur Normalität zurückkehren können.

Der Wiederaufbau im teilweise zerstörten Gazastreifen, in dem Zehntausende obdachlos sind, kann aber erst dann richtig beginnen, wenn der Gaza-Krieg offiziell beendet ist. Um die größten Stolpersteine zu umgehen, streben die Vermittler nach Medienberichten in einem ersten Schritt ein „schlankes Abkommen“ an, das ein Ende der Feindseligkeiten ermöglichen soll. Dieses sehe unter anderem eine – möglicherweise begrenzte – Öffnung der Gaza-Grenzen und eine schrittweise Ausweitung der Fischereizone vor, berichteten israelische Medien.

Die Einfuhr von Baumaterialien solle internationalen Kontrollen unterstehen. Die schwierigeren Punkte wie die von Israel geforderte Entmilitarisierung des Gazastreifens, der von Hamas angestrebte Bau eines Seehafens und eines Flughafens sowie die Rückführung der Leichen zweier israelischer Soldaten und die Freilassung von Hamas-Häftlingen sollen später geklärt werden. Israel will vor allem eine künftige Aufrüstung der Hamas und der anderen militanten Palästinenserorganisationen verhindern. Dabei soll die gemäßigtere Palästinenserbehörde des Präsidenten Mahmud Abbas helfen.

Die Hamas hat nach UN-Angaben zugestimmt, dass Sicherheitskräfte von Abbas an den Grenzübergängen zum Gazastreifen wieder die Kontrolle übernehmen. Damit wäre zumindest an den Übergängen der Zustand wiederhergestellt, der vor dem gewaltsamen Putsch der Hamas gegen die Fatah im Jahre 2007 herrschte – eine empfindliche Niederlage für die Hamas, die sich bereits zum Sieger im Krieg gegen Israel erklärt hat. Andererseits würde dieser Schritt auch das Überleben der radikal-islamischen Organisation sichern, die inzwischen in eine Einheitsregierung mit der Fatah eingebunden ist.

Umsturz geplant?

Derweil will die palästinensische Autonomiebehörde israelische Angaben prüfen, denen zufolge die radikal-islamische Hamas im Westjordanland einen Umsturz geplant haben soll. Dies verlautete am Dienstag aus palästinensischen Sicherheitskreisen in Ramallah.

Der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet hatte am Montag mitgeteilt, mehr als 90 Hamas-Mitglieder seien in den vergangenen Monaten festgenommen worden. Sie seien in verschiedenen Zellen im Westjordanland aktiv gewesen und hätten einen Sturz des gemäßigten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas geplant. Es seien auch Waffen gefunden worden. Schin Bet wirft den Festgenommenen auch vor, sie hätten versucht, einen neuen Palästinenseraufstand gegen Israel in Gang zu bringen.

Nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa sprach Abbas von „sehr schwerwiegenden Auswirkungen“, sollten die Vorwürfe sich bewahrheiten. Dies würde „die Einheit und die Zukunft des palästinensischen Volkes bedrohen“, sagte Abbas den Angaben zufolge.

Die Hamas hatte 2007 nach einem blutigen Bruderkrieg gewaltsam die Kontrolle im Gazastreifen übernommen. Seitdem herrschte die Fatah nur noch im Westjordanland. Nach einer Versöhnung bildeten die beiden größten Palästinenserorganisationen Anfang Juni eine Einheitsregierung aus Experten.

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35 Kommentare

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  • "Jede Rakete wird wieder mit massig Menschenleben bezahlt werden"

     

    Hier wird vollkommen übersehen, dass Hamas alles, aber wirklich ALLES daransetzt, so viel wie möglich an zivilen Todesopfern in der eigenen Bevölkerung zu erreichen, denn umso höher die Zahl der Todesopfer in Gaza, umso höher das politische asset und der internationale politische Druck auf Israel

  • Das ist kein zumutbarer Zustand für Israel. Noch während der Friedensverhandlungen werden wieder Raketen abgeschossen. Die Verwaltung in Gaza ist vollkommen unfähig oder eben unwillig, da etwas unter Kontrolle zu bekommen.

     

    Es wird Zeit, dass auch andere Nationen Israel helfen und den Gazastreifen unter Kontrolle bekommen., Da eine israelische Besatzung nicht akzeptiert wird, sollte da allmählich auch neben Ägypten die EU überlegen, dort als Besatzer tätig zu werden und die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Das würde allen am ehesten helfen.

    • @Age Krüger:

      Warum hier das Westjordanland und Ostjerusalem nicht in der Wunschliste von durch UN geschütztes Gebiet auftaucht?

  • "Jede Rakete wird wieder mit massig Menschenleben bezahlt werden"

     

    ist irgendwie eine treffende Beschreibung, wie die israelische Seite von Anbeginn an - schon vor der Gründung des Staates `Israel´ - vorgeht.

     

    Kollektivstrafen, Verbrechen an der Zivilbevölkerung bei Gegenwehr

  • Was dies mit dem Umsturz wohl soll?

     

    Kommt ja irgendwie wie bestellt.

    • @Ignaz Quadratwurzel:

      "Die Einfuhr von Baumaterialien solle internationalen Kontrollen unterstehen",

       

      na ja, dies ließe sich vereinfachen, wenn die BRD z.B. das notwendige Material - und dies wurde durch die UNWRA wohl beziffert - schleunigst in den Gazastreifen schafft.

  • Der Krieg der Hamas gegen Israel ist wieder voll entbrannt: Militante Palästinenser feuern Raketen ab. Die Islamisten drohen mit einer Ausweitung der Angriffe, auch auf den Flughafen von Tel Aviv. Die Hamas macht deutlich, dass die Gründung eines Palästinenserstaates keine Priorität hat und ihr das eigene Volk am Allerwertesten vorbei geht. Es ist ein Drama, das nur das Einschreiten von UN-Truppen vielleicht beenden kann. Die Hamas gehört entmilitarisiert und bekämpft.

    • @Tachles:

      Die Gegenwehr gegen Besatzung, Drangsalierung, Bevormundung, Landraub, Schikane

      wird offenbar fortgesetzt.

      • @Ignaz Quadratwurzel:

        Mit dem bekannten Ergebnis. Wer den Beschuss unterstützt, unterstützt das Töten von Zivilisten!

    • @Tachles:

      Das absurde ist, Sami Abu Suhri droht mal wieder Israel. Dabei gehen seine Drohungen eigentlich direkt ans eigene Volk. Jede Rakete wird wieder mit massig Menschenleben bezahlt werden. Das ist Hamas-Politik...

      • @Dhimitry:

        Ich sehe mittlerweile keinen großen Unterschied mehr zwischen der Hamas und den ISIS-Terroristen. Beide islamistische Gruppen verachten das Leben und sind ein Alptraum. Sollten Terrorgruppen wie diese an ABC-Waffen kommen, dann Gnade uns Gott.

        • @Tachles:

          Nun, diesen Vergleich würde ich nicht ziehen. Da sehe ich schon noch große qualitative Unterschiede. Aber ich gebe ihnen in soweit recht, als dass der Islamismus der Hamas die Wahrnehmung dieser Organisation nicht verbessert.

  • Die Raketen der einen, wie auch die Raketchen der anderen Seite, sind offenbar im freien Gelände gelandet.

     

    Ein Fazit könnte natürlich lauten: Die Hamas braucht mehr Waffen, damit sie alle Gruppen im Gazastreifen kontrollieren kann, wenn sie die Einhaltung eines Waffenstillstandes garantieren soll.

    Letztlich kann das aber ohnehin nur Israel, indem es anfängt die Menschen- und Völkerrechte zu respektieren.

     

    Davon aber sind die israelischen in Kairo vertretenen Positionen noch himmelweit entfertn

    • @Ute:

      Man glaubt von israelischer Seite, aber wohl auch von Seiten der EU und der USA, man könne nach dem Massenmord an Palästinensern, der 2000 von ihnen das Leben gekostet hat, zu irgendeinen Zustand zurückkehren, bei dem man in der Vergangenheit die Bevölkerung des Gazastreifens in Unter- und Bedrückung halten konnte.

    • @Ute:

      Ihre Verharmlosung des islamistischen Raketenterrors der Hamas ist unerträglich. Die Hamas droht mit Angriffen auf den Flughafen von Tel Aviv, also auf die internationale Zivilluftfahrt. Möchten Sie in einer Lufthansa-Maschine sitzen, die gerade in Tel Aviv startet oder landet und von einem "Raketchen" getroffen wird?

    • @Ute:

      "Die Hamas braucht mehr Waffen"

       

      Jau, den Ziegenbock zum Gärtner machen - wobei ich die Ziegen ncht beleidigen wollte.

  • Habt Ihr denn niemanden in der Redaktion, der nicht zumindest den gröbsten proisraelischen Propagandamüll aus den Tickermeldungen von ap, dpa und reuters rausfiltern kann?

    • @Wolfgang Schulz:

      haben die nicht mehr, seit die kommentare der korrespondentin von likud-manhigut geschrieben werden.

      • @christine rölke-sommer:

        Wer isses den nun? Eine Verschwörungstheorie sollte wenigstens kohärent sein. Aber bei Ihnen kommen immer wieder andere Urheber*innen ins Spiel. So wird das nix, Frau Rölke-Sommer!

    • @Wolfgang Schulz:

      OK, ich gebe zu, der zweite Aufguss schmeckt manchmal ein bißchen fade. Hier ist das Original: http://www.idfblog.com/

      • @Senckbley:

        mann möcht's nicht glauben! landser-maisjes aus nah-ost.

        das gibt hoffnung, die schlacht um Stalingrad doch noch zu gewinnen - wa?

        • @christine rölke-sommer:

          Diese fantastischen Mädels gibt es nur deshalb, WEIL Stalingrad für die Lanzer in die Grütze ging. Denn, Sie wissen ja, Stalingrad und el-Alamein waren der Grund, warum Adolfo nicht in Tel Aviv einücken konnte. Der vorgesehene Reichsstatthalter SS al-Husseini musste demzufolge auch seine letzten Jahre im ägyptischen Exil verbringen (nicht ohne Arafat dort auf seinem Schoß zu wippen).

          • @Senckbley:

            Wenn einem sonst nichts mehr einfällt, bringt man den Mufti ins Spiel. Der hatte übrigens mit Arafat nichts zu tun, das ist bloße Propaganda.

          • @Senckbley:

            Erweitertes Mittelhochdeutsch ist dann auch das einzige Gebiet, auf dem ich Ihre Meinung nicht in Frage stellen würde.

          • @Senckbley:

            maisjes sind keine mädels.

            so viel zu Ihren jiddisch-kenntnissen.

  • In den Kommentaren wird erst wieder gejault, wenn Israel die Raketen der Hamas mit Angriffen erwiedert, wetten!

    • @Plumpe Emil:

      Alle Nachrichenagenturen berichten zunächst, dass man nicht wisse, wer im Gazastreifen Raketchen abgefeuert hat.

       

      Bei 1980+ Opfern israelischer Gewalt gibt es sicher genügend Köpfe, denen dies genügend Anlass gäbe, um was zu unternehmen, vielleicht reichen diesen aber auch die bisherigen "Angebote" Israels nicht, die sie als Hohn empfinden.

    • @Plumpe Emil:

      Ich "jaul" schon mal jetzt los.

      • @Wolfgang Schulz:

        Dazu brauchen Sie ja bekanntlich nicht mal einen Grund :)

  • Das sich Israel erneut beschießen lässt, kann man nur als Provokation der Ju... äh Zionisten verstehen.

  • Ich bin ob der Diskrepanz zwischen dem an ein Stillleben erinnerndes Foto ("Einsamer Schreibtisch auf einem Trümmerberg in Gaza") und der Information (drei Raketen aus Gaza schlugen im Süden Israels ein) etwas konsterniert. Ist das abgebildete Schlachtfeld auf die drei von Gaza nach Israel abgeschossenen Raketen zurückzuführen? Und was sind das für Bücher auf dem Schreibtisch sowie der Kochtopf davor? Jedenfalls sieht es so aus, als ob die Raketen, die im Süden Israels einschlugen, auch in Gaza einen erheblichen Schaden angerichtet haben.

    • @Tachles:

      ist eben nicht so dramatisch, bzw. das Bild gibt nicht so viel her, wenn ein kleines Stück Rohr, von der dicke einer Fahnenstange, irgendwo zwischen der Petersilie steckt.

      • @Ute:

        Es sollte aber schon eine gewisse Beziehung zwischen Text und Bild vorhanden sein. Und vielleicht ist auch das Foto ein Fake genause wie die von Herrn Todenhöfers auf seiner fb-Seite geposteten Bildchen mit Kinderartikeln, die ein Innendekorateur auf dem Schutt verlegt hat, bevor das Bild geschossen wurde. Man kann sich eben auf nichts verlassen und wird nach Strich und Faden belogen. Aber es gibt so viele gutgläubige, teils sehr naive Menschne, die sich nur einseitig bilden und alles glauben, was sie in YouTube sehen und hören oder in Wikipedia lesen.

  • Liebe taz-Redaktion,

    wie aus Ihrem Artikel zu entnehmen ist, sind "Kurz vor dem Ende der Waffenruhe im Süden Israels drei Raketen eingeschlagen."

    Warum illustrieren Sie den Angriff auf Israel mit einem Foto, auf dem ein Schreibtisch in einem Trümmerfeld im Gaza-Streifen steht? Ist das Trümmefeld das Ergebnis der drei Raketen auf ihrem Weg nach Beersheba? Und stand der Schreibtisch zufällig im Weg?

    • @Soquette:

      Hier wird nur konsequent berücksichtigt, dass die Israelis über das mindestens 1000fache an Sprengkraft bei einem Angriff einsetzen,

       

      oder schätzen Sie das anders ein?