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Kommentar FlugzeugabsturzWarum uns dieses Unglück nahegeht

Edith Kresta
Kommentar von Edith Kresta

Ist es nationalistisch, Betroffenheit nach dem Absturz eines deutschen Jets zu zeigen? Nicht unbedingt, es zeigt erst einmal nur: Wir fühlen lokal.

Uns geht nahe, was uns nahe ist: Flugzeug der Germanwings auf dem Airport Düsseldorf. Bild: dpa

H undertfünfzig Menschen kommen beim Absturz einer Maschine der Fluggesellschaft Germanwings ums Leben. Wir sind schockiert, betroffen, traurig. Alle Zeitungen berichten groß, Merkel sagt alle Termine ab, auf allen Fernsehkanälen kommen Fachleute und Betroffene zu Wort. In den sozialen Netzwerken wird aber genau darüber genörgelt: Nur weil unter den Opfern vor allem Deutsche sind, zeigen wir so viel Betroffenheit. Das gleiche Unglück woanders wäre uns keine Zeile wert.

Das stimmt. Ein Flugzeugabsturz in Bangladesch wäre allenfalls ein Kurzmeldung. Das hat aber weder mit überbordendem Nationalismus noch mit internationaler Ignoranz zu tun, wie die weltwärts blickenden Kommentatoren über Twitter und Facebook geflissentlich unterstellen.

Nein, das Airbusunglück der deutschen Fluggesellschaft geht uns nahe, weil es uns nahe ist. Wir identifizieren uns damit; es hätte uns selber treffen können, einen Geliebten oder Angehörigen. Es untergräbt unser Gefühl von Sicherheit mehr, wenn das eigene Haus brennt, als ein Erdbeben in Somalia. Und es schürt unsere Flugangst mehr, wenn die als sicher geltende Lufthansa-Tochter betroffen ist, als ein anonyme Billigairline in Malaysia.

So funktionieren wir. Empathie, Mitgefühl hat immer etwas mit Sich-hinein-versetzen-Können zu tun, und das fällt uns selbstverständlich leichter, wenn es unsere vertraute Umgebung, das bekannte Gegenüber betrifft.

Lokal fühlen

Es ist pure Heuchelei, so zu tun, als würden wir uns gegen Unterdrückung in Afrika genauso einsetzen wie gegen die eigene Unterdrückung vor Ort. Es ist auch verlogen, dass uns die Interessen der Fabrikarbeiter in Bangladesch genauso beschäftigen wie die eigenen Lohnverhandlungen. Und wenn bei dem Flugzeugunglück die Zahl der 67 deutschen Passagiere zuerst genannt wird, so ist auch das nicht nationalistischer Engstirnigkeit geschuldet, sondern durch die deutschen Opfer verbindet uns etwas mit dem Ereignis, unsere Aufmerksamkeit wird geweckt.

Die Werbung spielt genauso damit und lockt uns mit dem Vertrauten, egal ob sie Margarine oder politische Programme verkaufen will. Wir denken vielleicht kosmopolitisch, aber wir fühlen lokal, denn unser Gefühl braucht das konkrete Gegenüber. Und deshalb erschreckt uns das Flugzeugunglück vor unserer Haustür mit einer Airline unserer häufigen Wahl ganz direkt und unmittelbar.

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Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.
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51 Kommentare

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  • Nur weil Frau Kresta dies persönlich für sich so empfindet, bedeutet das nicht, dass andere das nicht völlig anders empfinden. Ihre Meinung in allen Ehren, aber sie sollten nicht so tun, als hätten sie aufgrund ihrer persönlichen Empfindungen nun die allgemeine Wahrheit gefunden und könnten nun anderen erklären, wie sie fühlen.

     

    Ich bin z.B. der lebende Beweis, dass sowohl ihre Behauptungen, als auch ihre Schlußfolgerungen ganz sicher keine allgemeine Gültigkeit haben: Mich hat dieser Flugzeugabsturz persönlich weniger emotional berührt, wie die Erschießung eines schwarzen Jugendlichen in den USA vor einigen Monaten. Und das obwohl ich Deutsch bin, Deutschland mag, weißer Europäer und weder schwarze Freunde habe oder einen anderen Bezug zu den USA. Und nun Frau Kresta, wie erklären sie sich das? Tja, könnte sein, dass ihre einfach gestrickte Erklärung einfach grundweg falsch ist?

     

    Übrigens hat mich auch der Einsturz eines Textilfabrik im (weit, weit entfernten!) Asien mehr schockiert und betroffen gemacht, als ein tödlicher Autounfall, der sich hier 100 Meter vor unserer Haustür ereignet hat. Dürfte nach ihrer "Logik" ja gar nicht sein! Zudem hab ich keinen einzigen Arbeiter in Asien jemals persönlich getroffen. Na sowas, passt alles nicht zu ihrer Theorie.

    • @tazzy:

      Es wird nicht nur aber erstaunlicherweise auch in der TAZ versucht, eine irgendwie völkisch-nationale kollektive Empathie herbeizuschreiben, die so - Gott sei Dank - nicht existiert.

  • Dieses Flugunglück geht mir nicht näher als andere. Warum auch? Mögen die Opfer auch deutsche Pässe gehabt haben: Ich kannte sie nicht besser als die Opfer von MH17 oder MH370.

  • Wer ist denn "uns"?

     

    Ich z. B. bin nach allen möglichen Definitionen deutsch, und mir geht ein Flugzeugunglück (dieses oder ein anderes, wo nun auch immer) nicht näher als der Gedanke an die Menschen, die alltäglich im Straßenverkehr, an Krebs oder an Aids etc. sterben. Für die Angehörigen und Freunde ist es natürlich furchtbar. Aber der Tod - auch der Tod von Kindern oder jungen Menschen - gehört nun mal zum Leben. Wenn "wir" das nicht immer verdrängen würden, dann wären "wir" bei solchen medienwirksamen Ereignissen nicht immer so ausnehmend schockiert. Und vielleicht wären "wir" dafür im Alltag einfühlsamer und barmherziger, mit "uns" selbst und anderen.

     

    Ich weiß nicht, ob ich persönlich diesem Anspruch gerecht werde. Jedenfalls bemühe ich mich drum. Aber plötzlich schockiert zu sein, weil die Todesart einer bestimmten Gruppe von Menschen halt zur Abwechslung mal medientauglich ist - nee, ganz sicher nicht.

     

    Die Angehörigen derer, die keine Schlagzeile wert sind, leiden auch nicht weniger.

  • 1G
    19122 (Profil gelöscht)

    Wieder eine dieser ideologisch durchsetzten Debatten. Mir persönlich ist die Nationalität der Passagiere völlig egal. Ich trauere um jeden Menschen an Bord, der kein Idiot war. Idioten gibts aber überall, und die Nationalität eines Menschen lässt keine Rückschlüsse über den Grad seiner Idiotie zu ... hoffe ich.

  • Ich glaube, es sind nicht so sehr die deutschen Opfer, sondern diese Flugstrecke und Fluglinie, die uns so nahe gehen. Barcelona-Düsseldorf mit Germanwings ist jeder dritte schon mal selbst geflogen oder kennt jemanden aus engstem Umfeld, der es ist. Das geht einem einfach viel näher und führt die eigene Verletzlichkeit viel mehr vor Augen als ein Absturz Pampa-Airlines auf der Stecke von Tim nach Buktu, die keiner kennt.

  • Danke für diesen Artikel, der letztendlich besagt, dass diese EU die letzte dümmliche Fehlkonstruktion ist, die es offenbar gibt.

     

    Wenn mein Nachbar, der ca. 20 Minuten mit dem Fahrrad von mir weg wohnt in den NL bei einem Flugzeugunglück stirbt, verhalte ich mich also naturgemäß anders als wenn irgendwelche xbeliebigen Ossis, mit denen ich erst seit einiger Zeit in einem Staat lebe, verunglücken?

     

    Leute, wenn das stimmt: Dann schafft endlich diese EU ab. Früher war weniger nationalistisches Denken da wie heute mit dieser EU.

    • @Age Krüger:

      Trifft den Nagel auf´n Kopf ! Zu

      wirklicher Betroffenheit ist Mensch fähig, wenn er das Opfer auch persönlich kennt. Darüber hinaus ist es mehr das Bedürfnis, sich in den Chorgesang einer größeren Einheit einzustimmen.

      Nachdenklich macht mich allerdings, dass zur Antithese "irgendwelche xbeliebigen Ossis von Ihnen erwählt wurden, sind doch Bayern und BW-er einiges weiter von Ihnen entfernt. Sie berufen sich damit ja doch auf eine altstaatliche Interessengemeinschaft oder anders: Gibt es bei Ihnen so etwas wie westdeutschen Nationalismus ?

      • @lions:

        Die "Ossis" waren willkürlich gewählt, weil man da den dahinterstehenden Chauvinismus evtl. noch eher sehen kann. Als 1986 ein DDR-Flugzeug bei Berlin-Schönefeld auf dem Flug von Minsk nach Berlin abstützte und 76 Menschen starben (darunter auch 20 Schüler) habe ich in der BRD keine so große Betroffenheit erlebt.

        • @Age Krüger:

          Dachte ich mir schon, doch Chauvinismus, der hier im Osten tatsächlich häufiger vorkommt, bringt im aktuellen Fall des Flugzeugabsturzes m.E. nicht mehr Betroffenheit hervor, als in den Altbundesländern.

          Meines Wissens, ich bin kein gebürtiger Ossi, gab es zum Interflug-Absturz in der DDR gar keine Berichterstattung und damit null Betroffenheit. Die Medienwelt hat sich seit 1986 stark verändert, sodass das, was man heute zum Mitheulen im 24 h- Beschuss vorgesetzt bekommt, wohl auch in der damaligen BRD, so nehme ich an, selbst mit Axel Springer nicht abging.

          Aber zurück zum Thema: Ihr Ressentiment hat ja doch nichts damit zu tun, dass man Menschen umso weniger bed(tr)auert, je weniger sie für das eigene Lebensumfeld wichtig sind. Sonst ließe sich daraus schließen: Ossis abgestürzt; Na da kann´s ja nur noch aufwärts gehen.

  • Ich empfinde ebenfalls anders als die Autorin und bin einer Meinung mit einigen meiner Vorredner, die sich von diesem Artikel vereinnahmt fühlen.

     

    Ich denke nicht, dass es einen Mechanismus für Empathie gibt – zumal einen einfach erklärbaren und für alle gültigen.

     

    Mir gehen die NäherInnen in Bangladesch, die ich früher unbedacht mit meinen Einkäufen bei H&M etc. beauftragt und ausgebeutet habe, z.B. in der Tat näher als Lohnverhandlungen in Deutschland. Für mich gilt die Regel defintiv nicht (mehr), dass regionale Nähe (oder die Einteilung von Menschen nach Nationen) per se meine Verbundenheit steigert. Vielmehr ist meine Perspektive auf wirschaftliche Vefflechtungen gerichtet.

     

    Andererseits bin ich der Meinung, dass es einfacher ist, seine Empathie zu leben, wenn man ein konkretes, auch physisch erlebbares, Gegenüber hat. Daher halte ich alle Bestrebungen, regionale Verbundenheit zu fördern (wie z.B. Regionalgeldinitiativen), für einen wichtigen Weg zu mehr Menschlichkeit in dieser Welt.

    • @Alexander Klar:

      Stimme Ihnen vollkommen - danke für den Kommentar.

  • Mitgefühl ist nicht zynisch. Dennoch ist die Frage erlaubt, warum uns das Unglück deutscher Passagiere und ihrer Angehörigen im Regelfall mehr trifft als ein vergleichbares Unglück ohne deutsche Passagiere und außerhalb der deutschen Flugroute. Es geht uns nahe, eben weil es uns nah geht. Mit Nationalismus hat das wohl weniger zu tun als mit unserer Vorstellungskraft und der Macht der Bilder. Bei einem Ereignis dieser Art sind nur wenige medial erzeugte Bilder nötig, um unser Mitgefühl zu erregen, denn wir haben verschiedene Bezugspunkte oder Gemeinsamkeiten, die uns die Identifikation mit den Betroffenen nahe legen. Je mehr Bezugspunkte ich habe, desto größer ist das Mitgefühl und desto weniger kann ich mich von dem Leid der Betroffenen abgrenzen. Passiert ein Unglück an einem Ort, den ich kenne oder betrifft es einen Ort, den ich kenne oder Menschen, von denen ich eine Vorstellung habe, geht mir das Ereignis nah. Die Missachtung und Ignoranz gegenüber der Verletzung ethischer Grundsätze in der Welt sind ein anderes, obgleich wichtiges Thema (-das wir uns nahe bringen sollten). Im Übrigen finde ich es richtig den Betroffenen, dort, wo sie sie erreicht, Anteilnahme (ungleich Selbstinszenierung) zu zeigen - für die in Deutschland Lebenden ist das nun einmal auch die deutsche Öffentlichkeit. Allerdings erreicht die mediale Verarbeitung in Form der Dauerschleife immer und verlässlich einen Grad der Perversion, der beschämend ist. Ist ja auch schön einfach in diesem Fall - wenig Bildmaterial, aber viel Aufmerksamkeit.

  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Ich empfehle dazu den guten Text von Max Goldt, Titel ca. "Frauen und Kinder leiden am meisten darunter" - genau erinnere ich mich nicht, aber die taz hatte ihn mal zitiert:

     

    http://www.taz.de/!85837/

  • Ich bin Kein Deutscher aber ich bin auch traurige und schockier. Ich liebe Dt weil in Dt ich kann meine Meinung sagen und ein Bürger sein. Sie haben Recht: wir sind Menschen mit Empathie und mit Mitgefühl. Danke fūr ihre Worte und Reflexion.

  • Die Kommentatoren können sich ja gerne dem Umstand aus Gründen des zivilisierten Zwangsverhalten verweigern. Nur ist es so, dass in diesem Fall unsere Natur lauter schreit als wir es gerne wahr haben möchten. Aus evolutionären Gründen fühlen wir uns mit der Sippe, dem eigenen Stamm, dem Heimatdorf mehr verbunden als mit dem Rest der Welt. So ist das nun leider einmal. Das hungernde Kind aus Somalia ist eine humanitäre Katastrophe, keine Frage. Doch als wir noch in Höhlen lebten tangierten uns solche weit entfernten Ereignisse nicht, durften auch nicht, denn das eigene Überleben war wichtiger. Wir dürfen anderen und uns selbst gerne etwas vormachen und es gehört zu unserem zivilisatorischen Ethos das Mitfühlen zu kultivieren und nach außen zu tragen. Das verlangt die Etikette und der Mensch fühlt sich auf ewig zu etwas zu höherem berufen und erhebt sich gerne als Krone der Schöpfung über die Dinge. Das ist aber alles völliger Quatsch. Wir leben nun nicht mehr in Höhlen haben dafür aber Apartments mit W-Lan und Smartphones. Sonst hat sich nichts geändert.

  • auf der Autobahn sterben viel mehr Menschen, kann sich Merkel auch jeden Monat auf die Autobahn stellen und Tote betrauen. Viel schlimmer dort sterben die nicht sofort sondern leben wie Pflanzen in Deutschen Pflegeheimen mit zu wenig Personal.- Verstehe nicht dieses Theater bei den Flugzeugen immer.

  • Selbstverständlich drückt sich bei einem nicht unmittelbar Betroffenen ein Gefühl der Betroffenheit und des Mitgefühls aus.

     

    Als Staatsangehöriger, als Reisender, als Mensch.

     

    Eine Angehörige meiner Familie ist seit über 30 Jahren Stewardess bei LH. Es ist nicht selbstverständlich, daß sie ihre Berufsjahre bisher ohne bedrohliche Ereignisse erlebt hat.

  • Was redet ihr in den Kommentaren hier teilweise für einen Unsinn. Wenn ihr dort nicht mitfühlen könnt, dann lasst es zu kommentieren. Wenn jemand dort mitfühlen kann, weil er die Strecke schon öfter geflogen ist oder weil er Freunde kennt, die diese Strecke öfter fliegen (und ja, über in paar Ecken ist es auch wahrscheinlich, dass man jemand aus diesem Flieger kannte), dann ist es auch gut so. Der Artikel trifft ins Schwarze! Wem Logik nicht ganz fremd ist, der kann hier eine klare Grenze ziehen zwischen Nationalismus, "Mediengehirnwäsche" und dem oben im Artikel genannten Grund zum Mitgefühl. Und wenn eine Maschine abstürzt, die in Tschechien 80 km von ihnen enfernt gelandet wäre (@Anamolie), dann ist es ihnen selbstverständlich auch erlaubt, Trauer zu empfinden...Ganz generell ist es jedem erlaubt!

    Meinen Dank an Frau Kresta!

  • Für mich gilt das nicht, was Sie da schreiben. Ich finde diese Meldungen immer daneben.

     

    So lange kein naher Bekannter im Flugzeug gesessen hat, nehm ich mir das genauso wenig zu Herzen wie die jährlichen vier- bis sechstausend Toten im deutschen Straßenverkehr.

     

    »Unter den Opfern sind auch Frauen und Kinder.« ist auch so ein bescheuerter Spruch.

    • @Joseph Tannhuber:

      Vielleicht sollten Sie den Kreis der für Sie Empathiewürdigen noch etwas eingrenzen und auf diejenigen Familienmitglieder begrenzen, die Sie auch wirklich gut leiden oder auf deren Erbschaft Sie spekulieren können.

       

      Die Autorin hat völlig recht, allerdings stehen wir auch vor der Herausforderung, eine als solche tatsächlich handlungsfähige Menschheit zu bilden. Anteilnahme an Schicksale von Menschen auch entferntere Länder, wie sie durch Medienberichte eben auch oft vermittelt wird, können als Teil dahin gehender Prozesse gesehen werden. Das sogenannte "Sein" ist ja in Wirklichkeit ein Werden.

       

      Die Vorstellung des "themanwohos..." , dass die Medien uns (?) (mich bitte aus diesem UNS wieder ausgemeinden) je nach dem, was die oberste Verschwörungsinstanz gerade verlangt, nationalistische oder internationalistische Gefühle einimpft, ist wohl eher ein Zeichen von Regression - aus Überforderung?

      • @Hirschelmann Hans-Hermann:

        Mit »gut leiden oder auf Erbschaft spekulieren« hat das gar nichts zu tun. In meinem bisherigen Leben sind insgesamt acht Menschen aus meinem näheren Bekanntenkreis im Auto ums Leben gekommen. Das hat mich durchaus emotional beschäftigt, obwohl ich in keinem Fall etwas geerbt habe und auch nicht jeden besonders gut leiden konnte. Gehasst habe ich aber auch niemanden. Es waren einfach Menschen, die ich persönlich kannte. Das ist das entscheidende.

    • @Joseph Tannhuber:

      Danke für diesen hervorragenden Beitrag! Bleibt hinzuzufügen, dass es schlichtweg nur noch peinlich ist, wie ausgrechnet die taz versucht, den immer wiederkehrenden, ritualisierten Betroffenheitskitsch der Hirnerweichungsmedien auch noch zu rechtfertigen und damit der widerlichen Trennung in Opfer 1. Klasse (deutsch) und Opfer 2. Klasse (nicht-deutsch) auch noch ihren Segen zu geben.

  • Ich möchte gern mal wissen, wie oft die Nationalität bei einer Katastrophe dieses Ausmaßes von "nicht-deutschen" Opfern in deren landessprachlichen Nachrichten betont wird.

    Ich fürchte, nicht so oft wie in Deutschland.

     

    Dem falschen Theater, dass die halbe Bundesregierung mit teuren Flügen zum Unfallort reist und dort womöglich die Bergungsarbeiten behindert und sich ach so betroffen zeigt, kann ich nur Wut entgegenbringen. Schön geht man auf "Mission: Gutgläubige Wähler_innen gewinnen". Selbst in einem unzugänglichen Alpengebiet in Südfrankreich. Da schüttelt's mich vor Ekel.

  • Wir sind gefangen durch die „Gesellschaft des Spektakels“,

    wie es Guy Debord formuliert hat.

    Scheinheilige Betroffenheit und Empathie bei den Gierigen der Macht

    & den bereitwilligen Medien, um diese zu erhalten.

    Alles wird ausgenutzt instrumentalisiert, öffentlich gemacht

    im Sinne der herrschenden Eliten.

    Überall lauert der Tod.

    Wir verdrängen es,

    um leben zu können

  • Dummzeug, wir fühlen das, was uns die Medien vorgeben - und wenn unter der Google Eingabe ein Trauerbändchen hängt, trauern wir umso intensiver!

  • Wenigstens fehlt im Artikel das ABER.

     

    Auch schon mal was wert.

  • Woran mag es liegen, dass mir der Autorin Kommentar so komplett redundant vorkommt? Sicher geht mir etwas, was z. B. meine Familie betrifft, näher als das Unglück einer Näherin in Kambodscha. Warum muss die Autorin diesen emotionalen Reflex so zwanghaft betonen und rechtfertigen? Weil eigentlich nicht sein kann, was nicht sein darf? Weil „wir“ uns einmal erlauben, auch Trauer und Bestürzung zu empfinden, anstatt „uns“ vordringlich verantwortlich für das Elend dieser Welt auch noch in ihrem letzten Winkel zu zeigen?

    • @Kerstin Demuth:

      Sehen sie die Kommentare, und Sie sehen , warum man es so sehr betonen muss!

  • Ist doch schön , wenn es bei uns wenigstens so ab und zu mal zu einem Wir Gefühl kommt. Ist bei uns Deutschen doch eher selten.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @Christiana:

      Ich bin beschäftigt genug, mit mir selbst klar zu kommen. Da komme ich ganz selten mal dazu, "Deutscher" zu sein.

      • @970 (Profil gelöscht):

        So geht´s mir auch. Deutschersein finde ich zeitraubend, zumal man hauptsächlich ja schon mit Menschsein ausgelastet ist.

    • @Christiana:

      Ja. Und hat gute Gründe. Aktuell für mich XYgida. Mit denen habe ich kein Wir-Gefühl. Auch nicht mit der CSU, AFD, BDI, etc. Von sehr vielen Mitmenschen/Mitbürger/(Volksgenossen gar?) trennt mich deutlich mehr als mit gemeinsamer Sprache und Kultur (wo eigentlich? Musikantenstadl: bah!, Schlager: bah!, privates Fernsehen: bah! Goethe/Schillder? ich nich, die erst recht nich) verbunden wäre.

      Und von daher interessieren mich auch der Germanwings Airbus auch v. a. deswegen, weil ich mit der Airline auch schon geflogen bin und es evtl. mal wieder tun könnte.

  • Ja was genau ist denn dieses "etwas", was uns nach Ihrer Meinung mit den deutschen Opfern des Flugzeugabsturzes mehr verbindet als mit den anderen Opfern dieses oder eines anderen Unglücks - wenn nicht das künstliche, von klein auf tausendfach vermittelte "Wir" des Nationalismus?

     

    Sie und ich und wir anderen hier - wir werden im Laufe unseres Lebens wohl über 99% der anderen Menschen mit einem deutschen Pass niemals

    begegnen.

     

    Und wir zählen jede® vermutlich ungefähr 0,00001 - 0,0001% der deutschen Bevölkerung zu unserem wirklich ernstzunehmenden Freundeskreis.

     

    Ihre Argumentation, das verbindende "Wir-Gefühl", der immer wiederkehrende Medien- und Betroffenheitshype bei deutschen Opfern von XYZ gründe nicht auf Nationalismus, sondern darauf, dass uns das "lokale", "konkrete Gegenüber" eben "gefühlt" näher sei, hinkt doch also irgendwo ganz gewaltig, oder?

     

    Abgesehen davon liegen die französischen Südalpen nicht wirklich vor meiner Haustür. Meinen Glückwunsch, wenn das bei Ihnen anders sein sollte.

  • ...wieso ist Frau Merkel im Gedanken bei den Opfern und nicht bei deren Angehörigen?!

    • @Fotohochladen:

      Evtl. "Fürbitte"; Christliche Jenseitsvorstellung, wenn auch im Katholizismus prägender als beim Protestantismus, dem Frau Kanzlerin ja näher stehen müsste..?

  • "So funktionieren wir."

     

    Wenn ich so was schon höre. Geht´s noch absolutistischer?

    Ich funktioniere, wie ich will und nicht, wie irgendjemand es behauptet.

  • 5G
    5393 (Profil gelöscht)

    wir leben in einer globalen Welt, allein durch die Uni gab es zahlreiche Kontakte mit vielen Leuten aller bewohnten Kontinente - für mich ist die Nationalisierung des Absturzes schwer pegidalastig, sorry ---

     

    es ist immer brutal, für manche ist der Globus vielleicht weit weg, kann ja sein, ----- diese Staatsbesuchabbrüche momentan haben was weicheimäßiges, es ist peinlich, die sollten besser ihre Jobs machen, es ist ein Nationalsentimentalismus - die Rettungsdienste oder Katastrofendienste machen auch alle ihre Jobs, in dem Rampenlicht hat sonst eigentlich keiner was zu suchen – man kann dann schon gar nicht die eigenen und dazu offenbar auch noch völkerverständigungsmäßigen Jobs einfach hinschmeißen und an Unfallorte eilen, da hat man nichts zu suchen, das Fernsehprogramm aller Kanäle ist der Hammer heute, inkl. mit Teleobjektiv Schulklassen und Reaktionen einfangen, alles öffentlich-rechtlich – ich glaube es geht los, ich weiß nicht, was mich das angeht – es geht mich nichts an, nicht so

  • "Es ist auch verlogen, dass uns die Interessen der Fabrikarbeiter in Bangladesch genauso beschäftigen wie die eigenen Lohnverhandlungen."

    Genau. Die einen werden überwiegend verschwiegen und die anderen überwiegend torpediert. Die TAZ erfreulich weniger als die meisten anderen Qualitätsmedien.

  • Wie jetzt ? Von mir aus sind´s 80 km bis Tschechien. Wenn da Tschechen zu Tode gekommen wären, müsste es mir doch näher gehen, als meinetwegen Schwaben oder ist da doch was mit Volksgenossen ? Ich bin ratlos.

    Da war doch noch was mit nem schwarzen Jungen, der von einem weißen Polizisten erschossen wurde. Das ging mir auch ganz nahe, obwohl es ganz weit weg ist. Gut, er war Bewohner der westl.- zivilisierten Wohlstandswelt.

    Irgendwas haut auf alle Fälle an Ihrer Formel nicht hin, Frau Kresta !

  • Auch die Zeitungen in Bangladesch oder Somalia werden diesem Unglück weniger Beachtung schenken als einer vergleichbaren Katastrophe vor Ort.

     

    Wenn das Nationalismus ist, ist wahrscheinlich jedes Volk auf der Welt nationalistisch.

     

    Was soll auch falsch daran sein? Wir müssten Empathie abschaffen, wenn wir uns vornehmen für alles Leid auf der Welt gleich viel übrig zu haben.

  • ja, ich fühle lokal. deshalb geht mir der tod meines hundes näher als der tod eines mir unbekannten opfers eines flugzeugabsturzes. und richtig: das hat mit nationalismus nichts zu tun. denn kennte ich eines der opfer eines unglücks in bangladesh persönlich, ginge mir sein tod natürlich näher als der eines mir unbekannten deutschen in südfrankreich.

     

    was aber die autorin sagen wollte, bleibt mir unverständlich.

  • Zeit meines Lebens frage ich mich, warum bei Unglücken stets die Zahl der betroffenen Deutschen genannt wird. Für mich war und ist es nicht nachvollziehbar. Als wäre ein deutsches Leben mehr wert als ein nicht deutsches. Man könnte auch, um die im Artikel angebrachte emotionale Bindung zu unterstreichen, die Zahl der Weißbier-, Alt-, Kölsch- und Pilstrinker unter den Opfern melden.

     

    Und was soll der Quark von wegen Frau Merkel fährt (fliegt) direkt an die Unglücksstelle und andere Politiker natürlich auch? Machen die das Geschehene ungeschehen? Helfen sie aktiv bei der Spurensicherung mit? Wie sieht es mit anderen Unglücken aus? Leisten unsere ach so betroffenen Politiker dann erste Hilfe? Oder operieren gar, um Opfern zu helfen? Hier wird aus Quark natürlich Käse. Alles purer Populismus. Nur wirklich denkunfähige Wähler geben Merkel und Konsorten hierfür Bonuspunkte.

     

    Das Theater, das hier veranstaltet wird ist eine Farce. Die Opfer eines Unglücks werden für Schlagzeilen und politische Profilierung benutzt.

    • @anteater:

      Glauben Sie wirklich andere Völker fühlen anders? Hollande z.B. war es wichtig festzustellen, dass keine Franzosen unter den Opfern sind.

    • @anteater:

      Fragen sie sich auch, warum die Zahl der Kinder genannt wird bzw. gesagt wird, dass unter den Opfern auch viele Kinder sind.

       

      Ist es etwa schlimmer wenn ein Kind stirbt als wenn ein Erwachsener stirbt?

      • @Kleopatros:

        Ist es. Ich könnte auch erklären, wieso.

         

        Was mich persönlich getroffen hat an der Nachricht, war die Info, dass in der abgestürzten Maschine ein ganzer Abi-Jahrgang saß. Einer von zwei Dutzend Schülern bin ich schließlich schon gewesen, wenn auch schon vor einer ganzen Weile. Ich kann mir also vorstellen, was jetzt gerade los ist in der Stadt, aus der die jungen Leute kamen. Außerdem hab ich selber zwei erwachsene Kinder, die gerne fliegen.

         

        Was die zur Schau getragene Betroffenheit der Berufspolitiker angeht, denke ich im Übrigen, dass die viel weniger mit Mitgefühl und Empathie als mit einer Vorstellung davon zu tun, was man dem Wähler schuldig ist, den man regiert. Das ist im besten Fall Berufsethos. Im schlimmsten Fall ist es eine von mehreren Wahllügen.

    • @anteater:

      ehrlich gesagt halte ich das für normal. Wie die Holländer nach MH17 auch eine nationale Trauer ausriefen. Was hat das mit Nationalismus zu tun? Es geht um die Menschen die in Deutschland lebten - und dabei spielt es auch keine Rolle ob sie nun Deutsche sind, Türken, Italiener oder welche mit Doppelpass oder sonst was. Aber dass man trauert, den Opfern gedenkt (oder was hat man in Paris gemacht?) ist doch selbstverständlich. Ist man sonst noch Mensch? Das hat ja nichts damit zu tun dass diese Opfer mehr wert sind als andere.

    • @anteater:

      Die Berichterstattung insbesondere im heutigen Abend-TV über den Flugzeugabsturz bricht wieder alle Rekorde. Die Sensationsmeldungen und die Ausleuchtung selbst der unwichtigsten Umstände offensichtlich im Sinne von Quote wirkt für mich abstoßend.

       

      Nichts gegen Betroffenheit und Mitgefühl! Aber wem der Betroffenen soll es helfen, wenn die die Medien das Unglück bis ins Letzte ausschlachten und jeder seinen Senf über evtl. Ursachen beiträgt? Keiner der Toten wird wiederbelebt und auch keine zukünftige Flugzeugkatastrophe wird dadurch verhindert. Wer fliegt, Auto fährt oder sich sonstwie fortbewegt geht eben immer ein einkalkuliertes Risiko ein!

       

      Die TV-Sondersendungen überschlagen sich in einem Hype-Rausch. Dann wird das Unglück auch noch vom politischen Regime instrumentalisiert, um sich mediengericht zu inszenieren. Das ist Heuchelei pur und bedeutet letzlich eine fehlende Achtung vor den Opfern und deren Angehörigen. Die öffentlich rechtlichen TV-Sender sind mittlerweile auf ein Bild-Zeitungs-Niveau herabgesunken.

       

      Außerdem mußte ich mich noch darüber ärgern, daß man die einzig ernsthafte politische Kabarettsendung im TV, die Anstalt, sang- und klanglos ohne eine Ankündigung aus dem Programm genommen hat. Anscheinend hat man befürchtet, daß dort kritische Worte zum Unglücks-Infotainment ausgesprochen werden könnten.

      • @Peter A. Weber:

        warum schalten Sie nicht einfach ab und lesen ein Buch?!

    • @anteater:

      Nicht nachvollziehbar?

       

      Wenn Sie länger über den tödlichen Autounfall des Mädchens von 2 Häuser weiter nachdenken als über alle am gleichen Tag gestorbenen 43.342 Chilenen zusammen..

       

      ist das auch nicht nachvollziehbar?

  • 1G
    12239 (Profil gelöscht)

    Wer ist uns? Ich sicherlich nicht!