piwik no script img

Anwalt über Angriff auf die Davidwache„Man wird es vertuschen“

Kommende Woche werden zwei Zeugen zu den Angriffen auf die Polizei aussagen. Anwalt Andreas Beuth bezweifelt, dass es echtes Aufklärungsinteresse gibt.

Tut möglicherweise Wahrheit kund: Kerze vor der Davidwache. Bild: dpa
Friederike Gräff
Interview von Friederike Gräff

taz: Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Lenders, hat Ihnen bei der Diskussion um Angriffe auf Polizeibeamte Lüge vorgeworfen – zurecht, Herr Beuth?

Andreas Beuth: Nein, meine Darstellung ist absolut zutreffend, sie beruht auf zahlreichen Zeugenaussagen. Der Vorwurf wird möglicherweise noch Konsequenzen meinerseits haben.

Laut Herrn Lenders konnten Sie nur vorbringen, dass die Angriffe nicht „gezielt“ und die Polizisten aus der Davidswache nicht „arglos“ waren.

Das ist eine Verdrehung dessen, was ich gesagt habe. Es ist irrelevant, ob die Polizisten arglos waren. Ich habe gesagt, dass es zu keiner Zeit einen Angriff auf die Davidswache gegeben hat. Es sind dreißig Leute in Partystimmung an der Wache vorbeigegangen, ohne groß darauf zu achten, keiner war vermummt und keiner hat polizeifeindliche Parolen gerufen und es ist auch kein Gegenstand gegen die Polizisten geflogen, die aus der Wache herauskamen.

Einen Angriff auf Polizisten gab es aber.

Zwei Minuten später hat sich 200 Meter weiter in der Hein-Hoyer-Straße ein Angriff auf Polizeibeamte ereignet – der muss aber nichts mit der Gruppe zu tun haben, die an der Wache vorbeiging.

Andreas Beuth
Im Interview: Andreas Beuth

60, vertritt Zeugen, die der Polizei widersprechende Aussagen zu den Vorfällen um die Davidswache machen.

Wie verlässlich sind die Zeugen für diese Darstellung?

Sie kommen aus unterschiedlichen Städten, keiner gehört der linken Szene an, keiner gehört der Fußballszene an – das sind absolut neutrale und damit überaus glaubwürdige Zeugen.

Warum brauchen sie Ihren anwaltlichen Beistand?

Weil das Verfahren hochgekocht wird. Es wird wegen versuchten Tötungsdelikts und schweren Landfriedensbruchs ermittelt. Jeder, der sich in der Nähe aufgehalten hat, ist erst einmal tatverdächtig. Das macht Angst. Nächste Woche werden jedoch zwei der von mir ermittelten Zeugen bei der Polizei aussagen.

Medien haben bereits Namen von Zeugen öffentlich gemacht.

Zwei der Betroffenen haben sich nun zur Aussage entschlossen, gerade deshalb, weil sie namentlich in der Presse erwähnt wurden und die Polizei am nächsten Tag vor der Tür stand.

Wenn die Polizei vorsätzlich einen Angriff erfunden haben sollte – wäre das nicht ungeschickt bei so vielen Zeugen?

Offensichtlich hat man nicht damit gerechnet, dass es so viele Menschen gibt, die so empört sind, dass sie sagen: „Ich bin weder links, noch auf Seiten der Polizei, aber was ich da lese, ist schlicht falsch.“ Leute, die aus dem Theater kamen oder mit ihren Eltern unterwegs waren und der Sache erst einmal gar nicht große Bedeutung zumaßen.

Betreibt die Polizei hier Politik?

Es ist eine inszenierte Falschmeldung mit zwei Zielen: Begründung des Gefahrengebietes und eine Verbesserung der personellen Situation der Polizei, bessere Bezahlung und bessere Ausrüstung. Genau das hat sie geschafft: Laut Innenbehörde hat sie 250 neue Stellen und weitere zehn Millionen Euro erhalten.

Gibt es ein echtes Aufklärungsinteresse bei der Politik?

Das glaube ich nicht. Wenn die Polizeiversion widerlegt wird, wird man die Sache vertuschen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

22 Kommentare

 / 
  • H
    Heym

    @Peinliche Propaganda

    das mit dem Anschlag auf die Davidwache in der Nacht zum 21.12 ist sicherlich ein nicht zu vernachlässigender Aspekt.

    Der Rest Ihres Geschreibsels ist in Anbetracht des faktischen Verbots der Demo am 21.12. zu vernachlässigen.

    Wie es zu der Gewalt kam, inwiefern die "Staatsgewalt" ALLES - rechtsstaatlich ungestraft - darf, wird noch zu klären sein. Werden betreffende Polizisten und Polizeiführung strafrechtlich verurteilt gut, wenn nicht, wird es wohl zu noch mehr Stress kommen, befürchte ich.

  • PP
    Peinliche Propaganda

    Ein Rotflorist, der hier als ein objektiver Anwalt und Aufklärer dunkler Polizeiselbstverstümmelung daherkommt erklärt uns das übliche "wie es wirklich war". Keine Fragen zum Angriff auf die polizeiwache VOR der Demo, keine Frage zur Gewalt gegen Anwohner, keine Frage zum zertrümmertem Kiez und natürlich keine Frage zur linksextremen Gewalt. Gut, ich lese gerade die taz und das umsonst, ich will nicht klagen. Ich habe noch nie gezahlt und hätte ich es, dann würde ich mich echt ärgern. Propaganda gibts anderswo umsonst.

    • BB
      Butter bei die Fische
      @Peinliche Propaganda:

      Offensichtlich kann in ihrer Welt niemand dem Projekt "Rote Flora" wohlwollend gegenüberstehen und gleichzeitig ein glaubwürdiger Anwalt sein. Umgekehrt (wohlwollend der Polizei gegenüber und glaubwürdig) sehen Sie da aber anscheinend kein Problem. Und da werfen Sie anderen allen Ernstes "Propaganda" vor? Ich lach mich weg.

       

      Zwischen den Behauptungen "die Rotfloristen sind's gewesen!" und "polizeilicher Selbstverstümmelung" (eine These, die sie übrigens ganz exklusiv für sich haben), gibt es ja noch die Möglichkeit "Täter, der NICHT dem Flora-Umfeld zuzurechnen ist". Also irgendwo zwischen unpolitisch bis latent rechts(extrem?). Davon soll es ja in HH auch noch ein paar geben. Aber schon klar, sie lenken den Verdacht lieber weit weg von der eigenen Klientel. Nur das mit der "peinlichen Propaganda", das war dann doch irgendwie ein Eigentor...

  • "Zwei der Betroffenen haben sich nun zur Aussage entschlossen, gerade deshalb, weil sie namentlich in der Presse erwähnt wurden und die Polizei am nächsten Tag vor der Tür stand."

     

    Das klinkt für mich wie der übliche Druck / Einschüchterungsversuch - selbstverständlich völlig rechtsstaatlich -

    den man gerne ausübt, wenn es um die Aufklärung von Sachverhalten geht, bei denen die Polizei eventuell schlecht aussehen könnte.

    • @T. Gas Yrrag:

      Wenn man mal die Brille abnimmt:

      1) es gibt angebliche Zeugen die einem "mutmaßlichen Angriff" als konstruierten Fall darstellen.

      2) Diese haben Ihre Zeugenaussage zunächst nicht gemacht und hielten dementsprechend entlastende Aussagen für die mutmaßlichen "Täter" zurück. Das heißt, dass bei einem eventuellen Gerichtsverfahren, den mutmaßlichen Tätern ein Grundrecht auf ein faires Verfahren vorenthalten würde, wenn die Aussagen nicht gemacht werden.

      3) Soweit ich informiert bin, ist die ermittelnde Behörde die Polizei. Wer sonst sollte denn die Zeugenaussagen aufnehmen? Mickey Mouse?

      4) Warum soll sich die Polizei die Mühe machen, auch entlastende Zeugenaussagen auf zu nehmen?

      5) Sind die Zeugen festgenommen worden? Nein

      6) Wurde Druck/Einschüchterung ausgeübt? Kann man aus der Ferne schlecht beurteilen.

       

      Sollen Zeugen, die ein mutmaßliches Verbrechen widerlegen können, aussagen. Ich denke ja. Da werden wenigstens nicht Unschuldige verurteilt.

      • @Demokrat:

        @ Demokrat:

        ") Warum soll sich die Polizei die Mühe machen, auch entlastende Zeugenaussagen auf zu nehmen?"

        Hmmm. Vielleicht, weil das Gesetz es zwingend vorsieht? Es gab mal eine Zeit bei der Hamburger Polizei, da wurde jeder Fall sauber geknickt und durchermittelt an die Staatsanwaltschaft gegeben. Ja, ja, in der guten alten rechtstaatlichen Zeit ....

  • Natürlich wird man versuchen, den Skandal zu vertuschen. Aber der Drops ist bereits gelutscht und bis zur nächsten Bürgerschaftswahl ist es nicht mehr weit. Auf so eine Steilvorlage können die reichweitenabhängigen werbefinanzierten Medien nicht verzichten. Die Chancen stehen also gar nicht so schlecht, dass NDR - Features nach der Wahl mit den Worten einleiten: " Die mißlungene Vertuschung des Davidwachenskandals und das Beharren auf verfassungswidrigen Gefahrengebieten waren wohl der Anfang vom Ende des Scholz-Senates." Aus der Nummer kommt der Senat also so leicht nicht mehr raus. Und was sagt Klein Erna zum Schutzmann an der Ecke? "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht." Das sollte sich die Polizeigewerkschaft bitteschön mal merken.

    • G
      Gast
      @Rüdiger Bäcker:

      nach Umfragen liegt Scholz aber selbst nach den Gefahrengebieten weiter ganz weit vorne und die Wahlen würden nicht viel anders ausgehen als bei der letzten Wahl. (CDU gewinnt etwas dazu). Das mag einem gefallen oder nicht - aber es ist so.

      • @Gast:

        Die Umfragen sind allesamt älter.

  • X
    xtraa

    Ey TAZ, das heißt DAVIDWACHE nicht DavidSwache.

  • DP
    Danke Polizei

    Hey Man, was machen Sie, wenn Sie angegriffen werden? Die Polizei als Schuldige anklagen?

    Gehts noch?

  • H
    Heym

    @OHJE

    na zum Glück haben wir so brilliante Checker-Volksdeutsche wie Sie hier als Beitragende, die den Gesamtkomplex um den 21.12. etc. komplett durchdrungen haben. Danke Deutschland.

    [sarkasmus aus]

  • W
    Willi

    tja nach dem ersten weltkrieg haben sich die militärs selbstständig gemacht und man hat ja gesehen wie das geendet hat... es wird interessant zu sehen wie sich die polizei selbstständig macht und was dann so pasiert ;)

  • O
    ohje

    Ohman, Typisch deutsch. Uninformiert mitreden wollen. GEFAEHRLICHES halbwissen. 10 Zeugen gibt es, die allesamt Bezweifelnd die aussage Kritisieren. Was kann da nicht klar sein fuer einige, nur weil er ein Linke Anwalt ist? Diffamierungs Kunst in Reinkultur die angeblichen Demokraten des Landes verschlieszen erfolgreich Augen und Ohren und ebnen nen Gefaehrlichen weg. Traurig ist es mit anzusehen wie einige VollId... Demokratie auslegen und alle es fressen. Dazu gehoeren leider mehrere Parteien, die allesamt euch Vorfuehren, wie schon immer.

     

    Wenn aber berechtigt Kritik geuebt wird, wird sowas als "Nebeloes" etc. Pp. Ausgelegt. Die Wahrheit ist leider immer Schmerzhaft.

    Klar sind Randalierende Linke(dt.) sowie Randalierende Rechte(Ukraine) kein bild von Demokratie und Zivilisation. Dennoch, steckt in jeder Regierung und Organisation, Menschen hinter die halt auch Menschlich handeln koennen (Korruption, Machtgier etc.) Dies ungefragt als Wahrheit zu deklarieren ist alles andere als Menschlich, zeugt nur von feigheit bzw Obrigkeitshoerigkeit. In Zeitalter von Internet und Springer aber nicht verwunderlich...

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    250 neue Stellen und zehn Millionen Euro für die Polizei, noch bevor irgend etwas klargestellt worden ist. Ich dachte immer, so schnell geht das nur in totalitären Systemen. Oder hat sich die deutsche Demokratie schon verabschiedet?

    • @774 (Profil gelöscht):

      Deutschland ist kein Polizeistaat. Aber wir sind ein Land relativer Wahrheiten. Und nicht nur in Bayern gibt es Amigos. Die Hamburger SPD wird bei der nächsten Wahl ihren gerechten Lohn empfangen. Danach wird es wieder eine Polizeikommission geben, dieses Mal aber eine mit Personalkompetenz, damit das Großreinemachen nicht wieder nur ideell bleibt.

    • G
      Gast
      @774 (Profil gelöscht):

      Manche gehen zu inflationär und falsch mit den Begriffen "Totalitäres System", "faschistisches System", "Polizeistaat" um.

      • H
        HorstvanGassinger
        @Gast:

        ... und manche zu zartbeseitet!

  • I
    Irrlicht

    Hin oder her - ich finde es beängstigend, daß die Polizei, nur weil sie Polizei ist, Himmel und Hölle in Bewegung setzen kann - aufgrund einer Lüge.

    Das sind Menschen, die eigentlich dafür ausgebildet sind, die Bürger_innen zu schützen, von denen kann ich doch wenigstens erwarten, daß sie die Büger_innen nicht anschwärzen, nur damit sie einen Vrteil haben!!!

  • H
    Hoheluft

    Es gibt von Seiten der Hamburger Normal-Bürger inzwischen so viel Hass auf Linke und die alte Flora, dass die Hamburger Politik sich sicher fühlt ungestört im Windschatten der schweigenden Mehrheit segeln zu können. Auch waren Schill und die CDU angeblich schlimmer - es gibt kaum Wähler-Druck durch die "Bürger-Rechten" zu befürchten, da die SPD deren Ruf nach Recht, Ordnung und Polizeischutz seitdem prima übernommen hat.

  • G
    Gast

    Es gibt ja auch eine Menge Zeugen, die nicht zu Beuth gegangen sind. Das ausgerechnet nur "seine" Zeugen nicht aussagen möchten ist schon merkwürdig. Beuth sagt nur :" zahlreiche Zeugen." Wie viele müsste er doch eigentlich wissen.

    Andere Zeugen haben z.B. die Gesänge genau beschrieben. Und wenn jemand NICHTS gesehen hat heißt es auch nicht, dass nichts passiert ist.

     

    Ich halte das Vorgehen von Beuth nicht für konstruktiv. Er hat das Ziel zu vermitteln:- Wer als Zeuge aussagt ist erst mal tatverdächtig. Der Rechtsstaat ist nichts wert.- Das ist ja auch seine bekannte politische Haltung, die nur sehr wenig Menschen teilen. Ich z.B. würde nicht eine Minute zweifeln und eine Aussage machen wenn ich Zeuge gewesen wäre.(und zwar dass, was ich auch wirklich gesehen habe, egal ob FÜR oder GEGEN jemanden.):"Der Überfall ist erfunden mit dem Ziel mehr Geld zu erhalten." Wie kann er das behaupten? Er war nicht dabei und kennt nur eine kleine Anzahl von Zeugen. das halte ich für unredlich.

     

    Die Erhöhung der Polizeimittel und die Einrichtung der Gefahrengebiete hat in der Bevölkerung eine Mehrheit weil es nachweisbar eine Vielzahl von Drohungen und Gewalt gab. Eine Kontrolle der Polizei halte ich für wichtig - z.B. durch Zahlenkennzeichnung der Polizisten aber mir zu diesem Vorfall eine Meinung zu bilden wenn ein linker Anwalt nebulös andeutet: "Ich habe zahlreiche Zeugen aber die sagen nicht und haben nichts gesehen" reicht mir nicht für eine Meinungsbildung.

    Ich hoffe, die Vorfälle werden aufgeklärt und Beuths Zeugen haben so viel Zivilcourage, dass auch sie aussagen. Wir leben ja glücklicherweise NICHT in einem Polizeistaat.

    • H
      hannes
      @Gast:

      "Die Erhöhung der Polizeimittel und die Einrichtung der Gefahrengebiete hat in der Bevölkerung eine Mehrheit "

       

      Woher wollen Sie das eigentlich so genau wissen? Kommen Sie mir bitte nicht mit irgendwelchen Umfragen. Wie tauglich Umfragen sind, sieht man vor jeder Wahl. Und der Unmut in den betroffenen Viertel war und ist groß...