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Anwältin über Beleidigungen im Stadion„Das ist nur Fußball-Folklore“

Angela Furmaniak ist Anwältin von Fußballfans. Sie hält die Schmähaktionen gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp für juristisch irrelevant.

„Von Rassismus ist Herr Hopp nicht betroffen“, glaubt Angela Furmaniak Foto: Tom Weller/dpa
Christian Rath
Interview von Christian Rath

taz: Frau Furmaniak, der Drei-Stufen-Plan des DFB sieht vor, dass es bei Diskriminierungen im Stadion zunächst eine Durchsage gibt, dann eine Spielunterbrechung und notfalls einen Spielabbruch. Was halten Sie als Fananwältin von diesem Plan?

Angela Furmaniak: Der Drei-Stufen-Plan existiert ja schon einige Jahre und zielte vor allem auf Rassismus in den Stadien. In der Theorie fand ich den Plan gut. Mir ist allerdings kein Fall bekannt, dass ein Schiedsrichter eine Partie abgebrochen hätte, weil ein schwarzer Spieler von Zuschauern beleidigt wurde.

Der DFB hat den Drei-Stufen-Plan jüngst um „personifizierte Gewaltandrohungen“ erweitert. Finden Sie das auch gut?

Nein, hier wird in sachlich unzutreffender Weise ein Zusammenhang mit Rassismus und Diskriminierung konstruiert. Es ist dann auch zumindest befremdlich, wenn der Drei-Stufen-Plan ausgerechnet im Fall des Hoffenheim-Mäzens Dietmar Hopp erstmalig zur Anwendung kommt.

Dietmar Hopp wird ins Fadenkreuz gestellt, quasi zum Abschuss freigegeben. So etwas ist doch als „Bedrohung“ sogar strafbar. Ist es nicht richtig, gegen solche Transparente vorzugehen?

taz am wochenende

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Auch wenn ich das Plakat persönlich nicht gut finde, teile ich nicht die Interpretation, dass Herr Hopp damit zum „Abschuss freigegeben“ wird. Wenn man die langjährige Geschichte der Proteste gegen Herrn Hopp kennt, weiß man, dass er Symbol und Ziel der von vielen Fans kritisierten Kommerzialisierung des Fußballs ist. Nichts anderes wird mit diesem Banner zum Ausdruck gebracht.

Kann man das kurz nach den Anschlägen von Hanau nicht anders ausdrücken als mit einem Fadenkreuz?

Natürlich. Aber wenn Sie mich nach der Strafbarkeit fragen. Hier besteht offensichtlich kein Vorsatz, jemanden in strafrechtlich relevanter Weise zu bedrohen. Abgesehen davon waren vermeintliche Drohungen und Beleidigungen schon immer Teil einer derben Fankultur.

Wenn Dietmar Hopp als „Hurensohn“ bezeichnet wird, ist das auch nur derbe Fankultur?

Im Interview: 

Angela Furmaniak

ist Fachanwältin für Strafrecht und hat ihre Kanzlei in Lörrach. Sie ist Vorstandsmitglied der Vereinigung baden-württembergischer Strafverteidiger und Mitglied in der AG Fananwälte.

Es wäre sicher eine Beleidigung, wenn Herr Hopp von anderen Managern auf der Hauptversammlung seines Unternehmens SAP als „Hurensohn“ bezeichnet würde. Im Fußballstadion sind gegnerische Spieler und gegnerische Fans allerdings schon immer geschmäht und beschimpft worden. Das muss man nicht gut finden, ist aber Fußballfolklore. Juristisch gesprochen ist das „sozialadäquat“ und deshalb straflos.

Dietmar Hopp wird nun aber schon seit Jahren massiv beleidigt. Muss er sich das wirklich gefallen lassen?

Die Frage verkennt, dass es hier gar nicht um ihn als Person geht, sondern um die Kommerzialisierung des Fußballs. Wenn Dietmar Hopp als Hurensohn bezeichnet wird, ist das ein Statement gegen die Käuflichkeit des Fußballs, also keine persönliche Beleidigung.

Das versteht aber nicht jeder

Seit Jahren versuchen Fanorganisationen, ihrer Kritik mit klugen Statements Gehör zu verschaffen. Es ist traurig, dass erst geschmacklose und provozierende Aktionen dem Thema zu medialer Aufmerksamkeit verhelfen.

Wie ist es mit Affenlauten in den Fußballstadien? Das sehen manche Fans auch nur als Folklore

Das sollte man nicht vergleichen. Rassismus richtet sich gegen Schwache und Ausgegrenzte, gegen Menschen, die an ihrer Hautfarbe nichts ändern können. Von Rassismus ist Herr Hopp nicht betroffen.

Gegen rassistische Fans sollte der DFB also hart durchgreifen?

Ja. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass die erfolgreichste Antirassismus­arbeit in den Kurven genau von den Ultragruppen geleistet wird, die nun aus den Stadien vertrieben werden sollen.

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12 Kommentare

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  • "Wenn Dietmar Hopp als Hurensohn bezeichnet wird, ist das ein Statement gegen die Käuflichkeit des Fußballs, also keine persönliche Beleidigung." Ach so. Dann hätte ich noch ein paar Hurensohn- oder "Fadenkreuz"-Motive: Wladimir Putin (Gazprom, Schalke), Clemens Tönnies (Schalke), Paul-Heinz Wesjohann (Wiesenhof, Werder), Seine Hoheit Scheich Ahmed bin Saeed Al Maktoum (Fly Emirates, HSV), Timotheus Höttges (Congstar, St.Pauli), Christian Cullmann (Evonik, BVB), Dr. Holger Enßlin (Sky Deutschland), usw.



    Der "ehrliche" Fussball wird doch seit vielen Jahren nur noch in der Kreisliga gekickt; die würden sich über stimmungsvollen Support von Bundesliga-"Edelfans" freuen! Die "Käuflichkeit" wird seit vielen Jahren von den Fans mitgetragen, denn echten Boykott, der das Geschäftsmodell unattraktiv machen würde, gibt es nicht. Da ist die Szene nicht konsequent genug. Und ohne die verhassten Leute mit der dicken Kohle würden die Vereine ganz schnell nach unten durchgereicht werden. Welcher Top-Spieler gibt sich heute noch mit 'nem Sack Kartoffeln zufrieden?

  • "Auch wenn ich das Plakat persönlich nicht gut finde, teile ich nicht die Interpretation, dass Herr Hopp damit zum „Abschuss freigegeben“ wird. Wenn man die langjährige Geschichte der Proteste gegen Herrn Hopp kennt, weiß man, dass er Symbol und Ziel der von vielen Fans kritisierten Kommerzialisierung des Fußballs ist. Nichts anderes wird mit diesem Banner zum Ausdruck gebracht."

    Geistige Brandstifter Haben immer eine Erklärung dafür parat, was "eigentlich" gemeint gewesen sei. Frau Furmaniak hat diesbezüglich nichts verstanden.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Der aufköchelnde Streit über die Äußerungen von Frau Furmaniak ist auch Folklore:

    Wem es gelingt, die Absicht der auf den Spruchbändern formulierten Parolen zu erkennen, ist im Vorteil. Besonders dann, wenn deren - davon abweichende - Wirkungen auch gesehen werden können.

    Die m.E. passende Frage in diesem Kontext: wer hat Interesse daran, solche Geschehnisse aufzubauschen?

    Ungefragt empfehle ich - auch in diesem Kontext - Robert Pfallers erkenntnisreiches Buch "Erwachsenensprache".

    Ganz besonders den zeitlichen Kontext von Identitätsfragen und ökonomischer Entwicklung.in den letzten Jahrzehnten.

    Die intensive Beschäftigung damit fördert Aktivitäten im eigenen Hirnkasterl.







    Was die babylonische Sprachverwirrung angeht, belasse ich es beim klitzekleinen Hinweis.

  • "Mir ist allerdings kein Fall bekannt, dass ein Schiedsrichter eine Partie abgebrochen hätte, weil ein schwarzer Spieler von Zuschauern beleidigt wurde"

    Müssen erst Schwarze auf riesigen Plakaten im Stadien im Fadenkreuz genommen werden, damit Frau Furmaniak realisiert, dass so etwas grundsätzlich nicht "Folklore" ist?

  • Da haben wir sie wieder: Die Verrohung der Sprache und die Verwahrlosung im Geiste wie des Rechts.

    Wenn Fr. Furmaniak (Rechtfertigungs-)Gründe für den ausufernden Unmut der Fußballfans SO zusammenfabuliert, darf sie/man sich über die ausufernde Erosion des Rechts im Alltag, insbesondere bei juristisch weniger beschlagenen Mitmenschen, nicht wundern!

    Das merkt sie aber wohl erst, wenn die Rechtsordnung in ihrem direkten Umfeld nichts mehr gilt.



    Dann fallen ihr dafür hoffentlich auch noch (Rechtfertigungs-)Gründe ein!?

    SIE muss folgende Weisheit doch auch noch kennen, „Wehret den Anfängen!“



    „FanFOLKLORE“, irre!

  • Das Geschwätz dieser Frau ist schwer auszuhalten! Fußball Folklore, aha. Die sollte sich mal Gedanken darüber machen, dass die "kritik" an Hopp strukturell antisemitisch ist, wie sie selbst, allerdings schmerzlich apologetisch, ausdrückt: "Die Frage verkennt, dass es hier gar nicht um ihn als Person geht, sondern um die Kommerzialisierung des Fußballs. Wenn Dietmar Hopp als Hurensohn bezeichnet wird, ist das ein Statement gegen die Käuflichkeit des Fußballs, also keine persönliche Beleidigung."



    Es wird also eine Person rausgepickt, die angeblich für die Kommerzialisierung des Fußballs steht und deswegen fortgesetzte und üble Beleidigungen zu ertragen hat, ohne Recht auf Gegenwehr. Weil diese Person ihr Geld dafür benutzt, sich eine Fußball Mannschaft zu halten, was weltweit gang und gäbe ist. Hopp wird zum Sündenbock einer strukturellen Entwicklung gemacht und daher darf man drohen, herabwürdigen und beleidigen und das nennt sich dann Folklore.... Ehrlich, schwer auszuhalten. Wenn man dann noch heranzieht, was sie über rassistische Beleidigungen gegenüber schwarzen Spielern sagt und wie sie hier völlig unzumutbar die einen als hilflos und den anderen als selber schuld einordnet, ist einer ordentlichen Juristin nicht würdig und ist offensichtlich völlig unjuristisch und reine Klientelapologetik.

    • @siri nihil:

      Ned alles was mit (viel) Geld zu tun hat, ist "strukturell antisemitisch" ;) .



      Da sollte mensch doch mal den Ball flachhalten haha...



      "Hurensohn" ist jetzt auch ned unbedingt gegen Juden, aber, und da stimme ich zu, schon persönlich gegen Hopp und somit strafrechtlich relevant.

  • Sehr gut auf den Punkt gebracht!

  • Also da muss man schon tief durchatmen, um solche Einlassungen von einer Volljuristin verdauen zu können...

    • @Trango:

      Ziemlich kurzes Gedächtnis oder?

      "Stück Scheisse," "Drecks Fotze" oder "Sondermüll" waren doch laut LG Berlin keine strafbaren Beleidigungen gegenüber Renate Künast. (Az. 27 AR 17/19)

      Das war letzten September oder Oktober und Richter müssen grundsätzlich Volljuristen sein.

      • @Sven Günther:

        Woher wissen Sie, dass ich da nicht ebenfalls tief durchgeatmet habe?

  • Hurensohn kann nur dann eine Beleidigung sein, wenn Huren als minderwertig gelten und gesellschaftlich nicht geachtet werden.



    Bankersohn ist ja auch keine Beleidigung, obwohl es nach der Finanzkrise durchaus dazu taugen könnte.