Anti-Gender-Volksinitiative gescheitert: Generisches Maskulinum lag am Strand
Die Anti-Gender-Volksinitiative hat in den Hamburger Sommerferien zu wenig Unterschriften gesammelt. Also gibt es keine Abstimmung über Sprachverbote.
Damit kommt es nicht zu einer von den regierenden SPD und Grünen rundheraus abgelehnten, von der oppositionellen CDU wiederum massiv unterstützten Volksabstimmung über die Forderungen der Anti-Gender-Initiative.
Es dürften wohl unter 40.000 Unterschriften gewesen sein, mit denen sich Hamburger:innen für ein Gender-Verbot in Schulen und Behörden ausgesprochen haben. „Wir wissen noch nicht, wie viele Menschen uns per Briefeintragung oder direkt durch Unterschrift in den städtischen Kundenzentren unterstützt haben“, sagt Jeep.
Die Initiative selbst habe mit ihren Unterschriftenlisten bis Donnerstagvormittag 33.000 Unterschriften gesammelt. Dass es mehr als einige wenige Tausend sind, die durch Briefeintragung und direkter Unterzeichnung in den Kundenzentren hinzukommen, ist unwahrscheinlich.
Im Rahmen des dreiwöchigen Volksbegehrens wären allerdings rund 66.000 Unterschriften und damit fünf Prozent der wahlberechtigten Hamburger:innen nötig gewesen. Und Volksinitiativen brauchen erfahrungsgemäß rund zehn Prozent mehr, da es üblicherweise eine Reihe ungültiger Unterschriften gibt – etwa weil eingetragene Personen nicht in Hamburg wohnhaft sind. Die abschließende, gültige Zahl wird erst in einigen Wochen nach Prüfung durch den Senat bekanntgegeben.
Die Initiative wollte erreichen, dass Hamburger Behörden und ihre untergliederten Einrichtungen – Schulen, Universitäten oder auch öffentliche Unternehmen – das Binnen-I, den Doppelpunkt oder das Stern-Symbol in Texten nicht mehr nutzen dürfen. Einzig das generische Maskulinum sollte noch verwendet werden, um eine „verständliche Sprache“ zu erhalten.
Wer gendert, bringe nach Ansicht der Initiator:innen tatsächlich nicht die gewünschte Gleichstellung der Geschlechter zum Ausdruck, sondern beeinträchtige die geschlechterneutrale Sprache, die mit dem generischen Maskulinum gegeben sei. Mit diesen Argumenten hatten kürzlich auch die CDU- beziehungsweise CSU-geführten Landesregierungen von Hessen und Bayern Gender-Verbote in ihren Behörden erlassen.
Als hauptsächlichen Grund für das Scheitern nennt Jeep die vorgegebene Terminierung in den Hamburger Sommerferien. „Wären wir nicht verpflichtet gewesen, in der Ferienzeit zu sammeln, in der viele Hamburger im Urlaub sind, hätten wir sicher ein Vielfaches der tatsächlichen Unterschriftenzahl erreicht“, sagt Jeep. SPD, Grüne und Linke hatten im Frühjahr in der Bürgerschaft den Antrag der Initiative abgelehnt, den Termin auf die Zeit nach den Sommerferien zu verschieben.
Ebenso kritisiert Jeep das Hamburgische Verfassungsgericht. Das hatte einen Eilantrag auf Verschiebung der Unterschriftensammlung abgelehnt. Hinzu komme, dass der Senat bei der Durchführung „offensichtlich Pflichten verletzt“ habe: Etwa in den Hamburger Kundenzentren habe es kaum Hinweisschilder gegeben, dass dort Unterschriften für das Volksbegehren geleistet werden können.
Die Initiative erwägt, nach Karlsruhe zu ziehen
Diese Kritikpunkte hätten nichts mit dem Inhalt der Volksinitiative zu tun, betont Jeep. „Was Senat, Bürgerschaft und das Verfassungsgericht entschieden haben, ist nicht im Sinne der direkten Demokratie in Hamburg.“ Weil der Notar bemängelt, das Gericht habe sich überhaupt nicht mit den Argumenten für eine Verschiebung auseinandergesetzt, wolle die Initiative nun eine Klage gegen das Hamburgische Verfassungsgericht vor dem Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör prüfen.
Auch will er im Hauptsacheverfahren, das nach der Eilentscheidung vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht noch aussteht, ergänzend feststellen lassen, dass der Senat das Volksbegehren nicht ordnungsgemäß durchgeführt und damit verfassungswidrig gehandelt habe.
Die Initiative hatte sich im Januar 2023 formiert und in einer ersten Sammelphase rund 16.000 Unterschriften im Rathaus abgegeben. Doch schon von Anfang an gab es massive Kritik an der Initiative: Für Empörung hatte die damalige Sprecherin der Initiative gesorgt, als sie das Gendern erst als „PR-Maßnahme der LGBTQ-Bewegung“ diffamierte, um anschließend gegen Homosexualität zu wettern: „Wenn wir nun alle schwul, lesbisch und trans werden sollen, dann ist die Evolution zu Ende“, sagte sie in einem Interview.
Zu der Frage, ob solche Aussagen vielleicht auch entscheidend für die mangelnde Unterstützung waren, dazu sagten die Aktivist:innen um Jeep am Donnerstag, bevor sie die Aktenordner mit den zu wenigen Unterschriften im Rathaus abgaben, jedoch nichts.
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