piwik no script img

Anklage gegen Ex-Präsident TrumpAngriff der Rechten

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Amerikas Ex-Präsident Donald Trump sitzt auf der Anklagebank. Sein rechter Mob unterstützt ihn trotzdem und schwächt das Vertrauen in die Justiz.

Wird angeklagt: Es geht um mehr als um Trumps Zukunft Foto: Evan Vucci/ ap

N un passiert es also doch, womit schon kaum noch zu rechnen war: Donald Trump, der sein ganzes Leben lang als Unternehmer und Politiker stets mit allen Gesetzesübertretungen irgendwie durchgekommen war, wird unter Anklage gestellt. Ob daraus auch eine Verurteilung folgt, ist nicht abzusehen – die konkreten Anklagepunkte blieben zunächst unter Verschluss.

Eins aber ist klar: So juristisch-technisch vermutlich ein Verfahren wird – es geht um illegale Falschbuchungen zur Vertuschung legaler Schweigegeldzahlungen –, so politisch werden seine Auswirkungen sein. Und dabei geht es um weit mehr als die Zukunft Donald Trumps.

Denn der reagiert ja nicht, wie es jahrzehntelange Übung beschuldigter Politiker in allen Demokratien der westlichen Welt war, mit der Aussage, er halte die Vorwürfe für haltlos und habe Vertrauen in die Justiz, seine Unschuld zu bestätigen. Stattdessen kontert er mit einem Generalangriff auf den Staatsanwalt und die angeblich von links dominierte Justiz insgesamt, die schon seit Jahren eine politisch motivierte „Hexenjagd“ gegen ihn veranstalte.

Dieser Angriff auf die Legitimität und Unabhängigkeit der Justiz gehört längst zum festen politischen Kanon des autoritären Rechtspopulismus weltweit – je nach Macht und Möglichkeit gefolgt vom Versuch, ebenjene Justiz unter Kontrolle zu bekommen. Die Systeme sind unterschiedlich, aber der Impuls ist derselbe, von Polen bis Israel, von Ungarn bis Brasilien unter Bolsonaro.

Die Basis hat die Verachtung für die Justiz verinnerlicht

Für die USA bedeutet das, dass der beginnende Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl im November 2024 auch geprägt sein wird von der Auseinandersetzung um die Verfahren gegen Trump. Der liegt in den Umfragen zu den Erfolgsaussichten eines möglichen republikanischen Kandidatenfelds klar vorne – und niemand anderes kann Vorwahlen gewinnen, ohne große Teile der Trump-Basis zu überzeugen. Einer Basis, die bis hin zum Sturm aufs Kapitol Trumps Verachtung für Gesetz und Institutionen mitgegangen ist und tief verinnerlicht hat.

Das wiederum führt dazu, dass schon in den ersten Reaktionen ganze Kohorten führender Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen Trump gegen die Anklage zur Seite stehen – so wird sein durchaus auch persönlich motivierter Rant gegen die Justiz zum Mainstream-Diskurs der Republikaner. Im Ergebnis: Eine von zwei großen Parteien, die jederzeit wieder an die Macht gelangen kann, entzieht der unabhängigen Justiz des Landes das Vertrauen. Steve Bannon, der Chefstratege der Institutionenzerschlagung von innen, hätte es nicht besser planen können. Die Gewaltenteilung, Grundpfeiler demokratisch verfasster Gesellschaften, ist bedroht wie nie zuvor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • @JULIANM

    Habe ich jetzt nicht ganz verstanden

    @CHRISTIAN LANGE

    Keine Frage: ich bin hier eigentlich immer der, der sagt, dass Neoliberalismus der Geburtshelfer (und Komplize, teilweise Mitprofiteur) des Rechtspopulismus sei.

    @SCHNARCHNASE

    Ja: wenn's nur "so gut wie" zwei Parteien gibt, dann sind sie sehr komplexe Biester. Zwischen Bernie Sanders und, sagen wir, Bill Clinton liegen Welten.

  • Bei den USA, einem Land mit einem de facto Zweiparteiensystem mit der Wahl twischen Rechts und ganz Rechts, von einer US-"Demokratie" zu sprechen, ist doch wohl eine unverdiente Euphemisierung

  • Es geht und wird in den USA nur letztendlich um eine Entscheidung gehen. Amerika oder Trump.



    Beides gleichzeitig ist und bleibt unvereinbar.

  • Die Anklage ist der beste Wahlkampf für Trump. Innerhalb weniger Tage 4 Mio USD Spenden! Die Spaltung wird noch tiefer und ich fürchte um die US-Demokratie.

  • @SARG KUSS MÖDER

    Dass Sie etwas nicht gelesen haben heisst noch lange nicht, es wäre nicht geschrieben worden.

    Hier [1] ein empfohlener Einstieg (nicht nur Snyder selbst, sondern auch die kritische Würdigung durch Baird).

    [1] www.theguardian.co...utin-trump-ukraine

    • @tomás zerolo:

      Danke fär den hinweis. E.pfehlenswerter artikel. Unbedingt lesen

  • Putin ist zwar noch nicht auf der Anklagebank, was er verbrochen hat, das ist allerdings Lichtjahre schlimmer. Noch schlimmer, dass die geballte Macht der Schreibenden es nicht fertig gebracht hat, die connection Trump Putin richtig zu durchleuchten.

  • Was macht mensch mit einer Demokratie, in der die Gehirne einer starken Minderheit verrottet sind?

    (Nein, damit meine ich nicht nur die USA. Hier gibt es auch genug Symptome davon)

    • @tomás zerolo:

      "Was macht mensch mit einer Demokratie, in der die Gehirne einer starken Minderheit verrottet"



      Ja, was macht man mit Menschen, denen man die Menschenwürde abgesprochen hat? Als ob Sie das nicht wüssten.

    • @tomás zerolo:

      Ich denke, in einer Aufarbeitung (die mit Sicherheit in irgendeinem Buch in den USA bereits vorgenommen wurde), bekommen auch die Demokraten ihr Fett weg. Lange Zeit war man sich dort bei den Reps und Democrats einig über die Spaltung in Arm und Reich, also Kapitalismus über alles. D.h. von allen Seiten wenig Vertrauen in den Staat und die Institutionen. Daher kaum Krankenversich., wenig Steuerlast, wenig Bildung und "vom Staat in Ruhe gelassen werden" ...

      • @Christian Lange:

        Die Demokraten haben doch versucht eine Krankenversicherung aufzubauen. Wurde aber alles von den Rechten torpediert.