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Angriff auf Syrer in StraßenbahnEntsetzen über rassistische Tat

Ein Syrer wird in einer Erfurter Straßenbahn brutal angegriffen. Der Täter wurde festgenommen. Es ist nicht der erste Vorfall in der Stadt.

Szene aus dem Video: Immer wieder wird das Opfer vom 40-Jährigen Täter rassistisch beschimpft Foto: Screenshot

ERFURT taz | Es sind verstörende Szenen, dokumentiert auf einem Handyvideo. Ein tätowierter Mann mit Fahrrad baut sich in einer Erfurter Straßenbahn vor einem jungen Syrer auf, beschimpft und bedroht ihn. „Du Drecksvieh“, schreit er den Jugendlichen immer wieder an. „Du kommst hier in mein Land. Verpiss' dich einfach dahin, wo du herkommst.“

Das Opfer bleibt ruhig sitzen, dennoch spuckt der Angreifer ihn an. „Mach einfach deinen Kopf runter das nächste Mal, wenn ich vor dir stehe.“ Dann tritt der Mann vier Mal auf den Kopf und Oberkörper des Syrers ein, nimmt dessen Handy und schmettert es auf den Boden.

Die Szene dokumentierte eine mitfahrende Person in der Straßenbahn. Menschen, die einschreiten, sind auf der Sequenz nicht zu sehen. Eine Begleiterin des Angreifers mahnt diesen nur: „Denk an die Kameras.“ Dann hält die Straßenbahn und die beiden steigen aus.

Angreifer ist ein 40-jähriger Deutscher

Das Video zu dem Angriff verbreitete sich am Montag in sozialen Medien – und rief dort breite Empörung hervor. Die Tat ereignete sich laut Polizei am Freitagabend gegen 23 Uhr. Zeugen hätten aus der Straßenbahn die Polizei um Hilfe gerufen. Bei dem Angreifer handele es sich um einen 40-jährigen Deutschen, der wegen der Zeugenhinweise identifiziert wurde und wegen Gewalt- und Eigentumsdelikten sowie als Drogenkonsument polizeibekannt sei. Er sei identifiziert und wurde mittlerweile festgenommen.

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Das Opfer, ein 17-jähriger Syrer, sei nur leicht verletzt worden. Laut Polizei gab es zuvor eine „verbale Auseinandersetzung“. Eine Sprecherin erklärte auf taz-Nachfrage, es sei um einen Sitzplatz gegangen. Auch der Straßenbahnfahrer sei von dem Angreifer bedroht worden, er solle anhalten. Dem sei der Fahrer schließlich nachgekommen.

Franz Zobel von Ezra, der Thüringer Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, spricht von einem „erschreckenden, rassistischen Angriff“. Die Gewalt sei durch nichts zu rechtfertigen. Auch spreche das ruhige Verhalten des Opfers gegen eine vorherige Provokation. Man habe dem Betroffenen ein Beratungsangebot zukommen lassen.

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) nennt den Angriff „einfach widerlich“. Auf Twitter schreibt er: „So ein feiger Mensch, stark und aggressiv gegen einen Wehrlosen. Da ahnt man, welche Leute sich als Herrenmenschen begreifen.“ Auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) spricht von einer „widerlichen Tat“.

Die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss reagierte ebenso „entsetzt“ auf den Angriff. Die Herabwürdigung des Opfers als Tier kenne man aus dem Nationalsozialismus. Die Stadt Erfurt äußerte sich vorerst nicht zu dem Vorfall.

Opferberater Zobel betont, dass es für Zeu­g:in­nen in solchen Situationen durchaus die Möglichkeit gebe, andere anzusprechen und gemeinsam Aufmerksamkeit zu erzeugen oder dem Opfer Hilfe anzubieten. „Das muss jeder für sich entscheiden, aber natürlich ist Zivilcourage in solchen Fällen äußerst wichtig.“

Immer wieder Angriffe in Erfurt

Laut Ezra ist Erfurt bereits seit Jahren eine Hochburg rassistischer oder rechtsextremer Gewalt. 29 Angriffe zählte die Organisation dort im vergangenen Jahr – gut ein Viertel aller Vorfälle in Thüringen. Die meisten waren rassistisch motiviert. Für Aufsehen sorgte eine Attacke im August 2020 von rund zwölf Angreifern auf drei Guineaer im Stadtteil Herrenberg. Die Opfer wurden teils schwer verletzt.

Ezra-Mitarbeiter Zobel spricht von einem „massiven Problem“ in Erfurt. „Es gibt für Betroffene längst Angsträume in der Stadt. Dieses Problem muss in der Stadt endlich angegangen werden.“

Auch die Linke König-Preuss forderte: „Den zunehmenden rassistischen Übergriffen in Thüringen, welche auch Resultat eines insbesondere durch die AfD geschürten politischen Klimas in der Gesellschaft sind, muss endlich Einhalt geboten werden, den Tätern mit aller Konsequenz begegnet werden.“

Eine Spendenaktion sammelt nun Geld, um dem angegriffenen jungen Mann sein Handy zu ersetzen und eventuell Therapie- oder Anwaltskosten zu finanzieren. Beinahe 5.000 Euro von über 600 Menschen sind so bereits zusammengekommen.

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9 Kommentare

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  • Das mit der Zivilcourage ist so ne Sache. Ich habe mich mal zwischen zwei Glatzen und einer anderen Person gestellt, um eine Schlägerei zu verhindern. Es hat auch funktioniert, als die Polizei dazu kam wurde ich leider den Glatzen zugeordnet und hatte einen Platzverweis für die Innenstadt kassiert........den habe ich aber ignoriert. Habe ich den Jungs von der grünen Minna auch angekündigt.....

  • Leider habe ich erst nach der Spende den Aufruf bis zu Ende gelesen. Wie nämlich im „Kleingedruckten“ am Schluss steht, hat der Initiator der Spendenaktion überhaupt keinen Kontakt zu dem jungen Syrer und wartet angeblich einfach darauf, dass der sich von selber (!) meldet. Geschieht das nicht, hat er vor, die Spenden an den Thüringer „Flüchtlingsrat“ (!) oder eine ähnliche Organisation weiterzuleiten. An die will ich aber nicht spenden.

  • Da schämt man sich für seine Landsleute! Wie wenig von Ihrer Hirnmasse nutzen solche Leute?

  • Nazis sind feige Taugenichtse.



    Allerdings scheinen die anderen Mitfahrer in der Straßenbahn auch nicht wirklich vor Zivilcourage gestrotzt zu haben.



    Habe es als Studentin in Mainz einmal erlebt, dass im Bus ein alter Nazi eine junge Ausländerin böse anging. In diesem Fall hat sich allerdings der gesamte Bus mit der jungen Frau solidarisiert - und der alte Nazi hat an der nächsten Haltestelle den Bus lieber schnell verlassen. SO sieht eine korrekte Antwort auf Nazis aus!



    War allerdings nicht in Thüringen.

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @Mainzerin:

      Dass die Leute gefilmt und die Polizei gerufen haben ist ja schon mal ein Anfang. Ich muss zugeben, dass ich, meine körperliche Masse und nicht vorhandene Erfahrung im mich prügeln bedenkend, vielleicht auch gezögert hätte die Aufmerksamkeit dieses betrunkenen Kleiderschranks auf mich zu ziehen. Andererseits hätte mich das als Anwesender im Bus sicher auch noch wütender gemacht als beim Schauen des Videos. Ganz schwer zu sagen, wie man selber in so einer Situation reagiert... Erst mal andere im Bus mobilisieren ist wahrscheinlich wirklich das Klügste.

  • Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich.

    Die Moderation

  • Da hat der Polizei einen bekannten Gefährder nicht lückenlos überwacht. Was sollen wir jetzt fordern? Mehr Polizei? Mehr Überwachung?

    Bzgl der Videoüberwachung ergibt sich einmal mehr die Erkenntnis, dass sie wenig konkreten Nutzen hat. Eine abschreckende Wirkung ist nicht nachweisbar. Immerhin hilft sie bei der Aufklärung und Beweisfeststellung. In diesem Fall gab es aber ohnehin genug Zeugen.

    • @Winnetaz:

      Welche Videoüberwachung?

  • Wenn Polizei und Justiz nicht konsequent handeln, wird sich das Problem immer weiter ausweiten. Das sind nicht nur Angriffe auf Ausländer, sondern auf unsere liberale Gesellschaft.