Angriff auf SPD-Mitglieder in Berlin: Drei junge Neonazis in Untersuchungshaft
Nach der Prügelattacke auf SPD-Wahlkämpfer*innen sitzen drei mutmaßliche Angreifer in U-Haft. Die Neonazis waren unterwegs zur Demo in Friedrichshain.
Ein Ermittlungsrichter am Amtsgericht Tiergarten hatte am Sonntagabend Haftbefehle gegen alle vier mutmaßlichen Angreifer im Alter von 16, 18 und 19 Jahren erlassen, ein 19-Jähriger wurde nun allerdings unter Auflagen vom Vollzug verschont, so die Ermittlungsbehörde.
Am Samstag hatten vier junge Männer zwei SPD-Mitglieder am Kranoldplatz nahe dem S-Bahnhof Lichterfelde Ost attackiert und schwer verletzt. Laut Polizei und Staatsanwaltschaft nannten sie die Wahlkämpfer*innen „linke Zecken“, rissen ihnen ihre SPD-Kappen vom Kopf und schubsten sie zu Boden. Auf einen der beiden schlugen die Täter demnach weiter ein und traten ihm massiv mit Springerstiefeln in den Bauch und gegen den Kopf.
Zu Neonazi-Demo aus Sachsen-Anhalt angereist
Als zwei Polizisten einschreiten wollten, wurden diese ebenfalls angegriffen. Einer der beiden sei rassistisch beleidigt und mit einer Glasscherbe im Gesicht verletzt worden, der andere erlitt einen Mittelhandbruch.
Erst als weitere Polizisten eintrafen, konnten die Angriffe gestoppt werden. Die verletzten Polizisten und der Wahlkämpfer kamen ins Krankenhaus, konnten es aber nach ambulanter Behandlung wieder verlassen.
Den Ermittlungen zufolge waren die Angreifer aus Halle an der Saale in Sachsen-Anhalt angereist, um an einer rechtsextremen Demonstration in Friedrichshain und Lichtenberg teilzunehmen. Warum sie deshalb am Bahnhof Lichterfelde Ost im Bezirk Steglitz-Zehlendorf ausstiegen, ist unklar.
Womöglich hatten sie die Berliner Ortsteile Lichterfelde und Lichtenberg verwechselt. Nun ermitteln der Staatsschutz der Polizei und die Staatsanwaltschaft wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung in zwei Fällen sowie tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in besonders schwerem Fall.
Physische und psychische Verletzungen
Der Berliner Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) verurteilte die Tat am Montagmorgen im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses „aufs Allerschärfste“. Attacken wie diese seien nicht nur Angriffe auf die betroffenen Personen, sondern auf „die Demokratie und unseren Rechtsstaat“, so Hochgrebe unter Applaus der Abgeordneten.
Die Betroffenen trügen nicht nur körperliche, sondern auch psychische Verletzungen von einem solchen Erlebnis davon, sagte Hochgrebe. Es wirke sich zudem auf alle Parteimitglieder aus, die in den kommenden Wochen Wahlkampf machen werden.
Laut SPD war eine der angegriffenen Personen die SPD-Fraktionsvorsitzende der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf, Carolyn Macmillan. Sie sei immer noch geschockt von der Tat, sagte sie am Sonntag. „Wir dürfen unseren Platz in Lichterfelde Ost nicht den Nazis überlassen“, so Macmillan.
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) meldete sich zu Wort. „Das ist brutale rechtsextreme Gewalt gegen engagierte Demokraten“, schrieb sie auf X. Die Tat müsse hart bestraft werden.
Immer wieder Angriffe auf Wahlkämpfer*innen
Im Wahljahr 2024 machten Attacken auf Wahlhelfer immer wieder Schlagzeilen. Unter anderem wurde der SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke im Mai in Dresden von jungen Neonazis schwer verletzt. Auch im Vorfeld der Landtagswahl in Brandenburg kam es zu Übergriffen auf ehrenamtliche Wahlhelfer von Parteien.
Darüber hinaus ist Berlin in den vergangenen Monaten regelmäßig Schauplatz von rechtsextremer Gewalt. Im Juli prügelten Neonazis von der Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ in Friedrichshain auf Antifa-Demonstrant*innen ein. Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf gab es in den Sommermonaten mehrere mutmaßlich rechte Übergriffe; im Oktober ging die Staatsanwaltschaft dann mit einer groß angelegten Razzia gegen Verdächtige aus der rechtsextremen Szene vor.
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