Angriff auf AfD-Kommunalpolitiker: Wieder Gewalt in Mannheim
In Mannheim hat ein Mann ein AfD-Mitglied mit einem Messer angegriffen. Laut Polizei gibt es Hinweise auf eine psychische Erkrankung.
![Innenstadt Mannheim. Innenstadt Mannheim.](https://taz.de/picture/7042573/14/35497629-1.jpeg)
Laut einer gemeinsamen Pressemitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei Mannheim ist es am Dienstagabend um 22:30 Uhr in der Schwabenheimer Straße in Mannheim zur Festnahme eines 25-jährigen Tatverdächtigen gekommen. Dieser habe zuvor auf der Relaisstraße mehrere Wahlplakate beschädigt und entwendet, „aufmerksame Zeugen“ hätten die Polizei verständigt.
Ein AfD-Politiker, der ebenfalls auf das Geschehen aufmerksam geworden war, habe den Tatverdächtigen verfolgt und gestellt. Daraufhin habe der Tatverdächtige den AfD-Politiker mit einem Cuttermesser verletzt. Danach sei der 25-Jährige geflohen, konnte aber durch die Polizei widerstandslos festgenommen werden, so die Polizei gegen Mittag.
Laut Polizei haben sich bei dem 25-jährigen Tatverdächtigen während der Festnahme deutliche Hinweise auf eine psychische Erkrankung ergeben, weswegen er in ein psychiatrisches Krankenhaus eingeliefert worden sei. „Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand liegen keine konkreten Hinweise vor, dass der Tatverdächtige bei dem Angriff erkannt hatte, dass es sich bei dem Geschädigten um einen AfD-Politiker handelt“, schrieb die Polizei.
Am Mittwochnachmittag wurde der Tatverdächtige dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Dieser erließ den von der Staatsanwaltschaft Mannheim beantragten Unterbringungsbefehl wegen versuchten Totschlags und ordnete die einstweilige Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an.
AfD spricht von drei Männern
In einem 21 Sekunden langen Video, das die Tat zeigen soll und offenbar von Koch gefilmt wurde, sieht man, wie dieser einem jungen Mann mit AfD-Plakaten unter dem Arm und einem Cuttermesser in der Hand hinterherläuft. „Halt, bleiben Sie stehen“, fordert der Filmer auf. „Hinlegen!“ Wortlos holt der Gefilmte daraufhin aus, das Bild verwackelt, man hört einen Schmerzensschrei. Der Gefilmte läuft davon, der Filmer ruft nach der Polizei. Dann endet das Video, das der taz vorliegt.
Für Mannheims AfD-Vorsitzenden Rüdiger Ernst war klar, dass Koch „durch einen Linksextremisten“ angegriffen worden sei, nachdem er diesen beim Plakateabreißen „ertappt“ habe. Nach AfD-Angaben seien drei Personen beteiligt gewesen. Als Koch den „Plakatabreißer“ angesprochen habe, sei er „unvermittelt“ angegriffen und „schwer verletzt“ worden. Koch selber habe die Tat gefilmt. Die beiden anderen Männer hätten entkommen können. Laut Ernst erlitt Koch eine Schnittwunde am Bauch und eine am Kopf. Er werde am Mittwoch das Krankenhaus wieder verlassen können.
Bereits bevor die Polizei sich geäußert hatte, klang es von Seiten der AfD recht eindeutig. Rechtsextremist und Geschichtslehrer Björn Höcke bemühte gar den historisch schiefen Vergleich mit den 1920er Jahren, als paramilitärische Kampfverbände der Nazis und Kommunisten sich häufiger Straßenschlachten mit zahlreichen Todesopfern lieferten: „Mannheim ist das nächste Weimar. Eskalation des Islamismus. Eskalation der Antifa. Wir werden beides beenden müssen.“ Es ist nicht das erste Mal, dass Höcke bürgerkriegsähnliche Zustände herbeireden will.
AfD mobilisiert zu Freitag für Demo nach Mannheim
Parteichef Chrupalla behauptete auch: „Unsere Mitglieder und Repräsentanten sind am häufigsten Opfer politischer Gewalt und Zerstörung“ – obwohl die Statistiken fürs Jahr 2023 belegen, dass die Grünen am häufigsten attackiert wurden.
Die AfD mobilisiert nach dem Angriff auf den Anti-Islam-Aktivisten Michael Stürzenberger Ende vergangener Woche ohnehin zu einer Demonstration am Freitagabend in Mannheim. „Für Meinungsfreiheit und Sicherheit im öffentlichen Raum“, lautet der Titel. Der Aufzug dürfte angesichts des Vorfalls um Heinrich Koch nicht weniger hitzig werden.
Am Freitag hatte der 25-jährige Sulaiman A. eine Kundgebung des Anti-Islam-Aktivisten Michael Stürzenberger mit einem Messer angegriffen und sechs Personen verletzt, darunter den Polizisten Rouven L. tödlich. Die Tat hatte breites Entsetzen ausgelöst, inzwischen ermittelt die Bundesanwaltschaft zu dem Fall. Die Ermittler gehen von einer „religiösen Motivation“ aus.
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