Anführer der Liste Religiöser Zionismus: Rechts, rassistisch und bewaffnet
Itamar Ben-Gvir ist der eigentliche Gewinner der Wahl in Israel. Der Rassist hat einen rasanten Aufstieg vom Außenseiter zum Königsmacher hingelegt.
Vor allem junge Leute fühlen sich von seiner draufgängerischen Art angezogen. Anders als der gesittetere Smotrich schreckt der hitzige Ben-Gvir nicht davor zurück, sich mit der Polizei anzulegen und auch mal die Waffe zu zücken.
Das erste Mal fiel der 46-Jährige als Teenager auf, als er das Cadillac-Emblem des Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin von dessen Auto stahl: „So wie wir zu seinem Auto durchgekommen sind“, sagte der jugendliche Ben-Gvir in die Kamera, „so werden wir auch ihn erwischen.“ Wenige Wochen später wurde Rabin ermordet.
Seitdem hatte der Provokateur zahlreiche Begegnungen mit der Polizei und Strafgerichten. Ben-Gvir wurde wegen rassistischer Hassrede, Behinderung eines Polizeibeamten und Unterstützung einer terroristischen Organisation verurteilt. Die israelische Armee hielt es angesichts Verurteilungen dieser Art für zu gefährlich, ihn mit achtzehn Jahren einzubeziehen.
Ideologische Nachfolge der verbotenen Kach-Partei
Aufgewachsen ist Ben-Gvir im Jerusalemer Vorort Mewasseret Zion als Sohn eines irakischen Vaters und einer kurdischen Mutter in einem säkularen Haushalt. Doch als Jugendlicher, während der ersten Intifada, wandte er sich der Religion und rechten Ideen zu. Mit sechzehn Jahren wurde er Mitglied der vom Ultranationalisten Meir Kahane angeführten Kach-Partei.
Die Kach-Partei, genauso wie ihre spätere Abspaltung Kach Chai, wurden 1994 verboten und werden von Israel als terroristische Organisationen betrachtet. Sie basiert auf dem Kahanismus, dessen politische Ziele unter anderem die Vertreibung der meisten Palästinenser*innen aus den besetzten Gebieten sowie die Beseitigung der Demokratie zugunsten einer jüdischen Theokratie sind. Ben-Gvirs jetzige Partei, Otzma Yehudith (dt. Jüdische Kraft) wird als ideologische Nachfolge der Kach-Partei verstanden.
Angesichts Ben-Gvirs zahlreicher Begegnungen mit Strafgerichten beschloss er, der sich oft selbst vertreten hatte, Jura zu studieren. Seitdem hat er zahlreiche radikale Siedler vor Gericht vertreten.
Verehrer des jüdischen Terroristen Baruch Goldstein
Der fünffache Familienvater lebt in Kiryat Arba, einer direkt an Hebron angrenzenden Siedlung. In dieser Siedlung befindet sich auch die Grabstätte von Baruch Goldstein, der 1994 in der Höhle der Patriarchen in Hebron 29 muslimische Betende massakriert und 125 verletzt hatte.
Auch Ben-Gvir zeigte sich als Verehrer von Goldstein. Ein Porträt des Attentäters, das lange in seinem Wohnzimmer hing, nahm er vor zwei Jahren ab, weil er seine Partei „Jüdische Kraft“ in eine vergleichsweise gemäßigt rechte Liste aufgenommen sehen wollte. Es kam nicht dazu. Die Vorbehalte gegen ihn waren noch zu groß. Ein Jahr später aber wurde Ben-Gvir mit Otzma Yehudit zum ersten Mal in die Knesset gewählt.
In diesem Wahlkampf hat er immer wieder betont, er habe sich von einigen radikalen Ansichten distanziert, doch viele halten dies für ein Lippenbekenntnis. Mit der Aufnahme in Netanjahus rechtsreligiöses Bündnis sind Ben Gvir und seine extremistischen Ideen endgültig hoffähig geworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden