Aktienpaket-Vorschlag: Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Um die wachsende Ungleichheit zu bekämpfen, fordert die CDU ein Aktienpaket für jedes Kind. Interessant, aber sorgt das wirklich für Gerechtigkeit?
D er Staat schenkt allen Bürgern Geld, damit auch ärmere Haushalte mal auf einen grünen Zweig kommen. Diese oft geäußerte Idee erfährt nun eine neue Konjunktur, weil der Bundestagswahlkampf startet. So schlägt CDU-Politiker Sepp Müller, Parlamentarier aus Dessau und Wittenberg, einen „Deutschland-ETF“ vor, „und zwar für jedes Kind, unabhängig vom Reichtum der Eltern“.
Ein ETF ist ein Investmentfonds, der an der Börse gehandelt wird. Anteile an solchen Fonds solle der Staat jedem Kind regelmäßig kaufen, schlägt Müller vor, der auch Vizevorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist. Nach einigen Jahren oder Jahrzehnten wäre ein kleines Vermögen vorhanden, das die Bürger:innen individuell verwenden könnten.
„Wir sehen in Deutschland eine wachsende Vermögensungleichheit in Ost und West, zwischen Männern und Frauen, Akademikern und Arbeitern“, begründete der CDU-Politiker im Magazin Stern. Dagegen helfe nicht nur Umverteilung von oben nach unten. „Stattdessen müssen wir alle Menschen stärker am Produktivkapital beteiligen.“
Heißt: Wer Anteile an Fonds und damit zum Beispiel Aktien besitzt, profitiert von den Gewinnen der Unternehmen. Müllers Parteivorsitzender Friedrich Merz, der Bundeskanzler werden will, hat unlängst Ähnliches geäußert.
Reiche Kinder haben meist schon ein Aktienkonto
Solche Ideen werden immer mal wieder diskutiert. Im ersten Moment mögen sie sympathisch klingen. Allerdings knüpfen sich daran Fragen. Zum Beispiel: Warum sollte der Staat allen Kindern zu öffentlich finanziertem Kapital verhelfen?
Die Begründung, die soziale Schere zwischen Arm und Reich öffne sich weiter und die ärmere Hälfte der Bevölkerung bedürfe aus Gerechtigkeitsgründen der Förderung, erscheint plausibel, ist es in diesem Zusammenhang aber nicht. Denn ginge es wirklich darum, bräuchte der Staat nicht den Kindern der Wohlhabenden und Reichen ebenfalls ein Aktienkonto zu spendieren. Die haben oft schon eines.
Und warum ETFs, Aktien, mithin Beteiligungen an Unternehmen? Staatsanleihen, etwa die Papiere des Bundes, sind sicherer als viele Aktien. Die Freunde des Kapitalmarktes argumentieren jedoch, die Renditen an den Börsen wären auf lange Sicht unschlagbar. Andererseits kann gekniffen sein, wer sein angespartes Börsenvermögen gerade dann braucht, wenn vorher eine Finanzkrise eingeschlagen und die Kurse halbiert hat.
Ideen mit Potenzial
Auch ein Blick auf die vorgeschlagenen Summen lohnt. So regten die Wirtschaftsweisen an, die die Bundesregierung beraten, jedem Kind zwischen dem 6. und 18. Geburtstag jeweils 10 Euro monatlich aus staatlichen Kassen zu überweisen. Inklusive 4 Prozent Rendite kämen nach 12 Jahren etwa 2.000 Euro zusammen. Ließen die Beschenkten das Kapital weitere 15 Jahre arbeiten, verfügten sie über ungefähr 5.150 Euro. Nicht zu verachten, aber ändern solche doch geringen Summen etwas an der Ungleichverteilung der sozialen Chancen?
Anders sieht es aus beim Vorschlag des Grunderbes, den das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung vor drei Jahren unterbreitete. Alle 18-Jährigen sollten 20.000 Euro erhalten, finanziert aus höheren Steuern auf große Vermögen, um sie etwa in Fortbildung, Studium oder eine Eigentumswohnung zu investieren. Sowohl die Summe als auch der Umverteilungsaspekt würden in diesem Fall erwarten lassen, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich tatsächlich etwas verringerte.
Als ähnlich wirksam könnte sich das Konzept eines Bildungsgrundeinkommens erweisen, das 2022 das Zentrum Liberale Moderne und die Bertelsmann-Stiftung propagierten: Alle Erwerbspersonen sollten demnach das Recht erhalten, während ihres Arbeitslebens drei Jahre lang 1.200 Euro monatlich vom Staat zu bekommen, um sich weiterzubilden.
Potenzial steckt in all diesen Ideen, nur müsste sie mal jemand in die Tat umsetzen.
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