AfD verteilt Ausschüsse im Bundestag: Radikale bekommen, was sie wollen
Die AfD-Fraktion hat ihre Arbeitskreise verteilt: Helferich sitzt im Kulturausschuss, Krah im Europaausschuss. Und auch der Kreml dürfte sich freuen.

Im Gegenteil: Die neue AfD-Fraktion im Bundestag hat am Dienstag ihre Kandidaten für die Ausschüsse gewählt und ihre radikalsten Köpfe durften sich am Ende freuen. Denn sie bekamen exakt das, was sie sich wünschten: Matthias Helferich, der sich selbst als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnete, kommt in den Kulturausschuss und beschäftigt sich dort unter anderem mit Gedenkstättenarbeit. In der letzten Legislatur distanzierte sich die AfD-Fraktion noch von Helferich wegen seiner radikalen Positionen, in dieser Legislatur wurde er reibungslos aufgenommen.
Gedenkstättenleiter und Historiker Jens-Christian Wagner bezeichnete Helferichs Sitz im Kulturausschuss als „Schande“ und als Beleg für die „geschichtspolitische Radikalisierung“ der AfD-Fraktion. Seine Wahl in den sensiblen Ausschuss sei ein „Frontalangriff auf die Erinnerungskultur“.
Der nicht weniger radikale Maximilian Krah, den die Fraktionsspitze nach taz-Informationen am liebsten in den Petitionsausschuss abgeschoben hätte, kam unterdessen in den Europaausschuss. Gegen Krah ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wegen mutmaßlicher Bestechlichkeit und Geldwäsche im Zusammenhang mit chinesischen Zahlungen. Zuletzt wurde Anklage wegen schweren Spionageverdachts gegen seinen ehemaligen persönlichen Assistenten und langjährigen Mitarbeiter Jian G. erhoben. Zudem gibt es gegen Krah ein Vorermittlungsverfahren im Zusammenhang mit mutmaßlichen Zahlungen aus Russland – Krah streitet jegliche Schuld ab und darf sich nun freuen, im Europaausschuss weiter viel auf Reisen zu sein.
Arbeitskreis Außen ganz nach dem Geschmack des Kreml
Im Europaausschuss sitzt Krah künftig zusammen mit Matthias Moosdorf, der neben seinem Bundestagsmandat in der letzten Legislatur eine Honorarprofessur in Russland angetreten hat, die sogar intern kritisiert wurde. Immerhin musste er aber Abstriche machen: Am Dienstag scheiterte er nach taz-Informationen mit einer Kampfkandidatur für den Arbeitskreis Außen – bekam dafür aber problemlos einen Platz im Europaausschuss. In der Fraktionsspitze gibt es durchaus die Sorge, dass er dort weiter Unruhe stiften wird.
Anders lief es beim ebenfalls notorischen Russlandreisenden Rainer Rothfuß – der kam erneut in den wohl skandalträchtigsten Arbeitskreis Außen. Auch der Obmann des Ausschusses, Stefan Keuter, war schon als Pseudo-Wahlbeobachter in Russland unterwegs – allerdings vor dem russischen Großangriff auf die Ukraine.
Der neue Leiter des Arbeitskreises Außen dürfte dem Kreml ebenso schmecken: Vorsitzender wird Markus Frohnmaier, ein Vertrauter der Fraktionschefin Alice Weidel. Frohnmaier ist mit einer russischen Journalistin verheiratet, die für die als regierungsnah geltende Zeitung Iswestija arbeitete. Als Russland die Krim annektierte, sprach er Glückwünsche an die „Bürger der Krim zum Erringen der Unabhängigkeit von der Ukraine“ aus.
Schon 2015 traf Frohnmaier Putins faschistischen Ideologen Alexander Dugin und veröffentlichte sogar Beiträge auf dessen Website. Auch besuchte er vor Russlands Invasion in der Ukraine pro-russische Separatisten im Donbas. Bereits 2019 berichteten diverse Medien in gemeinsamen Recherchen zu Versuchen russischer Einflussnahme auf die Bundestagswahl 2017. In einem Strategiepapier des Kremls wurde Frohnmaiers Einzug damals demnach begrüßt. Er werde „ein unter absoluter Kontrolle stehender Abgeordneter im Bundestag sein“, hieß es darin.
Und auch anderswo geht die Radikalisierung recht ungebremst weiter: So berichten unter anderem die Nürnberger Nachrichten, die AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag will Höcke-Flüsterer und völkischen Vordenker Götz Kubitschek als Sachverständigen für eine Anhörung zu „Demokratiebildung“ benennen. Auch wenn die anderen Parteien das offenbar noch verhindern wollen: Der Verfassungsschutz dürfte weiter jede Menge Belege zu sammeln haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Jüdische Studierendenunion
„Die Linke hört nicht auf die Betroffenen“
Arbeitszeitbetrug-Meme
Arbeitgeber hassen diesen Trick
Günstiger und umweltfreundlicher
Forscher zerpflücken E-Auto-Mythen
Friedrich Merz und Israel
Außenkanzler, verschließt Augen und Ohren
Indischer Schriftsteller Pankaj Mishra
„Gaza hat die westliche Glaubwürdigkeit untergraben“
Israelisches Militär im Westjordanland
Auch Deutscher unter beschossenen Diplomaten