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Absturz von Flugzeug MH17Putin für Abschuss verantwortlich

Internationale Ermittler gehen davon aus, dass Russlands Präsident 2014 den Abschuss der Maschine entschieden hat. Sie haben abgehörte Telefongespräche ausgewertet.

Es gibt „starke Hinweise“, dass Russlands Präsident Putin den Abschuss entschieden hat Foto: Valery Sharifulin/Sputnik/ap

Den Haag dpa | Der russische Präsident Wladimir Putin spielte nach Erkenntnissen internationaler Ermittler eine aktive Rolle beim Abschuss des Passagierflugzeuges MH17 im Juli 2014 über der Ostukraine. Das geht aus abgehörten Telefongesprächen hervor, wie das Ermittlerteam am Mittwoch in Den Haag mitteilte. Es gebe „starke Hinweise“, dass die Entscheidung von Präsident Putin gekommen sei. Die Ermittler gaben aber an, dass die Beweise für eine strafrechtliche Verfolgung nicht ausreichten. Außerdem genieße Putin durch sein Amt Immunität und könne nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Die Boeing der Malaysia Airlines wurde im Juli 2014 über umkämpftem Gebiet mit einer russischen BUK-Luftabwehrrakete abgeschossen. Alle 298 Menschen an Bord starben. Russland hat stets jegliche Beteiligung an dem Abschuss der Boeing zurückgewiesen. Auch gegen andere Verdächtige reichten die Beweise nicht aus, so die Ermittler. Deshalb würden die Ermittlungen vorläufig eingestellt. „Wir haben unsere Grenzen erreicht“, sagten die Ermittler.

Die Maschine war am 17. Juli 2014 auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur, als sie über umkämpftem Gebiet mit einer russischen Luftabwehrrakete vom Typ Buk abgeschossen wurde. Gegen drei Russen und einen Ukrainer – alle hatten damals führende Positionen bei den prorussischen Rebellen in der Ostukraine – wurde Anklage erhoben. m vergangenen Jahr wurden drei von ihnen in einem Prozess schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Mann wurde freigesprochen. Keiner der Angeklagten nahm an dem Prozess teil. Die meisten der Opfer waren Niederländer, daher fand der Prozess auch in dem Land statt.

Zu dem Ermittlerteam gehörten Experten aus den Niederlanden, Australien, Malaysia, Belgien und der Ukraine. Die Regierungen der Niederlande und der Ukraine haben wegen des Abschusses Russland vor dem Europäischen Gerichtshof EGMR für Menschenrechte verklagt. Der EGMR nahm die Klagen Ende Januar an. Die vorgelegten Beweise zeigten, dass das Gebiet im Osten der Ukraine, über dem die Boeing 777 abgeschossen wurde, sich unter der Gerichtsbarkeit der Russischen Föderation befunden habe, entschied das Gericht. Russland habe zudem bedeutenden Einfluss auf die Militärstrategie der Separatisten dort gehabt.

Die Gerichtsentscheidung könnte den Weg für Entschädigungszahlungen ebnen. Ein Urteil stand noch aus.

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12 Kommentare

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  • Die dpa-Meldung auf der der Artikel beruht, war irreführend, das sollte unbedingt korrigiert werden.



    Gerade weil der Sachverhalt auch so sehr aufschlussreich ist.



    Putin hat jahrelang (das gestern veröffentlichte Telefonat ist von November 2016) persönlich mit Führern der "Separatistenbewegung" telefoniert, sich über die militärische und ökonomische Lage informieren lassen, und bei Bedarf direkt Hilfen veranlasst, d.h. das per Telefon zugesagt. So wohl auch im Sommer 2014 die Freigabe von schweren Waffen für die "Freiheitskämpfer", die gegenüber der ukrainischen Armee zunehmend ins Hintertreffen gerieten.



    Der Präsident der Russischen Föderation ist somit nicht nur abstrakt für die Geschehnisse im Donbass seit 2014 verantwortlich (das ist er sowieso), sonder ganz konkret und nachweisbar als Mittäter eines bestimmten Verbrechens.



    Die Fiktion vom "Bürgerkrieg im Nachbarland" und dem "Normandieformat", in dem Russland auf seinem Staus als neutraler Vermittler bestanden hat, ist endgültig widerlegt.



    Die Ermittler haben sinngemäß erklärt, dass sie die Ermittlungen vorläufig einstellen (müssen), weil Putin aufgrund seines Amtes Immunität genießt. D.h. da kommt noch was, bzw. alle Diskussionen über eine "Nachfolgeregelung" haben sich endgültig erledigt. Putin wird sich an die Macht krallen, bis er gewaltsam entfernt wird oder stirbt.



    Und schließlich diese Telefonate an sich. Wie blöd kann man sein, sich derart zu exponieren? Putin scheint die Kriegstreiberei sehr wichtig gewesen zu sein.



    Interessant ist auch die Frage, wo überhaupt das Telefon stand, das abgehört wurde. In Donezk? Oder im Kreml? Ich bin sicher, Putin denkt gerade auch darüber nach. Er weiß am besten, was er in den letzten 20 Jahren sonst noch so alles per Telefon erledigt hat. Oder was er aktuell fernmündlich erledigt (nicht nur in Bezug auf den Krieg). Er hat sich ja extrem zurückgezogen und regiert "auf Distanz".

  • Immer wieder interessant, wer unter den bekannten Foristen bestimmte Artikel NICHT kommentiert. Es ist, als würde man sich die Kartöffelchen aus dem Borschtsch herauspicken. Denkt denn da keiner nach?

  • ukrainerInnen twittern #RussiaTerroristState



    #StopRussiaNow

  • Andere Zeitungen schreiben, dass die Ermittler herausgefunden haben, dass Putin die Lieferung der verwendeten Raketen genehmigt habe. Das ist schon ein Unterschied zu dem hier geschriebenen, dass er den Abschuss entschieden hat.

    Welche Version stimmt nun?

  • "...dass Russlands Präsident 2014 den Abschuss der Maschine entschieden hat."



    Siehe hierzu www.tagesspiegel.d...-mh17-9312242.html :



    "In einer früheren Version war von einer „aktiven Rolle“ Wladimir Putins beim Abschuss die Rede. Diese Darstellung bezog sich auf eine Meldung der Nachrichtenagentur „dpa“. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Putin den Abschuss des Flugzeugs angeordnet hat."

  • Das stimmt nicht. Er hat die Lieferung der BUK in die Ostukraine genehmigt. Den Abschuss selbst hat er indes nicht befohlen.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Nicht auszuschließen, dass was dran ist. Nicht nur aber erst recht im Krieg kann mans glauben oder auch nicht.

  • Der Artikel hält nicht, was er verspricht. Worin bestehen denn konkret die Indizien?

    Durch den Verzicht, konkret die Indizien zu benennen, wird zum einen die Gutgläubigkeit der LeserInnen eingefordert, aber auch(viel gefährlicher) ein Misstrauen geweckt.

    Heute im Deutschlandfunk wurde das deutlich detaillierter berichtet. Warum nicht in der taz?

  • Dann hat es Putin ja geschafft auf einer ebene zu Muammar al-Gaddafi sich zu begeben.

    Gaddafi wurde als Terrorist nach einem Flugzeuganschlag bezeichnet, das gleiche trifft ja nun auch dann auf Putin zu.



    Abgesehen von dem brutalen Völkerrechtswiedergen Angriffskrieg in der Ukraine, ist nun Putin nach meiner Meinung einer der größten Terroristen im 21. Jahrhundert!

    Der Präsident einer Atommacht ist also de facto ein Terrorist, gefährlicher geht es nicht, da gibt es keine Superlative drüber!

    • @udo123:

      Das bezweifle ich, eine Atommacht ist auch Nordkorea, deshalb spielt Kim Jong-un zum Glück noch nicht in der gleichen Liga wie Xi Jinping geschweige denn dem Mann im Weißen Haus. Wladimir Putin war im Übrigen schon Terrorist im vorigen Jahrhundert. 1999, kaum im Amt, als er im Zuge schon völlig durchgeknallter False-Flag-Aktionen ganze Wohnblöcke pulverisierte. Moskau, Buinaksk, Wolgodonsk, Opferzahlen überstiegen die von MH17. Kaum zwei Jahre später wurde er im Deutschen Bundestag beklatscht. Wann war Gaddafi dort?

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @Tanz in den Mai:

        Trifft un-wohl zu, außer der Behauptung, es läge eine Beweis oder eine Indiz für eine DIREKTE Verwicklung in den Flugzeugabschuss vor,



        Um so rätselhafter ist die Verkennung der Gefahr durch "westliche" Politik über Jahrzehnte, so rätselhaft wie die bisher weitgehend ausbleibende öffentliche und fachlich- wissenschaftliche Diskussion über die Ursachen dieser Verkennung.

  • Es überrascht niemanden, der sich mit Putins Werdegang befasst hat. Vom Anfang seiner Karriere an hat er auf Massenmord gesetzt. Es ist unglaublich, dass es überhaupt Menschen gibt, die glauben, man könne mit Putin verhandeln oder gar eine Art verlässliches Verhältnis haben. Warum denkt keiner nach? Hinter Putins Kartöffelchengesicht verbirgt sich nun mal nicht der gutmütige Onkel Wanja, den einige offenbar immer noch in ihm sehen. Dieser Mensch ist von Grund auf bösartig und solange er Präsident ist, gilt das auch für Russland, bzw. alle, die seine Politik bestimmen.