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Abstimmung der EU-Umweltminister:innenVerbrenner-Aus könnte kippen

FDP und Grüne streiten über das Ende für Autos mit Verbrennerantrieb. Wie Deutschland beim EU-Umweltministerrat abstimmt, ist offen.

Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn, vielleicht weiterhin mit Verbrenerantrieb Foto: Stefan Puchner/dpa

Brüssel/Berlin taz | Der EU-weite Zulassungsstopp für neue Autos mit Verbrennermotor ab 2035 könnte am heutigen Dienstag an Deutschland scheitern. Bei der entscheidenden Abstimmung der EU-Umweltminister:innen in Luxemburg könnte Deutschland querschießen und das Verbrenner-Aus stoppen. EU-Kommission und das Europaparlament haben sich bereits für ein Verkaufsverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 ausgesprochen.

Für das Scheitern des Verbots ab 2035 würde schon eine deutsche Enthaltung reichen. Gebraucht wird nämlich eine qualifizierte Mehrheit unter den 27 Mitgliedsländern. Ohne das größte EU-Land würde jedoch die damit verbundene Schwelle von mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung verfehlt, die dem Vorschlag zustimmen müssen. Bisher haben sich Italien, Bulgarien, Rumänien, Portugal und die Slowakei gegen das Verbrenner-Verbot ausgesprochen. Sie fordern mehr Zeit – statt wie geplant 2035 soll das Aus erst 2040 kommen. Allerdings verfügen sie nicht über genügend Stimmanteile, um den Vorschlag zu Fall zu bringen. Dafür brauchen sie Deutschland.

In der Ampelregierung ist ein heftiger Streit darüber entbrannt. Die FDP will dem Aus nur zustimmen, wenn es Ausnahmen für Fahrzeuge gibt, die nur mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden können. Das will Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nicht. Bis Redaktionsschluss hatte sich die Regierung auf keine Position geeinigt.

Dass ausgerechnet Europas „Autoland“ den Ausschlag gibt, hat viele in Brüssel überrascht. Schließlich hat sich Berlin immer wieder für das Verbrenner-Aus ausgesprochen. Es gehe hier nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um das Prinzip der Technologieoffenheit, sagt die FPD-Politikerin und Vizepräsidentin des Europaparlaments, Nicola Beer. Zur Erreichung der EU-Ziele müssten auch synthetische Kraftstoffe erlaubt werden. Setzt sich die FDP durch und der Vorschlag fällt am Dienstag durch, ist noch nicht aller Tage Abend: Danach müssen sich Rat, Parlament und Kommission noch im sogenannten Trilog einigen. Wenn sich die EU-Staaten auf eine Verschiebung des Verbrenner-Verbots einigen, kann das Parlament dieses wieder kassieren.

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12 Kommentare

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  • "Es gehe hier nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um das Prinzip der Technologieoffenheit, sagt die FPD-Politikerin..." Haha. Klar geht es bei denen NIE um Klimaschutz und an das Labern mit e-Fuel kann nur Lindner & Co. glauben. Lindner hat Politik studiert. Von Wirtschaft und Technologie hat NULL Ahnung. Aber Botschaften in der Öffentlichkeit kann er rüberbringen. Ein Bisschen wie Boris Johnson, nur arroganter und in der falschen Partei für den größten Kuchen der Politik.

  • Die größte Umweltsünde ist die fast ausschließliche Produktion in Billiglohnländern und daraus resultierende extrem lange Transportwege. Wahrer Umweltschutz würde dieses Thema angehen, weniger Globalisierung, mehr Produktion vor Ort mit kurzen Wegen. Wieviele Produktionsstätten wurden denn aus Deutschland ins billige Ausland verlagert? Das weiß auch rot-grün, die ja auch auf die Firmen, die sie mit Parteispenden bedenken, Rücksicht nehmen müssen. E-Autos tragen da äußerst wenig zum globalen Umweltschutz bei. Aber wir sollen es glauben. Ist das noch grüne Ideologie oder schon Demagogie?

  • Mag sein, dass in Europa in dem einen oder anderen Land ab 2030 oder 2035 keine Verbrenner mehr zugelassen werden dürfen. Weltweit wird das aber nicht der Fall sein, und für Länder wie Indien, Länder in Afrika, Südamerika werde weiterhin noch lange Zeit Verbrenner produziert. Diesel können äusserst umweltfreundlich sein, wenn die Politik will geht das auch. Aber Ideologie gewinnt, und das E-Auto scheint der Heilsbringer zu sein. Das wird sich evtl. ganz schnell ändern. Und wie ein Schreiber hier schon ausführte: der neue RangeRover ist bereits ausverkauft auf lange SIcht, ebenso die G-Klasse und andere schwere Autos. Die Leute fliegen wieder wie wenn es kein Morgen gäbe und fahren in Urlaub zu Millionen, über was machen wir uns Gedanken?

  • Das Ergebnis (CO2-Reduktion) zählt, nicht die Technologie, wie es erreicht wird.

    Ich hoffe, dass sich die FDP durchsetzt.

    • @Black & White:

      "Sind E-Fuels eine saubere Alternative für Autos? Nein, sagt die Wissenschaft"

      www.handelsblatt.c...haft/28412514.html

      • @Andreas V.:

        Diese Aussage einiger Wissenschaftler mag aus heutiger Sicht am wahrscheinlichsten sein. Aber was ist mit morgen, was ist mit in 10 Jahren?

        Ich bin immer skeptisch, wenn Theorien als Universal-Weisheiten dargestellt werden, die für immer gelten. Vielleicht ändern sich die technologischen Rahmenparameter und plötzlich gibt eine sinnvolle Alternative. Deshalb sollten wir nicht ohne Not uns auf eine Technologie festlegen, die andere potentielle Lösungsmöglichkeiten ausschließt.

  • Lohnt es sich, über den Bedarf an Rohstoffen zu reden, die (nicht nur) für die Akku-Mobilität erforderlich sind?



    Nein!



    Oder über die Größenordnung dieser angestrebten Konversion von über 48 Mio. PKW in D und mehr als 325 Mio. in der EU?



    Nein!



    Von dem dafür erforderlichen Ausbau der Infrastrukturen in allen Mitgliedsstaaten, die auch noch mit anderen ökonomischen, sozialen und gesellschaftlichen Problemen zu kämpfen haben?



    Natürlich nicht!



    Über Studien, die nicht von Öko-Fundis publiziert wurden, sondern von den immer hochgeschätzten Wirtschaftsinstituten (IW, DIW u.a.), die für die kommenden Jahre Knappheiten und Preissteigerungen für diese Rohstoffe vorher sagen?



    Gott bewahre, unsere Illusionen könnten platzen und uns zu wirklichen Veränderungen zwingen!



    Da reden wir doch lieber von Technologieoffenheit, genauer Technologiebesoffenheit, die uns in einen Rausch versetzt, der uns die Wirklichkeit vergessen lässt! Dass wir weder die Erneuerbaren für unsere Wünsche und Träume einer unendlichen grünen Wachstumsökonomie haben, noch die zusätzlichen Erneuerbaren für die Umwandlungsverluste, die bei der Synthetisierung von Kraftstoffen entstehen. Energieeffizienz? Nein danke! Kleine, leichtere, leistungslimitierte Fahrzeuge? Nein danke!



    Wir wissen zwar, was Framing ist, aber das darf uns nicht stören, wenn es um das Auto, Akku-Mobilität und Klimaschutz geht. Wir schützen lieber unsere Illusionen. Das ist leichter und angenehmer, als sich der Wirklichkeit zu stellen.



    Übrigens: Dieser Tage läuft der letzte Akku-Kleinwagen von der BMW, der i3, vom Band. Die Gewinnmargen sind vermutlich zu klein. Während der neue 2,8 t schwere Range Rover, ein Spritschlucker und ökologischer Irrsinn ersten Ranges, sich großer Beliebtheit erfreut.



    Kein Grund, sich aus der Framing-Debatte zu verabschieden. Kein Grund, in Zusammenhängen zu denken. Kein Grund, den Nasenring zu entfernen, mit dem man sich durch die Manege ziehen lässt!

  • Das Verbrennerverbot bedeutet nichts anderes als ein Ende der Autoindustrie in Deutschland. Für die E-Autos braucht es keine Produktionsstätten im Hochlohnland. Tesla in Brandenburg ist ein werbewirksamer aber hoch subventionierter Sonderfall.

    Wer heute über das Verbot jubelt, wird morgen weinen.

  • Gähn. Im Grunde geht der Streit doch darum, ob Autos lieber mit Erdöl (Diesel bzw. Benzin) oder mit Kohle (E-Auto) betrieben werden sollten.



    Und wie man Autofahrern (und Steuerzahlern, wg. Subventionen) möglichst viel Geld aus der Tasche ziehen kann.



    Statt die Autoindustrie zum Bau kleinerer, leichterer, sparsamerer Autos zu zwingen.

  • Anderswo war die Rede vom Verbot für PRIVAT-PKW (was natürlich ein ziemlicher Schwachsinn wäre) und Leicht-LKW. Ich wünsche mir detailliertere Infos!

  • Und wieder einmal treibt die FDP die beiden anderen "Partner" vor sich her. Leider ist erst in 3½ wieder Bundestagswahl, dann fliegen die eh wieder, zu recht, raus aus einer Regierung.

  • Die FDP arbeit in vielen Politikfeldern stark daran die Ampelregierung zum Platzen zu bringen. Mal sehen wie lange das noch gut gehen kann. Oder anders formuliert. Wie lange lassen sich die beiden anderen Parteien mit dem Nasenring durch die Manege ziehen.....