Abstimmung Frauenquote: Taktik und Inszenierung
Die Grünen setzen CDU bei Frauenquote unter Druck. Überraschend hat die Oppositionspartei einen neuen Antrag vorgelegt.
BERLIN dpa | Mit einem überraschenden Schachzug wollen die Grünen die Haltung der Union im Bundestag zur Frauenquote auf den Prüfstand stellen. In einem neuen Antrag der Grünen-Fraktion für die Abstimmung an diesem Donnerstag im Bundestag heißt es: „Entsprechend dem Konsens der Union wird für das Jahr 2020 eine Quote von 30 Prozent Frauenanteil vorgesehen.“ Der Antrag lag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.
Im Plenum steht ein Gesetzentwurf des Bundesrats zur Abstimmung, der in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen die stufenweise Einführung einer Quote von 40 Prozent ab 2023 vorsieht. Damit Befürworterinnen einer Quote in der Union nicht dafür stimmen, hatte der CDU-Vorstand beschlossen, eine 30-Prozent-Quote ab 2020 ins Wahlprogramm zu schreiben. Die Verfechter einer Frauenquote in der Unionsfraktion wollen nun gegen den Gesetzentwurf des Bundesrats stimmen. Wie sie sich zum Grünen-Antrag verhalten, war zunächst unklar.
Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte der dpa: „Die Union soll nicht immer nur dagegen sein, sie soll auch mal für die Frauenquote sein können, und wenn es nur ein kleines bisschen ist.“ Die Grünen gäben ihr dazu mit ihrem Antrag nun die Gelegenheit. „Mit einer Zustimmung zu diesem Antrag könnte die Unionsfraktion zumindest belegen, dass es ihr nicht nur um eine Vertagung der Frage auf den Sankt-Nimmerleins-Tag geht.“
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, nur noch eine inhaltsleere Politik zu betreiben. „Es geht nur noch um Taktik und Inszenierung – und nicht um Politik“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Das Thema an sich ist Frau Merkel herzlich egal. Hauptsache sie hat Ruhe. Die Leidtragenden sind die Frauen im Land.“ Am Vorabend hatte Steinmeier bei einer Veranstaltung im brandenburgischen Wildau gesagt: „Merkel und ihre Männer haben den Schuss nicht gehört.“
Von der Leyen verzichtet auf Redezeit
In der Bundestagsdebatte wollen Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), seine Stellvertreterin Gerda Hasselfeldt (CSU) und Familienministerin Kristina Schröder (CDU) Stellung dazu beziehen, dass die CDU neuerdings für eine feste Frauenquote ist – aber den Oppositionsantrag ablehnen will. Die zunächst auf die Rednerliste stehende Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verzichtete am Mittwoch überraschend auf ihre Redezeit. Von der Leyen war ursprünglich bereit, mit der Opposition eine gesetzliche Quote in börsennotierten Unternehmen zu beschließen.
CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kritisierte das Verhalten von der Leyens in der Diskussion um die Quote. „Wenn es um Stilnoten geht, war das keine “, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung (Donnerstag). Die Diskussion um die Frauenquote nannte er „ein überschaubares Problem“, verglichen mit den Herausforderungen der vergangenen Monate bei der Bewältigung der Eurokrise.
Die FDP ist gegen eine Quotenlösung. Aber auch in ihren Reihen gibt es einzelne Befürworter. Die FDP-Familienpolitikerin Sibylle Laurischk bedauerte, dass sich die Unions-Frauen auf den Kompromiss eingelassen haben. „Der Beschluss zeigt, dass es Frauen nach wie vor schwerfällt, auch mal volle Breitseiten auszuhalten, um Überzeugungen durchzusetzen“, kritisierte sie in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (Donnerstag).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt