Frauenquote scheitert im Bundestag: Union weigert sich
Der Bundestag hat die rot-grüne Initiative zur gesetzlichen Frauenquote in Aufsichtsräten abgelehnt. Die Union ist auch für die Quote, aber nicht für eine rot-grüne.
BERLIN dpa | Union und FDP haben mit ihrer Mehrheit im Bundestag die rot-grüne Initiative zur Einführung einer gesetzlichen Frauenquote in Aufsichtsräten abgelehnt. Gegen den Antrag votierten in namentlicher Abstimmung 320 Abgeordnete. Union und FDP verfügen zusammen über 330 der insgesamt 620 Stimmen im Bundestag.
Zuvor hatten sich Koalition und Opposition im Parlament einen harten Schlagabtausch geliefert. In der mehrfach von Zwischenrufen unterbrochenen Debatte verteidigte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) die Ablehnung der rot-grünen Kompromissinitiative.
Sie sah ab 2018 eine gesetzliche Quote von zunächst 20 Prozent vor. Die Union setze weiter auf Freiwilligkeit der Wirtschaft, sagte Kauder. Wenn es aber bis 2020 nicht gelinge, einen Frauenanteil von 30 Prozent zu erreichen, werde ein Gesetz greifen.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der Union angesichts ihrer Versprechungen Volksverdummung vor. „Warum nicht gleich noch einen Mindestlohn für das Jahr 2090? Das ist Heuchelei“, so Steinmeier. Auch Befürworter einer festen Quote in der Union – wie Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) – fielen jetzt auf den „billigen Kompromiss“ der Parteiführung herein. Von der Leyen hatte überraschend auf ihre Redezeit im Bundestag verzichtet.
Feste Quote im Wahlprogramm
Die von SPD und Grünen regierten Länder hatten über den Bundesrat ein Kompromissmodell ins Parlament eingebracht, das die schrittweise Erhöhung der Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen bis auf 40 Prozent im Jahr 2023 vorsah.
Nachdem einige Unionsfrauen gedroht hatten, der rot-grünen Initiative zuzustimmen, vollzog die CDU-Spitze am Montag einen Schwenk und sagte zu, eine feste Quotenregelung ins Wahlprogramm zu schreiben. Kauder versicherte, gleich nach der Wahl werde es dazu einen Gesetzentwurf der Union geben.
Bei der namentlichen Abstimmung über das von Hamburg entwickelte Quotenmodell wurden insgesamt 598 Stimmen abgegeben. Dafür stimmten 277 Abgeordnete. Es gab eine Enthaltung. Die Opposition verfügt einschließlich der Linken im Bundestag über 289 Stimmen. Ein Abgeordneter ist fraktionslos.
Die FDP-Politikerin Nicole Bracht-Bendt sagte, ihre Fraktion sei jetzt die einzige, die die „Zwangsregulierung“ durch eine Quote mit großer Mehrheit ablehne. Die Quote bezeichnete sie als „Schreckgespenst“, das die Freiheit der Wirtschaft einenge.
Reine Wahlkampftaktik
In der hitzigen Debatte warf Bundesfrauenministerin Kristina Schröder (CDU) der Opposition reine Wahlkampftaktik vor. Unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder habe es in Sachen Frauenquote ein Stillhalteabkommen mit der Wirtschaft gegeben: „Das war ein schmutziger Deal zulasten der Frauen“, sagte die Ministerin.
Der Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt warf dagegen der Union vor, einen möglichen Kompromiss zu blockieren. „Wir haben eben dazugelernt, dass Freiwilligkeit nichts bringt“, sagte die Familienpolitikerin der Grünen, Ekin Deligöz.
Sie warf Ministerin Schröder vor, „die Sache der Frauen zu verraten“. Der Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sprach von einem harmlosen Kompromiss. „Davon geht die Welt nicht unter.“ Umso unverständlicher sei es, dass sich die Union dabei nicht bewegen könne.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sprach dagegen von einem „billigen, allzu durchsichtigen Wahlkampfmanöver“. Ziel sei dabei, „einen Keil in die Koalition zu treiben und uns zu spalten“. Die CDU-Politikerin Rita Pawelski, die seit Jahren in der Union für eine feste gesetzliche Frauenquote kämpft, begründete mit bewegten Worten, warum sie der Bundesratsinitiative jetzt nicht zustimmt.
„Wir werden in der nächsten Wahlperiode die Quote bekommen“, zeigte sich Pawelski überzeugt. Auch ihre Fraktionskollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker sagte, sie habe keine Zweifel daran, dass Kanzlerin Angela Merkel nach der Wahl ein Quotengesetz durchsetze.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen